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Anmerkungen zur Transkription:
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Im Original steht hier "altitalischen" anstatt "altitalienisch".
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Im Original steht hier "italischer" anstatt "italienischer".
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Im Original steht hier "süditalischen" anstatt "süditalienischen".
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Im Original steht hier "Eine" anstatt "eine".
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Im Original steht hier "Forsetzung" anstatt "Fortsetzung".
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Im Original steht hier "Ein" anstatt "ein".
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Im Original steht hier "Aller" anstatt "aller".
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Im Original steht hier "norditalischen" anstatt "norditalienischen".
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Im Original steht hier "Jahrzente" anstatt "Jahrzehnte".
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Im Original steht hier "süditalische" anstatt "süditalienische".
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Im Original steht hier "oberitalischen" anstatt "oberitalienischen".
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Im Original steht hier "Querzia" anstatt "Quercia".
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Im Original steht hier "Einem" anstatt "einem".
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HANDBÜCHER
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DER KÖNIGLICHEN MUSEEN ZU BERLIN
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MIT ABBILDUNGEN
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DIE
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ITALIENISCHE PLASTIK
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VON
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WILHELM BODE
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MIT 86 ABBILDUNGEN IM TEXT
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ZWEITE AUFLAGE
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BERLIN
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W. SPEMANN
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1893
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Altchristliche Plastik
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(um 300 bis 600 n. Ch.).
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[Abbildung: 1. Bronzestatuette des hl. Petrus]
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Das Auftreten und der schließliche Sieg des Christentums, welches die
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alte Welt zertrümmerte und eine neue Kultur an seine Stelle setzte, hat
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zur Belebung der Kunst zunächst nicht beigetragen. Die künstlerische
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Schöpfungskraft war im weströmischen Reiche zur Zeit Konstantin's schon
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völlig erloschen; die Kunst, zumal die bildnerische, die recht
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eigentlich die Kunst der Antike gewesen war, zehrte von Traditionen,
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welche mehr und mehr verblaßten; und in den immer roheren und
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empfindungsloseren, immer spärlicheren Nachbildungen verlor sich
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allmählich auch die handwerksmäßige Fertigkeit. Für den Bronzeguß fehlte
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es, von Werken der Kleinkunst abgesehen, an Ausdauer und technischem
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Können, für die Ausführung von Freifiguren überhaupt an künstlerischem
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Vermögen; die bildnerische Thätigkeit wurde daher bald auf das Relief
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beschränkt, und auch dieses wurde vorwiegend im Kleinen ausgeführt.
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Die christliche Religion war schon an sich für die plastische Gestaltung
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ihrer Ideen und Personen wenig geeignet, sie war ihr auch durch ihren
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Zusammenhang mit dem mosaischen Gesetz abgeneigt; in Folge dessen wurde
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die Plastik von den großen monumentalen Werken, welche die Anerkennung
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des Christentums als Staatsreligion notwendig machte, so gut wie ganz
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ausgeschlossen. Aber auch der greisenhafte Zustand der Zeit, das Fehlen
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jeder erfinderischen Kraft für die neuen künstlerischen Aufgaben, welche
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durch das Christentum und die christliche Staatskirche erwuchsen, machte
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ein Zurückgehen auf antike Vorbilder und teilweise selbst auf antike
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Motive, ja eine knechtische Entlehnung derselben notwendig. Selbst die
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Aufgaben blieben im Grunde die alten; man erfüllte sie nur mit neuem
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Geist.
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[Abbildung: 427. Elfenbeinpyxis]
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In erster Linie steht, als Ausfluß des tiefgewurzelten altitalienisch
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Totenkultus, der Schmuck der Sarkophage; daneben die kleine Plastik,
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namentlich die Elfenbeinschnitzerei und der Schmuck der Lampen, die in
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den Katakomben eine reiche Verwendung zu heiligen Zwecken fanden. Bei
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der Ausführung dieser Bildwerke schlössen sich die Künstler den
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heidnischen Vorbildern unmittelbar an; Stil und Technik blieben
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dieselben, verloren aber schließlich auch den letzten Zusammenhang mit
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der Natur. Zur Schöpfung heiliger Typen, wie sie der neue Glaube
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erfordert hätte, war eine solche Plastik nicht mehr befähigt. Für
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Christus und einige der vornehmsten Apostel, namentlich Petrus, hatte
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die historische Tradition in der vorausgegangenen Zeit die Vorbilder
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festgestellt; im Übrigen sind fast alle anderen Gestalten schemenhafte
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Nachbildungen heidnischer Vorbilder. Die Einzelfigur trat zurück; das
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erzählende Relief, von der Malerei abhängig und ein notdürftiger Ersatz
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derselben, wurde fast ausschließlich, wie in den Anfängen der Kunst,
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eine bildliche Erläuterung des neuen Glaubens.
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Diese aus spätrömischer Tradition herausgewachsene und in römischer Form
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und Auffassungsweise in die Erscheinung tretende Kunstübung, die als
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altchristliche Kunst bezeichnet wird, starb langsam ab unter den Stürmen
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der Völkerwanderung, in denen das weströmische Reich durch deutsche
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Völkerschaften zertrümmert wurde, die nicht im Stande waren, dauerhafte
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Zustände an die Stelle zu setzen.
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[Abbildung: 429. Elfenbeintafel.]
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Die Werke italienischer Plastik aus dieser Zeit, die überhaupt spärlich
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sind, haben nur selten ihren Weg aus Italien herausgefunden; was sich im
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Auslande findet, gehört fast ausnahmslos der Kleinkunst an; vorwiegend
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sind es Werke der Elfenbeinplastik. Die Berliner Sammlung besitzt, als
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große Seltenheit, die kleine Freifigur eines Petrus aus Bronze (No. 1);
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eine Arbeit des IV. Jahrh., die durch ihren unmittelbaren Anschluß an
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eine antike Rednerstatue, trotz der rohen Bildung der Extremitäten, noch
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eine gewisse Lebendigkeit in der Haltung und im Ausdruck besitzt. Ebenso
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rein antik erscheint die gleichzeitig entstandene Elfenbeinpyxis mit der
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Darstellung Christi zwischen den Aposteln und dem Opfer Abrahams (No.
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427), die, Dank der leichteren Bearbeitung des Materials, feiner in der
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Durchbildung ist; sie ist eines der besten Beispiele altchristlicher
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Elfenbeinplastik. Die Ausartung derselben in flüchtige Roheit zeigt das
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Bruchstück einer anderen Pyxis (No. 430) mit einer Darstellung des
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kleinen Joseph zwischen seinen Brüdern, die wohl erst dem VI. Jahrh.
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angehört. Für den Einfluß, den die allmählich aus der Antike sich
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eigenartig entwickelnde byzantinische Kunst schon damals von Ravenna aus
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auf einzelne Teile von Italien ausübte, ist das große Diptychon mit dem
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thronenden Christus zwischen Petrus und Paulus und mit Maria zwischen
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zwei Engeln (No. 428 und 429) ein besonders charakteristisches,
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vorzügliches Beispiel. Die Arbeit stimmt mit den Elfenbeinreliefs am
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Throne des Maximian ({~DAGGER~} 556) in Ravenna überein und darf daher als
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gleichzeitige Arbeit eines Künstlers in Ravenna gelten.
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Die romanische Epoche
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(um 600 bis 1250).
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[Abbildung: 4. Sarkophag aus Venedig.]
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Nach den furchtbaren Verheerungen und Plagen, mit welchen Italien seit
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der Zertrümmerung des weströmischen Reiches in verstärktem Maße
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heimgesucht wurde, war die Begründung des Longobardenreiches eine erste,
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wenn auch nur schwache und kurze Erholung für das verwüstete,
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menschenleere Land. In solchen Nöten hatten die Künste keine Pflege
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finden können, waren selbst die Keime erstickt, aus denen sich Neues
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hätte entwickeln können. Aber auch nach der Aufrichtung des
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Longobardenreiches verging fast ein halbes Jahrtausend unter
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fortwährendem politischen Elend, bis in Italien der Boden für eine
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nationale Kunstentwickelung wieder bestellt war. Freilich war das
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Bedürfnis zu künstlerischer Ausgestaltung und Ausschmückung der
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Umgebung, namentlich der Gotteshäuser, selbst in dieser kunstarmen,
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unkünstlerischen Zeit nicht erloschen; und wo höhere Anforderungen
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gestellt wurden, mußte man sich an das Ausland wenden. Schon die ersten
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unter den Longobardenkönigen zogen daher byzantinische Künstler an ihren
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Hof, und später sehen wir wiederholt in den verschiedensten Teilen von
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Italien, namentlich in Venedig und Süditalien, byzantinische Künstler
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eine hervorragende Thätigkeit entfalten. Regelmäßig wiederholt sich
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dabei dieselbe Erscheinung: die Vorbilder, welche diese fremden
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Künstler schufen, wurden barbarisch nachgeahmt, ohne daß sich daran eine
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eigenartige lebensfähige Kunstthätigkeit anzuschließen im Stande war.
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Besonders tief ist in diesem langen Zeitraume der Stand der
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bildnerischen Kunst. Hier wirkte noch der Umstand sehr ungünstig ein,
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daß die der figürlichen Plastik abholden Byzantiner fast nur nach der
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ornamentalen Seite Vorbilder lieferten. Diese byzantinische und
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byzantinisierende Dekorationsweise trägt den Charakter einer
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teppichartigen Flächendekoration, welche Wandfüllungen, Ballustraden,
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Kapitelle u. s. f. vollständig bedeckt. Gewinde von Weintrauben oder
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Epheu, Akanthusblätter und Akanthusranken umgeben Krucifixe, Rosetten
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oder Tiere mit symbolischer Beziehung, oder bilden den Grund, auf dem
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sich dieselben abheben. Auch das aus dem Norden Europa's stammende
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Bandgewinde, phantastisch und oft sehr zierlich verschlungen, hat sich
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hier eingefunden. Wo diese Ornamente rein und gut gearbeitet sind,
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dürfen wir, nach dem Vergleich mit erhaltenen Arbeiten im Gebiete des
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alten byzantinischen Reiches, auf die Hand von byzantinischen Künstlern
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schließen. Besonders reiche und gute Beispiele der Art bieten Rom,
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Brescia und namentlich Venedig und Torcello. Von letzteren besitzt auch
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die Berliner Sammlung, aus der 1841 erworbenen Sammlung Pajaro, eine
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Anzahl interessanter Stücke, welche teils noch von dem alten Markusdom
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(aus dem Jahre 829, so das Fenster No. 2 und die Muscheldekoration No.
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6), teils von dem Umbau nach einem Brande im Jahre 976 herrühren; von
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letzterem ein Paar Kapitelle (No. 8 und 9) u. a. m. Die Pfauen am Brunnen
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(No. 7) aus frühester byzantinischer Zeit. Auch die seltenen feineren
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Arbeiten der kleinen Plastik: Altarvorsätze in edlen Metallen,
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Elfenbeinarbeiten, namentlich die Kästchen mit Einzelfiguren von
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Kämpfern u. dergl., sind regelmäßig Arbeiten byzantinischer Künstler,
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die im IX. und X. Jahrh. in Italien beschäftigt waren.
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Weit zahlreicher und über ganz Italien zerstreut sind die italienischen
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Nachbildungen solcher byzantinischer Vorbilder in Stein, die durch den
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Mangel an Originalität der Erfindung und an dekorativem Sinn, wie durch
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auffallende Roheit der Ausführung sich unschwer als Arbeiten
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einheimischer Steinmetzen kennzeichnen. Neben Venedig und seinen
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Nachbarorten sind Cividale, Ancona, Rom mit Bauten, an denen dekorative
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Bildwerke dieser Art ursprünglich oder von älteren Monumenten angebracht
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sind, besonders reich; sie finden sich aber auch bis nach Sicilien
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hinein. Das Berliner Museum hat von solchen Arbeiten namentlich ein Paar
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interessanter Sarkophage (No. 3 und 4) und einen Thürbogen (No. 5)
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aufzuweisen, die dem VIII. und IX. Jahrh. anzugehören scheinen.
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Erst im XI. Jahrh. beginnt langsam aber stetig und fast gleichzeitig in
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verschiedenen Teilen Italiens eine nationale Kunst wieder einzusetzen;
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zunächst in der Architektur, welche allmählich auch die Plastik zu ihrer
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Beihülfe heranzieht. Dieselbe erstarkt während des XII. Jahrh. im
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gesunden Anschluß an die Baukunst und gelangt um die Mitte des XIII.
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Jahrh. zu einer selbständigen künstlerischen Entfaltung. Für den Verlauf
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dieser Entwickelung in den einzelnen Teilen Italiens ist namentlich der
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verschiedene Einfluß maßgebend, der von außen auf die bildnerische
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Thätigkeit einwirkt. In Venedig und seiner Nachbarschaft bleiben für
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lange Zeit noch die Vorbilder der byzantinischen Bildwerke der
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Ausgangspunkt für die einheimische Plastik. In Süditalien und Sicilien
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sind gleichfalls byzantinische Künstler noch bis in das XII. Jahrh.
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thätig; neben ihnen macht sich aber auch arabischer Einfluß in
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eigentümlicher Weise geltend. Unabhängiger von der östlichen Kunst zeigt
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sich die Plastik in Mittel- und Oberitalien. In Mittelitalien, in Rom
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wie in Toskana in eigener Weise, bilden die zahlreichen Überreste
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spätrömischer und etrurischer Plastik den Anhalt für die ersten
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unbeholfenen Versuche in der eigenen Kunstübung. Am selbständigsten und
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bedeutsamsten entwickelt sich die plastische Kunst von vornherein in der
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Lombardei, zuerst in Mailand und Verona, dann namentlich in Parma und
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Modena; lombardische Steinmetzen und Bildhauer verbreiten sich weiter
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über Ober- und Mittelitalien und tragen auch hier zu einer freieren,
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selbständigen Entwickelung der Plastik wesentlich bei.
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[Abbildung: 454. Elfenbeinrelief der Kreuzigung.]
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Süditalien war als Bestandteil des oströmischen Kaiserreichs auch in
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künstlerischer Beziehung von Byzanz abhängig geblieben und diese
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Abhängigkeit bekundete sich auch noch, nachdem ganz Sicilien in die
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Hände der Araber fiel und Ende des XI. Jahrh. Süditalien samt Sicilien
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von den Normannen erobert wurde. Der bildnerische Schmuck der
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kirchlichen Monumente hat entweder rein ornamentalen Charakter oder die
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Bildwerke tragen auch im Großen den Stil der Kleinkunst. Dies gilt
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namentlich für die Bronzethüren, welche aus einer Reihe kleiner Platten
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mit winzigen figürlichen Darstellungen zusammengesetzt sind. Diese
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wurden anfangs in einer Art Niellotechnik hergestellt, später, seit der
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Mitte des XII. Jahrh. in einzelnen Platten mit Reliefs gegossen. Sie
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erscheinen im Stil von den Elfenbeinreliefs abhängig; erstere sind
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durchweg byzantinische Arbeiten, letztere wurden meist schon von
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Italienern ausgeführt, bekunden aber noch stark byzantinischen Einfluß.
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Unter diesem Einfluß entwickelte sich Ende des XI. und im XII. Jahrh.
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eine regere und in ihrer Art recht tüchtige Kleinplastik mit lebendig
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erzählendem, wenn auch kindlich naivem Charakter; zumeist in Elfenbein,
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worin der bekannte Altarvorsatz im Dom von Salerno das Hauptstück ist;
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vereinzelt auch in Stein, wie in den zierlich gearbeiteten Marmortafeln
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im Dom zu Neapel, die durchaus im Stil der Elfenbeinreliefs behandelt
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sind. Die Berliner Sammlung besitzt verschiedene Elfenbeinreliefs, die
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denen in Salerno nahe verwandt sind (No. 436, 453 u. 454) und offenbar
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den gleichen Ursprung haben; und für jene Marmorreliefs erscheinen die
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Darstellungen aus der Schöpfung auf einer Elfenbeintafel der Sammlung
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(No. 455) wie die unbeholfenen, altertümlichen Vorbilder.
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[Abbildung: 28. Büste einer süditalienischen Fürstin.]
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In der kurzen Zeit des Friedens und äußeren Gedeihens der
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süditalienischen Provinzen unter der Herrschaft Friedrichs II. brachten
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die Cosmaten aus Rom ein neues Element in die Dekoration. Aus
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dergleichen Zeit oder wenig später sind aber auch einige Stücke großer
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Plastik erhalten: verschiedene Porträtbüsten, die sich bisher schwer in
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Zusammenhang mit der übrigen Entwickelung der Plastik in Süditalien
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bringen ließen. Zwar scheinen die Büsten im Museum zu Capua vielmehr
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Arbeiten aus der letzten Verfallzeit römischer Kunst zu sein; aber es
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bleiben als zweifellose Arbeiten dieser Zeit ein paar Frauenbüsten, die
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der Sigilgaïta Rufolo an der Kanzel im Dom zu Ravello und zwei
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verwandte, aber flüchtiger behandelte Reliefköpfe an derselben Kanzel
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(vom Jahre 1272), sowie die aus der unmittelbaren Nachbarschaft von
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Ravello stammende Büste einer jungen Fürstin in Berlin (No. 28). Beide
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Büsten, obgleich unter sich nicht unwesentlich verschieden, stimmen in
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dem Streben nach möglichstem Anschluß an spätrömische Arbeiten, selbst
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in der technischen Behandlung überein. Bei der Vereinzelung dieser
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Bildwerke liegt es näher, dieselben auf Einflüsse der Kunst der Pisaner
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Meister (s. S. 16) zurückzuführen, als umgekehrt daraus auf Süditalien
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als die Heimat der Kunst des Niccolo Pisano zu schließen. Wie roh die
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große Plastik in Süditalien damals noch war, dafür giebt die Statue
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Karls von Anjou, die jetzt an der Treppe des Conservatorenpalastes zu
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Rom steht, augenfälligen Beweis.
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In Venedig und seiner Umgebung finden wir gleichzeitig eine der
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süditalienischen verwandte Entwickelung der Plastik: auch hier
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verhindert der byzantinische Einfluß eine freie eigenartige Gestaltung;
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auch hier sind noch lange Zeit byzantinische Künstler hervorragend
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thätig und liefern auch später durch ihre Arbeiten die Vorbilder für die
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flüchtigen Nachbildungen der einheimischen Künstler. Mehr noch als in
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Süditalien bleibt in Venedig der bildnerische Schmuck auf ornamentale
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Verzierungen beschränkt, die mit Tierdarstellungen in phantastischer
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Weise verquickt sind. Ein charakteristisches Zeichen für die Scheu vor
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freier Skulptur ist der Umstand, daß noch um die Mitte des XIII. Jahrh.
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für die Monumente der Dogen antike Sarkophage benutzt wurden. Wo uns an
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den Bauten dieser Zeit plastischer Schmuck begegnet, ist er entweder aus
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dem Orient herübergeholt oder orientalischen Vorbildern nachgeahmt.
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Ausnahmen, wie die Säulen des Tabernakels in San Marco, (wenn nicht zum
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Teil früh-christlich), bestätigen nur die Regel: sie sind ganz nach Art
|
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der Elfenbeinschnitzwerke und der Goldschmiedearbeiten eingeteilt und
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mit ganz kleinen Reliefdarstellungen wie übersponnen, Arbeiten, die in
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ihrer sauberen, ängstlichen Ausführung jeden größeren bildnerischen Sinn
|
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vermissen lassen. Das Berliner Museum besitzt eine ganze Sammlung
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charakteristischer venezianischer Dekorationsstücke, wie sie noch heute
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das Äußere und Innere der romanischen Kirchen und die Fassaden der
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gleichzeitigen Paläste Venedigs und der Nachbarorte auf den Inseln in
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reicher musivischer Anordnung bedecken. (No. 11ff.).
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Noch ausschließlicher als in Süditalien und Venedig bleibt in Rom die
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|
Thätigkeit der Bildhauer auf rein dekorative Arbeiten beschränkt; ja
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diese verzichtet selbst auf eigentlich plastische Ornamentik und bildet
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dafür ein zierliches und farbenreiches musivisches Schmucksystem aus,
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welches mit Anlehnung an antike Vorbilder aus dem unerschöpflichen
|
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Vorrat an römischen Baustücken in wertvollen Steinen aller Art sein
|
|
Material herbeiholt und gerade durch die Fülle und den Wert desselben
|
|
zur Ausbildung dieser Dekorationsweise angeregt wurde; als
|
|
Cosmatenarbeit benannt, weil namentlich der Marmorarius _Cosmas_ und
|
|
seine Familie dieselbe ausübte. Ein Beispiel dafür, doch schon aus
|
|
späterer Zeit, bietet die Aschenurne (No. 31).
|
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[Abbildung: 28A. Marmorbüste aus Rom.]
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Zwischen diesen Arbeiten steht das Bruchstück eines großen plastischen
|
|
Werkes, welches in Rom ausgegraben wurde und das sich jetzt im Berliner
|
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Museum befindet, bisher vereinzelt und unerklärt da: der kolossale
|
|
Marmorkopf eines bärtigen Mannes, den der Reif im lockigen Haar wohl als
|
|
Fürsten charakterisiert (No. 28A). Neben den oben genannten, etwa
|
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gleichzeitigen süditalienischen Büsten fällt in diesem Marmorwerke der
|
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enge Anschluß an antike Büsten archaischen Stils, sowie die
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außerordentlich saubere Ausführung und teilweise schon individuelle
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Empfindung auf, wie sie sich z. B. in der Behandlung des Ohres bekundet.
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Die eigentümlich stilisierte Behandlung des flach anliegenden lockigen
|
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Barthaares findet sich ganz übereinstimmend im Haar der Bronzewölfin im
|
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Kapitol, die auch sonst in ihrer Auffassung und Behandlung mehr
|
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mittelalterlichen als antiken Charakter hat. Wir werden daher auch
|
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dieses Werk der römischen Plastik des XIII. Jahrh. zuzuschreiben haben,
|
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die uns in ihrer Entwickelung und im Zusammenhang mit der Plastik des
|
|
übrigen Italien noch manches zu raten giebt.
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|
Eine klare und stetige Entwickelung und eine reichere Entfaltung zeigt
|
|
die Skulptur nur in Norditalien und Toskana. Von vornherein, seit dem
|
|
Anfang des XII. Jahrh., tritt sie hier in gesunder Verbindung mit der
|
|
Architektur zur Hebung und Belebung ihrer Glieder auf; auch geht sie
|
|
denselben Weg, den sich hier die selbständige Entwickelung der
|
|
Architektur bahnt: vom Mittelpunkt des alten Longobardenreiches, von
|
|
Mailand und seiner Umgebung, wird sie durch Marmorarbeiter dieser Orte
|
|
(namentlich aus Como) nach Mittelitalien übertragen und lange Zeit
|
|
vorwiegend durch diese »Comasken« ausgeübt. Die Lombardei selbst hat nur
|
|
dürftige Reste aufzuweisen; die großen Reliefs am Tabernakel über dem
|
|
Hochaltar in S. Ambrogio zu Mailand sind in ihrer starren
|
|
Regelmäßigkeit, wenn nicht von byzantinischer Herkunft, doch erst aus
|
|
dem XIII. Jahrh.; das beweisen die rohen Skulpturen der Porta Romana vom
|
|
Meister _Anselmus_, die aus den Jahren 1167 bis 1171 datieren. Sehr
|
|
bedeutend sind dagegen die Überreste, welche heute noch in Verona
|
|
erhalten sind: das Portal des Domes (1135) und namentlich die Fassade
|
|
von S. Zeno sind hier mit reichstem Skulpturenschmuck verziert. Beide
|
|
Arbeiten gehen wenigstens teilweise auf Meister _Nicolaus_ zurück, der
|
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an S. Zeno mit dem Meister _Wilhelm_ zusammen arbeitet, dann am Dom von
|
|
Modena thätig ist und 1139 auch das Portal des Domes zu Ferrara mit
|
|
reichem plastischen Schmuck versieht. Neben diesen Steinarbeiten bieten
|
|
die aus vielen ehernen Platten bestehenden Thürflügel von San Zeno das
|
|
Bild einer äußersten Barbarei in allen körperlichen Bildungen dar. Die
|
|
einzelnen Tafeln könnten auch verschiedenen Ursprungs und Alters sein.
|
|
Mit einigen älteren deutschen Bronzearbeiten haben sie gemein, daß die
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|
Figürchen in ihrem starken Hochrelief wie aufgenietet erscheinen.
|
|
Teppichartig bedecken die Marmorreliefs die Wände und zeigen eine
|
|
kindlich naive, unbeholfene und derbe, ja selbst rohe, aber eigenartige
|
|
Erzählungs- und Darstellungsweise. Das Relief springt hier durchweg
|
|
kräftig über den Rahmen hinaus, der ganz flach bleibt; doch sind die
|
|
Figuren, selbst die Extremitäten dabei gleichmäßig in der Fläche
|
|
gehalten. Die viel lebendigeren und besser verstandenen Figuren an dem
|
|
Taufbecken in S. Giovanni in Fonte zu Verona gehören schon einer
|
|
vorgeschritteneren Zeit an und verraten, wie die gleichzeitigen
|
|
venezianischen Bildwerke, die Schulung durch byzantinische Künstler und
|
|
Vorbilder.
|
|
|
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Den Arbeiten in Verona und Ferrara sind die noch umfangreicheren
|
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Skulpturen in Parma und dem benachbarten San Donino schon wesentlich
|
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überlegen. An beiden Orten ist _Benedetto Antelami_, der sich in
|
|
bezeichneten Arbeiten zwischen den Jahren 1178 und 1196 nachweisen läßt,
|
|
der maßgebende Künstler. Hier wie an den vorgenannten Orten sind die
|
|
Portale Mittelpunkt des Reliefschmuckes, welcher das Bogenfeld, den
|
|
Bogen, Sturz und Pfosten, vielfach auch die Wandflächen zu den Seiten
|
|
und den Baldachin vor der Thür bedeckt, und dessen Motive Scenen aus dem
|
|
alten und neuen Testament, namentlich aus der Schöpfungsgeschichte und
|
|
der Passion, dann Folgen genreartiger Darstellungen der Monate, sowie
|
|
(an den Einrahmungen, als Säulenträger u. s. f.) phantastische Tierbilder
|
|
und gelegentlich Darstellungen lokaler Beziehung zeigen. Im Innern ist
|
|
der plastische Schmuck weit spärlicher; die Kapitelle der Säulen,
|
|
Kanzeln, Lettner, Taufbecken, Weihwasserbecken und einzelne
|
|
Architekturteile sind mit Reliefs geschmückt, die sich aber leider meist
|
|
nicht mehr an ihrem Platze befinden. Die Arbeiten Antelami's zeichnen
|
|
sich vor den älteren lombardischen Bildwerken aus durch glückliche
|
|
architektonische Verteilung, klare Anordnung, saubere und gleichmäßige
|
|
Ausführung, durch ausgebildete Reliefbehandlung, bessere
|
|
Naturbeobachtung und namentlich durch feinere innere Beziehungen ihres
|
|
Ideengehaltes. Dies gilt in höherem Maße noch von einigen jetzt aus
|
|
ihrem Zusammenhange gerissenen Skulpturen im Innern des Baptisteriums,
|
|
die schon dem XIII. Jahrh. angehören. Ungeschickter und flüchtiger in
|
|
der Arbeit, aber durch den reineren Reliefstil, der die Figuren schon
|
|
fast frei gerundet vor den Grund stellt, sind von Interesse die
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Monatsdarstellungen am Dome von Ferrara und die von derselben Hand
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herrührende Anbetung der Könige über der Thür von S. Mercuriale zu
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Forlì; wahrscheinlich schon aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts. --
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Wenig später, aber unter anderen Bedingungen, entstand und entwickelte
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sich die Skulptur in Toskana, wenn sie auch mit der lombardischen Kunst
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Beziehungen hat und aus der Lombardei sogar eine Reihe ihrer Künstler
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bezog. In höherem Maße als in der Lombardei war in Toskana die Plastik
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abhängig von der Architektur, welche dort bald nach der Mitte des XI.
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Jahrh. an den Formen der Antike in sehr eigenartiger Weise sich als
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Basilikenbau entwickelt hatte. Die innere Gestaltung erhielt in der
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Fassade einen reichen organischen Ausdruck; teils in einer Art farbiger
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Steinmosaik, wie an San Miniato vor Florenz, teils in Säulenarkaden, wie
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zuerst am Dom zu Pisa. Der feine architektonische Sinn ließ hier nur
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eine beschränkte Mitwirkung der freien Plastik zu; auch machte sich
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diese erst nach Verlauf eines vollen Jahrhunderts, nach der Mitte des
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XII. Jahrh. geltend. Außen blieb sie im Wesentlichen auf den Thürsturz
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und die Thürflügel beschränkt, im Innern wurde ihr der Schmuck der
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Kapitelle, des Taufbeckens und namentlich der Kanzel überwiesen, welche
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gerade damals durch die Predigerorden, die Dominikaner und Franziskaner,
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eine besondere Bedeutung erhielt.
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Die frühesten dieser Bildwerke besitzt Pistoja. Ein Meister _Gruamons_
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fertigte 1162 am Thürsturz des Hauptportals von S. Giovanni Fuorcivitas
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das Abendmahl und 1166 für San Andrea an derselben Stelle die Anbetung
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der Könige. Als Verfertiger der Kapitelle dieser Thür nennt sich der
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Meister _Enrigus_. Ein Jahr später entstand das Relief am
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Architravbalken der Thür von S. Bartolommeo in Pantano. Den gleichen
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Charakter tragen die jüngeren, aber trotzdem roheren Bildwerke an der
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Kanzel in Groppoli vor Pistoja, sowie der Erzengel Michael ebenda (vom
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Jahre 1194), letzterer interessant als Freifigur. Gleichzeitige Arbeiten
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derselben Richtung sind (von zahlreichen, überall im nordwestlichen
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Toskana zerstreuten skulptierten Kapitellen, Säulenbasen u. dergl.
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abgesehen): in Pisa die Architravskulpturen an S. Casciano und das
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Relief mit Christus zwischen den Apostelsymbolen von einem Meister
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_Bonusamicus_ (jetzt im Campo Santo), in Lucca der Portalschmuck des
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Meisters _Biduinus_ an S. Salvatore und die Reliefs des Taufbeckens vom
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Meister _Robertus_ in S. Frediano, letztere wohl die tüchtigsten von
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allen diesen Arbeiten. Zu den spätesten, aber trotzdem noch fast rohen
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Arbeiten dieser Art zählen die Bildwerke am Dom zu Arezzo, der zweiten
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Hälfte des XII. und dem Anfang des XIII. Jahrh. angehörend. Dasselbe
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gilt auch noch von den Arbeiten des _Marchionne_ (vom Jahre 1216).
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[Abbildung: 21D. Bemalte Madonnenstatue des Presbyter Martin.]
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Alle diese Werke halten sich auf dem Niveau der Arbeiten von
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Steinmetzen, welche die Ornamente an den Kirchenbauten auszuführen
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gewohnt sind. Sie behandeln daher ihre Reliefs in der Komposition und in
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der Wiedergabe der menschlichen Gestalt genau wie ihre Ornamente: die
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Figuren sind ganz in der Fläche gehalten und möglichst zur Ausfüllung
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des Raumes benutzt, so daß der Grund ringsum ausgehoben erscheint und
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die Gestalten in der Regel mit den Füßen den unteren, mit den Köpfen den
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oberen Rand berühren. In den Verhältnissen, in Bewegung und Ausdruck der
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Figuren noch völlig kindlich und in der Ausführung mehr oder weniger
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roh, konnten dennoch diese Arbeiten durch die Selbständigkeit und die
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Naivetät der Empfindung und durch den Ernst des Strebens den Grund zu
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einer wirklich künstlerischen Entwickelung der Plastik legen.
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Wie weit damals diese einheimische Skulptur noch hinter der
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byzantinischen zurückstand, beweist am deutlichsten eine Anzahl
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Arbeiten, die gleichzeitig in Toskana unter byzantinischem Einfluß
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ausgeführt worden sind; namentlich in Pisa, das durch seinen blühenden
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Handel auf dem Mittelmeere zu dem halb byzantinischen Süden von Italien
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und zu Byzanz selbst in nahe Beziehung gebracht war. Schon die
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Bronzethür am Dom zu Pisa, wahrscheinlich die Arbeit des Pisaners
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_Bonannus_ (1180), der einige Jahre später in Monreale die sehr
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verwandte Thür goß, erscheint ganz unter dem Einfluß gleichzeitiger
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byzantinischer Goldschmiedearbeiten. Noch stärker und vorteilhafter
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macht sich diese Einwirkung in den Skulpturen an den Architraven von
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zwei Thüren des Battistero geltend; an der östlichen Thür auch in den
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Laibungen. Hier haben die Figuren die volle Schönheit, die schlanken
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Körperformen, die zierlichen Falten der klassischen Gewänder, die
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vornehme Ruhe und die feine Rundung echt byzantinischer Arbeiten dieser
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Zeit. Diesen kommen sie ferner in der Sauberkeit der Arbeit gleich und
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besitzen dabei auch die charakteristische Fülle, die einfach schlichte
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Erzählungsart, die kräftige Ausarbeitung, den in seiner Gebundenheit
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feinen Ausdruck solcher Arbeiten. Die Berliner Sammlung, die von älteren
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romanischen Bildwerken aus Toskana nur ein mit Köpfen und Tieren
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dekoriertes Kapitell aufzuweisen hat (No. 27, aus Lucca stammend, etwa
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vom Jahre 1200), besitzt eine in ihrer Art hervorragende große
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Madonnenstatue aus jener von byzantinischen Vorbildern beeinflußten
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Richtung: die thronende Maria mit dem segnenden Christkind von der Hand
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des _Presbyter Martin_ von Borgo San Sepolcro, aus d. J. 1199 (No. 21D):
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lebensgroße Figuren aus Holz mit ihrer ursprünglichen, trefflich
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erhaltenen Bemalung; herbe im Ausdruck, gebunden in Haltung und
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regelmäßiger Faltenbildung, aber von einer eigentümlich strengen Größe
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der Erscheinung.
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Ihren eigenen plastischen Stil bilden sodann die Marmorarbeiter aus,
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welche die wirkungsvollen zierlichen Inkrustationsarbeiten der
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toskanischen Fassaden und der Innendekoration in weißem Marmor und
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tiefgrünem Serpentin auszuführen hatten. Während gleichzeitig die
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römischen Cosmaten nicht einmal den Versuch zu figürlicher Darstellung
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machten, wurden diese toskanischen Marmorarbeiter durch die allgemeine
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Richtung auf figurale Skulptur und den Wunsch, dieselbe als Erklärung
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des Dogmas für die gläubige Gemeinde zu benutzen, bald zu einer
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Einbeziehung figürlicher Darstellungen in ihre Steinmosaiken gebracht;
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namentlich an den Kanzeln. Schon die Kanzel in San Miniato (wohl nicht
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viel früher als der von 1207 datierte Fußboden der Kirche) zeigt an
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passender Stelle wenigstens eine Figur. In der etwas jüngeren Kanzel in
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San Lionardo vor Florenz sind die figürlichen Kompositionen schon die
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Hauptsache. Während sie aber hier noch auf dem inkrustierten Grunde wie
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aufgeleimt erscheinen, sind sie in der Kanzel des Domes zu Volterra wie
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in Meister Guido's Kanzel in S. Bartolommeo in Pantano zu Pistoja (vom
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Jahre 1250) und in der ähnlichen, noch jüngeren Kanzel in Barga frei aus
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dem Grunde gearbeitet, so daß die Steinintarsia auf die Einrahmung
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beschränkt oder ganz verdrängt ist. Man merkt diesen Bildwerken, selbst
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noch denen des Meisters der Kanzel in Pistoja, _Guido Bigarelli_ aus
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Como, die Hand des Ornamentisten an, der auch die menschliche Gestalt
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mit schematischer Regelmäßigkeit und zierlicher Sauberkeit behandelt,
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statt sie frisch nach dem Leben zu schaffen. Der Komposition kommt aber
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diese Regelmäßigkeit und der Geschmack in der Anordnung und Ausfüllung
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des Raumes entschieden zu gute, und ebenso ist die saubere Durchbildung
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ein Vorzug gegenüber jenen älteren romanischen Bildwerken.
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Auf Meister Guido geht in Pistoja noch die gedrungene Gestalt des
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Erzengels Michael am Oratorio S. Giuseppe zurück; in Pisa hat er 1246
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das prachtvolle, mit reicher Marmorintarsia geschmückte Taufbecken
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vollendet, und in seiner Art sind auch schon die Skulpturen am
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Hauptportal des Domes zu Lucca: Christus im Limbus und am Architrav die
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Apostel und Maria, vom Meister _Guidetto_ (in dem man neuerdings den
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jungen Guido Bigarelli hat erblicken wollen). Diese Arbeiten in Lucca
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sind seit 1204 ausgeführt; die Fortsetzung derselben an der Fassade seit
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dem Jahre 1233 fiel Kräften zu, die bei aller Verwandtschaft mehr
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plastischen Sinn hatten als Meister Guido. Der Monatscyklus und die
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Darstellungen aus der Geschichte des hl. Martin stehen dem Guido noch am
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nächsten, die Skulpturen der Reguluspforte haben schon eine über ihn
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hinausgehende Vornehmheit der Erscheinung, Freiheit der Bewegung und
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Feinheit der Empfindung. Das große Reiterstandbild des hl. Martin, der
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mit dem Bettler seinen Mantel teilt, ist die letzte und zugleich die
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schwierigste Aufgabe, welche diese lombardisch-toskanische
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Steinmetzen- und Bildnerschule in Lucca zu lösen hatte. Einer der ersten
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Versuche, eine Freifigur zu geben, und seit dem Altertum das erste
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Reiterbild, ist dieses Bildwerk ausgezeichnet durch die vornehme Ruhe
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der schönen Gestalten, durch die feine Empfindung für Proportionen und
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teilweise selbst durch naturalistische Wahrheit: aber zu freier
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Bewegung, zu naturalistischer Durchbildung, zu einer Auffassung der
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Figuren als Gruppe oder nur als richtige Freifiguren vermag sich der
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Künstler noch nicht zu erheben. In der Anlehnung an die Kirchenwand, in
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der Einhaltung der äußeren Fläche verrät sich vielmehr der an die
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Reliefdarstellung gewöhnte Künstler.
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Niccolo Pisano und die Protorenaissance
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(um 1250 bis 1300).
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Die Bildwerke, in denen der plastische Schmuck der Portale des Domes zu
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Lucca seinen Abschluß erhielt: die Kreuzabnahme in der Lünette, die
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Geburt Christi und die Anbetung der Könige am Architrav des linken
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Seitenportals, verraten einen Künstler ganz anderer, ganz neuer Art.
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Hier herrscht echt plastischer Sinn und große, ja in der Kreuzabnahme
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eine fast gewaltige Auffassung; daneben erscheinen selbst die wenig
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älteren Skulpturen des anderen Seitenportals nur als befangene
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Leistungen fleißiger Steinmetzen. Vasari bezeichnet als Künstler dieser
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Arbeiten den _Niccolo Pisano_ (um 1206 bis nach 1280); mit vollem Recht,
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wie der Vergleich mit seinen beglaubigten Arbeiten, namentlich mit der
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1260 vollendeten Kanzel im Baptisterium zu Pisa beweist.
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[Abbildung: Kanzel des Niccolo Pisano im Baptisterium zu Pisa.]
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Der Bildhauer Niccolo di Piero, der sich nach seinem Geburtsort Pisano
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nennt, steht auf den Schultern jener älteren lombardisch-toskanischen
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Bildnerschule: speziell hat er in den Arbeiten an der Domfassade zu
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Lucca seine unmittelbaren Vorläufer. Dies gilt sowohl für die plastische
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Gestaltung wie für den geistigen Inhalt seiner Kunstwerke, während die
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dekorative, an byzantinischen Vorbildern großgezogene Plastik
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Süditaliens, mit der man den Niccolo (wegen der fragwürdigen Herkunft
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seines Vaters aus Apulien) hat in Verbindung bringen wollen, im vollen
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Gegensatze zu Niccolo's Kunst steht. Aber auch gegenüber jener älteren
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Plastik, aus der er hervorgeht, erscheint der Künstler recht eigentlich
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als Reformator. Niccolo Pisano ist kein Naturalist wie die Meister des
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Quattrocento; er steht den Künstlern des Cinquecento weit näher, denn
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sein höchstes Streben ist klassische Schönheit, der er durch das Studium
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und gelegentlich selbst durch unmittelbare Nachbildung der Antike nahe
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zu kommen sucht. Freilich waren in Italien die antiken Reste schon
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früher, ja regelmäßig im Mittelalter das Vorbild für die bildnerische
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Thätigkeit gewesen; aber diese hatte aus eigenem Unvermögen in halb
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unbewußter, sklavischer Weise die alten Vorbilder nachzuahmen gestrebt.
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Bei Niccolo Pisano ist der Anschluß an die Antike, deren Schönheit er
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zuerst wieder klar erfaßte, ein völlig bewußter; erwählt die Vorbilder
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aus den antiken Monumenten und bildet ihre Gewandung, ihre Technik nach,
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wie er sie für seine Zwecke verwenden zu können glaubt. Der Weg zum
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Verständnis und zur Wiedergabe der Natur geht bei Niccolo durch die
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Antike; die Abhängigkeit von derselben verhindert ihn, sich zu
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wirklichem Naturverständnis durchzuarbeiten; daher die Erscheinung, daß
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der Künstler im ersten Ergreifen seiner Aufgabe am größten und freiesten
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erscheint, in seinen späteren Arbeiten zum Teil handwerksmäßiger und
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manierierter wird. Verhängnisvoll war ihm in seinem Streben der Umstand,
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daß seine klassischen Vorbilder, zumeist Sarkophagreliefs, die heute
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noch im Campo Santo zu Pisa erhalten sind, schon der Zeit des tiefen
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Verfalls der antiken Kunst angehören, daß sie handwerksmäßige
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Nachbildungen aus dritter und vierter Hand nach schlecht verstandenen
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Originalen sind. Die Eigentümlichkeiten dieser antiken Vorbilder finden
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sich daher auch bei Niccolo: das starke Hochrelief, die Überfüllung der
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Kompositionen, die ungleichen Verhältnisse der Figuren unter einander
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wie die derbe, untersetzte Bildung derselben, die dicken gleichmäßigen
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Stoffe der Gewänder mit antikem Schnitt und der einförmige brüchige
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Faltenwurf, die starke Anwendung des Bohrers und die Vorliebe für das
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Stehenlassen der Bohrlöcher, namentlich in den Haaren. Mit jenen
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Vorbildern hat der Künstler dafür auch die Schönheit der Formen und die
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Größe der Erscheinung gemein; seine Madonna ist eine thronende Juno,
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seine Könige in der »Anbetung« erscheinen wie antike Göttergestalten,
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sein Priester in der »Darstellung im Tempel« ist die Gestalt des
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indischen Bacchus, und unter den Tugenden finden wir, als Stärke, einen
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nackten Herkules. Je mehr sich der Künstler der Antike nähern kann, je
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direkter er aus ihr seine Gestalten entnimmt, desto größer und tüchtiger
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erscheint er; je mehr sich dagegen das Motiv von der Antike entfernt,
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desto geringer sind regelmäßig seine Leistungen. Dies zeigt sich
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namentlich in den Darstellungen der Passion Christi. In solchen
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Kompositionen macht sich auch der Mangel an dramatischem Sinn und die
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Leere in Ausdruck und Empfindung als Folge jenes engen Anschlusses an
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die Antike am stärksten geltend.
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Urkundlich begegnen wir Niccolo Pisano zuerst an der Kanzel im
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Baptisterium zu Pisa, die er 1260 vollendete; nach dem Charakter der
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Arbeit und dem Gange seiner späteren Beschäftigung ist es aber sehr
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wahrscheinlich, daß die Skulpturen am Domportal in Lucca der Pisaner
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Kanzel vorausgehen, also etwa um die Mitte des Jahrhunderts entstanden.
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Am Architrav sind (leider sehr zerstört) die Verkündigung, die Anbetung
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der Hirten und die Könige aus dem Morgenlande vereinigt; Kompositionen
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so klar und ausdrucksvoll wie keines dieser Motive in seiner späteren
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Zeit wiederkehrt. Die Abnahme vom Kreuz im Tympanon ist in der Anordnung
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im Raum, in den Proportionen, in der großen, teilweise selbst fein
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empfundenen Auffassung die bedeutendste Schöpfung des Niccolo.
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In der Kanzel zu Pisa fällt diesen Arbeiten gegenüber der engere
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Anschluß an die antiken Vorbilder in seinen Vorzügen und Nachteilen ins
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Auge. Was über den Künstler im Allgemeinen gesagt ist, gilt für dieses
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sein Hauptwerk im Besonderen. Wenn ihm Mangel an Innerlichkeit in den
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einzelnen Darstellungen vorgeworfen werden muß und dadurch die
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Auffassung als eine wenig kirchliche erscheint, so ist dafür die Kanzel
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in dem Zusammenhang der Darstellungen, in dem Ideengehalt ihres
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Bilderschmuckes um so mehr durchdacht, um so tiefer und gewaltiger. Das
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Evangelium von der Erlösung ist der Grundgedanke, der in allen seinen
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Teilen hier zum ersten Mal völlig klar durchgeführt ist, von den
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Verheißungen durch die Propheten an, dann in den einzelnen
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geschichtlichen Thatsachen bis zu den Wirkungen, die in den Gestalten
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der christlichen Tugenden verkörpert sind und in den Tieren als Träger
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der Säulen und Lesepulte ihren symbolischen Ausdruck erhalten. Der
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Inhalt der Predigt, für welche die Kanzel geschaffen ist, ist wohl nie
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wieder so eindringlich der gläubigen Gemeinde bildnerisch zur Anschauung
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gebracht worden.
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Der Kanzel in Pisa soll der Figurenschmuck am Marmorschrein des hl.
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Dominicus in S. Domenico zu Bologna gefolgt sein; die Reliefs mit
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Darstellungen aus dem Leben des Heiligen wurden bis 1267 fertig
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gestellt. Auf die Besichtigung aus der Nähe berechnet, sind sie
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gleichmäßiger, ja fast zu zierlich durchgeführt und glücklicher in den
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Verhältnissen; sie bleiben auch einfacher in der Auffassung, was wohl
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die Aufgabe von Darstellungen aus der Zeitgeschichte mit sich brachte.
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Niccolo stand bei der Arbeit ein junger Schüler, Fra Guglielmo, zur
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Seite; der abweichende Charakter der Bildwerke macht es sogar nicht
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unwahrscheinlich, daß Guglielmo dieselben allein ausführte.
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Noch vor Beendigung dieses Monuments übernahm Niccolo wieder die
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Ausführung einer Kanzel: die für den Dom von Siena, welche er in der
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außerordentlich kurzen Zeit zwischen dem März 1266 und dem November 1268
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fertigstellte. Als Gehülfen Niccolo's werden Arnolfo, Lapo und Donato
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schon im Kontrakt namhaft gemacht und die Beschäftigung seines noch
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nicht erwachsenen Sohnes Giovanni wurde ihm freigestellt. Der
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architektonische Aufbau wie der Ideengang in den Darstellungen (die hier
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um zwei Relieftafeln bereichert sind, weil die Kanzel achteckig ist)
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bleibt im Wesentlichen der gleiche wie in Pisa; doch macht sich in
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diesen Kompositionen die Überfüllung mit Figuren, der Mangel an Klarheit
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im Aufbau und eine ungleichmäßigere Durcharbeitung empfindlich geltend,
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und es fehlt den Gestalten meist die klassische Größe der Erscheinung,
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welche in jener ersten Kanzel so überraschend wirkt. Dafür sind die
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Köpfe hier jedoch ausdrucksvoller, die Figuren richtiger in den
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Verhältnissen und naturwahrer, die Scenen lebendiger und bewegter als in
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Pisa.
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Wenn hier schon der abweichende Charakter durch die verschiedenen
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Mitarbeiter Niccolo's wesentlich mit bedingt sein wird, so läßt sich
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dies um so mehr für die letzte beglaubigte Arbeit des bejahrten
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Künstlers, für die Skulpturen am großen Brunnen in Perugia, annehmen,
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welche um 1280 unter Beihülfe von Arnolfo und Giovanni Pisano vollendet
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wurden: am unteren Becken fünfzig Tafeln mit Einzelgestalten und kleinen
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Kompositionen in ziemlich flachem Relief, am oberen Becken
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vierundzwanzig Statuetten der Sibyllen, Tugenden u. s. f.; zumeist
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ausgezeichnet durch gute Verhältnisse und saubere Arbeit, einzelne auch
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durch tiefere dramatische Auffassung. Diese besten Arbeiten lassen sich
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leicht als Werke Giovanni's erkennen.
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[Abbildung: 22. Relief eines Lesepultes von Niccolo Pisano.]
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Die Berliner Sammlung besitzt ein aus Pistoja stammendes Marmorrelief,
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das den Anspruch auf eine Arbeit des Niccolo erheben darf: zwei Engel,
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welche das Brustbild des Bischofs Beato Buonacorso von Pistoja in einem
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Tuche zwischen sich emporhalten (No. 22); ursprünglich wohl die
|
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Unterseite eines Lesepultes, welches vielleicht während der Restauration
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eines Altars in Pistoja, die Niccolo 1272 übernahm, entstanden ist. Die
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vollen Gestalten, die Typen, die Faltenbildung, sogar so auffallende
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|
Eigentümlichkeiten, wie die flatternden Zipfel des Tuches, stimmen mit
|
|
den beglaubigten Arbeiten des Künstlers, namentlich mit der Verkündigung
|
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an der Kanzel zu Pisa so sehr überein, daß wohl nur auf Niccolo als
|
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Urheber dieser Arbeit geschlossen werden kann.
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* * * * *
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Der enge Anschluß des Niccolo Pisano an die Antike sollte eine weitere
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Entwickelung der italienischen Plastik im Sinne der Renaissance erwarten
|
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lassen. Gerade das Gegenteil ist der Fall: schon seine Schüler wenden
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sich vom Studium der Antike ab, und sein eigener Sohn Giovanni schlägt
|
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eine Richtung ein, welche von der des Vaters wesentlich verschieden ist.
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Sie beherrscht die italienische Plastik ein volles Jahrhundert; offenbar
|
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weil Niccolo's Nachahmung der Antike ohne tieferes Naturstudium eine
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äußerliche blieb und einer tieferen Auffassung, wie sie die christlichen
|
|
Stoffe verlangten, entbehrte.
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Unter den Schülern und Mitarbeitern des Niccolo sind uns zwei in eigenen
|
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Werken bezeugt, welche ohne höhere Eigenart die Pfade ihres Meisters
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wandern, Fra Guglielmo und Arnolfo di Cambio; beide namentlich dadurch
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von Bedeutung, daß sie die Kunstweise ihres Lehrers über Italien
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verbreiteten. Der Dominikaner _Fra Guglielmo d'Agnolo_ aus Pisa (um 1238
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bis nach 1313) war Niccolo's Mitarbeiter an der Arca des hl. Dominicus
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in Bologna gewesen, an deren Reliefs ihm außer der Ausführung vielleicht
|
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sogar die Erfindung mit gebührt. Nach der Verwandtschaft dieser Arbeiten
|
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mit den Reliefs an der von einem Meister Guglielmo ausgeführten Kanzel
|
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in S. Giovanni fuorcivitas in Pistoja hat man diese mit Recht ebenfalls
|
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als ein Werk des Dominikaners Fra Guglielmo in Anspruch genommen.
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Einfacher und dadurch klarer in der Komposition wie Niccolo, zeigt er in
|
|
seinen Gestalten den ähnlichen klassischen Zug in den Typen, in der
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Gewandung und Bewegung; freilich kaum aus direktem Studium der Antike,
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|
sondern nach den Vorbildern seines Lehrers. Wenn er diesen in der
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Eigenartigkeit wie in der Größe der Erscheinung lange nicht erreicht, so
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hat er doch feinere Empfindung und eine gewisse Innigkeit im Ausdruck
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vor ihm voraus, die sich gelegentlich (wie in der Beweinung Christi)
|
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selbst auf die Bewegung und ganze Komposition ausdehnt.
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Der Florentiner _Arnolfo di Cambio_ (1232 bis 1315), Niccolo's Gehülfe
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an der Kanzel in Siena wie am Brunnen zu Perugia und, wie Guglielmo, in
|
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seiner späteren Zeit namentlich als Architekt hervorragend thätig, steht
|
|
in den beiden von ihm bekannten plastischen Monumenten gleichfalls ganz
|
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unter des Meisters Einfluß, ist aber noch weniger selbständig als Fra
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Guglielmo. Die Statuetten und kleinen Reliefs am Grabmal des Kardinals
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de Braye ({~DAGGER~} 1280) in S. Domenico zu Orvieto sowie an dem gemeinsam mit
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einem Künstler Paulus ausgeführten Tabernakel in S. Paolo fuori le mura
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in Rom sind gut in den Verhältnissen, einfach und ernst in Ausdruck und
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|
Haltung, in der Gewandung sogar geschmackvoller und naturwahrer als bei
|
|
Niccolo, aber sie erscheinen unbedeutend und werden durch den
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architektonischen Aufbau unterdrückt. Sowohl in jenem Tabernakel wie
|
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namentlich in dem Grabmal hat Arnolfo, soweit bisher bekannt, das
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Vorbild für den Aufbau ähnlicher Monumente gegeben, welches für die
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|
plastische Entwickelung im Trecento, namentlich in Siena, verhängnisvoll
|
|
wurde.
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Giovanni Pisano und die Kunst des Trecento
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(um 1300 bis 1400).
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Der einzige völlig eigenartige Künstler, den Niccolo großgezogen hat,
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ist sein Sohn _Giovanni Pisano_ (um 1250 bis nach 1320), dem Vater
|
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mindestens ebenbürtig an Talent und auf die Entwickelung der
|
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italienischen Kunst noch von bedeutenderem, nachhaltigerem Einfluß. Ja
|
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obgleich Giovanni der Schüler und langjährige Gehülfe seines Vaters war,
|
|
erscheint seine Richtung als die unmittelbare, energische Reaktion gegen
|
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die Kunstweise des Niccolo Pisano. Statt der klassischen Ruhe des
|
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Niccolo sehen wir bei ihm hochgradige Erregung, statt Schönheit der Form
|
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die Bethätigung des seelischen Lebens in Verbindung mit einem
|
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entschieden naturalistischen Streben. Freilich reicht sein Können,
|
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reicht seine Kenntnis der Natur nicht aus, um bei der Fülle großer und
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neuer Gedanken, bei dem großartigen dramatischen Sinn wirklich volle
|
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naturalistische Durchbildung zu erzielen; Giovanni begnügt sich damit,
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die Natur in großen Zügen anzudeuten, um desto frischer und
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überwältigender das innere Leben zum Ausdruck zu bringen. Daher sind die
|
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Proportionen oft sehr vernachlässigt und selbst falsch, die Körper und
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Gesichter nicht selten häßlich und verzerrt, die Ausführung meist
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flüchtig und zuweilen sogar roh. Freilich kommt dies zum guten Teil auf
|
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Rechnung der Gehülfen, deren sich der Künstler zur Ausführung der
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zahlreichen und umfangreichen Arbeiten, zu denen er in seiner langen
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Künstlerlaufbahn in ganz Italien berufen wurde, in großem Umfange
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bedienen mußte.
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Giovanni's Reliefstil ist der seines Vaters: das Hochrelief, welches der
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Künstler noch weit malerischer behandelt als sein Vorgänger; freilich
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unter Beeinträchtigung der architektonischen Wirkung. Auch im Inhalt
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seiner Darstellungen folgt er im Wesentlichen dem Niccolo; nur in der
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Auffassung und Wiedergabe ist er grundverschieden von ihm.
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Giovanni muß ein sehr frühreifes Talent gewesen sein, da sein Vater den
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etwa fünfzehnjährigen Jüngling 1265 im Kontrakt über die Kanzel für den
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Dom von Siena schon als Gehülfen mit namhaft machen durfte; bei dem
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jugendlichen Alter können wir hier aber die Bethätigung einer
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eigenartigen Richtung bei der Arbeit nicht annehmen. Anders ist dies bei
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der Ausführung des Brunnens in Perugia, bei welcher Giovanni 1278 neben
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dem Vater beschäftigt war. Hier läßt sich eine Reihe der Bildwerke,
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namentlich verschiedene weibliche Gestalten durch die Kühnheit der
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Bewegung, den Ernst des Ausdrucks und die malerische Gewandbehandlung
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unschwer als Arbeiten Giovanni's herauserkennen, der dieselben mit
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besonderer Sorgfalt ausführte. Als Jugendarbeit Giovanni's darf wohl
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auch das ihm in S. Giovanni fuorcivitas zu Pistoja zugeschriebene
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Weihwasserbecken gelten, an dem die Gestalten der Tugenden noch ganz die
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Großartigkeit der Formen und Haltung haben, die Niccolo eigentümlich
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ist. Im Jahre 1278 wurde Giovanni zum Bau des Campo Santo nach Pisa
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gerufen; damals entstanden wohl die groß empfundenen Madonnenstatuen,
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von denen die eine über einem Portal des Baptisteriums; die andere, eine
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Halbfigur, jetzt im Campo Santo steht. Wieder neue architektonische
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Aufgaben zogen den Künstler von Pisa nach Siena, wo er als Dombaumeister
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zwischen den Jahren 1290 bis 1295 erwähnt wird. Hier gehen die alten
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Figuren an der Fassade teilweise noch auf Giovanni zurück, sind aber,
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mit Ausnahme der großartigen Gestalt einer Sibylle an der Ecke des
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Seitenschiffs, derbe und selbst rohe Arbeiten seiner Werkstatt.
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Von Siena scheint der Künstler sich nach Pistoja gewandt zu haben, wo er
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1301 die Kanzel in S. Andrea vollendete. Sie bezeichnet den Höhepunkt
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von Giovanni's Kunst; was zur Charakteristik derselben im Allgemeinen
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gesagt ist, gilt daher ganz besonders von diesem Werke: die
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Kompositionen sind von außerordentlich dramatischer Gewalt, die
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Einzelfiguren, namentlich die Gestalten der Sibyllen, erscheinen in der
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die innere Begeisterung aussprechenden Bewegung als Vorahnung der
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Sibyllen Michelangelo's an der Decke der Sixtina. Gleich nach Vollendung
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dieser Kanzel erhielt Giovanni den Auftrag auf eine ähnliche, noch
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reichere Kanzel für seine Heimatstadt, deren einzelne Teile jetzt im Dom
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und im Campo Santo zerstreut aufgestellt sind; sie wurde erst 1311
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vollendet. Den Bildwerken der Kanzel in S. Andrea nahe verwandt, sind
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hier die Reliefs und Freifiguren womöglich noch dramatischer und
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bewegter, noch mannigfaltiger in den Motiven, stärker in den
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Verkürzungen und reicher in genrehaften Nebenbeziehungen, aber auch noch
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flüchtiger in der Ausführung und willkürlicher in den Proportionen. Der
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architektonische Aufbau wird stark beeinträchtigt durch die großen
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tragenden Figuren, deren Sockel zum Teil wieder mit Statuen geschmückt
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sind.
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[Abbildung: 23. Madonnenstatuette von Giovanni Pisano.]
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Von dieser Kanzel in Pisa stammt ein kleines Lesepult im Berliner Museum
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(No. 24), das an der Unterseite zwei Engel mit dem Brustbild Christi
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zwischen sich trägt; eine charakteristische Arbeit in der Art der
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übrigen Reliefs an der Pisaner Kanzel. Ein zweites Werk des Künstlers in
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der Berliner Sammlung, die Marmorstatuette der Madonna (unter halber
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Lebensgröße, No. 23), scheint zur Zeit, als er an der Kanzel in Pistoja
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arbeitete, gemeißelt zu sein. Wenigstens zeigt sie die nächste
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Verwandtschaft zu der Silberstatuette im Dom zu Prato, deren Entstehung
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auf die Zeit seiner Thätigkeit hier als Architekt im Jahre 1300
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zurückgeführt wird. Im Berliner Privatbesitz befinden sich außerdem (im
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Besitz des Herrn A. von Beckerath) ein Paar ebenso wertvolle Bruchstücke
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einer anscheinend für Florenz gearbeiteten Kanzel: zwei sitzende
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Sibyllen, deren schlichtere Haltung und große Gewandbehandlung die
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Entstehung jener Kanzel noch vor die Kanzel in Pistoja verweist.
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In Norditalien war Giovanni anscheinend im Anfange des XIV. Jahrh.
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thätig; die große Madonnenstatue in der Madonna dell' Arena zu Padua und
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vielleicht auch die Statue des Stifters Enrico Scrovegno sind plastische
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Zeugnisse dieses seines Aufenthalts in der Nähe Venedigs. Spuren seiner
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Thätigkeit lassen sich auch sonst noch über Mittel- und Oberitalien
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verfolgen: Teile einer Auferstehung im Museum zu Perugia, die Giganten
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am Portal der Kirche von San Quirico (um 1298), die Bruchstücke vom
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Grabmal der Gemahlin Kaiser Heinrichs VII. (nach 1313) im Pal. Bianchi
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zu Genua und angeblich auch das Taufbecken in S. Pietro vor Pisa.
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Dagegen sind mehrere große Grabmonumente, die auch jetzt noch auf seinen
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Namen zu gehen pflegen, namentlich das Monument Papst Benedicts XI.
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({~DAGGER~} 1304) in S. Domenico zu Perugia und das Grabmal der hl. Margherita in
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S. Margherita zu Cortona, sicher nicht von Giovanni, sondern schon aus
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einer vorgerückteren Zeit des Trecento und erscheinen der sienischen
|
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Kunst verwandt.
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Giovanni Pisano gilt mit vollem Recht als der einflußreichste Künstler
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seiner Zeit: er ist der wahre Lehrer von Giotto; seine Stellung zur
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plastischen Kunst des Trecento, zur italienischen Gotik, entspricht der
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Stellung Donatello's zum Quattrocento und der Michelangelo's zum
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Cinquecento und Barock. Mit beiden zählt er zu den bahnbrechenden
|
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Meistern auf dem Gebiete der bildnerischen Kunst in Italien.
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Trotz dieser außerordentlichen Wirkung der Kunst des Giovanni hat
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derselbe keine treuen Nachfolger seiner eigenen Richtung gehabt; denn
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die dekorativen Skulpturen an der Madonna della Spina in Pisa (seit
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1321), am Dom zu Siena u. s. f., welche noch ganz den Charakter des
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Künstlers tragen, sind in seiner Werkstatt ausgeführt. Die Kunst des
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Giovanni war eine zu subjektive, um einen Nachfolger in derselben
|
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Richtung zu gestatten; die Nachahmung hätte hier, wie manche Arbeiten
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der Werkstatt beweisen, zur ärgsten Manier und Roheit führen müssen. Es
|
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war daher von besonderem Glück für die Entwickelung der italienischen
|
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Kunst, daß ein so verschieden und eigenartig veranlagtes Genie, wie das
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des Malers Giotto, die Erbschaft des großen Pisaner Bildhauers antrat.
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Giotto ist auch für die Plastik der Vermittler zwischen Giovanni Pisano
|
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und der Frührenaissance. Von seinem allgemeinen Einfluß als Maler
|
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abgesehen, hat er in seinen Entwürfen zu den Reliefs an dem von ihm
|
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(1334) begonnenen Bau des Campanile in Florenz auch unmittelbar in die
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bildnerische Kunst eingegriffen; ja angeblich hat er auch selbst bei der
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Ausführung desselben mit Hand angelegt. Gegenüber der ungezügelten
|
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Gewalt seines Vorgängers macht sich bei ihm ein mäßigender,
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ausgleichender Einfluß, ein Streben nach abgeschlossener Komposition,
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nach tiefer, aber gehaltener Empfindung in Ausdruck und Bewegung, nach
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schlichter Wiedergabe der Natur recht deutlich geltend.
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Der Bildhauer, dem die Ausführung dieser Kompositionen im Wesentlichen
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zufiel, war _Andrea Pisano_ aus Pontedera (um 1273 bis 1319). In der
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Werkstatt des Giovanni Pisano großgezogen, erscheint er doch weit mehr
|
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durch Giotto beeinflußt. Durch ihn erhielt Florenz auch in der Plastik
|
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die Stellung als Vorort Italiens, die bisher fast ein Jahrhundert lang
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Pisa eingenommen hatte. Sein bekanntes Meisterwerk ist die Bronzethür
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von S. Giovanni zu Florenz (1330 bis 1336 ausgeführt). Die kleinen
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Felder von zierlicher gotischer Form enthalten unten acht Tugenden,
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darüber Darstellungen aus dem Leben des Schutzheiligen von Florenz,
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Johannes d. T. Mit Giotto hat hier der Künstler die knappe, klare Art
|
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der Darstellung, den schlichten Ernst und die Wahrheit der Empfindung,
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die Beschränkung auf wenige Hauptfiguren, die vornehme Ruhe in Haltung
|
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und Bewegung gemein, während er im Verständnis der menschlichen Gestalt,
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in der Richtigkeit der Verhältnisse, im Studium der Gewandung schon über
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ihn hinausgeht. Neben den herben Figuren Giotto's erscheinen Andrea's
|
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Gestalten schön und anmutig im Ausdruck; neben Giovanni's überfüllten
|
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Kompositionen mit tieferregten Scenen sind diese Darstellungen des
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Johanneslebens auf den ersten Blick fast nüchtern und unbelebt, bei
|
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näherer Betrachtung erscheinen sie wahrhaft klassisch in ihrem einfachen
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Hochrelief, dem knappen, ausdrucksvollen Stil der Komposition wie
|
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Erzählung und in der Meisterschaft der Durchbildung. Durch die gleichen
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Eigenschaften lassen sich auch mehrere Einzelfiguren auf Andrea
|
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zurückführen: die Marmorstatuetten von Christus und der hl. Reparata im
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Museum von Sa. Maria del Fiore zu Florenz, die große Madonna über dem
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Hauptportal des Domes zu Orvieto (wo Andrea 1347 bis 1349 als
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Dombaumeister beschäftigt war) und ein bemalter Krucifixus in der
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Berliner Sammlung (No. 25); letzterer eine besonders edle, fein
|
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empfundene Arbeit des Künstlers, deren Wirkung noch durch die gute
|
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Erhaltung der alten Bemalung erhöht wird.
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[Abbildung: 26. Madonnenstatuette von Nino Pisano.]
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Andrea's Richtung auf das Schlichte und Anmutige erscheint in seinem
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Sohne _Nino Pisano_ ({~DAGGER~} 1368), der nach des Vaters Tode sich in Pisa
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niederließ (das jetzt schon von Florenz seine Künstler empfangen mußte),
|
|
in das Genrehafte weiter entwickelt. Wie sich dies in besonders
|
|
vorteilhafter Weise in seinen Madonnen bekundet, zeigt eine
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Marmorstatuette der Berliner Sammlung (No. 26), welche mit größeren
|
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bezeichneten Statuen der Madonna (in S. Maria Novella zu Florenz, auf
|
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dem Hochaltar der Madonna della Spina und am Grabmal Salterello in
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S. Caterina zu Pisa) die engste Verwandtschaft hat. Die einzige
|
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beglaubigte Arbeit seines Bruders _Tommaso_, ein Altar in Campo Santo zu
|
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Pisa, zeigt dagegen einen sehr gering veranlagten Künstler.
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Eine Weiterbildung in naturalistischer Richtung erhält die florentiner
|
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Plastik wieder durch einen Maler, durch _Andrea Orcagna_ (Andrea di
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|
Cione, genannt Orcagna, {~DAGGER~} 1368), der als Baumeister von Or San Michele
|
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hier 1359 das Tabernakel vollendete. Als dekoratives Schmuckstück steht
|
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dasselbe wohl unübertroffen in der italienischen Gotik da, und durch
|
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seinen reichen Figuren- und Reliefschmuck kommt es in plastischer
|
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Bedeutung der Bronzethür des Andrea Pisano nahe. Dem Giotto verwandt in
|
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der Größe der Auffassung, in der Sauberkeit der Durchbildung dem Andrea
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|
Pisano nahe, ist Orcagna beiden überlegen durch die feine
|
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naturalistische Empfindung und Durchführung; ganz eigen ist ihm die
|
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malerische Behandlung des Reliefs.
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Die große Darstellung des Todes Mariä mit der Gürtelspende an der
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Rückseite von Andrea's Tabernakel bleibt bis zum Ausgang des Trecento
|
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die hervorragendste Leistung. Arbeiten, wie die Reliefs der Tugenden an
|
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der Loggia de' Lanzi (1383 bis 1387), sind recht tüchtige Werke unter
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dem Einfluß des Orcagna; im Großen und Ganzen verliert sich aber die
|
|
bildnerische Kunst dieser Zeit in Florenz in nüchterne und meist sogar
|
|
starre oder kleinliche Nachahmung der großen vorangegangenen Meister;
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|
die Statuen am Campanile aus dieser Zeit, die verschiedenen Figuren an
|
|
den südlichen Portalen des Domes, der Altar des _Alberto di Arnoldo_ im
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|
Bigallo (1364), der Taufstein in S. Giovanni (1371), verschiedene
|
|
Grabdenkmäler in S. Croce u. s. f. sind ebenso viele sprechende Beispiele
|
|
für diese Erstarrung der plastischen Kunst. Ein Werk dieser Art, ein
|
|
Madonnenrelief Alberto's am Campanile, ist in einer bemalten
|
|
Stucknachbildung (wohl der frühesten Arbeit dieser Art, die bisher
|
|
bekannt ist) im Berliner Museum vertreten (No. 32A).
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* * * * *
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Für die florentiner Bildnerschule dieser Zeit ist es charakteristisch,
|
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daß ihre Thätigkeit fast ausschließlich auf ihre Vaterstadt beschränkt
|
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bleibt, wo sich große und kleine Aufgaben in reichem Maße für die
|
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Künstler darboten. Anders die _Bildhauerschule Siena's_, welche sich an
|
|
die Thätigkeit von Niccolo und Giovanni Pisano in Siena anschließt und,
|
|
Dank dem politischen Aufschwunge der Stadt seit dem Ende des XIII.
|
|
Jahrh., eine ebenso reiche Entwickelung aufzuweisen hat, wie die
|
|
gleichzeitige florentiner Schule: in der Heimat fast gar nicht
|
|
beschäftigt, wenden sich die Sieneser Künstler nach außen und sind in
|
|
Mittel- und Süditalien in umfangreicher und mannigfaltiger Weise thätig
|
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gewesen. Ihren Charakter behalten sie aber auch hier im Wesentlichen
|
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bei.
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Die sienische Plastik des Trecento hat die hervorragenden
|
|
Eigentümlichkeiten mit der sienischen Malerei gemein, zeigt aber gerade
|
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die Schwächen der letzteren in besonders starkem Maße. Da den Bildwerken
|
|
die malerische Wirkung der Gemälde durch den glänzenden, zierlich
|
|
gearbeiteten Goldgrund, zumal bei ihrer jetzigen Farblosigkeit, abgeht,
|
|
so machen sich hier der Mangel an Größe der Auffassung wie an
|
|
Monumentalität in Aufbau und Anordnung, die eigentümliche Breite und
|
|
Redseligkeit in der Erzählung der Reliefs, die weiche, knochenlose
|
|
Wiedergabe der menschlichen Gestalt meist in störender Weise geltend und
|
|
lassen die gemütvolle, weiche Empfindung und die saubere Ausführung als
|
|
Gemeingut so vieler sienischen Kunstwerke nur selten oder doch nicht
|
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voll zur Geltung kommen.
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Unter den zahlreichen Bildhauern Siena's in dieser Zeit ist keiner --
|
|
und auch das ist ein charakteristisches Kennzeichen dieser Schule --,
|
|
der sich aus der Mittelmäßigkeit der anderen wesentlich heraushöbe.
|
|
Schon die unmittelbaren Nachfolger des Giovanni Pisano in Siena, soweit
|
|
wir beglaubigte Arbeiten von ihnen kennen: die Tino, Maestro Gano, Goro
|
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di Gregorio, Agostino di Giovanni, Cellino u. a. m. haben den gleichen
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Charakter. Meister _Gano_ verfertigt bereits im Anfange des XIV. Jahrh.
|
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ein Paar Grabmonumente im Dom von Casale bei Volterra. _Goro di
|
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Gregorio_ arbeitet 1323 die Reliefs und Statuetten an der Arca di S.
|
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Cerbone im Dom zu Massa Maritima. _Tino di Camaino_ ({~DAGGER~} 1339), hat als
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Grabbildner eine ausgedehnte Thätigkeit enfaltet: von seiner Hand sind
|
|
in Pisa das Monument Kaiser Heinrichs VII. (1315), in Florenz das
|
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Monument des Bischofs Ant. d'Orso im Dom, in Neapel (seit 1323)
|
|
verschiedene Grabmonumente in S. Maria Domna Regina und in Corpus
|
|
Domini. _Cellino di Nese_ errichtet das Grabmal des Cino de' Sinibaldi
|
|
im Dom zu Pistoja (1337); als das früheste Professorengrab von Bedeutung
|
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für diese namentlich in der Universitätsstadt Bologna entwickelte
|
|
Gattung von Monumenten. Verschiedene, nach ihrem Urheber nicht zu
|
|
benennende Monumente in Cortona, Perugia, Assisi tragen ähnlichen
|
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Charakter. Das reichste Monument unter allen sienischen Grabdenkmalen
|
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dieser Zeit, das des Bischofs Tarlati im Dom zu Arezzo von _Agostino di
|
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Giovanni_ und _Agnolo di Ventura_ (1330), zeigt die Schwächen der
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Bildnerschule Siena's und den völlig unmonumentalen, kleinlichen Aufbau
|
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in der Häufung von zahlreichen kleinen Reliefs und Statuetten, wie in
|
|
der puppenhaften Größe und übertriebenen Zierlichkeit der Figuren. Die
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|
Reliefs mit Motiven aus der Zeitgeschichte besitzen dabei aber eine
|
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gewisse einfache Anschaulichkeit und genrehafte Lebendigkeit, welche bei
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näherer Betrachtung wenigstens teilweise für jene Mängel entschädigen.
|
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Vorteilhafter noch zeigt sich die sienische Plastik an einem Monumente,
|
|
an dem sie sich am umfangreichsten und einheitlichsten bethätigt hat, am
|
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Fassadenschmuck des Domes von Orvieto. Die vier breiten Pfeilerflächen
|
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zwischen den Portalen sind hier nach einheitlichem Entwurf und unter
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einheitlicher Leitung vollständig überzogen mit Bildwerken in mäßigem
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Hochrelief, welche die Schöpfung und den Sündenfall, die Verheißung des
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|
Alten Testaments, das Leben des Erlösers und das Jüngste Gericht
|
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darstellen. Die alte Zuweisung derselben an Giovanni und Andrea Pisano
|
|
ist als unhaltbar aufgegeben. Diese Skulpturen zeigen vielmehr alle
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charakteristischen Eigenschaften der sienischen Kunst und werden wohl
|
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mit Recht, wenigstens in ihrem Entwurf, dem Baumeister der Fassade, dem
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Sienesen _Lorenzo Maitani_, zugewiesen. Völlig unarchitektonisch in der
|
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Anordnung der einzelnen Scenen, die nach Art der mittelalterlichen
|
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Miniaturen nur durch mageres Geäst getrennt sind, ohne Größe oder
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Energie der Auffassung, ohne besondere Mannigfaltigkeit, in der
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Behandlung der Körper wie im Ausdruck wenig individuell und weichlich,
|
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geben diese Skulpturen durch den glücklichen Reliefstil und die saubere
|
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Durchführung, durch den ausgesprochenen Schönheitssinn, die Lieblichkeit
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der Typen, das feine Naturgefühl, selbst in der Behandlung des Nackten,
|
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durch die schlichte und klare, wenn auch etwas breite Erzählungsweise,
|
|
durch die gemütliche, genrehafte Auffassung die vorteilhafteste
|
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Vorstellung von dem Können der sienischen Bildhauer dieser Zeit. Ihre
|
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treffliche Erhaltung macht sie besonders wirkungsvoll.
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* * * * *
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Über Toskana hinaus verbreitete sich mit dem Ruhm der Pisaner
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Bildhauerschule auch alsbald das Bedürfnis, der Kunst derselben
|
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teilhaftig zu werden. Schon die Schüler des Niccolo Pisano wandern nach
|
|
allen Teilen Italiens und legen fast überall den Grund zu reicher
|
|
plastischer Thätigkeit. Selbst in Rom und Süditalien erwacht die Freude
|
|
an figürlicher Plastik. In Rom verbindet sie sich mit der alten
|
|
Mosaikdekoration der Cosmaten (nach einem Meister Cosmas genannt, in
|
|
dessen Familie die künstlerische Laufbahn lange erblich blieb)
|
|
gelegentlich zu recht glücklicher Gesamtwirkung, wenn auch die
|
|
eigentlich plastischen Teile regelmäßig von geringer Bedeutung sind. Die
|
|
Grabmonumente haben hier in der Regel den Vorzug vor den Tabernakeln und
|
|
Altären. Auf Wandpilastern erhebt sich der spitzbogige Bau, dessen Bogen
|
|
ursprünglich ein Mosaikgemälde zu schmücken pflegte; darunter ruht auf
|
|
dem Paradebett der Tote, hinter dem von anmutigen Engeln ein Vorhang
|
|
gehalten wird; am Sockel sind die Wappen des Verstorbenen zwischen
|
|
zierlichen Mosaikornamenten angebracht. In der monumentalen Wirkung des
|
|
einfachen architektonischen Aufbaus, in der würdevollen Auffassung der
|
|
Gestalt des Verstorbenen und in der reichen harmonischen Farbenwirkung
|
|
sind diese Grabdenkmäler denen der toskanischen Meister überlegen. Dies
|
|
gilt namentlich für die Monumente des Cosmaten _Johannes_: das Grabmal
|
|
Gonsalvo in S. Maria Maggiore (vom Jahre 1299), das des Stephanus in
|
|
S. Balbina und das Monument Durante in der Minerva (1296); teilweise
|
|
auch für die zahlreichen ähnlichen Grabmäler in S. M. in Araceli, meist
|
|
der Familie Savelli angehörig. Wie wenig trotzdem die römische Kunst im
|
|
Stande war, aus sich heraus zu einer frischen, stetigen Entwickelung zu
|
|
gelangen, beweist der Umstand, daß mehr als ein Jahrhundert später die
|
|
Grabdenkmäler noch fast ganz in derselben Weise gestaltet wurden, nur
|
|
unter allmählicher Verdrängung des musivischen Schmuckes.
|
|
|
|
Reicher noch, namentlich auch an rein plastischem Schmuck, dagegen
|
|
künstlerisch weit geringwertiger sind die Monumente Süditaliens während
|
|
des Trecento. Insbesondere die Kirchen Neapels werden durch die
|
|
Prunksucht der Anjou und der großen Barone Süditaliens mit reichen
|
|
Grabmonumenten förmlich überladen, für welche die Monumente der nach
|
|
Neapel berufenen toskanischen Künstler, namentlich des Sienesen _Tino di
|
|
Camaino_, die Vorbilder wurden: unter einem Baldachin auf hohen
|
|
gewundenen Säulen steht der von drei oder vier Tugenden getragene und
|
|
mit Reliefs geschmückte Sarkophag, auf dem hinter einem von Engeln
|
|
zurückgezogenen Vorhange die ruhende Figur des Verstorbenen sichtbar
|
|
wird; über ihm ein Dach mit Statuetten. Die einförmige, gedankenlose
|
|
Wiederholung dieser Motive, die Überladung, die plumpen Formen und
|
|
Verhältnisse, der Mangel an koloristischem Sinn in der Bemalung, die
|
|
empfindungslose Auffassung und Behandlung der Figuren lassen auch bei
|
|
den besten dieser Grabdenkmäler, wie sie namentlich im Dom, in
|
|
S. Chiara, S. Domenico und S. M. Domna Regina besonders zahlreich sind,
|
|
den Beschauer zu keinem künstlerischen Genusse kommen.
|
|
|
|
Für den Einfluß französischer Gotik, der sich in diesen Monumenten
|
|
Süditaliens unter der Herrschaft der Anjou gelegentlich geltend macht,
|
|
sind ein Paar Marmorstatuetten der Berliner Sammlung, die aus Neapel
|
|
stammen (No. 29 und 30), charakteristische Beispiele. Von ungewöhnlich
|
|
feiner Empfindung, erscheinen sie den Leidtragenden an gleichzeitigen
|
|
französischen und burgundischen Sarkophagen in Ausdruck, Haltung und
|
|
selbst in der Tracht nahe verwandt. Wie lange sich hier im Süden,
|
|
namentlich in Sicilien und Calabrien, diese Mischung französischer und
|
|
Pisaner Gotik erhält, dafür ist die reich bemalte Alabasterfigur der
|
|
Madonna (No. 206) ein charakteristisches Beispiel; sie kann nach den
|
|
Ornamenten wie nach der Behandlung kaum vor 1500 entstanden sein.
|
|
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* * * * *
|
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|
|
Auch Norditalien, selbst die Lombardei, welche mit ihren Steinmetzen und
|
|
Bildhauern noch bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts das übrige Italien
|
|
und namentlich gerade Toskana versorgt hatte, kommt seit dem Anfange des
|
|
Trecento völlig unter den Einfluß der Pisaner Schule und bezieht aus
|
|
dieser die Künstler für die wichtigen plastischen Aufgaben, die jetzt
|
|
allmählich in größerer Zahl gestellt wurden. Für Mailand wird die
|
|
Thätigkeit eines Pisaner Künstlers, _Giovanni di Balduccio_, bestimmend,
|
|
der in seiner Heimat ein Grabmal in Sarzana (1322) und eine Kanzel in
|
|
S. Casciano bei Florenz gearbeitet hatte. Sein berühmter Marmorsarkophag
|
|
des Petrus Martyr in S. Eustorgio zu Mailand ist zwar unbedeutend in der
|
|
Erzählung und teilweise linkisch in der Bewegung, aber von größter
|
|
Delikatesse der Durchführung und in den großen Statuen der Tugenden an
|
|
den Säulen von besonders glücklichen Verhältnissen, geschmackvoller
|
|
Gewandung und lieblichem Ausdruck. Die Reliefs des Hochaltars in
|
|
S. Eustorgio, verschiedene Grabmäler in S. Marco, S. Eustorgio, im Museo
|
|
Lapidario und andere Mailänder Arbeiten des Trecento sind offenbar unter
|
|
dem Einflusse dieser Monumente entstanden. Eine Arbeit Balduccio's ist
|
|
auch das Grabmal des Azzo Visconti im Palast Trivulzio zu Mailand.
|
|
Dagegen erscheint das Grabmal des Kardinals Luca Fieschi ({~DAGGER~} 1336) im Dom
|
|
zu Genua unter allen Monumenten dieser Zeit am stärksten von Giovanni
|
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Pisano beeinflußt. Die Komposition des Thomasreliefs am Sarkophag ist in
|
|
der Belebung der Figuren, in Bewegung und Gewandung wohl die
|
|
bedeutendste Arbeit der Lombardei.
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Die reiche Arca di S. Agostino im Dom zu Pavia (begonnen seit 1362) und
|
|
andere einfachere Monumente in den lombardischen Städten zeigen den
|
|
unter der Einwirkung solcher Pisaner Vorbilder allmählich entwickelten
|
|
Stil der lombardischen Plastik der zweiten Hälfte des Trecento, der mehr
|
|
durch Sauberkeit der Arbeit und Schlichtheit der Auffassung als durch
|
|
Größe oder feine Belebung sich auszeichnet. Wie weit die französische
|
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Kunst schon ein Jahrhundert früher dieser Kunst überlegen war, beweist
|
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der berühmte Bronzeleuchter des Mailänder Domes, das Beutestück eines
|
|
Trivulzio in einem Kriege gegen Frankreich.
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Noch auf einem anderen Wege kommt die toskanische Kunst nach der
|
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Lombardei: durch die Lombarden, die in Venedig arbeiteten und Aufträge
|
|
für ihre Heimat bekamen. Solche Arbeiten sind namentlich die
|
|
verschiedenen Reitermonumente der Lombardei, in erster Linie die
|
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berühmten Monumente der Tyrannen von Verona, die Scaligerdenkmäler auf
|
|
dem kleinen Platz neben S. Maria Antica. Im Figürlichen sämtlich mehr
|
|
oder weniger untergeordnet, sind sie von Bedeutung als die ersten
|
|
künstlerischen Äußerungen trotziger Ruhmessucht, die hier von vornherein
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losgelöst von der Kirche erscheint. Dem reichsten dieser Monumente, dem
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des Can Signorio von _Bonino da Campiglione_ (von 1375), ist das
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früheste, dem Can Grande I. errichtete Grabdenkmal (1329) in seinem
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einfach monumentalen Aufbau und der trefflich heraldisch stilisierten
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Reiterfigur auf der Spitze wesentlich überlegen. Die Monumente des
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Barnabo Visconti (1384) und der Regina della Scala (1385), in der Brera
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zu Mailand, sind von diesen Arbeiten abhängig.
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In Venedig nahm, wie die Baukunst, so auch die Plastik im Laufe des
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Trecento eine ganz neue und eigenartige Entwickelung. Zur Erklärung
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dieser Erscheinung läßt Vasari sowohl den Niccolo wie den Giovanni
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Pisano in Venedig thätig sein. Für Niccolo ist dies mehr als
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unwahrscheinlich; auch ein Aufenthalt Giovanni's ist uns in Venedig
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selbst nicht bezeugt, wohl aber in dem benachbarten Padua, wo Giovanni
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mit Giotto zusammen an der Ausschmückung der Madonna dell' Arena
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beschäftigt war (vgl. S. 22). Daß also die bildnerische Kunst in Venedig
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direkt und indirekt durch die Pisaner Meister beeinflußt und belebt
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worden, erscheint zweifellos; aber gerade der Umstand, daß keiner der
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Pisaner Künstler hier selbst thätig war, hat in Venedig einer
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selbständigeren Entwickelung der Plastik im Trecento Vorschub geleistet,
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welche der gleichzeitigen Malerei wesentlich überlegen ist.
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[Abbildung: 162. Brunnenmündung aus Venedig, Anfang des XV. Jahrh.]
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Anfangs (gelegentlich wohl bis in die Mitte des Jahrhunderts) schließt
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sich die bildnerische Thätigkeit noch an jene ältere, auf byzantinischen
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Vorbildern beruhende Dekorationsart an, welche in phantastischer Weise
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figürliche Darstellungen mit Ornamenten und abenteuerlichen Tierbildern
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verquickt. Die Fassade der Paläste und die Kirchen haben zahlreiche
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Beispiele dafür aufzuweisen; die beste Gelegenheit für die Anbringung
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derartigen Schmuckes bot aber der allmähliche Ausbau von San Marco, der
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innen und außen zahlreiche dekorative Bildwerke aus der zweiten Hälfte
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des XIII. und dem Anfange des XIV. Jahrh. aufzuweisen hat. Die
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interessantesten darunter sind die Reliefs an den Bögen über den
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Hauptportalen, namentlich über dem mittleren, an denen auch die Motive:
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Darstellungen der Monate, Propheten, Sibyllen u. s. f., noch die alten
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sind, während die guten Verhältnisse, die saubere Ausführung und die
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tüchtige naturalistische Empfindung schon die vorgerückte Zeit verraten.
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Diese Abhängigkeit von der Architektur und der gewollte Anschluß an
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ältere Vorbilder hielt in Venedig lange Zeit eine freie, selbständige
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Entfaltung der Plastik zurück. Die Künstler (zumeist zugewanderte
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Comasken) scheinen daher Gelegenheiten, die sich ihnen dafür außerhalb
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ihrer Vaterstadt boten, gern ergriffen zu haben. So finden wir in den
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vierziger Jahren einen Venezianer _Jacopo Lanfrani_ in Bologna
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beschäftigt; hier sind von seiner Hand das Professorengrab Calderini ({~DAGGER~}
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1348) im Museo Civico und das stattliche Wandmonument des Taddeo Pepoli
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({~DAGGER~} 1347) in S. Domenico erhalten; letzteres originell im Aufbau, gut im
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Reliefstil und tüchtig in den Figuren, wenn auch wenig belebt in der
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Komposition und im Ausdruck. Einige Jahrzehnte später arbeitet ein
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Meister _Antonio_ aus Venedig einen Marmoraltar für S. Lorenzo zu
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Vicenza, und 1372 der Meister _Andriolo_ die fünf Statuen für die
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Kapelle S. Felice im Santo zu Padua. Letztere sind den frühesten
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Arbeiten der Gebrüder Massegne schon nahe verwandt, die gleichfalls ihr
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Heil zuerst draußen hatten versuchen müssen: _Jacobello_ und _Pier Paolo
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delle Massegne_ erhielten 1388 den Auftrag auf den großen Marmoraltar
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von S. Francesco in Bologna. In den zahlreichen Statuetten von
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verschiedener Größe zwar etwas flüchtig und lieblos, ist der Altar nicht
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nur von stattlicher Erscheinung und klar im Aufbau, sondern in einzelnen
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Teilen, namentlich in dem Relief der Krönung Mariä in der Mitte, schon
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von dem eigentümlichen Schönheitssinn, der weichen Fülle der Gestalten
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und dem Fluß der Gewandung, welche die späteren Arbeiten der Massegne in
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Venedig auszeichnen. Beglaubigt sind hier die Statuen Mariä und der
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Apostel vom Jahre 1394, welche auf den Schranken des Chors der
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Markuskirche stehen; nach ihrer Übereinstimmung mit diesen Figuren
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gehören ihnen auch die 1397 ausgeführten zehn Statuen der Seitennischen
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des Chors, sowie die auf den Chorstühlen. Ein Altar im linken Querschiff
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und die Figuren auf den Chorstühlen der Markuskirche, das Relief über
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dem Eingang zur Kirche von S. Zaccaria, der Altar in der Taufkapelle der
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Frari und ebenda die Grabmäler Simone Dandolo (vollendet 1396) und Paolo
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Savello ({~DAGGER~} 1405, mit dem trefflichen Reiter in Holz), in S. Giovanni e
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Paolo, das Grabmal Ant. Venier ({~DAGGER~} 1400), das Relief der Madonna zwischen
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zwei Engeln über einer Seitenthür der Frari sind hervorragende Arbeiten
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aus gleicher Zeit und von ähnlichem Charakter, deren Venedig noch eine
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beträchtliche Zahl von geringerer Qualität aufzuweisen hat. Auch die
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älteren Bildwerke am Dogenpalast und einzelne Skulpturen am Dache von
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S. Marco sind wenigstens in dieser Zeit und unter dem Einflüsse dieser
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Skulpturen begonnen worden; die Vollendung derselben, namentlich die
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berühmten Gruppen der Schande Noahs und des Urteils Salomonis an den
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Ecken des Dogenpalastes fallen bereits in eine Zeit, da in Florenz die
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Renaissance schon ihre erste Blüte entfaltete. Gemeinsam ist diesen
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Arbeiten, in größerem oder geringerem Maße, ein ausgesprochener
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Schönheitssinn in den vollen Gestalten, in dem ernsten, anmutigen
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Ausdruck, der ruhigen Haltung, der großen und einfachen Faltengebung;
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und damit verbinden sich saubere Durcharbeitung und ein oft schon fein
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entwickelter Natursinn, namentlich für die Einzelheiten. Die
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Befangenheit im Ausdruck und eine nüchterne Ruhe, welche bei bewegten
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Motiven besonders störend auffällt, verraten jedoch auch in den besten
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dieser Arbeiten, daß auf diesem Wege allein zu völliger Freiheit nicht
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zu gelangen war.
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Unter der beträchtlichen Zahl meist dekorativer venezianischer
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Bildwerke, welche die Berliner Sammlung besitzt, befinden sich auch
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mehrere charakteristische, gute Arbeiten dieser Zeit: zwei weibliche
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Halbfiguren, liebliche Lockenköpfe von vollen Formen (No. 35 und 36),
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eine Brunnenmündung im Charakter der Kapitelle des Dogenpalastes (No.
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162) und ein großes Holzkrucifix von herb naturalistischer Auffassung
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(No. 37), sämtlich Arbeiten, die schon in den Anfang des XV. Jahrh.
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fallen.
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Die Frührenaissance
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(Das Quattrocento, um 1400 bis 1500).
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Die Kunst der »Renaissance«, die Wiedergeburt der antiken, der
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klassischen Kunst -- wie schon die Künstler des XV. Jahrh. mit
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Bewußtsein und Stolz ihre Kunst bezeichneten -- zeigt sich auf keinem
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anderen Gebiete in so scharfem Gegensatze zu der vorausgehenden Zeit wie
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in der Plastik. Die Rückkehr zu den antiken Formen in der Dekoration hat
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sie mit der Architektur gemein; wie diese betrachtet sie die Antike, die
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Überreste der römischen Kunst, als ihre unübertroffene Lehrmeisterin,
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entlehnt sie derselben zahlreiche Motive und Gestalten. Aber während die
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Architektur des Quattrocento in ihren Grundformen, in den Verhältnissen
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und technischen Hülfsmitteln auf den großen Errungenschaften des
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Trecento nur weiterbaut, tritt die gleichzeitige Plastik in einen viel
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größeren Gegensatz zu ihrer Vorgängerin, welche bei aller Lebendigkeit
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noch der naturalistischen Durchbildung ermangelt hatte. Sie befolgt als
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obersten Grundsatz die _Wirklichkeit_: volle Naturwahrheit und schärfste
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Charakteristik im Motiv wie in der Durchbildung der einzelnen Gestalt
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bis in die kleinsten Einzelheiten. Die menschliche Figur in der vollen
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Wirklichkeit ihrer Erscheinung: individuell in Kopf und Gestalt,
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eigenartig in Haltung und Bewegung, wie in der Tracht bleibt das
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vornehmste Ziel der Bildhauer durch das ganze XV. Jahrh. Diese Aufgabe
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verfolgen sie mit einer Begeisterung und Überzeugung, mit einem Ernst
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und oft mit einer Einseitigkeit, die vor Übertreibung nicht
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zurückschreckt; aber ein glücklicher Takt, Naivetät und angeborener
|
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Schönheitssinn bilden die natürlichen Schranken, in denen sich jenes
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Streben trotz seiner Kraft und Einseitigkeit in einer so mannigfaltigen,
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so eigentümlich reizvollen Weise entfalten konnte, wie innerhalb der
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Plastik zu keiner anderen Zeit nach der Blüte der attischen Kunst.
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Das realistische Streben führte in erster Linie auf das _Studium des
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Nackten_, welches das Trecento schon aus kirchlichen Gründen und
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religiöser Scheu vernachlässigt hatte. Hier galt es die größten
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Anstrengungen; nur langsam und mühsam hat selbst der bahnbrechende
|
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Meister Donatello aus allgemeinen und befangenen Anschauungen sich zu
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wirklicher Kenntnis des Körpers durchgearbeitet. Aber auch bei ihm und
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im ganzen Quattrocento ist diese Kenntnis, ähnlich wie in der antiken
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Kunst, ein aus steter Anschauung gewonnenes Resultat; erst Leonardo
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erhebt die Anatomie zu einer Hilfswissenschaft der Kunst. Durch Piero
|
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della Francesca hatte schon früher die Perspektive ihre
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wissenschaftliche Begründung erhalten, während sie bis dahin, auch in
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der Plastik, meist in naiver Ausübung richtiger Beobachtungen mehr oder
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weniger glücklich angewandt worden war.
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Mit dem Studium des nackten Körpers geht das _Gewand_studium Hand in
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Hand. In Bewegung, in Faltengebung, selbst in der Wahl der Stoffe sind
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die Künstler bestrebt, die Gewandung der Figur möglichst anzupassen, den
|
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Körper darin erkennen zu lassen und zugleich die Gestalt dadurch zu
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heben und zu charakterisieren. Um während der Übertragung des Modells in
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Stein die künstlich gelegten Falten desselben dauernd zu erhalten,
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wurden die über dem Manneken angeordneten Stoffe (in der Regel ein
|
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starker Leinenstoff) von manchen Künstlern in Gips getränkt,
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gelegentlich sogar in derselben Weise auf dem Original angebracht
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(vergl. die Johannesbüste von Donatello No. 38a).
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Das Moment, welches neben der Rückkehr zur Natur als gleichbedeutend für
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die »Wiedergeburt« der italienischen Kunst bezeichnet zu werden pflegt,
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das _Studium der Antike_, hat die plastische Detailbehandlung der
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Bildhauer des Quattrocento fast gar nicht berührt: es läßt sich kaum ein
|
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größerer Gegensatz in der Plastik denken, wie zwischen der florentiner
|
|
Kunst des XV. Jahrh. und der griechischen der Blütezeit, von der
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römischen Kunst ganz zu schweigen. Dagegen galten die Überreste der
|
|
antiken Kunst, welche mit größtem Eifer aufgesucht und gesammelt wurden,
|
|
den Bildhauern des Quattrocento in solchem Maße als unübertreffliche
|
|
Vorbilder, daß sie ihnen nicht nur fast sämtliche Motive der Dekoration
|
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entlehnten, sondern sogar, wo es irgend anging, auch ihre figürlichen
|
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Kompositionen sich zum Vorbild nahmen. Die mythologischen und zum Teil
|
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auch die allegorischen Gestalten und Motive in den Bildwerken des XV.
|
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Jahrh. sind fast regelmäßig der Antike, namentlich den Sarkophagen,
|
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geschnittenen Steinen und Münzen entlehnt. Gerade der Künstler, der
|
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durch seinen rücksichtslosen Realismus die Richtung des Quattrocento am
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schärfsten ausgeprägt und die ganze italienische Kunst der Folgezeit am
|
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stärksten beeinflußt hat, dessen schöpferische Gestaltungskraft, dessen
|
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eigenartige Phantasie von wenigen Künstlern erreicht worden ist: gerade
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|
Donatello entlehnt, ja kopiert mit größter Vorliebe aus der Antike.
|
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Seine Reliefs im Hof des Palazzo Riccardi sind als Nachbildungen antiker
|
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Gemmen und Kameen bekannt; als solche lassen sich aber auch
|
|
verschiedene Plaketten nachweisen, und selbst seine zahlreichen
|
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Puttendarstellungen an den Sockeln der Statuen, an den Kapitellen und
|
|
Einrahmungen, an den Rüstungen seiner Krieger und an den Friesen seiner
|
|
Kanzeln sind fast regelmäßig nichts anderes, als mehr oder weniger freie
|
|
Umbildungen antiker Amorettendarstellungen auf Sarkophagen oder
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geschnittenen Steinen. Selbst in den biblischen Motiven Donatello's läßt
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sich die Benutzung verwandter antiker Darstellungen verfolgen; so ist in
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seinen großartigen Kompositionen der Beweinung Christi bald die eine,
|
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bald die andere Figur antiken Sarkophagreliefs mit der Klage um den Tod
|
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der Alceste oder ähnlichen Scenen frei entlehnt. Freilich ist es für
|
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Donatello und für die ganze Richtung der Plastik des Quattrocento
|
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bezeichnend, wie der Künstler auch diesen Nachbildungen der Antike
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seinen Geist, seinen Stil aufprägt, so daß sie als eigenste Erfindungen
|
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des Künstlers erscheinen.
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Der _Ort der Bestimmung für die plastischen Kunstwerke_ bleibt im
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Wesentlichen der gleiche wie in der vorausgegangenen Zeit: die Kirchen
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vereinigen, nach wie vor, als Schmuck der Außenseite wie des Innern die
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große Mehrzahl aller Skulpturen; vereinzelt kommt daneben, wie im
|
|
Trecento, der plastische Schmuck von Gemeindebauten und selbst von
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Plätzen vor. Aber die Auftraggeber, wie die Gesinnung und Absicht der
|
|
Bestellung sind wesentlich andere geworden. Obgleich für die Kirche
|
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bestimmt, sind diese Bildwerke doch keineswegs immer im kirchlichen oder
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gar frommen Sinne gestiftet oder geschaffen; die Auffassung ist vielmehr
|
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meist eine rein menschliche, auf treue Wiedergabe des Wirklichen
|
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gerichtet. Der Kultus des Individuums, aus der Erkenntnis des eigenen
|
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Wertes und der allseitigen Ausbildung der Individualität hervorgegangen,
|
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hatte zur demokratischen Umbildung der italienischen Gemeinwesen oder
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zur Unterwerfung derselben unter Tyrannen geführt; er erhielt einen
|
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charakteristischen Ausdruck in der schrankenlosen Ruhmsucht, welche in
|
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der Kunst, vor Allem in der Plastik, ein hervorragendes Mittel zu seiner
|
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Bethätigung fand. Der Platz für die bildnerische Thätigkeit zur
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Verherrlichung der einzelnen Persönlichkeit wurden aber nicht das
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Privathaus, nicht der Palast, wie man erwarten sollte, auch nur in
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beschränktem Maße die städtischen Bauten, die öffentlichen Plätze und
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|
Straßen: dieser Platz war oder blieb recht eigentlich die Kirche. Denn
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in der Umwälzung, welche die moderne Zeit heraufführte, hatte zwar
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Selbstsucht und Selbstüberhebung den Glauben aufs tiefste erschüttert,
|
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aber die Kirche hatte ihre Stellung zu behaupten gewußt. Die
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Wiedergeburt des ganzen Lebens hatte nicht zu einer inneren Reform der
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kirchlichen Institutionen geführt, sondern hatte dieselben mit in ihre
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Kreise gezogen: die Päpste und die hohe Geistlichkeit wetteiferten in
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der monumentalen Bethätigung ihres Ruhmes und beschäftigten zahlreiche
|
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Künstler zu ihrer Verherrlichung; sie haben dadurch zur Kräftigung der
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Kirche bei der großen Menge nicht wenig beigetragen. Die Geistlichen
|
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nahmen nicht den geringsten Anstand, das Gotteshaus zum Tummelplatz der
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|
Ruhmsucht des Einzelnen zu machen; wurde doch dadurch zugleich die
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Kirche geschmückt und verherrlicht. Die Päpste und ihre Nepoten gingen
|
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im Luxus der Monumente allen Anderen voran; Roms Kirchen übertrafen in
|
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Pracht und Menge der Denkmäler selbst die Grabkirchen der reichsten
|
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Tyrannen. Wenn die Kirchen von Venedig an Zahl und Pracht der
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Grabmonumente sich mit den Kirchen Roms beinahe messen können, wenn
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diese Denkmäler in Florenz durch ihre Schönheit allen anderen überlegen
|
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sind, so haben dieselben doch an beiden Orten einen eigentümlichen
|
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Charakter, der ihnen schon durch die Vornehmheit der Gesinnung vor den
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römischen Monumenten den Vorzug giebt: in beiden Republiken dienten
|
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diese Denkmäler in erster Reihe nicht der Verherrlichung des Einzelnen,
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sondern dem Ruhme des Staats. In Venedig durfte nur dem Dogen, als dem
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Repräsentanten der stolzen Republik, die Ehre eines Prachtmonuments in
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der Kirche zu Teil werden in Florenz wurden den berühmten
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Staatssekretären, den vornehmen Wohlthätern und Freunden der Stadt,
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selbst den großen Künstlern prächtige Denkmäler gesetzt, während die
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vornehmen Familien, die Mediceer nicht ausgenommen, sich in dieser Zeit
|
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mit einfachen oder doch mit bildlosen Grabmälern begnügen.
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Dadurch, daß der Mittelpunkt für die Thätigkeit der Bildhauer auch im
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Quattrocento nach wie vor die Kirche ist, bleiben auch die _Aufgaben_
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der Plastik im Wesentlichen dieselben wie vorher. Der Schmuck der
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Fassaden, die monumentalen Ausstattungsstücke des Innern: Altar, Kanzel,
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Sängertribüne, Tabernakel, Sakristeibrunnen, Kandelaber, Chorschranken
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werden, wo es immer angeht, einem Bildhauer zur Ausführung übergeben.
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Aber Auffassung und Formenbehandlung sind ganz neu; nicht nur durch die
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Aufnahme antiker Dekorationsformen, vor Allem sind die Künstler ihren
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Vorgängern durch ihr Stilgefühl und den monumentalen Sinn überlegen,
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indem sie jene Gegenstände regelmäßig architektonisch gestalten und
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figürliche Bildwerke nur zur Hebung der Form und als sinnige Erklärung
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ihrer Bedeutung anbringen. Die Grabmonumente, die jetzt eine so
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außerordentliche Bedeutung gewinnen und nicht selten fast die ganzen
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Wände der Kirchen bedecken, waren allerdings auch schon im Trecento an
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demselben Platze; aber an die Stelle des Heiligengrabes, das nur noch
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ausnahmsweise einen Stifter findet, tritt das Privatgrab und das
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Staatsdenkmal, und der von Säulen getragene, mit einem Baldachin
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überdachte Sarkophag des Trecento wird durch das geschmackvolle, der
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Architektur sich einfügende Nischengrab verdrängt. Über dem Sarkophag
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ist auf dem Paradebett der Verstorbene in seiner Amtstracht feierlich
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ausgestellt; den oberen Abschluß der meist sehr fein gegliederten und
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zierlich dekorierten Nische pflegt ein Relief mit der Madonna zu bilden,
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zu deren Seiten anbetende Engel.
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Wenn derart das Innere der Kirchen zu einer Ruhmeshalle persönlichen und
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nationalen Stolzes wird, so sind die Außenseiten nicht selten der Platz
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für den Wetteifer individueller Meisterschaft unter den Bildhauern des
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Quattrocento geworden: die Wände von Or San Michele und des Campanile
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wie (freilich nie vollendet) die Fassade des Domes in Florenz sind die
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klassischen Beispiele dafür; sie galten schon dem Cinquecento
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gewissermaßen als Sammelplätze der Meisterschaft der vorausgegangenen
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großen Zeit.
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Wie die Plastik des Quattrocento ihre Vorwürfe dem Trecento oder der
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Antike entlehnt, so ist es auch charakteristisch für dieselbe, daß sie
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in ihren Motiven äußerst bescheiden und selbst beschränkt ist und jedes
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Suchen nach neuen Motiven vermeidet: ihr Ziel liegt vielmehr gerade
|
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darin, das Alte in neuer Form zu geben. In den heiligen Motiven ist
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|
kaum eine wesentliche Änderung gegen die vorausgehende Zeit namhaft zu
|
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machen. Die Gestalten Christi und der Maria, die Apostel und
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|
Evangelisten, die einzelnen Heiligen werden in dem Charakter und den
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Formen übernommen und festgehalten, in denen sie die Zeit der
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absterbenden antiken Kunst für den neuen Glauben festgestellt und wie
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sie das Trecento, namentlich Giotto, weiter entwickelt hatte. Wenn ein
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Künstler, wenn insbesondere ein Bildhauer sich eine Abweichung erlaubt,
|
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geschieht es regelmäßig aus rein künstlerischen Rücksichten. Wo, wie in
|
|
Florenz, das lokale Bewußtsein besonders stark ausgeprägt ist, werden
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einzelne Heilige oder biblische Heroen mit Vorliebe dargestellt und
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gewissermaßen als Verkörperung des Staates zu Nationalhelden
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umgeschaffen; so in Florenz Johannes d. T., welcher den alten
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Stadtheiligen S. Zenobius ganz verdrängt, der heilige Georg und David,
|
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sowie die Freiheitsheldin Judith. Im Allgemeinen überwiegen das
|
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Festhalten am Hergebrachten und religiöse Scheu so sehr den Naturalismus
|
|
der Zeit, daß die Darstellung des Nackten aus den heiligen Motiven fast
|
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verbannt bleibt. Wo ausnahmsweise, wie beim Täufer oder der Magdalena,
|
|
der Gegenstand die Wiedergabe der nackten Figur nahe legte, zogen die
|
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Künstler doch vor, eine herbe Charakterfigur zu schaffen, deren Blößen
|
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von Tierfellen oder vom eigenen Haar verhüllt sind. Nur die
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|
Jünglingsfigur des hl. Sebastian und, ganz vereinzelt, auch die
|
|
Gestalten von Adam und Eva sind von einigen Künstlern zur Schaustellung
|
|
jugendlich schöner Körper benutzt worden. Die einzige allgemeine
|
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Ausnahme ist gerade der stärkste Beweis für die keusche Auffassungsweise
|
|
dieser realistischen Kunst: die nackte Bildung des Kindes. Das
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Christkind pflegt regelmäßig unbekleidet dargestellt zu werden, ebenso
|
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die Kinderengel. In der Darstellung des Kindes, in der sich die Kunst
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der Zeit, und ganz besonders die Plastik, mit aller Naivetät und
|
|
Lebensfrische ergeht, hat das Quattrocento, unter eigentümlicher
|
|
Zusammenwirkung älterer christlicher und antiker Vorbilder,
|
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ausnahmsweise einen eigenen Typus geschaffen, den _Putto_. Im Alter, wo
|
|
im Kinde sich zuerst das Bewußtsein der eigenen Kraft und
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|
Persönlichkeit regt, ist der Putto ein eigentümliches Gemisch von
|
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christlichem Engel und antikem Genius, ein gutherziger Kinderkobold, der
|
|
als Schutzengel den Menschen auf seinem Lebenswege begleitet und an
|
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seinem Grabe Wache hält, der als guter Werkstattsgeist dem Künstler
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überall helfend und schmückend zur Seite steht, der neckend und
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scherzend sein harmloses Spiel treibt; selbst in den ernstesten Motiven
|
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der Heiligengeschichte, in denen sie, wenn auch untergeordnet -- in der
|
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Einrahmung -- gewissermaßen zur Aussöhnung mit dem tragischen Inhalt
|
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dienen sollen.
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Neben den religiösen und biblischen Motiven findet die _Allegorie_, die
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in der kirchlichen Kunst des Mittelalters unter dem Einflüsse der
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Scholastik einen bedeutenden Platz einnahm, in der Plastik des
|
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Quattrocento beschränktere Anwendung und zugleich eine freiere
|
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künstlerische Ausbildung. Diese verdankt sie neben der naturalistischen
|
|
Auffassung der Zeit vor Allem dem Anschluß an die Allegorie der Antike
|
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und der Weiterbildung derselben. Zu den kirchlichen Tugenden: Glaube,
|
|
Liebe, Hoffnung, gesellen sich die weltlichen Tugenden: Stärke,
|
|
Vorsicht, Mäßigung, und mit diesen werden gelegentlich schon die
|
|
Wissenschaften in gleichen Rang gestellt. Wie diese, so werden auch die
|
|
der Antike entlehnten allegorischen Figuren, wie der Ruhm, das Glück,
|
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der Frühling u. a. m., als schöne jugendliche Frauengestalten gebildet,
|
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die nur an ihren Attributen kenntlich sind; die monströsen Bildungen,
|
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welche die scholastische Deutelsucht des Trecento der Kunst aufdrängte,
|
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waren dem gesunden und plastischen Sinne des Quattrocento zuwider.
|
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Die Verehrung der Antike und das Studium derselben weckte auch in den
|
|
Bildhauern das Interesse an den Stoffen aus der _antiken Mythologie_ und
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_Geschichte_. Da die große Kunst fast ausschließlich auf kirchliche
|
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Aufgaben beschränkt blieb, so war es die für die Privaten beschäftigte
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Kleinkunst, in welcher die Freude an solchen Stoffen volle Bethätigung
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finden konnte; in der Plastik insbesondere der bildnerische Schmuck der
|
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kleinen Hausgeräte, wie Tintefässer, Leuchter, Schwertgriffe, Agraffen,
|
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Kästchen u. s. f., die uns heute meist nur in ihren einzelnen Teilen, den
|
|
sogenannten Plaketten, erhalten sind, ferner die Rückseiten der
|
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Medaillen und die Kameen. Die Motive sind zumeist den bekanntesten
|
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römischen Klassikern, namentlich Ovid und Livius entlehnt und je nach
|
|
der Bestimmung des Gegenstandes mit feiner Beziehung ausgewählt: an den
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Schwertgriffen finden wir regelmäßig Thaten der mythischen römischen
|
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Helden, die Herkulesarbeiten oder ähnliche Darstellungen, an den
|
|
Agraffen Venus und Amor, die Liebschaften der Götter u. dergl.
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Die ausgeprägt naturalistische Auffassung des Quattrocento ließe von
|
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vornherein auf die Ausbildung des _Genre_ auch in der Plastik schließen;
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so naturwahr und selbst genrehaft manche Motive aber auch aufgefaßt
|
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sind, so haben doch religiöse Scheu und monumentaler Sinn eine
|
|
Entwickelung der Plastik nach dieser Richtung fast ganz zurückgehalten.
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Nur in der Darstellung des Kindes, im »Putto«, hat das XV. Jahrh. in
|
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Italien eine wirkliche Genrefigur geschaffen, und gerade diese Ausnahme
|
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ist ein Beweis für den Geschmack und das Stilgefühl dieser Zeit, worauf
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oben (vergl. S. 39) schon hingewiesen ist. Ein dem Namen nach noch
|
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unbekannter Nachfolger Donatello's modelliert sogar Gruppen von Kindern,
|
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die in der derben Gestaltung und Auffassung dem Bauerngenre der späteren
|
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Niederländer kaum etwas nachgeben. Nur ein Künstler Italiens, Guido
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Mazzoni in Modena, abseits von den großen Kunststätten, geht in seinem
|
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Realismus so weit, daß er regelmäßig seine biblischen Motive zu derben
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Volksscenen aus seiner Umgebung umgestaltet; seine bekannten farbigen
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Thongruppen der Anbetung des Kindes und der Beweinung Christi sind
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offenbar Nachahmungen der religiösen Volksschauspiele der Zeit. Gerade
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solche Ausnahmen lassen den Geschmack und den großen Sinn der
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italienischen Kunst im Allgemeinen in um so schärferem Licht erscheinen.
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So anspruchslos und konservativ die Plastik des Quattrocento in den
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Motiven ist, so mannigfaltig und neu ist sie, dem Trecento gegenüber, im
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_Material_, in dem sie ihre Bildwerke ausführt; jedes zugängliche und
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brauchbare Material, in dem eine künstlerische Ausführung möglich war,
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ist von den Bildhauern des XV. Jahrh. benutzt worden; die Wahl desselben
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ist dabei aber vielfach nach der gestellten Aufgabe getroffen und die
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Ausführung regelmäßig mit feinem Stilgefühl dem Charakter des Stoffes
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entsprechend gemacht worden.
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Das häufigste und für vornehmere Aufgaben bevorzugte Material ist nach
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wie vor der Marmor. Die seit der Zeit des Niccolo Pisano stark
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ausgebeuteten Brüche von Carrara lieferten eine Fülle des schönsten
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Marmors, dessen kalter Färbung die italienischen Künstler
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(wahrscheinlich durch Einlassen von heißem Wachs) einen warmen
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gelblichen Ton zu geben verstanden. Der Marmor wurde als solcher zur
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Erscheinung gebracht; nur einzelne Ornamente an den Gewändern, die
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Heiligenscheine und Haare wurden noch vergoldet und der Hintergrund des
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Reliefs, falls er nicht ein landschaftlicher oder architektonischer war,
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erhielt regelmäßig eine graublaue Farbe; reichere Bemalung des Marmors
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kommt nur ausnahmsweise und zu dekorativen Zwecken vor. Für die in
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Verbindung mit der Architektur arbeitende Plastik wird der Marmor häufig
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durch billigeren Stein ersetzt: im Venezianischen und im Herzogtum
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Urbino durch den feinen italienischen Kalkstein (für Venedig meist aus
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Istrien bezogen und danach als pietra d'Istria bezeichnet), in Florenz
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durch den feinkörnigen grünlichgrauen Sandstein aus der Umgebung von
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Florenz (unter dem Namen pietra serena bekannt).
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Die Bearbeitung des Marmors, wie im Allgemeinen auch der als Ersatz
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dafür eintretenden geringeren Steinarten geschah fast ausschließlich
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durch verschiedenartige Meißel. Der Bohrer wurde zwar daneben
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angewendet, aber man verstand noch nicht, wie im Altertum, denselben
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auch lang zu führen; um z. B. eine tiefe Falte zu machen, setzte man ein
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Bohrloch neben das andere und meißelte dann die kleinen Zwischenwände
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fort (man vergleiche die Marmorstatue des Giovannino von Michelangelo
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No. 209). Durch diese verschiedene Behandlungsweise lassen sich die
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Arbeiten der Antike und des Quattrocento im Zweifelfalle meist unschwer
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auseinander halten. Die Bearbeitung des feinen Kalksteins konnte, bei
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der großen Dichtigkeit und Weichheit desselben, wenn er frisch gebrochen
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war, in einem vorgeschrittenen Stadium der Arbeit mit Messern oder
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messerartigen Instrumenten erfolgen, wodurch eine außerordentliche
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Schärfe der Ausführung möglich wurde (vergl. die Büste der Urbiner
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Prinzessin, No. 62A, sowie die Pilaster von der Scuola di San Giovanni
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in Venedig, No. 169 u. 170). Die Politur, welche die Marmorbildwerke
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regelmäßig erhielten, war lange nicht so stark wie im Trecento oder im
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späten Altertum, sie wurde aber in der Wirkung verstärkt durch die
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Tönung, welche der Marmor zum Schluß erhielt.
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Neu, wenn auch nicht als Material, so doch im Umfange und in der Art
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seiner Verwendung, ist die _Bronze_. Nach den Arbeiten der
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byzantinischen Künstler war die Bronzethür des Andrea Pisano der erste
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vereinzelte Versuch eines Bronzegusses im Großen gewesen; im XV. Jahrh.
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gewann derselbe eine solche Bedeutung und damit allmählich auch eine
|
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solche künstlerische Ausbildung, daß die Bronze offenbar als das
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vornehmste Material für plastische Monumente jeder Art angesehen wurde.
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Anfangs auf den Guß von Reliefs beschränkt, wurde die Bronzeplastik bald
|
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auch auf Statuen, Büsten und Werke der Kleinkunst ausgedehnt; und
|
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während in der ersten Hälfte des Jahrhunderts Statuetten noch voll
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gegossen werden mußten und viele Güsse so ungenügend gelangen, daß die
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Ciselierung einen hervorragenden Anteil an der Fertigstellung der
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Bronzen hatte, sind die späteren Bronzen schon dünn und leicht und, bei
|
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kleineren Bildwerken, häufig à cire perdue gegossen und ganz unciseliert
|
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gelassen. Die Güsse scheinen meist über Wachsmodelle ausgeführt zu sein.
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Die Patina wurde, da der Besteller nicht Jahre lang warten wollte, bis
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der Einfluß der Luft Patina bildete, regelmäßig künstlich hergestellt,
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indem die Bronzen mit einer schwärzlichen pechartigen Masse überzogen
|
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wurden, die wahrscheinlich poliert worden ist. Mit der Zeit ging diese
|
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durch Berührung von den Höhen ab; hier bildete sich dann eine natürliche
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Patina, die in Verbindung mit jener künstlichen Patina in den Tiefen mit
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ihrem schwärzlichen stumpfen Ton von feiner malerischer Wirkung ist.
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Die Freude an der Plastik und das Bedürfnis, alle öffentlichen Bauten
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mit Bildwerken auszustatten und selbst das Privathaus damit zu
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schmücken, hatte die Ausbildung der kostspieligen Bronzeplastik
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hervorgerufen; sie war aber zugleich die Veranlassung, daß die Künstler
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sich nach billigen Materialien umschauen mußten, um den Anforderungen
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auch der weniger Bemittelten nachkommen zu können. Daher sehen wir jetzt
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eine außerordentlich große Zahl von Bildwerken in Holz und namentlich in
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Thon ausführen, Schnitzaltäre und Einzelstatuen, ausnahmsweise auch
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Büsten in _Holz_, reich bemalt und vergoldet, finden wir fast nur in
|
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besonders holzreichen Gegenden, wie in den Apenninen und in Oberitalien,
|
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namentlich an den Abhängen der Alpen und in der Nachbarschaft derselben.
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Hier hat offenbar der Einfluß der benachbarten deutschen Kunst
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bestimmend eingewirkt. Weit bedeutender, namentlich auch für die
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künstlerische Entfaltung der italienischen Plastik, ist die Bildnerei in
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_Thon_ geworden. Während im Trecento nur ganz ausnahmsweise der Thon für
|
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plastische Zwecke verwendet wurde, gewinnt derselbe gleich im Anfange
|
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des Quattrocento eine hervorragende Bedeutung als bildnerisches
|
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Darstellungsmittel. Und zwar durchaus nicht allein in den steinarmen
|
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Gegenden, wie in der Lombardei oder im Gebiet von Bologna und Ferrara:
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gerade in Florenz leiten den Übergang aus dem Trecento in die neue Zeit
|
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eine Reihe von Bildhauern ein, welche vorwiegend in Thon modellieren und
|
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für kleinere Kirchen und Privatkapellen Altäre und Supraporten mit
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Madonnenreliefs, gelegentlich auch den ganzen Wandschmuck der Kirchen
|
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oder Grabmonumente, sowie die Tabernakel in den Straßen aus Thon
|
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herstellen. War hier zweifellos die Billigkeit und Schnelligkeit der
|
|
Herstellung der Grund für die Wahl des Materials, so erkannten die
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florentiner Bildhauer bald auch den Vorteil, welchen der Thon als das
|
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einfachste Mittel zum unmittelbaren, unverfälschten Ausdruck der
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künstlerischen Absicht bietet; sie benutzten denselben daher regelmäßig
|
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zur Herstellung von kleinen Skizzen oder Modellen, welche an die Stelle
|
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der ausgeführten Zeichnungen traten, nach denen das Trecento regelmäßig
|
|
gearbeitet hatte. Solche Entwürfe in der Berliner Sammlung sind z. B. das
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Relief der Grablegung Christi von Verrocchio (No. 97A) und Maria im
|
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Limbus von B. da Majano (No. 589D). Nach den Thonmodellen wurden in der
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Werkstatt vielfach von Schülern oder Gehülfen, die Marmor- oder
|
|
Bronzebildwerke ausgeführt; eine Teilung der Arbeit, wie sie sich
|
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namentlich in Florenz durch den Umfang mancher Monumente und die Häufung
|
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der Aufträge an die berühmteren Künstler mit Notwendigkeit
|
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herausbildete. Solche Modelle, deren Ausführungen in Marmor oder in
|
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Bronze noch erhalten sind, sind in unserer Sammlung die Büste des
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Filippo Strozzi von B. da Majano (No. 85, Marmorausführung im Louvre),
|
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das Tondo mit der Anbetung von A. Rossellino (No. 64, Marmorausführung
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im Bargello) und das Madonnenrelief von Bellano (No. 156A,
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Bronzeausführung am Grabmal De Castro in S. Servi zu Padua).
|
|
Verschiedene andere Thonarbeiten der Sammlung sind zweifellos
|
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gleichfalls als Modelle gearbeitet worden, wenn sich auch die Monumente,
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|
für die sie bestimmt waren, nicht mehr nachweisen lassen oder überhaupt
|
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nicht zur Ausführung kamen.
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Alle diese Thonbildwerke wurden regelmäßig bemalt; selbst die meisten
|
|
Modelle und Skizzen, da dieselben wegen ihres künstlerischen Wertes in
|
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den Ateliers aufbewahrt oder an andere Künstler vergeben wurden, die
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|
Naturfarbe des gebrannten Thons aber dem Farbensinn der Zeit
|
|
widerstrebte. Ausgeführt wurde die Bemalung in Wasserfarben, und zwar
|
|
ganz naturalistisch, wie bei einem Gemälde. Die Farben wurden meist
|
|
nicht direkt auf den Thon aufgetragen, sondern man überzog denselben
|
|
vorher, wie die Tafel bei Gemälden, mit einer dünnen Kreideschicht, weil
|
|
auf dieser Farben und Vergoldung besser haften. Da manche dieser
|
|
Bildwerke, wie Straßentabernakel, Lünetten, Friese u. a., zur
|
|
Aufstellung in freier Luft bestimmt waren, so gab man den Farben zum
|
|
Widerstande gegen die Witterung einen Lacküberzug, wie er z. B. noch bei
|
|
dem Madonnenrelief (No. 112A) erhalten ist. Ein solcher Überzug konnte
|
|
jedoch nur kurze Zeit dem Einflüsse von Wasser und Sonne widerstehen;
|
|
daher kam Luca della Robbia auf den Gedanken, seine Thonskulpturen in
|
|
derselben Art wie die Thongefäße mit einer Glasur zu überziehen. Seine
|
|
Versuche hatten den besten Erfolg und fanden allgemeinsten Beifall, so
|
|
daß sich eine Industrie daran anknüpfte, welche ein Jahrhundert lang in
|
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der Familie dieses Künstlers durch verschiedene Generationen ausgeübt
|
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wurde. Florenz und der von Florenz abhängige Teil Mittelitaliens
|
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verdankt derselben eine außerordentlich große Zahl von Altären,
|
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Tabernakeln, Lünetten, Wappen, Friesen, ausnahmsweise auch Freifiguren,
|
|
Taufbecken u. s. f., die meist noch an Ort und Stelle erhalten sind. Das
|
|
Thonmodell wurde leicht gebrannt (bei größeren Monumenten in mehreren
|
|
Stücken), dann bemalt und nach Überzug mit einer Emailschicht zum
|
|
zweiten Mal ins Feuer gebracht. Die Bemalung war (und zwar von
|
|
vornherein schon bei Luca selbst) entweder ganz farbig; dann waren die
|
|
Farben auf weiß, blau, grün, gelb, violett und schwarz beschränkt; oder
|
|
die Figuren wurden, in Nachahmung des Marmors, weiß gelassen; dann
|
|
erhielt nur der Hintergrund bei Reliefs einen blauen Ton und die
|
|
Ornamente, Heiligenscheine und Muster wurden vielfach vergoldet. Die
|
|
Einrahmung besteht meist aus plastischen, farbig gehaltenen Frucht- oder
|
|
Blumenkränzen von stilvoller Anordnung, aber feinster naturalistischer
|
|
Durchführung.
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Das Bedürfnis nach Kunstwerken für die häusliche Andacht und die
|
|
Popularität der Plastik, namentlich in Florenz, hat neben den
|
|
verschiedenartigen Thonbildwerken noch eine andere Gattung von
|
|
Skulpturen hervorgebracht, die _Stuckbildwerke_, vorwiegend
|
|
Stuckreliefs. Schon gegen den Ausgang des Trecento hatten florentiner
|
|
Künstler vereinzelt Abgüsse nach ihren Arbeiten in Marmor oder Stein
|
|
angefertigt und sie, nach vollständiger Bemalung, in den Handel
|
|
gebracht. Seit dem Anfange des Quattrocento bis gegen das Ende des
|
|
Jahrhunderts wurden solche Nachbildungen nach kleineren
|
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Originalskulpturen in großer Menge angefertigt. Dadurch, daß an Stelle
|
|
des Madonnenbildes im Trecento jetzt das Madonnenrelief mehr und mehr
|
|
das häusliche Andachtsbild des florentiner Bürgers wurde, kamen manche
|
|
dieser Stuckreliefs in hunderten von Exemplaren in das Publikum. Wegen
|
|
der Unscheinbarkeit und Wertlosigkeit des Materials ist freilich nur ein
|
|
kleiner Teil derselben auf uns gekommen und unter den erhaltenen ist
|
|
weitaus die Mehrzahl durch Schmutz und Übermalungen in ihrer Wirkung
|
|
mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Doch leisten auch diese noch die
|
|
besten Dienste zur Vervollständigung des Bildes der einzelnen
|
|
florentiner Künstler; denn zahlreiche Werke derselben, deren Originale
|
|
zerstört wurden oder verloren gingen, sind uns in solchen
|
|
Stucknachbildungen erhalten. Diese Stuckbildwerke wurden regelmäßig
|
|
durch Guß hergestellt, und zwar aus einer von unserem Gips wesentlich
|
|
verschiedenen Mischung von Marmorstaub und mehr oder weniger
|
|
grobkörnigem Sand; eine Mischung, welche diese Bildwerke bis zu einem
|
|
gewissen Grade wetterbeständig machte und eine künstlerische Bemalung
|
|
ermöglichte. Nur ausnahmsweise wurde der Stuck auch wie Thon modelliert
|
|
und mit Messern bearbeitet, wie die Stuckbüste eines jungen Mädchens von
|
|
Desiderio (No. 62 G) und das florentiner Madonnenrelief (No. 63)
|
|
beweisen. Jene Abgüsse wurden in der Regel über die Originale,
|
|
gelegentlich aber auch über die Modelle hergestellt, und zwar meist in
|
|
der Werkstatt der Künstler selbst. Auf diese Weise konnten die
|
|
kostspieligen Originale in Marmor oder Bronze in zahlreichen Kopien um
|
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einen ganz geringen Preis in aller Hände kommen. Der selbständige
|
|
künstlerische Wert dieser Stuckbildwerke hängt von ihrer Bemalung ab.
|
|
Sehr häufig wurden dieselben freilich nur handwerksmäßig von
|
|
Anstreichern bemalt, oft aber wurde die Bemalung mit großer Feinheit
|
|
ausgeführt, sei es nun durch den Künstler, der das Original verfertigt
|
|
hatte, oder durch einen ihm befreundeten Maler. Regelmäßig war diese
|
|
Bemalung, wie bei den Thonbildwerken, eine vollständige und ganz
|
|
farbige; nur ausnahmsweise ahmt sie den Marmor (vergl. Rossellino's
|
|
Madonna No. 72) oder die Bronzefarbe nach (vergl. Luca's Madonnenrelief
|
|
No. 114).
|
|
|
|
Wie im Trecento, so spielt auch im Quattrocento die _Goldschmiedekunst_
|
|
eine wichtige Rolle in der Plastik; war doch eine Reihe der tüchtigsten
|
|
Bildhauer dieser Zeit bei Goldschmieden ausgebildet oder selbst als
|
|
Goldschmiede hervorragend thätig. Neben gelegentlichen Aufträgen der
|
|
Kirchen auf Vervollständigung jener großen Silberaltäre mit kleinen
|
|
getriebenen Reliefs und Einzelfiguren, wie sie in Florenz und Pistoja
|
|
noch erhalten sind, hatten die Goldschmiede namentlich die wachsenden
|
|
Ansprüche der Vornehmen an eine künstlerische Gestaltung des Schmuckes
|
|
und der kleinen häuslichen Geräte zu befriedigen. Kußtäfelchen für die
|
|
Andacht im Hause, Schmuckkästchen aller Art, Tintefässer, Leuchter und
|
|
Lampen, Hut-Agraffen, Schwertknäufe, Schließen u. dergl. wurden in Gold,
|
|
Silber oder edlen Steinarten, namentlich in Bergkrystall hergestellt und
|
|
bei dem monumentalen Sinne der Zeit in reichster Weise plastisch
|
|
ausgestattet. Wie nun das künstlerische Bedürfnis der Zeit in den
|
|
bemalten Stuckbildwerken ein Mittel zu weitester Verbreitung
|
|
hervorragender größerer Bildwerke gefunden hatte, so wußten die Künstler
|
|
diesem Bedürfnisse in ähnlicher Weise für jene kleinen Gebrauchsgegenstände
|
|
entgegenzukommen, indem sie die kostbaren Originale oder die Modelle
|
|
derselben abformten und in Bronze (ausnahmsweise auch in Blei[A])
|
|
nachgössen; die einzelnen Teile aber waren gesuchte Besitzstücke in den
|
|
Werkstätten der Bildhauer und Goldschmiede des XV. und XVI. Jahrh. Diese
|
|
Nachgüsse erhalten dadurch für die Skulptur eine ähnliche Bedeutung wie
|
|
der Kupferstich für die zeichnenden Künste. Während die Originale, ihres
|
|
edlen Materials halber bis auf eine kleine Zahl durch Einschmelzen
|
|
zerstört wurden, sind uns Bronzenachbildungen davon in ganzen oder nur
|
|
in einzelnen Teilen, namentlich in den kleinen Relieftafeln, den
|
|
_Plaketten_ (plachette, plaquettes, vergl. S. 39f.), zahlreich
|
|
erhalten. Die verschiedenartigen, bis jetzt bekannten Plaketten aus dem
|
|
Quattrocento und den ersten Jahrzehnten des Cinquecento übersteigen die
|
|
Ziffer von eintausend; die Berliner Sammlung besitzt davon allein nahezu
|
|
achthundert, die fast ausnahmslos erst in neuester Zeit erworben wurden,
|
|
während Goethe schon im Anfange dieses Jahrhunderts mit den
|
|
italienischen Medaillen auch eine nicht unbedeutende Sammlung solcher
|
|
Plaketten zusammenbrachte (jetzt im Goethe-Museum zu Weimar). Der Wert
|
|
dieser kleinen Bronzereliefs besteht namentlich in der Veranschaulichung
|
|
der Meisterschaft, welche die Plastik des Quattrocento in der Erfindung
|
|
und in der Ausgestaltung der mannigfaltigsten Motive, wie in der
|
|
stilvollen Durchführung der verschiedensten Arten des Reliefs besaß;
|
|
auch können wir, da die große Plastik fast ganz auf religiöse Motive
|
|
oder Porträtdarstellung beschränkt blieb, hier allein das Geschick der
|
|
Künstler in der plastischen Gestaltung mythologischer, historischer und
|
|
allegorischer Gegenstände genügend kennen lernen.
|
|
|
|
In der _Art der plastischen Darstellung_ bringt das Quattrocento die
|
|
völlige Befreiung und stilvolle Ausbildung der verschiedenen Gattungen,
|
|
welche das Trecento nur teilweise und vermischt gekannt hatte. Die
|
|
Freifigur in ihrer vollen naturalistischen Durchbildung wird schon im
|
|
ersten Jahrzehnt des XV. Jahrh., namentlich durch Donatello, eine der
|
|
wichtigsten Aufgaben der Plastik. Sie wird jetzt meist schon mit
|
|
Rücksicht auf den Platz ihrer Aufstellung gebildet, sowohl der
|
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stilistischen Rücksicht auf das Bauwerk, wie nicht selten auch der
|
|
perspektiven Rücksicht auf den Standpunkt des Beschauers. Selbst vor der
|
|
Zusammenordnung verschiedener Figuren zur Gruppe scheut die Zeit nicht
|
|
zurück. Die vier Heiligen des Nanni di Banco in einer der Nischen von Or
|
|
San Michele in Florenz sind zwar noch zufällig neben einander gestellte
|
|
Freifiguren; aber Donatello's Bronzegruppe der Judith über den Leichnam
|
|
des Holofernes, die Gruppen der Begegnung Mariä mit Elisabeth von Andrea
|
|
della Robbia in Pistoja und die Begrüßung der Heiligen Franz und
|
|
Dominicus von demselben Künstler unter der Halle auf Piazza S. Maria
|
|
Novella, sowie Verrocchio's »Christus und Thomas« an Or San Michele in
|
|
Florenz entsprechen in Komposition, Bewegung und Ausdruck als Gruppe wie
|
|
in den Einzelfiguren den höchsten künstlerischen Anforderungen.
|
|
|
|
Die _plastische Darstellung des Porträts_, im XIV. Jahrh. fast ganz
|
|
zurückgedrängt, erhält im XV. Jahrh., in Folge der bis zum
|
|
rücksichtslosesten Egoismus ausgebildeten Individualität und der
|
|
Ruhmsucht der Zeit, eine hervorragende Bedeutung; jedoch fast
|
|
ausschließlich als Büste oder als Reliefporträt. Die Porträtstatue fehlt
|
|
fast ganz; einige Statuen auf Dogengräbern ausgenommen, begnügte man
|
|
sich damit, Heiligenfiguren die Züge berühmter Zeitgenossen zu geben
|
|
(wie dies z. B. bei mehreren Prophetenstatuen Donatello's am Campanile
|
|
der Fall ist). Eine Ausnahme machte man nur mit der _Reiterstatue_,
|
|
welche schon von einzelnen Tyrannen des Trecento als vornehmstes Denkmal
|
|
ihres Ruhmes bevorzugt war. Während der Reiter in der norditalienischen
|
|
Kunst, im Anschluß an jene älteren Denkmäler, eine mehr reliefartig
|
|
gedachte Figur innerhalb eines reichen Monumentes bleibt, haben die
|
|
Florentiner Donatello und Verrocchio im Gattamelata und Colleoni
|
|
selbständige Reitermonumente geschaffen, die in ihrem Aufbau und in der
|
|
gewaltigen individuellen Wirkung von Roß und Reiter zu den großartigsten
|
|
Monumenten aller Zeiten zählen.
|
|
|
|
Die bevorzugte Art der plastischen Porträtdarstellung ist die _Büste_,
|
|
die sonst im Quattrocento für die Wiedergabe von Heiligen oder
|
|
Idealfiguren nur ausnahmsweise gewählt wird. In Florenz, das auch hier
|
|
vorangeht und die glänzendste und mannigfaltigste Entwickelung zeigt,
|
|
wurde die Wiedergabe der hervorragenderen Mitglieder der vornehmen
|
|
Familien in Büsten aus Marmor oder bemaltem Thon mehr und mehr die
|
|
Regel. Um dieselben in weitere Kreise zu verbreiten, benutzen die
|
|
Künstler auch hier das Mittel der Stucknachbildungen, welche sie in
|
|
ihren Werkstätten anfertigen und bemalen ließen. Beispiele dafür sind in
|
|
der Berliner Sammlung u. a. die Büste des Lorenzo Magnifico (No. 148)
|
|
und des angeblichen Macchiavelli (No. 147, Marmor-Original im Bargello).
|
|
|
|
Charakteristisch für die Form der Porträtbüsten des XV. Jahrh. und für
|
|
ihre Bestimmung zur Aufstellung auf Kaminen und Thürstürzen, ist die
|
|
flache Endigung nach unten; diese verlangte eine Basis, welche entweder
|
|
aus einem Stück mit der Büste oder als besonderer Untersatz aus bemaltem
|
|
Holz gearbeitet ist. Die Persönlichkeit ist regelmäßig in größter
|
|
Anspruchslosigkeit und Einfachheit aufgefaßt; der Künstler beschränkt
|
|
sich darauf, dieselbe mit möglichster Treue in ihrer vollen
|
|
Eigentümlichkeit wiederzugeben. Nur ganz ausnahmsweise ist eine innere
|
|
Erregung oder eine lebendige Bewegung in der Büste angestrebt, wie in
|
|
Donatello's Büste des Niccolo Uzzano im Bargello.
|
|
|
|
Für die hohe Entwickelung des künstlerischen Empfindens und die Feinheit
|
|
des Stilgefühls im Quattrocento ist die Behandlung des _Reliefs_ ein
|
|
sprechendes Zeugnis. Wie im ganzen Mittelalter, so nimmt das Relief auch
|
|
jetzt noch den bedeutendsten Platz in der Plastik ein, tritt aber
|
|
gleichfalls weniger selbständig wie als Schmuck der verschiedensten
|
|
Monumente und Bauteile auf. Während nun das Relief im früheren
|
|
Mittelalter über eine überfüllte Anhäufung von beinahe freistehenden
|
|
Figuren, nach dem Vorbilde der spätrömischen und etruskischen Denkmäler,
|
|
nicht hinauskommt und das Trecento daraus zu einer ganz malerischen
|
|
Behandlung des Reliefs gelangt, ist die Auffassung des Reliefs im
|
|
Quattrocento, so verschieden und mannigfaltig sie ist, regelmäßig eine
|
|
durchaus plastische. Die Art des Reliefs -- ob Hochrelief, Halbrelief
|
|
oder Flachrelief -- ist daher zumeist nicht nach der Individualität der
|
|
einzelnen Künstler verschieden (wenn auch einzelne die eine oder andere
|
|
Art bevorzugen), sondern sie wird, wie in der klassischen Zeit der
|
|
griechischen Plastik, der Bestimmung des einzelnen Reliefs entsprechend
|
|
gewählt. Es finden sich daher an größeren Monumenten nicht selten alle
|
|
Arten des Reliefs nebeneinander, wie es die Gesamtwirkung und der Platz,
|
|
an dem die einzelnen Reliefs angebracht sind, erforderte. Die
|
|
perspektivische Behandlung des Reliefs, des Flachreliefs wie des
|
|
Hochreliefs ist dabei den Künstlern des Quattrocento fast ausnahmslos
|
|
zur anderen Natur geworden.
|
|
|
|
Die _Beteiligung der verschiedenen Provinzen Italiens_ an der
|
|
Entwickelung der Plastik im Quattrocento ist eine sehr verschiedene: wie
|
|
im XIV. Jahrh. ist auch im XV. Toskana für den Fortschritt und die Höhe
|
|
der Kunstentfaltung fast allein maßgebend. Insbesondere gewann
|
|
_Florenz_, das seit Giotto die Führerschaft in der Malerei übernommen
|
|
hatte, seit der Mitte des Trecento auch in der Plastik die fast
|
|
ausschließliche Herrschaft. Im Boden von Florenz keimt die junge
|
|
Pflanze, hier entfaltet sie sich rasch zur herrlichen Blüte und reift
|
|
zur Frucht, deren Samen in ganz Italien die bildnerische Thätigkeit
|
|
aufsprießen läßt. Toskanische und insbesondere Florentiner Künstler
|
|
verbreiten sich über ganz Italien und legen dadurch den Grund zu einer
|
|
provinzialen Entfaltung der Plastik, die sich in mehr oder weniger
|
|
selbständigen Bahnen entwickelt, ohne freilich Werke von dem allgemeinen
|
|
Kunstwerte zu schaffen, wie es die florentinischen Skulpturen dieser
|
|
Zeit sind.
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|
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* * * * *
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|
Die neue Zeit tritt nur langsam und vielfach schüchtern ins Leben;
|
|
selbst der Meister, der ihr recht eigentlich zu ihrem Rechte verholfen
|
|
hat, selbst Donatello macht sich doch nur sehr allmählich von den
|
|
Gewohnheiten los, in denen er groß gezogen war. Aber auch, als er schon
|
|
frei und rücksichtslos die neuen Wege ging, die er sich selbst gebahnt
|
|
hatte, wirkten die Traditionen des Trecento doch in anderen Künstlern,
|
|
selbst in Florenz, noch Jahrzehnte lang nach.
|
|
|
|
Am Ausgange des XIV. Jahrh. stellt sich die Plastik in ganz Italien in
|
|
sehr unvorteilhafter Weise als ein gedankenloses Ausleben der Richtung
|
|
der jüngeren Pisani dar, der jedes ernstere Naturstudium, jede naive
|
|
Anschauung fehlte. Erst um die Wende des Jahrhunderts macht sich in
|
|
Florenz ein frischer naturalistischer Zug in dekorativen Arbeiten,
|
|
namentlich an den Domthüren geltend. Tritt derselbe in den Laibungen des
|
|
Südportals, die zwischen den Jahren 1386 und 1402 von einem _Piero di
|
|
Giovanni Tedesco_ gearbeitet wurden, in den spielenden nackten Engeln
|
|
zwischen naturalistischem Rankenwerk, noch befangen und selbst
|
|
ungeschickt zu Tage, so ist in den Laibungen des Nordportals, welches
|
|
1408 von _Niccolo d'Arezzo_ begonnen und von _Antonio di Banco_ (unter
|
|
Beihülfe seines Sohnes _Giovanni_) beendet wurde, sowohl in der
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Durchbildung der Ornamente wie der Figürchen darin eine Wiedergeburt
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aufs Entschiedenste angestrebt, freilich auf Grundlage der gotischen
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Formen und der Entwickelung des Trecento. Während daher die lebensgroßen
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Figuren derselben Künstler (besonders im Dom zu Florenz) noch
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altertümlich und befangen erscheinen, sind ihre kleinen Figuren durch
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die geschmackvolle Anordnung, zarte Empfindung und zierliche
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Durchführung schon fast modern im Sinne des Quattrocento.
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Den Höhepunkt dieser in enger Beziehung zum Trecento stehenden und davon
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abhängigen Richtung der florentiner Plastik des Quattrocento bezeichnet
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_Lorenzo (di Cione) Ghiberti_ (1378-1455). Beurteilt man diesen
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gefeierten Meister der Plastik vom einseitigen Standpunkt des
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Naturalismus und mit Rücksicht auf die Bedeutung, die er für die
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Entwickelung der Renaissancekunst gehabt hat, so wird man zu einer
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einseitigen Verurteilung des Künstlers gelangen. Verglichen namentlich
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mit seinem jüngeren Nebenbuhler Donatello erscheint Ghiberti leer und
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oberflächlich in den Formen, gesucht und theatralisch in Komposition,
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Bewegung und Ausdruck, unruhig und beinahe stillos in seiner
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Reliefbehandlung, namentlich an der späteren Bronzethür. Aber dem Mangel
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an Naivetät und an Ernst des Naturstudiums stehen doch hervorragende
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künstlerische Eigenschaften gegenüber: Reichtum der Phantasie, hoher
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Schönheitssinn, Großartigkeit der Auffassung, Schwung in der Bewegung
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und Meisterschaft der Komposition, durch welche Ghiberti trotz jener
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Schwächen als der größte unter den Bildnern dasteht, welche aus der
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Kunst des Trecento in die des Quattrocento überleiten. Seine Fehler
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treten am stärksten hervor in großen Einzelfiguren, wie in den drei
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bronzenen Kolossalfiguren an Or San Michele (ausgeführt zwischen den
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Jahren 1414 und 1428); und doch sind auch diese entweder durch die
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Großartigkeit der Bewegung, wie der Matthäus, oder durch die Vornehmheit
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der Empfindung, wie die Gestalt des Stephanus, ausgezeichnet. Am
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glücklichsten zeigt sich das Talent des Künstlers in Kompositionen mit
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kleinen Figuren, namentlich wenn er sich darin seine Vorgänger aus dem
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Trecento zum Vorbilde nimmt. Der bei dem Auftrag auf seine erste Thür
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(1403, vollendet 1424) geforderte Anschluß an die Bronzethür des Andrea
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Pisano legte dem jungen Ghiberti in Form, Komposition und Reliefstil der
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einzelnen Füllungen eine Beschränkung auf, innerhalb welcher seine Größe
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in Auffassung und Anordnung, sein Pathos, die Schönheit und Vornehmheit
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seiner Gestalten zu voller, ungestörter Entfaltung kommen konnten.
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Ähnliche Vorzüge haben auch seine beiden Kompositionen am Taufbrunnen in
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San Giovanni zu Siena (1417-1427) und selbst noch die Reliefs an der
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1440 gegossenen Graburne des hl. Zenobius im Dom zu Florenz. In der
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zweiten Bronzethür, welche Ghiberti zwischen den Jahren 1424 und 1452
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für das Battistero in Florenz ausführte, in den berühmten »Pforten des
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Paradieses«, ist schon der architektonische Aufbau nicht glücklich;
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namentlich leiden aber die einzelnen Kompositionen an Überfüllung und an
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einer malerischen Behandlung der Reliefs, welche von beinahe
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freistehenden Figuren vorn bis zu ganz flach behandelten Scenen im
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Hintergrunde mit reicher landschaftlicher Umgebung sich abstufen. Ein
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Vergleich mit den Bronzethüren des Luca della Robbia im Dom und mit den
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kleinen unscheinbaren Thüren Donatello's in der Sakristei von San
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Lorenzo zu Florenz, die etwa gleichzeitig entstanden, läßt die Schwächen
|
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dieser Arbeit Ghiberti's in monumentaler wie in plastischer Wirkung
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doppelt stark empfinden. Doch sind auch hier in der Erfindung, in
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manchen Gruppen, in den Einzelfiguren und Köpfen der Einrahmung
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hervorragende Schönheiten.
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Für Ghiberti's Stellung zwischen der Kunst des Trecento und des
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Quattrocento, welche ihn mehr als den Abschluß des ersteren wie als
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Vorläufer oder gar als Bahnbrecher der letzteren erscheinen läßt, ist es
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charakteristisch, daß er fast gar keinen Einfluß auf die Entwickelung
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der Kunst in Florenz gehabt, daß er trotz zahlreicher Mitarbeiter keine
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Schule gemacht hat. Selbst sein Sohn Vittorio, bis zu des Vaters Tode
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dessen Mitarbeiter, geht in den selbständigen Werken seine eigenen Wege.
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Neben Ghiberti hat eine kleine Gruppe von gleichzeitigen florentiner
|
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Bildhauern, die ihrem Namen nach meist noch unbekannt sind, in ihrer
|
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Stellung zwischen der älteren und der neuen Zeit eine verwandte, eigene
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Bedeutung. Während sie dem Ghiberti an Phantasie und schöpferischem
|
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Talent weit nachstehen, in der naturalistischen Durchbildung oft noch
|
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hinter ihm zurückbleiben und in ihrer Ornamentik an den überlieferten
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gotischen Formen festhalten, die sie in barocker Weise ausbilden, zeigen
|
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sie doch gerade in der Auffassung einen modernen naturalistischen Zug,
|
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der Ghiberti noch abgeht. Ihre einfachen Kompositionen oder
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Einzelfiguren sind durch Naivetät und Natürlichkeit der Empfindung
|
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ausgezeichnet; namentlich in der Madonna, die außerordentlich häufig von
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ihnen dargestellt ist, bringen sie das rein menschliche Verhältnis von
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Mutter und Kind mit eben so viel Einfachheit wie Zartheit der Empfindung
|
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zum Ausdruck. Mit ihrer Auffassungsweise sind sie offenbar der
|
|
Anschauung des Volkes entgegengekommen; dies beweist schon der Umstand,
|
|
daß sie regelmäßig den billigen Thon zur Ausführung ihrer Werke wählen,
|
|
und daß gerade durch ihre Arbeiten sich als häuslicher Andachtsgegenstand
|
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der Florentiner das Madonnenrelief, an Stelle des Madonnenbildes im
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Trecento, einbürgert. In diesen Madonnenreliefs, die, in bemaltem Thon
|
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oder Stuck ausgeführt, auch dem wenig bemittelten Bürger zugänglich
|
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waren, sind die häuslichen Bürgertugenden des Florentiners dieser Zeit:
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Keuschheit und Liebe zwischen Eltern und Kindern, in der edelsten Weise
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verklärt zum Ausdruck gebracht.
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[Abbildung: 108A. Bemalter Thonaltar vom Meister der Pellegrinikapelle.]
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Während die Berliner Sammlung von Ghiberti, der außerhalb Toskana
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überhaupt fehlt, und von den vorher genannten Künstlern keine Werke
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aufzuweisen hat, sind diese florentiner »Thonbildner« besonders reich
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und gut vertreten, so daß sich die verschiedenen Künstler dieser Gruppe
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nirgends besser als in Berlin in ihrer Eigenart unterscheiden lassen.
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[Abbildung: 109D. Bemaltes Stuckrelief von einem florentiner
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Thonbildner.]
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Am altertümlichsten und zugleich am befangensten erscheint ein Künstler,
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der besonders häufig vorkommt und in Norditalien, in Sta. Anastasia zu
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Verona, im Dom zu Modena und in Venedig eine bedeutendere Thätigkeit
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entwickelt hat. Schon in seiner architektonischen Umrahmung zeigt er
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eine eigentümlich barocke Mischung plumper gotischer und schlecht
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verstandener Renaissanceformen. Die unsichere, ausgeschwungene Haltung
|
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seiner Figuren, die kleinen Köpfe, die langen Falten der schweren Stoffe
|
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mit ihren Schnörkeln, wo sie auf den Boden aufstoßen, die mangelhafte
|
|
Durchbildung, namentlich die knochen- und gelenklose Bildung der Körper
|
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verraten einen Bildner, der in den Traditionen des Trecento aufgewachsen
|
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ist und nicht eigene Kraft genug hat, sich von ihnen los zu machen. Die
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große vorspringende Stirn, die überstehende Oberlippe, das kleine
|
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zurücktretende Kinn und der treuherzige Ausdruck der tiefliegenden
|
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Augen sind die bezeichnenden Züge seiner Köpfe, die ihn ebenso leicht
|
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erkennen lassen, wie seine Ornamente und seine Gewandgebung. Von seiner
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|
Hand besitzt das Berliner Museum einen seiner charakteristischen Altäre
|
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(No. 108), eine Madonnenstatuette (No. 107) und ein oder zwei kleine
|
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Madonnenreliefs (No. 108A und B). In diesen Gruppen von schlichter
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Zuständlichkeit entschädigt die Innigkeit der Empfindung für das Fehlen
|
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naturalistischer Durchbildung. Weit geringer erscheint der Künstler aber
|
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in größeren und bewegten Gruppen, wie in den Passionsscenen der
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|
Pellegrinikapelle in Sa. Anastasia zu Verona, seiner umfangreichsten
|
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Arbeit, nach der er als der _Meister der Pellegrinikapelle_ (von Einigen
|
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mit _Rosso_ identificiert, von Andern als _Dello Delli_ bezeichnet)
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benannt zu werden pflegt.
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[Abbildung: 112A. Bemaltes Relief von einem florentiner Thonbildner.]
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Die Richtung dieses Meisters hat mit der des Quercia in Siena manche
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Verwandtschaft, weshalb dieser auch gewöhnlich als der Urheber der hier
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in Frage kommenden Thonwerke gilt. Aber neben dem Meister der
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Pellegrinikapelle sehen wir noch verschiedene florentiner Bildner
|
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dieselbe Richtung verfolgen, und zwar meist freier und naturalistischer.
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Von eigenartiger Größe in der Erfindung erscheint ein Künstler, dem die
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Maria mit dem schlafenden Kinde (No. 112B) angehört. Ähnlich groß
|
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empfunden ist die Maria, welche das nackte, vor ihr stehende Kind
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kitzelt (No. 112A). Einem anderen Meister gehören ein Paar große
|
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Madonnenkompositionen, denen besonders zarte Empfindung und reiche
|
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Gewandung eigentümlich ist (No. 109C und D). Besonders häufig als
|
|
Stuckreliefs verbreitet sind verschiedene unter sich nahe verwandte
|
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Madonnen, in denen sich das Kind zärtlich an die Mutter anschmiegt;
|
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alle, wie das nebenstehend abgebildete Relief (No. 109), ausgezeichnet
|
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durch die glückliche Gruppierung von Mutter und Kind, das innige, rein
|
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menschliche Verhältnis zwischen beiden und die einfache, volle
|
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Faltengebung; nur in der Ausführung der Extremitäen, namentlich der
|
|
Hände, verrät sich noch ein naturalistisch nicht zu voller Freiheit
|
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durchgebildeter Künstler.
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[Abbildung: 109. Bemaltes Stuckrelief von einem florentiner Thonbildner.]
|
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Ein Künstler dieser Gruppe ist _Bicci di Lorenzo_, der 1424 das
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Thonrelief der Krönung Mariä über der Thür von S. Egidio in Florenz
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modellierte. Wie wenig diese Richtung monumentalen Aufgaben gewachsen
|
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ist, beweist _Bernardo Ciuffagni_ (1385-1456), dessen Evangelist
|
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Matthäus im Dome zu Florenz wie der Josua ebenda, der Jacobus an Or San
|
|
Michele und andere Arbeiten charakterlos und ohne naturalistischen Sinn
|
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gebildet sind. Gegenüber diesen Bildnern, die aus der Kunst des Trecento
|
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hervorgehen und mehr oder weniger noch mit ihr zusammenhängen,
|
|
kennzeichnen sich der große Bahnbrecher im Gebiete der Architektur
|
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_Filippo Brunelleschi_ (1379 bis 1446) und _Nanni d'Antonio di Banco_ ({~DAGGER~}
|
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1420, nach Vasari im Alter von 47 Jahren) als volle Künstler der
|
|
Renaissance: beide studieren mit größtem Eifer die Werke der Antike,
|
|
gehen aber zugleich unmittelbar auf die Natur zurück. In den einzigen
|
|
beiden beglaubigten Bildwerken des Brunellesco, dem kleinen Bronzerelief
|
|
mit dem Opfer Abrahams im Bargello, das er als Konkurrenzarbeit für die
|
|
Thür des Battistero ausführte, sowie (wenn auch weniger stark) in dem
|
|
Holzkrucifix in Sa. Ma. Novella, bekundet der Künstler bei fast
|
|
gotischer Formbehandlung und Faltengebung einen rücksichtslosen, beinahe
|
|
genrehaften Naturalismus, dem die religiöse Idee wie die Schönheit der
|
|
Komposition und der Figuren fast ganz geopfert sind. Nanni di Banco, der
|
|
in seinen Ornamenten nicht über eine naturalistische Durchbildung
|
|
spätgotischer Motive hinauskommt, bewahrt dagegen durch ein
|
|
ausgesprochenes, an der Antike großgezogenes Schönheitsgefühl in allen
|
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seinen Bildwerken einen gehaltenen Ernst im Ausdruck, schlichte Würde in
|
|
der Haltung, einfache Schönheit in seinen stattlichen Gestalten und in
|
|
ihrer reichen Gewandung. Unter seinen Marmorstatuen an Or San Michele
|
|
giebt der hl. Eligius an vornehmer, gebieterischer Haltung und
|
|
Schönheit der Gewandung den besten Figuren Ghiberti's nichts nach; und
|
|
das große Relief mit der Gürtelspende Mariä am Nordportal des Domes
|
|
(seit 1414 in Arbeit) ist die erste im großen Maßstab gehaltene
|
|
Komposition, die im Sinne der Renaissance das Motiv in lebensfrischer
|
|
Weise auffaßt und jede Figur bis auf die kleinste Falte treu nach der
|
|
Natur durcharbeitet, dabei aber zugleich die Gestalten mit edler
|
|
Schönheit ausstattet und ganz mit der Empfindung des feierlichen Moments
|
|
erfüllt.
|
|
|
|
Bei seinen Einzelfiguren gelingt dem Nanni freilich die innere Belebung
|
|
nicht immer: der hl. Lucas im Dome und die Gruppe von vier in wenig
|
|
glücklicher Weise zusammengestellten Heiligen in einer der Nischen von
|
|
Or San Michele, für welche der Künstler antike Togastatuen als Vorbild
|
|
genommen hat, erscheinen mit ihren müden Augen und geschlossenen Lippen
|
|
etwas unbelebt und verraten auch in der Bildung der Körper, daß sie mehr
|
|
nach einer richtigen Empfindung als aus voller Kenntnis des menschlichen
|
|
Körpers gearbeitet wurden. In diesem Sinne: in der naturalistischen
|
|
Durchbildung, im Studium und der Erkenntnis des Organismus, andererseits
|
|
aber auch in der psychologischen Vertiefung und in der
|
|
Charakterschilderung ist der eigentliche Schöpfer der Renaissanceplastik
|
|
_Donatello_ (Donato di Niccolo di Betto Bardi 1386-1466). Was oben zur
|
|
Charakteristik der Plastik des Quattrocento gesagt ist, gilt daher im
|
|
vollsten Maße und in erster Linie für ihn. Von Donatello wird uns
|
|
erzählt, daß er als Jüngling in Rom mit seinem älteren Freunde
|
|
Brunellesco rastlos die antiken Überreste durchsucht und nach ihnen
|
|
studiert habe. Ein aufmerksames Studium seiner Werke bestätigt dies in
|
|
vollem Maße: kein anderer Künstler hat in seinen Motiven so nach antiken
|
|
Vorbildern gesucht und sich, soweit es irgend möglich war, so eng an
|
|
dieselben angeschlossen, wie Donatello; aber andererseits hat kein
|
|
anderer Künstler so eigenartig diese Studien verarbeitet, steht kaum ein
|
|
zweiter der Antike in seiner ganzen Auffassung so fern, wie gerade er.
|
|
Donatello ist als Bildhauer -- und er hat sich im Gegensatze zu vielen
|
|
seiner Zeitgenossen ausschließlich der Plastik gewidmet -- strenger und
|
|
rücksichtsloser Naturalist, ohne jedoch über der Vertiefung in die Natur
|
|
den geistigen Inhalt des Kunstwerkes zu vernachlässigen. Körper und
|
|
Geist sind ihm, wie in der Natur, unzertrennbar und durch einander
|
|
bedingt; der Körper ist ihm das Gefäß für den Geist, das er gerade
|
|
deshalb so naturtreu bildet, um den Geist darin um so lebendiger und
|
|
überzeugender zum Ausdruck zu bringen. Seine Kenntnis des menschlichen
|
|
Körpers geht auf gründliche Studien des Nackten zurück; er erhält sich
|
|
aber dabei, im Gegensatz zu Michelangelo, die Naivetät in der Anschauung
|
|
der Erscheinung, da er sich noch vom Sezieren fern hält. In dem Ernst
|
|
seiner naturalistischen Auffassung geht er so weit, daß ihm die
|
|
Gewandung, auf die er eine besondere Sorgfalt verlegt, weder Selbstzweck
|
|
(wie z. B. noch bei Nanni di Banco, wo sie den Körper verhüllt) noch
|
|
vorwiegend malerisches Ausdrucksmittel ist; vielmehr sucht er in erster
|
|
Linie den Körper darunter wiederzugeben und dadurch zu heben. Die
|
|
Wiedergabe des Körpers selbst ist aber bei ihm nicht mehr eine naive
|
|
Wiedergabe der Oberfläche, sondern sie beruht auf der sicheren
|
|
Handhabung des Knochengerüstes. Sie ist andererseits ganz beherrscht
|
|
durch die Idee des Kunstwerkes, durch den Charakter, welchen der
|
|
Künstler der Einzelfigur zu verleihen sucht, oder durch den Ausdruck des
|
|
Geschehens, welchen er in der Gruppe oder dem erzählenden Relief
|
|
wiederzugeben bestrebt ist. Die heiligen Motive, die er fast unverändert
|
|
von der älteren Kunst übernimmt, schafft er insofern neu, als er sie
|
|
durch seinen Naturalismus zu einfach menschlichen Charakteren und
|
|
Begebnissen umbildet; andererseits hebt er sie über das Alltägliche
|
|
hinaus durch die Größe seiner Auffassung, durch die gewaltige innere
|
|
Erregung, die sich in Statuen und Büsten als mühsam verhaltene Kraft
|
|
zeigt, in seinen Kompositionen in stärksten Ausbrüchen der Leidenschaft
|
|
äußert. Seinen Gestalten wohnt (nach Rumohr's Ausspruch, der sonst dem
|
|
Künstler sehr wenig gerecht wird), eine »zuckende Bewegung« inne, die
|
|
aber »eine gewisse unsichtbare Spirallinie umgiebt, vor welcher sein
|
|
Streben nach Ausladung instinktmäßig in den jedesmal gegebenen
|
|
Schwerpunkt zurückweicht«. In seinem Streben, den Charakter der
|
|
Persönlichkeit oder einen Typus im schärfsten Lichte zu zeigen, oder die
|
|
Situation eines historischen Motivs aufs Äußerste zuzuspitzen, scheut
|
|
der Künstler auch vor dem Häßlichen und vor dem Furchtbaren nicht
|
|
zurück, aber nur selten verfällt er dabei in Übertreibung. Gerade
|
|
dadurch ist sein Vorbild von so außerordentlichem Einflusse, ja
|
|
entscheidend für die Entwickelung der Renaissance geworden, die während
|
|
des ganzen Quattrocento unter seiner Einwirkung steht.
|
|
|
|
[Abbildung: Donatello's hl. Georg im Museo Nazionale zu Florenz.]
|
|
|
|
Donatello hatte das Glück, von vornherein zu monumentalen Aufgaben
|
|
herangezogen zu werden. Erst zwanzig Jahre alt, erhielt er im Jahre
|
|
1406 den Auftrag, zwei kleine Marmorstatuen jugendlicher Propheten für
|
|
das Nordportal des Domes zu fertigen; nachdem er die Probe mit Glück
|
|
bestanden hatte, wurde er zu den großen Aufgaben der Dombauhütte, und
|
|
bald darauf auch zu der ähnlichen Aufgabe der Ausschmückung von Or San
|
|
Michele herangezogen. Als er 1408 die Prophetenstatuetten ablieferte,
|
|
erhielt er den Auftrag zu der Marmorstatue des David (jetzt im
|
|
Bargello), und noch in demselben Jahre wurde die Kolossalstatue des
|
|
sitzenden Johannes für die Fassade bei ihm bestellt (jetzt im Chor). Die
|
|
Vollendung dieser Figur (1415) zog sich durch neue und bedeutende
|
|
Aufträge in die Länge: 1412 arbeitete der Künstler gleichfalls für den
|
|
Dom, die Statue des Josua (unter der irrtümlichen Bezeichnung des Poggio
|
|
Bracciolini jetzt im Dom); schon einige Jahre früher entstand der in
|
|
Holz geschnitzte Crucifixus in Sa. Croce, und bis zum Jahre 1416
|
|
vollendete der Künstler drei große Marmorstatuen für die Nischen von Or
|
|
San Michele: Petrus (?), Markus und zuletzt den berühmten Georg. Kaum
|
|
hatte Donatello diese Arbeiten abgeliefert, so erfolgte wieder von
|
|
Seiten der Dom-Opera ein neuer ähnlicher Auftrag: die Statuen für die
|
|
Nischen des Campanile. Im Jahre 1416 wurde die Johannesstatue in Auftrag
|
|
gegeben, dann (bis 1426) der Prophet Habakuk, der Jeremias und König
|
|
David; und gleichzeitig schuf der Künstler gemeinsam mit dem von ihm
|
|
abhängigen Giovanni Rosso den Abraham mit Isaak und den Josua (1421).
|
|
Daneben gehen Werke her, für welche die Besteller nicht mehr bekannt
|
|
sind: wie die Marmorstatuen des jugendlichen Johannes im Bargello und
|
|
die jüngere und vollendetere in Casa Martelli, und die Bronzestatue des
|
|
hl. Ludwig innen über dem Hauptportal von Sa. Croce.
|
|
|
|
[Abbildung: 39a. Marmorrelief der Stäupung Christi von Donatello.]
|
|
|
|
In dieser ansehnlichen Zahl meist kolossaler statuarischer Arbeiten,
|
|
die einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten ausfüllen, liegt eine reiche
|
|
Entwickelung des Künstlers beschlossen. In der frühesten Zeit, welche
|
|
die Kolossalfigur des Evangelisten Johannes und der hl. Georg am
|
|
glänzendsten vertreten, ist das Streben nach Formenschönheit vorwaltend:
|
|
schöne regelmäßige Züge, vornehme ruhige Haltung und einfache große
|
|
Motive der Faltengebung kennzeichnen alle diese Gestalten, deren inneres
|
|
Leben verhalten erscheint, wie unter der Asche glimmende Kohlen. Mit den
|
|
Statuen für den Campanile beginnt das Streben nach individueller
|
|
Belebung, die im »Zuccone« am weitesten getrieben ist; die Figuren
|
|
werden für den hohen Platz perspektivisch gearbeitet; die Köpfe sind
|
|
Bildnisse von Zeitgenossen, in ungeschminkter Wahrheit wiedergegeben;
|
|
die Gewandung zeigt tiefe Falten von malerischer Wirkung und für die
|
|
Haltung ist ein Heraustreten aus jener verhaltenen Ruhe der früheren
|
|
Zeit charakteristisch; für einzelne Figuren ist diese Bewegung sogar ein
|
|
ausgesprochenes Ausschreiten, wodurch der Künstler zur Freistellung der
|
|
Beine gelangt. Der allmähliche Fortschritt im Verständnis der Natur
|
|
zeigt sich in der feineren Belebung und individuelleren Durchbildung des
|
|
Körpers, in der Bekundung anatomischer Studien, in der Durchbildung der
|
|
Extremitäten und in der Betonung der Gelenke.
|
|
|
|
Die Berliner Sammlung besitzt eine Bronzefigur in halber Lebensgröße,
|
|
den Täufer im Mannesalter darstellend (No. 38), die in Haltung,
|
|
Gewandung und Durchbildung ein charakteristisches gutes Beispiel von
|
|
Donatello's Statuen dieser letzgenannten Gruppe ist. In der That läßt
|
|
sich ihre Entstehung mit Wahrscheinlichkeit in das Jahr 1423 setzen.
|
|
|
|
[Abbildung: 699. Stäupung Christi von Donatello.]
|
|
|
|
Donatello war durch die Anhäufung großer Aufträge seit dem Anfange der
|
|
zwanziger Jahre dazu gezwungen worden, Schüler und Gehülfen zur
|
|
Mitarbeit heranzuziehen, was ihm, bei steter Belastung mit neuen
|
|
Arbeiten, zur notwendigen Gewohnheit wurde. Doch wurde er dazu teilweise
|
|
auch durch die Natur der Aufträge veranlaßt, denn es fehlte ihm die
|
|
Erfahrung im Gießen und Ciselieren. Hatte er schon zur Ausführung
|
|
verschiedener Statuen am Campanile den Giovanni Rossi herangezogen, so
|
|
trat er bald darauf für verschiedene noch umfangreichere Aufgaben mit
|
|
dem Architekten und Bildhauer Michelozzo in Verbindung; eine
|
|
Gemeinschaft, welche nahezu durch ein Jahrzehnt hindurch für die meisten
|
|
Arbeiten des Künstlers bestimmend wurde und seinen architektonischen
|
|
Sinn wesentlich läutern half. Donatello's Anteil an diesen Monumenten
|
|
ist sehr wahrscheinlich nicht bedeutend und ihr Einfluß auf die
|
|
Entwickelung der Kunst des Quattrocento ist ein geringer gewesen. Soweit
|
|
wir noch ein Urteil darüber haben (das Monument Aragazzi in
|
|
Montepulciano ist nur noch den einzelnen Teilen nach, nicht in seinem
|
|
Aufbau bekannt), sind nämlich die drei aus dieser gemeinsamen Arbeit
|
|
hervorgegangenen Grabdenkmäler in ihrem Aufbau durch lokale Einflüsse
|
|
bestimmt worden: das Monument Papst Johanns XXIII. im Battistero zu
|
|
Florenz (um 1424 bis 1427 in Arbeit) durch die Anordnung zwischen zwei
|
|
der mächtigen Wandsäulen, und das Grabmal des Kardinals Brancacci in
|
|
S. Angelo a Nilo zu Neapel durch die Anlehnung an den vom Trecento
|
|
überlieferten Typus der neapolitanischen Grabmonumente (wie das Grabmal
|
|
Aragazzi im Dome zu Montepulciano um 1427 und 1428 gearbeitet).
|
|
Donatello mag wenigstens für die Denkmäler in Florenz und Neapel der
|
|
Entwurf des figürlichen Teils gebühren; an der Ausführung läßt sich nur
|
|
die großartige von Michelozzo in Bronze gegossene Grabfigur des Papstes,
|
|
sowie das kleine Relief der Himmelfahrt Mariä an dem Sarkophag des
|
|
Grabmals in Neapel mit Sicherheit für Donatello in Anspruch nehmen;
|
|
alles Andere ist hier, wie in dem 1428 bestellten, keineswegs besonders
|
|
originellen Marmorsarkophag des Giovanni de' Medici in der Sakristei zu
|
|
S. Lorenzo und bei der Thomasnische an Or San Michele, durch Michelozzo
|
|
und untergeordnete Gehülfen, wie Portigiani, ausgeführt.
|
|
|
|
[Abbildung: 39. Marmorrelief der Madonna von Donatello.]
|
|
|
|
[Abbildung: 42. Marmorrelief der Madonna von einem Schüler Donatello's.]
|
|
|
|
In jenem Himmelfahrtsrelief und gleichzeitig in dem berühmten
|
|
Bronzerelief mit dem Tanz der Salome an Quercia's Taufbrunnen in San
|
|
Giovanni zu Siena (1427; ähnliches Relief in Marmor im Museum zu Lille)
|
|
hatte Donatello zuerst sein außerordentliches Talent für die Komposition
|
|
figurenreicher Darstellungen in Anordnung, Perspektive, Reliefstil und
|
|
vor Allem in der dramatischen Belebung des Motivs zeigen können. Auch
|
|
sind diese Arbeiten (namentlich auch die Bronzestatuetten an demselben
|
|
Brunnen) wie verschiedene nach ihrer Verwandtschaft der gleichen Zeit
|
|
einzureihende Monumente (das große bemalte Steinrelief der Verkündigung
|
|
in Sa. Croce, die Engel mit dem Leichnam Christi und das kleine
|
|
Stuckrelief der Madonna mit Heiligen und spielenden Engeln im
|
|
S. Kensington Museum) ausgezeichnet durch ungewöhnlichen Schönheitssinn
|
|
in den Typen wie in der Haltung und Gewandung, der sich mit einem hohen
|
|
Ernste paart. Das Berliner Museum besitzt verschiedene Arbeiten, welche
|
|
die charakteristischen Merkmale dieser Zeit tragen, vorwiegend
|
|
Madonnenreliefs. Eigenhändig ist, nach der meisterhaften Behandlung, das
|
|
große Marmorrelief der Madonna aus Casa Pazzi (No. 39), wohl die
|
|
früheste dieser Arbeiten. Ein zweites Marmorrelief (No. 42), aus
|
|
Palazzo Orlandini, zeigt dagegen in der Ausführung die Hand eines
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Schülers. Dasselbe gilt von einem Thonrelief (No. 43), der Nachbildung
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eines Schülers nach einer verschollenen, auch in Plaketten (No. 700)
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erhaltenen Komposition Donatello's aus dieser Zeit. Wichtiger noch ist
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ein Marmorrelief der Stäupung Christi (39a), das in der Komposition eine
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Vorahnung des bekannten Fresko von Sebastiano del Piombo ist und in der
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Behandlung des Nackten schon Michelangelo nahekommt.
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Im Jahre 1432 wurde Donatello aus einer untergeordneten Veranlassung
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nach Rom gerufen. Der Aufenthalt hier, der sich bis in das folgende Jahr
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ausdehnte, wurde von bestimmender Bedeutung für seine Entwicklung. Nach
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diesem (allein beglaubigten) Aufenthalt in Rom läßt sich ein besonders
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energisches Studium der Antike in seinen Werken verfolgen; freilich
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äußert sich dasselbe weniger in der Form wie in den Motiven. So ist in
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dem großen Tabernakel im St. Peter zu Rom, welches er an Ort und Stelle
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neben einer Grabplatte in Araceli und einem Relief der Schlüsselübergabe
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(jetzt im South Kensington Museum) ausführte, das Relief der Beweinung
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Christi in engem Anschluß an römische Sarkophagdarstellungen komponiert.
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Nach den antiken Genien bildet er seine Putten um, mit denen er jetzt
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seine Kompositionen in reicher Fülle belebt. Zeigt sich dies schon an
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jenem Tabernakel, so kommt die neue Auffassung noch stärker bei der
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Vollendung der (seit 1428) wieder in Gemeinschaft mit Michelozzo und
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Portigiani ausgeführten Reliefs mit tanzenden Engeln an der Außenkanzel
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des Domes in Prato zur Geltung. Vor Allem kommt sie aber zur Geltung in
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den ähnlichen Motiven an der berühmten Florentiner Domkanzel
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(1433-1440), in der Bronzefigur des Amor, welche er in unmittelbarem
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Anschluß und Wetteifer mit der Antike für Cosimo de' Medici modellierte,
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und in den Steinmedaillons des Mediceerpalastes, die er nach Kameen in
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Cosimo's Besitz ausführen ließ; sämtlich Arbeiten, die wahrscheinlich in
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den ersten Jahren nach seiner Rückkehr aus Rom entstanden. Ein
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charakteristisches Beispiel dafür, wie Donatello in dieser Zeit antike
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Motive zu ganz eigenen lebensvollen Kompositionen gestaltete, hat das
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Berliner Museum in einem kleinen Bronzerelief mit spielenden Putten (No.
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698) aufzuweisen.
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[Abbildung: 39A. Bemaltes Thonrelief der Madonna von Donatello.]
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Auf die erste Zeit nach der Rückkehr aus Rom geht wohl auch eine zweite
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für Cosimo ausgeführte Bronzestatue des David im Bargello zurück, die
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erste Statue der Renaissance, in der ein nackter jugendlicher Körper mit
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ähnlicher Frische und in der vornehmen Ruhe, wie in der Blütezeit der
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griechischen Kunst wiedergegeben ist. Durch denselben Gönner erhielt
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Donatello um diese Zeit auch den Auftrag zur Ausschmückung der Sakristei
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von San Lorenzo, die sein Freund Brunellesco eben vollendet hatte. Die
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Büste des hl. Lorenz, vier große Medaillons mit reichen Kompositionen
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an der Wölbung, die vier Evangelisten in den Zwickeln, zwei Reliefs mit
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je zwei einzelnen Heiligen, sowie die beiden Bronzethüren sind hier von
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Donatello's Hand und wurden wohl sämtlich noch vor seiner Abreise nach
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Padua vollendet.
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[Abbildung: 38A. Bemalte Thonbüste des Johannes von Donatello.]
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Bei der Herstellung der Modelle für seine Bronzearbeiten, sowie bei den
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Skizzen für die Werke, welche Gehülfen ausführten, hatte Donatello
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Freude am Arbeiten in Thon bekommen, das ihm rasch von der Hand ging,
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seine Gedanken in voller Frische zum Ausdruck brachte und reiche
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Bemalung, wie er sie liebte, ermöglichte. In der Sakristei von San
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Lorenzo führte er daher alle Dekorationen der Decken und Wände in Thon
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aus. Gleichzeitig modellierte er in demselben Material eine Reihe von
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größeren Madonnenreliefs und Büsten. Die Berliner Sammlung besitzt eines
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dieser Madonnenreliefs, überlebensgroße Figuren, die durch ihre beinahe
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tadellos erhaltene prachtvolle Bemalung und Vergoldung ausgezeichnet
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sind (No. 39A). Auch hat das Museum in der bemalten Thonbüste des
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jugendlichen Johannes (No. 38A) eine den berühmten Büsten des Uzzano im
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Bargello und einer unbekannten Frau im South Kensington Museum in
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Auffassung und Behandlung nahe verwandte Werk aufzuweisen. Das
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Stuckrelief No. 46 (wohl eine verkleinerte Nachbildung der Zeit) bietet
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eine andere der besonders groß empfundenen Madonnenkompositionen dieser
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Epoche des Künstlers, von denen das Louvre und das Kensington Museum
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gleichfalls einige treffliche Beispiele besitzen.
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[Abbildung: 46. Stuckrelief der Madonna von Donatello.]
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Alle diese etwa im Anfange der vierziger Jahre entstandenen Arbeiten,
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denen wohl auch die merkwürdige Bronzegruppe der Judith in der Loggia
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de' Lanzi zu Florenz zuzuzählen ist, zeigen Donatello auf der Höhe der
|
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dramatischen Auffassung, in voller Beherrschung und freier
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künstlerischer Ausgestaltung jener inneren Erregung, die auch in der
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Einzelfigur so mächtig und doch so maßvoll sich ausdrückt; sie zeigen
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ihn zugleich auch in der formalen Durchbildung der Gestalt als vollen
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Meister, der sein Können mit feiner Mäßigung und vornehmem Geschmack zur
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Geltung bringt. Die Arbeiten dieser Zeit und die der folgenden Jahre,
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die ihnen eng verwandt sind, bezeichnen wohl den Höhepunkt der Kunst
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Donatello's und der ganzen Frührenaissance.
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[Abbildung: Reiterstatue des Gattamelata von Donatello in Padua.]
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Im Jahre 1443 wurde Donatello zu einer Aufgabe berufen, die, wie für ihn
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selbst, so auch für die Entwickelung der Renaissancekunst überhaupt ein
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neuer großer Schritt wurde: das bronzene Reiterdenkmal des in Padua
|
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verstorbenen venezianischen Condottiere Gattamelata, zu dessen
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Ausführung der Künstler 1444 nach Padua übersiedelte. Nahezu ein
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Jahrzehnt verging über dieser Arbeit, in deren Pausen Donatello u. a.
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den reichen Bronzeschmuck für den Hochaltar des Santo anfertigte: das
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Krucifix und fünf Statuen, die Evangelistensymbole, vier Reliefs mit
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Wundern des hl. Antonius und zwölf Tafeln mit musizierenden Engeln,
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endlich ein großes Grablegungsrelief in Thon. Die Reiterstatue ist nicht
|
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nur als das erste Werk dieser Art seit dem Altertum von epochemachender
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Bedeutung, sondern an sich durch die Lebenswahrheit in Roß und Reiter,
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durch die Art, wie der Künstler in der ganz individuellen und vornehmen
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Gestalt des Gattamelata den Heerführer, den Schlachtenlenker als solchen
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dargestellt hat, eines der großartigsten Monumente aller Zeiten. Unter
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den Bronzen des Hochaltars, welche meist durch die Mitarbeit von zum
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Teil sehr untergeordneten Gehülfen mehr oder weniger stark
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beeinträchtigt sind, gehören doch einzelne der Statuen, namentlich das
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Krucifix, sowie die große Grablegung und die vier figurenreichen Reliefs
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mit den Wundern des hl. Antonius, zu Donatello's besten Leistungen;
|
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letztere ganz besonders durch die dramatische Gestaltung der schwierigen
|
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Motive, die klare Gruppierung der zahlreichen Figuren, die geschickte
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|
perspektivische Anordnung im Raum, die Mannigfaltigkeit der Gestalten
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und ihre Durchbildung. Durch diese Thätigkeit in Padua hat Donatello
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nicht nur die Plastik, sondern (durch seinen Einfluß auf Mantegna) auch
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die Malerei in Norditalien in neue Bahnen gelenkt.
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Die Berliner Sammlung besitzt aus dieser Zeit seines Aufenthalts in
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Padua neben dem kleinen Bronzerelief der Stäupung Christi (No. 699) eine
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größere Bronzearbeit Donatello's: die durch ihre ungeschminkte Wahrheit
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überraschende Büste des kunstsinnigen Markgrafen Ludwig III. von Mantua
|
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(No. 40), die wahrscheinlich, gleich einer ähnlichen Büste desselben
|
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Mannes, im Besitz von M. E. André in Paris, als Vorarbeit für ein
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|
Reiterdenkmal dieses Fürsten entstand, als Donatello im Jahre 1450/51
|
|
für ihn in Mantua beschäftigt war. Zu der Ausführung eines solchen
|
|
Denkmals (über das jedoch keine urkundliche Nachrichten erhalten sind)
|
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ist es freilich ebenso wenig gekommen, wie zu dem Reitermonument des
|
|
Borso d'Este, welches dem Künstler gleichzeitig für Modena in Auftrag
|
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gegeben war.
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[Abbildung: Bronzerelief am Hochaltar im Santo zu Padua von Donatello.]
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Nach Florenz zurückgekehrt, hat Donatello trotz seines Alters, noch eine
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Reihe bedeutender Arbeiten geschaffen, wenn er auch deren Ausführung
|
|
jetzt meist Schülern überlassen mußte. Zunächst ging er (1457) an die
|
|
Ausführung einer Aufgabe, die ihm schon Jahrzehnte früher gestellt
|
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worden war: die Bronzestatue des Täufers für die Taufkapelle des Domes
|
|
von Siena, wohl die großartigste, wenn auch die herbste unter den
|
|
zahlreichen Gestalten dieses Heiligen, welche wir seiner Hand verdanken.
|
|
Etwa gleichzeitig entstand die verwandte Holzstatue des hl. Hieronymus
|
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in der Pinakothek zu Faenza. Die köstliche Thonskizze eines Altars mit
|
|
der Stäupung und der Kreuzigung Christi im Kensington Museum und eine
|
|
kleine verwandte Skizze der Kreuzigung, die nur durch eine schadhafte
|
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Stucknachbildung in unserem Museum (No. 41) erhalten ist, erscheinen wie
|
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Vorarbeiten zu der letzten großen That seines Lebens, zu den beiden
|
|
Bronzekanzeln, welche Donatello für Cosimo in San Lorenzo ausführte. Von
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der Hand seiner Schüler Bertoldo und Bellano in wenig glücklicher Weise
|
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vollendet und ciseliert, ungeschickt und mit rohen Einsätzen erst in
|
|
später Zeit zusammengestellt, sind doch die meisten dieser Kompositionen
|
|
aus der Passion Christi ausgezeichnet, sowohl durch die malerische
|
|
Wiedergabe der sehr figurreichen Scenen, wie durch die dramatische
|
|
Schilderung tief erregter Leidenschaften, mit denen die heiteren Motive
|
|
aus dem Kinderleben im Fries in glücklichster Weise kontrastieren.
|
|
Freilich verraten die unruhige Gewandung, die eckigen Falten, die wie
|
|
geknittertes Papier erscheinen, und die flache Reliefbehandlung (das
|
|
»gebackene« Relief) die bis zur Manier gesteigerte Gewohnheit, im Thon
|
|
mit dem Modellierholz zu arbeiten.
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* * * * *
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[Abbildung: 40. Bronzebüste des Lodovico III. Gonzaga von Donatello.]
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Als Donatello 1466 im Alter von 80 Jahren starb, hatte er die Plastik
|
|
Italiens völlig neu gestaltet und indirekt auch auf die Entwickelung der
|
|
Malerei Einfluß geübt. Der unbestechliche Ernst seines Naturstudiums,
|
|
seine treffende, ehrliche Charakteristik, sein Talent der dramatischen
|
|
Schilderung, seine Art der plastischen Behandlung hatten auf die meisten
|
|
Altersgenossen, hatten zumal auf alle jüngeren Künstler bestimmend
|
|
eingewirkt. Daß sie ihm fast alle in ihrer Weise folgten, daß Jeder
|
|
Neues und Großes schuf, ist nicht der geringste Triumph der
|
|
Kunstrichtung des Donatello.
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[Abbildung: 49. Madonnenrelief von Donatello.]
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Unter Donatello's Nachfolgern sind seine Mitarbeiter meist von
|
|
geringerer Begabung; sie ahmen ihr Vorbild nur zu oft in den
|
|
Äußerlichkeiten nach, die sie zur Karikatur übertreiben. Dies gilt
|
|
namentlich von einigen uns dem Namen nach noch nicht bekannten
|
|
Bildhauern, die anscheinend in den dreißiger und vierziger Jahren zu
|
|
Donatello in Beziehung standen, und die uns bisher namentlich durch eine
|
|
Reihe von Madonnenreliefs bekannt sind. Der älteste unter diesen
|
|
Künstlern, der regelmäßig in Marmor arbeitete (wie gleichzeitig sein
|
|
Lehrer), ist besonders stark karikierend und auffallend ungeschickt in
|
|
den Verhältnissen seiner Figuren, die abschreckend häßliche Typen
|
|
zeigen. Das große Madonnenrelief in der Mediceerkapelle von S. Croce
|
|
bietet ein besonders charakteristisches Werk, dem andere Madonnen im
|
|
Kensington Museum und in unserer Sammlung (No. 44, sowie das Stuckrelief
|
|
No. 45, dessen Marmor-Original bei M. E. André zu Paris) eng verwandt
|
|
sind. Vielleicht ist auch das große Madonnenrelief über einem
|
|
Seitenportal des Domes in Siena von seiner Hand. Interesse bietet dieser
|
|
Künstler nur dadurch, daß fast alle seine Arbeiten mehr oder weniger
|
|
treue Nachbildungen von Kompositionen Donatello's zu sein scheinen, die
|
|
uns meist nicht mehr erhalten sind. Wahrscheinlich ist dieser Unbekannte
|
|
der Gehülfe, der Donatello's mythologische Kompositionen im Hof des Pal.
|
|
Medici in Marmor ausführte. Ein jüngerer und begabterer Nachfolger
|
|
verwandter Richtung, dessen Madonnenreliefs charakteristischerweise in
|
|
Thon ausgeführt sind, ist der Künstler, der die Madonna in einem
|
|
Tabernakel in Via Pietra Piana zu Florenz modellierte. Von seiner Hand
|
|
ist in der Berliner Sammlung vielleicht das Thonrelief der Madonna mit
|
|
dem stehenden Kinde (No. 50); verwandt ist auch das kleinere
|
|
Madonnenrelief (No. 54) und namentlich die bedeutendere Anbetung des
|
|
Kindes (No. 47).
|
|
|
|
[Abbildung: 60A. Madonnenrelief von einem Nachfolger Donatello's.]
|
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|
Selbständiger als diese sind die früheren Mitarbeiter Donatello's;
|
|
zunächst der seit 1421 an den Statuen des Campanile neben und mit
|
|
Donatello zusammen thätige _Giovanni di Bartolo_, gen. _Rosso_ (gest.
|
|
nach 1451). Während der Künstler sich in diesen Statuen unmittelbar an
|
|
gleichzeitige Arbeiten Donatello's anlehnt, ist er in seinem Grabmal
|
|
Brenzoni in Verona eigenartiger, aber in der Formgebung noch stärker vom
|
|
Trecento beeinflußt.
|
|
|
|
[Abbildung: 59. Stuckrelief der Madonna mit Engeln von Ag. di Duccio.]
|
|
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_Michelozzo Michelozzi_ (1391-1472), in erster Linie Architekt, aber
|
|
wegen seiner hohen technischen Begabung von den florentiner Bildhauern
|
|
namentlich zur Ausführung ihrer Erzgüsse herangezogen, hat mit Donatello
|
|
gleichfalls seit dem Anfange der zwanziger Jahre bis zu seiner
|
|
langjährigen Entfernung von Florenz zusammen gearbeitet. Die drei großen
|
|
Marmorgrabmäler (vgl. S. 59) sind im Wesentlichen von seiner Hand
|
|
ausgeführt, wohl auch in ihrem Aufbau von ihm entworfen. Aus dem
|
|
Vergleich mit den reichen Bildwerken an diesen Monumenten lassen sich
|
|
dem Michelozzo auch vereinzelte kleinere Bildwerke zuweisen, wie die
|
|
Statue des Täufers in einem Hofe der Annunziata (der beglaubigten
|
|
Statuette am Silberaltar in der Opera del Duomo ganz entsprechend) und
|
|
verschiedene Madonnenreliefs, von denen sich das schönste, in Thon
|
|
modelliert und mit tadellos erhaltener wirkungsvoller Bemalung, in der
|
|
Berliner Sammlung befindet (No. 58). Auch ein bemaltes Stuckrelief im
|
|
Rund (No. 58A) giebt wohl eine ältere Komposition des Michelozzo wieder.
|
|
In reicheren, bewegten Kompositionen völlig ungenügend, ist der Künstler
|
|
in seinen Einzelgestalten, den Freifiguren wie Reliefs, von einer den
|
|
Architekten verratenden vornehmen Ruhe, von großem Wurf der Gewänder,
|
|
von ernster, gelegentlich selbst großer Auffassung, Freilich meist ohne
|
|
volle Belebung; daher erscheint er leicht nüchtern und einförmig.
|
|
Charakteristisch ist für den Künstler das starke Halbrelief.
|
|
|
|
Der Gehülfe Michelozzo's in jenen mit Donatello gemeinsam übernommenen
|
|
Monumenten, _Pagno di Lapo Portigiani_ (1406-1470) ist ein ebenso
|
|
handwerksmäßiger Bildhauer, wie ein anderer Gehülfe Donatello's, der den
|
|
Marmoraltar in der Sakristei von San Lorenzo ausführte. Auch _Buggiano_
|
|
(Andrea di Lazzaro Cavalcanti, 1412-1462), der Schüler und Adoptivsohn
|
|
Brunellesco's, ist in seinen Marmorarbeiten, namentlich in den beiden
|
|
Sakristeibrunnen im Dom, ein derber Nachfolger Donatello's. Ein etwas
|
|
jüngerer Künstler, _Agostino di Duccio_ (1418 bis nach 1481), hat durch
|
|
sein unstätes Leben in der Verbannung früh die Kunstweise seines
|
|
Meisters außerhalb Toscana's verbreitet. In Modena, in Rimini (der
|
|
reiche Innenschmuck von San Francesco), in Perugia hat er eine sehr
|
|
umfangreiche bildnerische Thätigkeit entfaltet. Ohne Sinn für feinere
|
|
naturalistische Durchbildung, in der Ausführung regelmäßig flüchtig, in
|
|
seinen überschlanken Gestalten mit den zahlreichen langen und zierlichen
|
|
Falten der Gewänder oft geradezu manieriert, besitzt der Künstler doch
|
|
einen eigentümlichen Reiz durch die reiche phantastische Erfindung, die
|
|
lebendige und zuweilen selbst packende Auffassungsweise, den pikanten
|
|
Wechsel zwischen kräftigem Hochrelief und malerischem Flachrelief. Das
|
|
in letzterer Weise behandelte Stuckrelief im Berliner Museum: die
|
|
Madonna mit dem Kinde, welches Engel bedienen (No. 59), ist ein ebenso
|
|
charakteristisches wie anziehendes Beispiel der Kunst des Agostino; es
|
|
ist nahe verwandt einem Marmorrelief mit dem gleichen Motiv im Museo
|
|
dell' Opera zu Florenz und einem zweiten Madonnenrelief in einer Kirche
|
|
in Frankreich.
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|
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|
Ein dem Namen nach bisher unbekannter Nachfolger Donatello's, der
|
|
selbständigste und weitaus bedeutendste unter ihnen, ist dadurch von
|
|
besonderem Interesse, daß er in seiner genrehaften Darstellung des
|
|
Kindes bis zur Ausführung wirklicher Genregruppen geht: meist streitende
|
|
Kinder von derben häßlichen Formen (No. 106D). In seinen
|
|
Madonnenstatuetten ist das Christkind ebenso bäurisch in Form und
|
|
Benehmen, die Mutter dagegen auffallend lieblich (No. 106B) oder selbst
|
|
großartig in Bewegung wie in Ausdruck und Gewandung (No. 106E). Größere
|
|
Werke dieses originellen Künstlers haben sich bisher nicht nachweisen
|
|
lassen.
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* * * * *
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[Abbildung: 106B. Thonstatuette der Madonna von einem
|
|
Donatello-Nachfolger.]
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Donatello's derber Naturalismus würde vielleicht, wie wir an den meisten
|
|
der genannten Schüler und Nachfolger sehen, die Entwickelung der
|
|
florentiner Plastik in eine allzu naturalistische, über dem Streben nach
|
|
Originalität und Wahrheit die Rücksicht auf Schönheit und Maß
|
|
vergessende Richtung gedrängt haben, wenn nicht ein jüngerer Künstler in
|
|
seiner außerordentlich langen und fruchtbaren Laufbahn gerade diese
|
|
Eigenschaften in seinen Bildwerken mit besonderem Glück und Energie
|
|
gepflegt hätte. _Luca della Robbia_ (1399-1482), der -- soviel wir
|
|
wissen -- nur in seinem Neffen Andrea einen Schüler groß zog, hat gerade
|
|
durch jene Eigenschaften auf die Weiterentwickelung der Florentiner
|
|
Plastik, insbesondere auf die jüngeren, von Donatello abhängigen
|
|
Künstler einen günstigen Einfluß geübt. Berühmt und schon in seiner Zeit
|
|
außerordentlich populär durch die Erfindung, bemalte Thonbildwerke mit
|
|
einer wetterbeständigen Glasur zu überziehen, ist er ebenso geschickt
|
|
und ebenso häufig in Marmor- wie in Bronzearbeiten beschäftigt gewesen.
|
|
Die berühmten Reliefs mit den singenden und spielenden Kindern an der
|
|
zweiten Sängertribüne des Domes, welche zwischen 1431 und 1440
|
|
entstanden, die im Jahre 1437 bestellten Reliefs an der Rückseite des
|
|
Campanile, ein Paar gleichzeitige (unfertig gebliebene) Reliefs für
|
|
einen Altar des Domes (jetzt im Bargello), sowie, in ihren wesentlichen
|
|
Teilen, das Tabernakel in Peretola (1442) und das Grabmal des Bischofs
|
|
Federighi in S. Francesco di Paola (bestellt 1456) sind Arbeiten des
|
|
Luca in Marmor; und in den Thüren der Domsakristei, welche ihm 1446 in
|
|
Auftrag gegeben wurden (erst 1467 vollendet), besitzen wir eine der
|
|
trefflichsten Bronzearbeiten des Quattrocento. Von den fast zahllosen
|
|
glasierten Thonbildwerken, die dem Luca in und außerhalb Italiens
|
|
zugeschrieben werden, sind die berühmten Thürlünetten über den
|
|
Sakristeien des Domes in Florenz (1443 und 1446), die Engel mit den
|
|
Kandelabern ebenda (1448), die Portallünette in San Domenico zu Urbino
|
|
(um 1450) urkundlich beglaubigte Arbeiten Luca's; auch die Reliefs in
|
|
der Pazzi-Kapelle bei Sa. Croce und in der Kapelle des Kardinals von
|
|
Portugal in San Miniato lassen sich, nach der Zeit ihrer Entstehung, nur
|
|
Luca zuschreiben. Die künstlerische Eigenart, die in allen diesen
|
|
Arbeiten scharf ausgesprochen ist, läßt durch den übereinstimmenden
|
|
Charakter außerdem noch eine beträchtliche Zahl von glasierten wie
|
|
unglasierten Thonbildwerken und Stuckreliefs in Florenz wie in den
|
|
Sammlungen außerhalb Italiens als Werke Luca's erkennen.
|
|
|
|
[Abbildung: 106E. Bemalte Thonstatuette der Madonna von einem
|
|
Nachfolger Donatello's]
|
|
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|
In allen diesen Arbeiten steht Luca zwischen seinen älteren Zeitgenossen
|
|
Ghiberti und Donatello etwa in der Mitte: mit Ghiberti hat er den
|
|
Geschmack in der Anordnung, den hohen Schönheitssinn, den leichten Fluß
|
|
der vollen Gewandung gemeinsam; dem Donatello steht er im Ernst der
|
|
Naturbeobachtung, in der frischen und lebensvollen Charakteristik nahe,
|
|
welche er nicht am wenigsten dessen Vorbilde verdankt. Das feine
|
|
Maßhalten im Relief (in der Regel ein Halbrelief), die Schönheit seiner
|
|
Gestalten und der vornehme Ernst in Ausdruck und Haltung bringen den
|
|
Künstler der klassischen griechischen Kunst ganz nahe. Aber diese
|
|
Verwandtschaft beruht keineswegs auf einem intimen Studium oder gar auf
|
|
Nachahmung der Antike, der Luca unter seinen Zeitgenossen besonders fern
|
|
gestanden zu haben scheint: sie ist vielmehr der Ausfluß einer
|
|
verwandten künstlerischen Anschauungsweise und verbindet sich bei ihm
|
|
mit einem völlig eigenartigen und frischen Naturalismus. Seine
|
|
Kompositionen, seine einzelnen Gestalten erscheinen daher, so wenig
|
|
Abwechselung ihm auch die meisten Aufgaben boten, stets neu und
|
|
lebenswahr.
|
|
|
|
[Abbildung: 114. Stuckrelief der Madonna mit Heiligen von Luca della
|
|
Robbia.]
|
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Den besten Beweis dafür bieten die Arbeiten des Künstlers in der
|
|
Berliner Sammlung; verschiedene Originalarbeiten in glasiertem oder
|
|
unglasiertem Thon, sowie eine größere Zahl von Stucknachbildungen, die
|
|
als Wiederholungen von verlorenen oder verschollenen Originalen einen
|
|
besonderen Wert haben. Die Mehrzahl dieser Bildwerke zeigt ein und
|
|
dasselbe Motiv: Maria mit dem Kinde, allein oder inmitten andächtiger
|
|
Engel oder verehrender Heiliger. Während die größeren Madonnenreliefs,
|
|
namentlich die meisten Lünetten Luca's, als Andachtsbilder gedacht sind
|
|
und daher Maria ernst und hehr als Gottesmutter und das Kind als das
|
|
seiner Mission bewußte Christkind aufgefaßt ist, kommt in diesen
|
|
Mariendarstellungen der Berliner Sammlung die rein menschliche
|
|
Auffassung zur Geltung. Das Verhältnis von Mutter und Kind ist in den
|
|
mannigfachsten, köstlichsten Situationen der Natur abgelauscht, und mit
|
|
einer Frische und Lebendigkeit, mit einer Innigkeit und einem
|
|
Schönheitssinn, gelegentlich auch mit einem Anflug von Humor zur
|
|
Darstellung gebracht, wie kein zweiter Künstler dasselbe wiedergegeben
|
|
hat. Selbst Raphaels gefeierte Madonnen zeigen daneben kaum Ein neues
|
|
Motiv und stehen in Frische und Naivetät entschieden hinter Luca's
|
|
Kompositionen zurück.
|
|
|
|
[Abbildung: 116A. Glasiertes Thonrelief der Madonna von Luca della
|
|
Robbia.]
|
|
|
|
Auffassung und Behandlung der frühesten dieser Reliefs, die noch den
|
|
zwanziger Jahren angehören, zeigen eine so auffallende Verwandtschaft
|
|
mit einzelnen Madonnenreliefs der frühen florentiner Thonbildner (vergl.
|
|
S. 53), daß wir daraus wohl auf eine engere Beziehung Luca's zu diesen
|
|
Künstlern schließen müssen; mutmaßlich war er der Schüler eines dieser
|
|
Meister. Um 1430, als Luca seine Reliefs der Orgelballustrade begann,
|
|
stand er bereits unter dem entschiedenen Einflusse Donatello's, mit
|
|
welchem er damals schon in die Schranken treten durfte; zwei der
|
|
Berliner Madonnenreliefs (No. 50A und 117) verraten in dem ernsten
|
|
Ausdrucke der Maria und in der Art, wie ihr Kopf ins Profil gestellt
|
|
ist, das Vorbild Donatello's ebenso sehr, wie in dem derben Typus und in
|
|
dem ausgelassenen Gebahren des Kindes. Ähnlich auch das Relief No. 116.
|
|
In verschiedenen anderen Reliefs sehen wir Mutter und Kind in zärtlicher
|
|
Liebe an einander geschmiegt (No. 115) oder die Mutter bemüht, durch
|
|
scherzhaftes Spiel ihrem Liebling ein Lächeln abzugewinnen, wie in No.
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113 und 114. Hier wie in der Maria, welche das Kind stillt (No. 116),
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ist die Komposition vergrößert durch Engel und Heilige, welche
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verehrend, spielend und bedienend zu den Seiten der Maria stehen. Diese
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Darstellungen sind ganz besonders geeignet, den Geschmack und das
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Geschick des Künstlers im Aufbau und in der Anordnung, die Wahrheit und
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Mannigfaltigkeit in der Charakteristik, die Feinheit der Empfindung,
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namentlich in den Beziehungen der Figuren zu einander kennen zu lehren.
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Ähnliche Vorzüge zeichnen auch eine abweichende Darstellung aus: den
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Leichnam Christi, der von klagenden Engeln unterstützt wird (No. 157).
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Nach der Verwandtschaft der jugendlichen Engelsgestalten ist dies Relief
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wohl gleichzeitig mit den Marmorreliefs der Sängertribüne entstanden.
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Auch die bemalte Thonfigur einer knieenden Maria (No. 112C), offenbar
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von einer Gruppe der Verkündigung, ist ein edles Werk aus Luca's
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mittlerer Zeit.
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[Abbildung: 116L. Bemaltes Thonrelief der Madonna von Luca della
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Robbia.]
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[Abbildung: 113. Unbemaltes Thonrelief der Madonna mit Engeln von
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Luca della Robbia.]
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Luca della Robbia verdankte seine Popularität schon zu seiner Zeit den
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glänzenden und einschmeichelnden glasierten Thonarbeiten, die zugleich
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durch ihre Billigkeit und die Schnelligkeit der Herstellung die weiteste
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Verbreitung fanden. Es ist daher begreiflich, daß sein Schüler und
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Neffe, _Andrea della Robbia_ (1437-1528), welcher bis zum Tode Luca's
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sein Gehülfe war und der allein das Geheimnis der Glasierung kannte,
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seine Thätigkeit so gut wie ausschließlich auf diese Thonbildwerke
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beschränkte, für welche ihn obenein sein schlichteres Talent und seine
|
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Empfindungsweise besonders befähigten. Die Arbeiten dieser Art, welche
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er während seines langen Lebens, in jungen Jahren mit dem Onkel
|
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zusammen, in hohem Alter unter Beihülfe verschiedener Söhne ausführte,
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bezeichnet schon Vasari als »zahllose«. In allen diesen, meist als
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Altäre oder Tabernakel, über Florenz und ganz Toscana zerstreuten
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Arbeiten bewundern wir einen Künstler, der in seinem Schönheitssinn,
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seinem Geschmack der Anordnung und Färbung, in der Zartheit der
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Empfindung und der Feinheit der Durchbildung sich als der treue und
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glückliche Schüler seines Oheims Luca bewährt. Seine Arbeiten, die jene
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Eigenschaften ganz besonders beliebt machen, werden regelmäßig als Werke
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des Luca ausgegeben. Aber der bestechende Liebreiz seiner Köpfe und
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seiner Gestalten ist ein mehr äußerlicher; wo es gilt, Charaktere zu
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zeichnen oder lebendige Scenen zu schildern, reicht sein Talent nicht
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aus. Er sucht sich daher möglichst auf einfache Darstellungen ruhiger
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Existenz zu beschränken, auf den Ausdruck stiller Andacht und heiterer
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Freude, wozu ihm seine Madonnen, einzeln oder umgeben von andächtigen
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Heiligen, seine Anbetungen des Kindes, seine Putten- und
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Kinderdarstellungen und ähnliche Motive die reichste und schönste
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Gelegenheit bieten.
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[Abbildung: 116. Stuckrelief der Madonna mit Engeln von Luca della
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Robbia.]
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Andrea's Mangel an origineller Gestaltungskraft, die seinen Figuren bei
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aller bestrickenden Lieblichkeit eine gewisse Einförmigkeit und
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Schwächlichkeit aufprägt, hat auch in seiner langen Thätigkeit nur eine
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verhältnismäßig geringe künstlerische Wandlung hervorgerufen. Jahrzehnte
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lang der Gehülfe seines Onkels Luca, dessen spätere Aufträge wohl im
|
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Wesentlichen schon von seiner Hand ausgeführt wurden, ist er in seinen
|
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frühesten eigenen Arbeiten: in den köstlichen Wickelkindern an der Halle
|
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der Innocenti, in der Begegnung Mariä in San Domenico zu Pistoja, in
|
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der Begegnung der Heiligen Franz und Dominicus unter der Halle auf
|
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Piazza Sa. Maria Novella, in den Altären von La Vernia u. s. f. (meist
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Ende der sechziger oder in den siebenziger Jahren entstanden) von einer
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seinem Lehrer nahekommenden Schönheit der Gestalten, Feinheit der
|
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Durchbildung und Vornehmheit der Erscheinung. Ein treffliches Werk
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dieser Zeit ist der Hochaltar der Berliner Sammlung (No. 118), welcher
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Maria zwischen zwei Heiligen zeigt. Gleichfalls in die frühere Zeit
|
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gehört wohl die kleine Verkündigung (No. 119A), welche durch die reichen
|
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Farben unter Andrea's Werken fast einzig dasteht. In seiner mittleren
|
|
Zeit erscheint der Künstler, anscheinend unter Verrocchio's Einfluß,
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kräftiger in seinen Gestalten, reicher und unruhiger in der Gewandung;
|
|
so in der schönen Verkündigung in den Innocenti. Aus dieser Zeit sind in
|
|
der Berliner Sammlung u. A. die Lünette mit der Madonna zwischen
|
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anbetenden Engeln (No. 119) und »der Knabe als Brunnenfigur« (No. 121).
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Mehrere andere glasierte Thonbildwerke sind Werkstattarbeiten des
|
|
Andrea.
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[Abbildung: Andrea della Robbia. Begegnung der Maria mit
|
|
Elisabeth in S. Domenico zu Pistoja.]
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Wie bei den späteren Aufträgen an Luca della Robbia die Ausführung durch
|
|
seinen Neffen Andrea wahrscheinlich ist, so läßt sich das gleiche
|
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Verhältnis zwischen Andrea und seinen Söhnen für die Bestellungen
|
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annehmen, welche dieser Künstler in den letzten Jahrzehnten seines
|
|
langen Lebens erhielt. Unter diesen Söhnen des Andrea ist _Giovanni
|
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della Robbia_ (geb. 1469, gest. angeblich 1529) diejenige
|
|
Persönlichkeit, welche die Kunst der della Robbia in der dritten
|
|
Generation bestimmt. Seine eigenen Arbeiten und die seiner Werkstatt
|
|
sind fast noch in größerer Zahl, wie die seines Vaters, über ganz
|
|
Mittelitalien verbreitet. In seinen Jugendarbeiten, wie in dem
|
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köstlichen Sakristeibrunnen von Sa. Maria Novella (1497), erscheint der
|
|
Künstler unter dem Einflüsse seines Vaters diesem noch ganz nahe
|
|
verwandt und beinahe ebenbürtig; später werden seine Arbeiten nicht nur
|
|
technisch immer geringer: bunt in den Farben oder nüchtern farblos,
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ungleichmäßig und flüchtig in der Glasur (die Fleischteile daher meist
|
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überhaupt nur bemalt) und schwerfällig und selbst roh in den
|
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Einrahmungen durch Fruchtkränze. Auch die Nüchternheit der Erfindung,
|
|
die ausdruckslose Regelmäßigkeit der Köpfe, die schwerfällige Bildung
|
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der Falten fallen darin ebenso störend auf wie der Mangel an
|
|
Individualität und Naturstudium in der Durchbildung. Ein
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charakteristisches Beispiel dafür ist das große Rund mit der Madonna
|
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zwischen den Heiligen Johannes dem Täufer und Hieronymus (No. 129), das
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|
in seiner Farblosigkeit ebenso nüchtern wirkt, wie der hl. Antonius (No.
|
|
135) durch die Buntheit seiner Farben unruhig und schwerfällig
|
|
erscheint. Besonders bezeichnend für das Bestreben des Künstlers, nach
|
|
den Lehren seines Freundes Savonarola die Kunst zu einem reinen
|
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Andachtsmittel zu gestalten und daher an die Stelle der von der Andacht
|
|
abziehenden naturalistischen Durchbildung und der einfach menschlichen
|
|
Empfindung das Typische und Allgemeine zu setzen, ist die große Gruppe
|
|
der Beweinung Christi (No. 128A), ein frühes Hauptwerk dieser Art von
|
|
Giovanni's eigener Hand. --
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Giovanni della Robbia ist bereits ein Künstler der beginnenden
|
|
Hochrenaissance, der hier vorweg besprochen ist, weil er durch die
|
|
Technik und den inneren Zusammenhang mit den älteren Gliedern seiner
|
|
Familie von diesen nicht getrennt werden kann. Wir kehren zu
|
|
Donatello's Nachfolgern und jüngeren Zeitgenossen zurück.
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[Abbildung: 118. Glasierter Thonaltar von Andrea della Robbia.]
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Als Schüler Donatello's gilt seit Vasari _Desiderio da Settignano_
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(1428-1464). Obgleich jung verstorben, hat der Künstler doch auf die
|
|
Entwickelung der florentiner Plastik einen nachhaltigen Einfluß
|
|
ausgeübt. In der Natürlichkeit und Lebendigkeit der Auffassung, in dem
|
|
Momentanen der Darstellung dem Donatello nahe kommend, in der
|
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malerischen Behandlung des Reliefs ihm gewachsen, hat er vor seinem
|
|
großen Meister einen besonders feinen Sinn für architektonischen Aufbau
|
|
und Dekoration wie die Freude an der Durchführung seiner Arbeiten
|
|
voraus. Daß dieselben fast alle in Marmor ausgeführt sind, ist kein
|
|
Zufall: war er doch recht eigentlich für die Behandlung des Marmors
|
|
begabt und hat denselben für die zweite Hälfte des Quattrocento zu dem
|
|
bevorzugten Material für plastische Kunstwerke gemacht. Der schalkhafte
|
|
Ausdruck seiner Kinder, der frische, fast übermütige Sinn seiner Jugend
|
|
und ein echt weiblicher Zug von Schönheit verbinden sich mit einer
|
|
Leichtigkeit der Erfindung, einer Fröhlichkeit des Schaffens, einer
|
|
Meisterschaft der naturalistischen Durchbildung und einer malerischen
|
|
Weichheit der Behandlung in allen seinen Werken zu einem stets
|
|
bezaubernden, stets überraschenden Gesamteindruck.
|
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Die beiden Hauptwerke Desiderio's, das Grabmal des Staatssekretärs
|
|
Marzuppini ({~DAGGER~} 1455) in Sa. Croce und das große Marmortabernakel in San
|
|
Lorenzo, gehören wohl beide der gleichen späteren Zeit des Künstlers an.
|
|
Aus dieser Zeit stammen auch verschiedene Madonnenreliefs in Marmor, für
|
|
welche eine ähnliche malerische Behandlung in ganz flachem Relief
|
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charakteristisch ist: zwei davon im Privatbesitz in Paris, ein drittes
|
|
(als Tabernakel) in der Via Cavour zu Florenz, ein viertes in der
|
|
Galerie zu Turin. Letzteres kommt besonders häufig in farbigen
|
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Stucknachbildungen vor; die feinste derselben besitzt die Berliner
|
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Sammlung (No. 62 B). Als Arbeiten der früheren Zeit des Künstlers lassen
|
|
sich vielleicht das beinahe noch herbe Madonnenrelief unter Donatello's
|
|
Namen in der Via dei Martelli und der ähnlich behandelte köstliche Kamin
|
|
aus Sandstein mit den Reliefporträts eines jungen Ehepaares im South
|
|
Kensington Museum ansprechen. Die herrlichen dekorativen Arbeiten in der
|
|
Badia unter Fiesole, die Kanzel im Refektorium und eine Thür in der
|
|
Kirche, wurden offenbar nach seinen Entwürfen von Schülern ausgeführt.
|
|
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[Abbildung: Grabmal Marzuppini von Desiderio in Sa. Croce zu Florenz.]
|
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|
Die Feinheit der Beobachtung, der Geschmack in der Anordnung und die
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|
Vollendung in der Durchführung sind Eigenschaften Desiderio's, die ihm
|
|
ganz besonders zum Porträtbildhauer befähigten, namentlich für die
|
|
Wiedergabe von Kindern und jungen Frauen. Nur eine solche Arbeit ist uns
|
|
gesichert und auch diese nur auf die Autorität Vasari's hin: die Büste
|
|
der Marietta Strozzi im Palazzo Strozzi zu Florenz; aber nach dieser wie
|
|
nach dem Charakter der Gestalten Desiderio's in seinen Monumenten lassen
|
|
sich dem Künstler noch verschiedene ähnliche Frauenbildnisse und
|
|
Büsten von Knaben und Jünglingen mit großer Wahrscheinlichkeit zuweisen.
|
|
Die Mehrzahl dieser Frauenbüsten ist jetzt in der Berliner Sammlung
|
|
vereinigt. Eine derselben ist eine Marmorbüste der jungen Marietta
|
|
Strozzi (No. 62), der verstümmelten Büste im Palazzo Strozzi sehr
|
|
ähnlich; in der schlanken Bildung, der kecken Haltung, dem offenen Blick
|
|
und dem schelmischen Zug um den leicht geöffneten Mund erscheint sie wie
|
|
ein Geschwisterkind der Jünglingsgestalten am Grabmal Murzuppini und am
|
|
Tabernakel in San Lorenzo. Eine jetzt farblose, teilweise modellierte
|
|
Stuckbüste (No. 62 C) ist dieser Marmorbüste aufs engste verwandt und
|
|
stellt vielleicht dieselbe junge Florentinerin in etwas vorgeschrittenem
|
|
Alter dar. Eine zweite ähnliche Stuckbüste (No. 62E), deren feine alte
|
|
Bemalung noch erhalten ist, stellt nach ihrer Herkunft wahrscheinlich
|
|
eine der vielen Töchter des Herzogs Federigo von Urbino dar. Eine andere
|
|
Tochter dieses Fürsten vermuten wir in der aus der Urbiner Erbschaft
|
|
stammenden, in Kalkstein ausgeführten Mädchenbüste (No. 62A) von sehr
|
|
verschiedenem Typus; in der treuen Wiedergabe der Individualität und in
|
|
der feinen naturalistischen Durchbildung ein unübertroffenes
|
|
Meisterwerk.
|
|
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[Abbildung: 62B. Bemaltes Stuckrelief der Madonna von Desiderio.]
|
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|
|
Von den verschiedenen Kinderbüsten, welche sich nach dem Vergleich mit
|
|
den beglaubigten Arbeiten auf Desiderio zurückführen lassen, ist keine
|
|
in der Berliner Sammlung vertreten; die Marmorbüste eines älteren Knaben
|
|
im Museo Nazionale zu Florenz und der lachende Knabe bei Herrn Benda in
|
|
Wien sind die Hauptwerke dieser Art; letztere als Jugendarbeit noch ganz
|
|
unter Donatello's Einfluß, welchem sie daher auch zugeschrieben wird.
|
|
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[Abbildung: 62. Marmorbüste der Marietta Strozzi von Desiderio.]
|
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|
Dem Desiderio steht der gleichaltrige Antonio Rossellino besonders nahe.
|
|
Bei der frühzeitigen und von vornherein ganz eigenartigen Entwickelung
|
|
Desiderio's dürfen wir die Verwandtschaft des Antonio wohl mit
|
|
Bestimmtheit auf den Einfluß des Ersteren zurückführen. Seine Schule hat
|
|
Antonio aber wohl unter seinem älteren Bruder, dem berühmten Baumeister
|
|
und Bildhauer _Bernardo Rossellino_ (eigentlich Bernardo di Matteo
|
|
Gamberelli gen. Rosselino, 1409-1464) durchgemacht, mit dessen späteren
|
|
Arbeiten Antonio's Jugendwerke die nächste Verwandtschaft zeigen. Der
|
|
eigenartige, schaffensfreudige und energische Charakter in Bernardo's
|
|
Bauten wohnt auch seinen Bildwerken inne. In der Durchbildung der
|
|
menschlichen Gestalt teilweise noch befangen, hat er durch den großen
|
|
architektonischen Aufbau seiner plastischen Monumente die florentiner
|
|
Skulptur des Quattrocento in vorteilhaftester Weise bestimmt; ihm
|
|
verdankt dieselbe wohl in erster Reihe die feine Empfindung für die
|
|
architektonischen Verhältnisse, welche sich in fast allen Denkmälern aus
|
|
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts bekundet. Bernardo's großes
|
|
Marmorgrabmal des Leon Bruni ({~DAGGER~} 1444) in Sa. Croce ist das erste und
|
|
zugleich das vornehmste Nischengrab in Florenz, das Vorbild für alle
|
|
anderen. Der figürliche Schmuck, dessen Verteilung zu der Wirkung des
|
|
großartigen Aufbaues wesentlich beiträgt, ist im Allgemeinen noch etwas
|
|
schwerfällig und in der Bewegung nicht immer frei; dagegen ist die Figur
|
|
des Toten so edel gedacht und so schön angeordnet, wie wohl an keinem
|
|
zweiten italienischen Grabmonument. In dem Grabmal Lazzari in
|
|
S. Domenico zu Pistoja, über dessen Ausführung der Künstler hinstarb,
|
|
hat er den von ihm verlangten Typus des Bologneser Professorengrabes mit
|
|
dem Auditorium als Mittelpunkt in freie künstlerische Form gebracht,
|
|
während er in dem Monument der Beata Villana in Sa. Maria Novella ein
|
|
einfaches gotisches Motiv sich aneignete: Engel ziehen den
|
|
baldachinartigen Vorhang vor der im Todesschlafe ruhenden Gestalt des
|
|
jungen Heiligen zurück. Auch das Marmortabernakel in der Kirche des
|
|
Hospitals von Sa. Maria Nuova (um 1450) hat in seinem architektonischen
|
|
Aufbau wie in der Gliederung ähnliche Vorzüge.
|
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[Abbildung: 62A. Büste einer Urbiner Prinzessin von Desiderio.]
|
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[Abbildung: 141. Bemalte Stuckbüste des Gio. Rucellai von einem
|
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unbekannten Florentiner um 1460.]
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Die figürlichen Darstellungen an diesen Monumenten wie seine rein
|
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figürlichen Bildwerke; die große Lünette und die beiden Heiligenfiguren
|
|
an der Fassade der Misericordia zu Arezzo (von 1434 u. 1435) und die
|
|
Gruppe der Verkündigung in S. Francesco zu Empoli (vom Jahre 1447) haben
|
|
noch etwas Schwerfälliges in Form und Bewegung und eine gewisse stumme
|
|
Befangenheit im Ausdruck. Damit verbinden sie aber einen wirkungsvollen
|
|
Ernst, eine wie mühsam verhaltene Empfindung und inbrünstige
|
|
Begeisterung, weiche, wenn auch etwas motivlose Faltenbildung in den
|
|
vollen Gewändern und feine naturalistische Behandlung des Fleisches,
|
|
namentlich in den schönen Köpfen. Die einzige Arbeit in der Berliner
|
|
Sammlung, die sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf diesen Künstler
|
|
zurückführen läßt, ist ein Stuckrelief, Maria, das Kind anbetend (No.
|
|
73A), das in den Typen und in der weichen unbestimmten Behandlung der
|
|
Gewandfalten die Merkmale Bernardo's aufweist; doch ist die Komposition
|
|
offenbar abhängig von der auf Donatello's Schule zurückgehenden Anbetung
|
|
des Kindes (No. 47).
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|
|
|
[Abbildung: 65A. Marmorrelief der Madonna von Ant. Rossellino.]
|
|
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|
Bernardo's jüngster Bruder _Antonio Rossellino_ (1427 bis 1478), an
|
|
seinem letzten Denkmal, dem Grabmal Lazzari in Pistoja, urkundlich sein
|
|
Mitarbeiter, erscheint auch nach dem Charakter seiner Bildwerke,
|
|
namentlich der Jugendarbeiten, als ein Schüler seines Bruders. Er sucht
|
|
zuerst außerhalb Florenz seine Sporen zu verdienen: 1457 arbeitet
|
|
Antonio am Sebastianaltar in Empoli und im folgenden Jahre vollendet er
|
|
den Marmorschrein des Beato Marcolini, jetzt im Museum zu Forlì. In
|
|
beiden Arbeiten ist er schon voller Meister und seinem Bruder überlegen
|
|
durch freiere Bewegung und feineres Naturverständnis, das sich
|
|
namentlich in der weichen, geschmackvollen Behandlung der Gewandung und
|
|
in der meisterhaften Wiedergabe des Fleisches bekundet. Die Statue des
|
|
Sebastian in Empoli ist eine der schönsten Freifiguren der
|
|
Frührenaissance.
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|
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Solche Arbeiten mußten dem Künstler auch in der Heimat, wo sie sehr
|
|
wahrscheinlich ausgeführt wurden, rasch Ansehen verschaffen und Aufträge
|
|
zuführen. Im Jahre 1461 wurde ihm in der That ein solcher in großartiger
|
|
Form zu Teil: der Bau der Grabkapelle für den 1459 jung verstorbenen
|
|
Kardinal von Portugal mit seinem Grabmal in San Miniato al Monte.
|
|
Antonio hat diese Aufgabe in einer Weise gelöst, daß die Kapelle,
|
|
obgleich seines Altarbildes von Piero Pallajuolo beraubt, noch heute mit
|
|
Recht als ein Schmuckkästchen Florentiner Quattrocentokunst berühmt ist,
|
|
und das Grabmal, wenn nicht als das großartigste, so doch als das
|
|
reizvollste Grabmonument der Renaissance gelten darf. Erscheint schon in
|
|
der Gestalt des auf dem Paradebett ausgestreckten Verstorbenen der Tod
|
|
nur als ein sanfter Schlaf, als ein Ausruhen zu neuem Leben, so ist die
|
|
überirdische Freude des zukünftigen Lebens auf köstliche Weise in der
|
|
Schar der Engel zum Ausdruck gebracht, von denen die einen die Madonna
|
|
mit dem Christkind in der Mandorla zu dem Verstorbenen herabtragen, die
|
|
anderen mit der Krone zu seiner Seite knien. Beide Motive: Tod und
|
|
Leben, kommen in sinniger, wirkungsvoller Weise auch im
|
|
architektonischen Aufbau und in der Dekoration zur Geltung.
|
|
|
|
Dieser Arbeit, welche den Meister wohl eine Reihe von Jahren fast
|
|
ausschließlich beschäftigte, folgten verschiedene größere und kleinere
|
|
Madonnenreliefs in Marmor, wie die große Madonna del latte in Sa. Croce,
|
|
das durch seine reiche Umrahmung ausgezeichnete Relief in Solarolo, ein
|
|
kleineres Relief im Museum zu Wien und ein zweites im Bargello, endlich
|
|
das Rundrelief der Anbetung ebenda und eine Umarbeitung dieser
|
|
Komposition zu einem reich gegliederten, höchst sauber durchgearbeiteten
|
|
Altar in der Kirche Montoliveto zu Neapel. Für seine Meisterschaft und
|
|
seinen Geschmack in der Wiedergabe der vollen Individualität geben zwei
|
|
gleichzeitig (1468) entstandene Marmorbüsten älterer Männer im Bargello
|
|
und im South Kensington Museum das glänzendste Zeugnis. Sein besonderes
|
|
Talent für die Darstellung des Kindes bekunden eine Anzahl Kinderbüsten
|
|
in der Chiesa de' Vanchettoni zu Florenz, im Bargello, im Pal. Martelli,
|
|
im Medaillenkabinet, bei G. Dreyfuß zu Paris und in der Sammlung
|
|
Hainauer in Berlin, samtlich in Marmor. Einige Thongruppen der Maria mit
|
|
dem Kinde, wahrscheinlich Modelle für größere Marmorarbeiten, erscheinen
|
|
durch die Auffassung des Kindes beinahe wie Genredarstellungen. Die
|
|
köstlichste dieser Gruppen ist die Madonna mit dem lachenden Kinde im
|
|
South Kensington Museum.
|
|
|
|
[Abbildung: 149A. Bemalte Thonbüste der hl. Elisabeth von Ant.
|
|
Rossellino.]
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|
Wie Antonio in seiner früheren Zeit zur Fertigstellung eines Monuments
|
|
berufen wurde, über das sein Bruder hingestorben war (Grabmal Lazzari in
|
|
Pistoja, vollendet 1468), so hat er selbst einen großen Auftrag, den er
|
|
von Neapel aus erhielt, das Grabmal der 1470 verstorbenen Maria von
|
|
Arragonien für die Chiesa di Montoliveto, nur noch anfangen können. Die
|
|
Ausführung dieses Monuments, für welches das Grabmal des Kardinals von
|
|
Portugal ausdrücklich als Vorbild ausbedungen war, ist in allen
|
|
wesentlichen Teilen von der Hand des Benedetto da Majano.
|
|
|
|
[Abbildung: 67. Marmorbüste von Ant. Rossellino.]
|
|
|
|
Die Berliner Sammlung enthält eine reiche Auswahl verschiedenartiger
|
|
Arbeiten des A. Rossellino, die den Künstler in vorteilhafter Weise
|
|
kennen lehren; außer mehreren bemalten Stucknachbildungen von
|
|
Madonnenreliefs (No. 66 und 68 bis 70) auch verschiedene Originale. In
|
|
dem großen Marmorrelief der Madonna, welche das Kind auf dem Schoße hält
|
|
(No. 65A), besitzt die Sammlung eine ganz eigenhändige und zugleich wohl
|
|
die vollendetste Arbeit des Meisters in dieser Art. Die Modellierung,
|
|
namentlich im Kinderkörper und in den Händen der Maria, ist mit
|
|
unübertrefflicher Treue und Feinheit der Natur abgelauscht; die
|
|
Behandlung des Reliefs von den ganz flach gehaltenen Cherubim in den
|
|
oberen Ecken bis zu dem ganz in Hochrelief gearbeiteten Körper des
|
|
Christkindes ist von großer malerischer Wirkung, die Ausführung in
|
|
Marmor von höchster Delikatesse. Die zahlreichen Aufträge, wie die
|
|
Vorliebe für die Wahl des Marmors und die Ansprüche an die Durchführung
|
|
in diesem Material machte sonst in der zweiten Hälfte des XV. Jahrh.
|
|
eine starke Beteiligung von Schülern und Gehülfen an der Ausführung zur
|
|
Regel und hatte, neben kleinen Thonskizzen, die Anfertigung großer
|
|
Modelle in Thon als Vorlagen für die Schüler zur Folge. Gerade von Ant.
|
|
Rossellino sind uns solche Thonmodelle noch in größerer Zahl erhalten,
|
|
die sich alle durch die feine naturalistische Durchbildung und die
|
|
Frische der Arbeit auszeichnen. Dies gilt ganz besonders von einigen
|
|
hervorragenden Arbeiten dieser Art in der Berliner Sammlung, einer
|
|
Madonna mit dem Kinde auf reich dekoriertem Sessel (No. 65) und dem
|
|
großen Rundrelief mit der Anbetung der Hirten (No. 64), dessen
|
|
wesentlich veränderte Marmorausführung das Bargello besitzt (vgl. oben).
|
|
Auch ein Paar tüchtige Büsten der Sammlung lassen sich wenigstens mit
|
|
Wahrscheinlichkeit auf Antonio zurückführen; die Marmorbüste eines
|
|
Florentiners in mittleren Jahren (No. 67) und die farbige Thonbüste der
|
|
hl. Elisabeth (No. 149A), worin das Porträt einer vornehmen Nonne
|
|
wiedergegeben ist.
|
|
|
|
[Abbildung: 65. Thonrelief der Madonna von Ant. Rossellino.]
|
|
|
|
Ebenso reich und vorteilhaft wie A. Rossellino ist auch der jüngste
|
|
unter den großen Marmorbildnern des Quattrocento, _Benedetto da Majano_
|
|
(1442-1497), im Berliner Museum vertreten. Benedetto erscheint als
|
|
Nachfolger Rossellino's für die Vollendung des Grabmals der Maria von
|
|
Arragonien (nach 1481); diesen hat er sich aber auch schon in seinem
|
|
frühesten bekannten Werke zum Vorbild genommen, im Wandaltar des hl.
|
|
Savinus in der Kathedrale von Faenza (um 1470). Augenscheinlich hat
|
|
Antonio's Markolinusmonument in Forlì den Aufbau dieses Altares
|
|
bestimmt; aber auch Behandlung, Ausdruck und Empfindung sind dem
|
|
Rossellino so verwandt, daß daraus eine nähere Beziehung Benedetto's zu
|
|
diesem Künstler fast zweifellos wird. Auch in späteren Werken bleibt die
|
|
innere Verwandtschaft zwischen beiden Künstlern, so daß ihre Arbeiten
|
|
oft mit einander verwechselt werden. Gemeinsam ist ihnen der
|
|
Schönheitssinn und Geschmack, die Einfachheit und Natürlichkeit in
|
|
Auffassung und Darstellungsweise, die Lieblichkeit der Erscheinung und
|
|
die Holdseligkeit im Ausdruck ihrer Gestalten, die Weichheit in der
|
|
Behandlung, namentlich auch in der Gewandung, die Eleganz und
|
|
Zierlichkeit im architektonischen Aufbau und in den dekorativen Details.
|
|
Doch sind bei Benedetto alle diese Eigenschaften schärfer ausgeprägt und
|
|
werden, wenigstens in seiner letzten Zeit, schon teilweise zur Manier;
|
|
seine Gestalten sind schlanker, der Faltenwurf der in späterer Zeit wie
|
|
gebauscht erscheinenden Gewänder, ist voller und weicher; die Formen
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seiner Figuren sind von einer mehr allgemeinen Schönheit, der Ausdruck
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zuweilen schon von einer etwas leeren träumerischen Holdseligkeit, und
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den figurenreicheren Kompositionen fehlt es an dramatischer Auffassung
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und energischer Bewegung. Innerhalb seiner Befähigung hat aber
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Benedetto doch eine so glückliche und mannigfaltige Thätigkeit
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entfaltet, daß er unter den letzten Bildhauern des Quattrocento in
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Florenz in erster Linie genannt zu werden verdient.
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Der oben erwähnten Jugendarbeit des Savinusaltars in Faenza folgt in
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Florenz im Auftrage des P. Meilini, dessen Büste als Greis aus dem Jahre
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1474 jetzt das Bargello besitzt, die berühmte Kanzel in Sa. Croce. Sie
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ist ganz besonders ausgezeichnet durch ihre glücklichen Verhältnisse und
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die zierliche Dekoration. Ein Thonmodell zu einer der Reliefdarstellungen
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aus dem Leben des hl. Franz besitzt die Berliner Sammlung: die (bei der
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Ausführung verworfene) Vision des Papstes Innocenz III. (No. 87). Etwa
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gleichzeitig (1475) scheint der Altar der hl. Fina in der Collegiata zu
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San Gimignano entstanden zu sein, der im Aufbau durch Rossellino's
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Grabmonument in San Miniato beeinflußt ist. Durch die Zartheit der
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Empfindung, die Lieblichkeit der Gestalten und die Zierlichkeit der
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Dekoration erscheint er für seine Bestimmung zur Verherrlichung einer
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heiligen Jungfrau besonders geeignet. Wohl im Anschluß an diese Arbeit
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fertigte Benedetto für San Domenico in Siena das große herrlich
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aufgebaute Marmorciborium mit den Evangelisten am Sockel und den schönen
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Figuren der leuchterhaltenden Engel, denen zur Seite des Finamonuments
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ganz verwandt.
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[Abbildung: 86. Bemalte Thonstatue der Madonna von Ben. da Majano.]
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Von San Gimignano zurückgekehrt, war Benedetto für den Palazzo Vecchio
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in Florenz thätig, wo er die Marmoreinrahmung der Thür des Audienzsaales
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zwischen den Jahren 1475 und 1481 ausführte; dazu gehörten ursprünglich
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auch die Johannesstatue und die beiden Gruppen von Kindern mit
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Kandelabern, welche jetzt im Bargello aufgestellt sind. Aus dem Jahre
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1480 datiert die jetzt unbemalte Thonstatue der Madonna im Dom zu
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Prato, an deren Sockel ein Marmorrelief der Beweinung Christi sich
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befindet. Ihr ebenbürtig und durch die Erhaltung der alten Bemalung noch
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überlegen, erscheint eine ganz ähnliche große Madonnenstatue der
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Berliner Sammlung (No. 86), die in der Verbindung von naiver Wiedergabe
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der schlichten Lebenswahrheit mit vollendeter Anmut und feinem Geschmack
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in der Anordnung als ein Meisterwerk des Benedetto gelten darf.
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Genrehafter in der Auffassung und wohl etwas jünger ist eine
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Madonnenstatuette unserer Sammlung (No. 89D), in welcher wir das Kind im
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Einschlafen auf dem Schoße der Mutter sehen. Solche Statuetten, die wohl
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zum Teil als Skizzen oder Modelle entstanden, sind aus der späteren Zeit
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des Benedetto nicht selten.
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[Abbildung: 85. Bemalte Thonbüste des Fil. Strozzi von Ben. da Majano.]
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In der ersten Hälfte der achtziger Jahre vollendete Benedetto das
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Grabmal der Maria von Arragonien in der Chiesa di Montoliveto zu Neapel,
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über dessen Ausführung A. Rossellino hingestorben war. Im Aufbau und in
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sämtlichen Figuren fast treu kopiert nach dem Monument des Kardinals von
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Portugal, ist es in den Typen, in der Bewegung und Gewandung wie in der
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Dekoration ein gleich bezeichnendes Werk des Benedetto, der auf die
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Durchführung ganz besondere Sorgfalt verwendete. Diese Arbeit wurde die
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Veranlassung zu einem zweiten großen Monumente für dieselbe Kirche, dem
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Marmoraltar mit der Verkündigung, als Gegenstück von Rossellino's
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Anbetungsaltar, der dem Meister wieder als Vorbild für den Aufbau
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gegeben wurde. Es fehlt diesem 1489 vollendeten Monumente, bei aller
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Schönheit im Einzelnen, schon vielfach an der Frische und Naivetät der
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früheren Arbeiten; auch machen sich hier die langen Falten in den
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bauschigen Gewändern teilweise schon recht störend geltend.
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[Abbildung: 88. Fahnensockel in Marmor von Ben. da Majano.]
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Als dieser Marmoraltar fertig wurde, beschäftigten den Künstler schon
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die Pläne für den Palast, mit dessen Bau ihn Filippo Strozzi betraut
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hatte; und als bald darauf eine schwere Krankheit den Auftraggeber
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befiel, gab dieser ihm auch sein Grabmal in Arbeit, welches jetzt die
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Familienkapelle in Sa. Maria Novella schmückt. Auf dunkler Rückwand vier
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Engel, die schwebend in schwärmerischem Anblick des Christkindes
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versunken sind, das in den Armen der Mutter von einem Rosenkranz umgeben
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ist. In der ersten Zeit seiner Beziehungen zu diesem kunstsinnigen
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Gönner entstand die bemalte Thonbüste Fillippo's in der Berliner
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Sammlung (No. 85), mit deren Benutzung einige Zeit später die
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Marmorbüste im Louvre ausgeführt wurde. Die feinen Züge dieses großen
|
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Mannes sind, namentlich in der Thonbüste, mit einer Frische und Treue,
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mit einer Anspruchslosigkeit und einem Geschmack wiedergegeben, welche
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diese Büste als ein Meisterwerk der Porträtplastik überhaupt erscheinen
|
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lassen. Eine zweite Thonbüste, die gleichfalls noch ihre alte Bemalung
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besitzt, die Büste der hl. Katharina von Siena (No. 149), darf wohl
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ebenfalls auf Benedetto zurückgeführt werden, für den der halb
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schwärmerische, halb träumerische Ausdruck des schönen Kopfes, die
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weichen Falten und die Dekoration des Sockels charakteristisch sind. Die
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kranztragenden Engel am Sockel kommen genau so als Dekoration eines
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trefflichen kleinen Reliefs mit der Geburt des Johannes im South
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Kensington Museum vor, welches Ende der siebziger Jahre entstanden zu
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sein scheint.
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Als charakteristisches Werk der letzten Zeit Benedetto's besitzt die
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Berliner Sammlung ein kleines Stuckrelief mit der Kreuzigung Christi
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(No. 92). Das Hauptwerk dieser Zeit ist der schön aufgebaute Altar des
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hl. Bertoldus in S. Agostino zu San Gimignano (seit 1494). Die Büsten
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Giotto's und des Squarcialupi im Dom zu Florenz (um 1490) sind weniger
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bedeutend und verraten in der Ausführung die Hand von Schülern. Auch das
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fein durchgeführte Krucifix ebenda ist zu weichlich in der Auffassung.
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Die Statuen der Madonna und des (unvollendeten) Sebastian, die er in
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seinem Testament der Misericordia hinterließ, sind besonders bezeichnend
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für die etwas leere Allgemeinheit in den Formen und in dem
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schwärmerischen Ausdruck, wie für die schwülstige Fülle der Gewandung in
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seiner letzten Zeit. Das einzige Beispiel für Benedetto's Behandlung des
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Marmors bietet in der Berliner Sammlung (No. 88) eine dekorative Arbeit:
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der Sockel einer Kirchenfahne mit drei köstlichen Engelsköpfen am Fuß.
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Mit Ant. Rossellino und Ben. da Majano wetteifert als beliebter
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Marmorbildner in seiner Heimat wie außerhalb derselben ein dritter
|
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florentiner Künstler, _Mino da Fiesole_ (1431-1484). Erst durch
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Desiderio aus einem Steinmetzen zum Künstler ausgebildet, wie uns Vasari
|
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berichtet, hat er in seiner künstlerischen Thätigkeit das Handwerkmäßige
|
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nie völlig abgestreift. Seine außerordentliche Fertigkeit verführte ihn
|
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zu flüchtiger und ungleichmäßiger Massenproduktion; als Unternehmer
|
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unterzog er sich bald hier, bald dort großen Aufgaben und nahm keinen
|
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Anstand, die Ausführung mit anderen, oft recht geringwertigen Künstlern
|
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zu teilen. Nicht gewöhnt, auf die Natur als letzte und einzige Quelle
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zurückzugehen, war er, wo er nicht (wie in den Porträts) zur
|
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unmittelbaren Wiedergabe der Natur angehalten wurde, der Gefahr des
|
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Manierismus besonders ausgesetzt. Der Liebreiz seiner Figuren ist mehr
|
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äußerlich; Ausdruck und Bewegung derselben ermangeln des inneren Lebens
|
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und haben daher leicht etwas Starres und Kleinliches, wie auch sein
|
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Faltenwurf eckig und einförmig ist. Wie ihm wirkliches Formenverständnis
|
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und freie schöpferische Phantasie abgehen, so fehlt ihm auch die Freude
|
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des echten Künstlers an der Durchbildung seiner Werke. Andererseits
|
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weisen alle Bildwerke des Mino große technische Fertigkeit und
|
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Sicherheit in der Behandlung des Marmors auf; durch sie wird der
|
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Künstler in den Stand gesetzt, ohne Skizzen und Modelle unmittelbar aus
|
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dem Marmor heraus und daher ganz im Charakter des Materials zu schaffen.
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Daneben besitzt er eine, ich möchte sagen, bäuerische Naivetät und
|
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Frische der Auffassung, sobald er unmittelbar nach der Natur arbeitet,
|
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also namentlich als Porträtbildner. In seinen zahlreichen Porträts,
|
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Büsten wie Reliefporträts, deren er fast so viele hinterlassen hat wie
|
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alle seine florentiner Zeitgenossen zusammen, zeigt er eine Breite und
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Derbheit der Charakteristik, eine Frische der Wiedergabe, welche ihn dem
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Frans Hals vergleichen, ihn aber gelegentlich auch, gerade wie Hals, bei
|
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besonders frappanten Persönlichkeiten nahe an Karikatur streifen läßt.
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Mino ist schon jung nach Rom gekommen: im Jahre 1454, also mit 23 Jahren
|
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datiert er seine jetzt im Berliner Museum befindliche Büste des Niccolo
|
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Strozzi »in urbe«; 1463 und 1464 ist er dort für die Kanzel im Peter,
|
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sowie für das große Ciborium und den Hieronymusaltar in Sa. M. Maggiore
|
|
thätig; nach dem Tode Papst Pauls II. (1471) wurde er zur Anfertigung
|
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von dessen Grabmal berufen, und um 1475-1480 finden wir ihn für Nepoten
|
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und Kirchenfürsten unter Sixtus IV. beschäftigt. Wie Mino durch diese
|
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seine außerordentlich umfangreiche Thätigkeit in Rom auf die gesamte
|
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römische Plastik der Frührenaissance bestimmenden Einfluß ausübte, so
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hat der Aufenthalt in Rom auch auf ihn zurückgewirkt; namentlich ist
|
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sein eigentümlicher Faltenwurf mit den zierlichen Parallelfalten und
|
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ihren scharfen Knicken augenscheinlich eine mißverstandene Auffassung
|
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der Gewandbehandlung an archaistischen römischen Bildwerken.
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Die Zahl und der Umfang der meisten Monumente, welche Mino in Rom wie in
|
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Florenz und Umgebung geschaffen hat, ist nur erklärlich aus seiner
|
|
außerordentlichen handwerksmäßigen Sicherheit und Leichtigkeit des
|
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Schaffens. Mino scheint jede Aufgabe übernommen zu haben, die sich ihm
|
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darbot; daher sind die Bildwerke seiner Hand ebenso mannigfaltig wie
|
|
zahlreich. In der Erfindung meist von den Vorbildern seiner Florentiner
|
|
Zeitgenossen abhängig oder lokalen Bedingungen sich fügend, im Aufbau
|
|
wenig originell und ohne feines Ebenmaß der Verhältnisse, in der
|
|
Ornamentik und Profilierung ohne den Sinn für Natur und Stil, der
|
|
namentlich seinen Lehrer Desiderio auszeichnet, erzielt Mino doch in
|
|
einer Anzahl dieser Monumente durch Frische der Empfindung, glückliche
|
|
Verbindung der architektonischen und plastischen Teile, Zierlichkeit der
|
|
Arbeit, gelegentlich auch durch eigenartige Ideen eine reizvolle
|
|
Gesamtwirkung. Unter den Grabmonumenten, den zahlreichsten unter Mino's
|
|
Arbeiten, stehen die einfachsten obenan: das Grabmal des Bischofs Leon.
|
|
Salutati im Dom von Fiesole (vor 1466), in der Verbindung von Büste und
|
|
Sarkophag und im Aufbau an der Wand, wie in der Durchführung eines der
|
|
vollendetsten und eigenartigsten Monumente der Frührenaissance; sowie
|
|
das köstliche Monument des jungen Francesco Tornabuoni in der Minerva zu
|
|
Rom ({~DAGGER~} 1480). Andere Grabdenkmäler sind stärker beeinflußt von fremden
|
|
Vorbildern, namentlich vom Marzuppini-Monument: so das des Giugni ({~DAGGER~}
|
|
1466) und des Grafen Hugo (vollendet 1481) in der Badia zu Florenz, das
|
|
des Kardinals Nie. Forteguerri ({~DAGGER~} 1473) mit der trefflichen Gestalt des
|
|
Toten auf schöner Doppelbahre in Sa. Cecilia zu Rom, sowie die späteren
|
|
römischen Grabmäler des P. Riario ({~DAGGER~} 1474) in Sti. Apostoli, des Chr.
|
|
della Rovere ({~DAGGER~} 1479) in Sa. M. del Popolo, des Ferricci im Hof der
|
|
Minerva. Sie sind sämtlich unter mehr oder weniger starker Beteiligung
|
|
anderer in Rom arbeitender Künstler ausgeführt und von dem Typus der
|
|
römischen Gräber beeinflußt. Andere Monumente dieser Art in Rom, wie das
|
|
des Papstes Paul II. und des Kardinals Piccolomini ({~DAGGER~} 1479), sind nur
|
|
noch in einzelnen Teilen vorhanden (in den Grotten des Vatikan und in
|
|
S. Agostino).
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[Abbildung: 81. Marmorrelief der Madonna von Mino da Fiesole.]
|
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Die Berliner Sammlung besitzt ein unfertiges Relief, das jedenfalls für
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die Rückseite eines Grabmonuments berechnet war, die Gestalt des
|
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Glaubens (No. 82); von besonderem Interesse durch den unfertigen
|
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Zustand: der Kopf, bis auf die Politur schon ganz durchgeführt, andere
|
|
Teile der Figur dagegen eben erst aus dem Groben herausgehauen. Der
|
|
Umstand, daß jede Angabe von Punkten fehlt, läßt darauf schließen, daß
|
|
Mino diese Figur ganz eigenhändig und ohne Modell arbeitete. Wir dürfen
|
|
danach wohl annehmen, daß er überhaupt seine Arbeiten, soweit nicht
|
|
andere Künstler neben ihm thätig waren, im Wesentlichen allein
|
|
ausführte. Auch ein im Rund komponiertes, ziemlich flach gehaltenes
|
|
Marmorrelief der Madonna (No. 81) bildete wohl ursprünglich den Abschluß
|
|
eines Grabmonuments. In Zeichnung und Durchbildung eine der besten
|
|
Arbeiten des Künstlers, im Ausdruck so anmutig, wie kaum eine zweite
|
|
Madonna, läßt sich dieselbe nach ihrer Verwandtschaft mit den spätesten
|
|
Arbeiten Mino's, namentlich mit der Madonna am Grabmal Hugo, in die
|
|
letzten Jahre seiner Thätigkeit setzen. In diese Zeit gehört wohl auch
|
|
die eben genannte (vielleicht bei seinem Tode unvollendet gebliebene)
|
|
Figur des Glaubens, deren Kopf mit dem der Madonna die größte
|
|
Verwandtschaft hat.
|
|
|
|
[Abbildung: 79. Marmorbüste des N. Strozzi von Mino.]
|
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Die Zahl der Kanzeln, Altäre, Tabernakel und Ciborien von Mino's Hand
|
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ist fast ebenso groß, wie die der Grabdenkmäler; teilweise sind
|
|
dieselben auch von gleichem Umfange. In Florenz gehören die Altäre im
|
|
Dom von Fiesole (vor 1466) und der bald darauf entstandene ähnliche
|
|
Altar in der Badia, die Tabernakel in Sa. Croce und S. Ambrogio (1481)
|
|
zu seinen bekanntesten Arbeiten. Die Kanzel in Prato, die er 1473 mit
|
|
Ant. Rossellino zusammen ausführte, und das Ciborium in Volterra (1471)
|
|
stehen durch die Flüchtigkeit der Zeichnung und die oft kindlich
|
|
ungeschickte Komposition wesentlich hinter jenen Arbeiten zurück. In Rom
|
|
sind die meisten Werke dieser Art zerstückelt: so die große Kanzel des
|
|
Peter, an welcher vier Apostel von Mino's Hand sind, das kolossale
|
|
Ciborium in Sa. Ma. Maggiore (1463) und das gemeinsam mit Dalmata
|
|
ausgeführte Tabernakel in S. Marco (um 1463). Die Tabernakel in Sa. Ma.
|
|
in Trastvere und in S. Pietro in Perugia (1473, wohl gleichfalls in Rom
|
|
entstanden) befinden sich dagegen noch an ihrem ursprünglichen Platze.
|
|
Von den ziemlich zahlreichen Madonnenreliefs, die der Bargello, der
|
|
Louvre und Pariser Privatsammlungen aufzuweisen haben, war wohl die
|
|
Mehrzahl für Tabernakel bestimmt, wie heute noch eines mit dem besonders
|
|
tüchtigen, größeren Madonnenrelief als Straßentabernakel gegenüber
|
|
Palazzo Martelli in Florenz aufgestellt ist.
|
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[Abbildung: 80. Marmorbüste eines jungen Mädchens von Mino.]
|
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Die Meisterschaft des Mino als Porträtbildner ist nicht nur durch die
|
|
Grabstatuen seiner Monumente, sondern auch durch eine stattliche Reihe
|
|
von Büsten und Reliefs bezeugt, die fast ausschließlich Florentiner
|
|
darstellen. Die früheste beglaubigte Büste stellt den in Rom im Exil
|
|
lebenden Niccolo Strozzi (1454) dar; sie befindet sich jetzt im Berliner
|
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Museum (No. 79). Die auffallende Persönlichkeit dieses bedeutenden
|
|
Mannes, der seit seiner Jugend an Fettsucht litt, ist mit einer Größe
|
|
und Breite zum Ausdruck gebracht, welche diese und ähnliche Büsten
|
|
Mino's unter die besten florentiner Arbeiten der Art einreihen läßt.
|
|
Bald darauf wurde der Künstler als Porträtbildner für die Medici
|
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beschäftigt: die Büsten des Piero und seines Bruders Giovanni de'
|
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Medici (im Bargello) entstanden etwa gleichzeitig mit der Büste eines
|
|
Unbekannten in der Sammlung Hainauer zu Berlin (1456), um die Mitte der
|
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fünfziger Jahre. Die kleinere Büste des Rinaldo della Luna (Bargello)
|
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datiert von 1461, und wenig später entstand wohl die großartige Büste
|
|
von Mino's Gönner Diotisalvi Neroni, welchen 1466 für seinen Verrat an
|
|
den Mediceern die Verbannung traf. Aus der gleichen Periode ist die
|
|
Büste am Grabe des Bischofs von Fiesole, wieder ein Meisterwerk in
|
|
feiner Charakteristik und geschmackvoller Aufstellung. In diese Zeit
|
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gehört auch, nach Auffassung und Behandlung, die einzige bisher bekannte
|
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fertige[B] Frauenbüste von Mino's Hand, im Berliner Museum (No. 80);
|
|
etwas eckig in Formgebung und Bewegung, aber von köstlicher Frische der
|
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Auffassung und höchster Delikatesse der Durchführung. Die einzige von
|
|
ihm in Rom ausgeführte Büste, Papst Paul II. im Pal. Venezia, geht dort
|
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von Alters her als ein Werk des Bellano. Eine Anzahl florentiner
|
|
Knaben- und Jünglingsbüsten, hergebrachter Weise in der Ausstaffierung
|
|
des Schutzheiligen von Florenz, Johannes d. T., sind fast ausnahmslos
|
|
jetzt außerhalb Italiens: im Louvre, im Museum zu Lyon, in Pariser
|
|
Privatsammlungen.
|
|
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|
Wohin Mino's handwerksmäßige Ausübung der Marmorplastik ohne
|
|
künstlerische Begabung führen konnte, beweist ein dem Namen nach noch
|
|
unbekannter florentiner Bildhauer dieser Zeit, der regelmäßig mit Mino
|
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verwechselt wird. Von diesem jetzt als »_Meister der Marmormadonnen_«
|
|
bezeichneten Anonymus besitzt die Berliner Sammlung zwei sehr
|
|
charakteristische und besonders gute Arbeiten: die Madonna im
|
|
Cherubimkranz (No. 77) und eine kleine sitzende Madonna in ganzer Figur
|
|
(No. 76). Eckig, unbelebt und gespreizt, wie Mino in seinen geringeren
|
|
Arbeiten, ist dieser Künstler in der Formbehandlung wie in der
|
|
Faltengebung dem Ant. Rossellino näher verwandt; seine maskenhaften
|
|
Gesichter, sein stereotypes, grinsendes Lächeln verraten ihn in allen
|
|
seinen Werken. -- Eine große Marmorbüste Christi als Eccehomo in der
|
|
Berliner Sammlung (No. 84), die manche Verwandtschaft mit diesem
|
|
Künstler zeigt, ist seinen Madonnen in dem herben Naturalismus doch so
|
|
sehr überlegen, daß sie wohl einem dritten, dem Mino nahestehenden
|
|
Bildhauer dieser Zeit zuzuschreiben ist.
|
|
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|
Zur florentiner Schule muß auch der Lucchese _Matteo Civitale_
|
|
(1435-1501) gerechnet werden. Urkundlich steht er zwar nicht in
|
|
Beziehung zu Florenz; aber die Abhängigkeit Lucca's von Florenz seit dem
|
|
Anfange des Quattrocento und, als Folge davon, das Aufhören einer
|
|
lokalen künstlerischen Tradition, wie die völlige Abhängigkeit des
|
|
Künstlers von seinen Florentiner Zeitgenossen, namentlich von Desiderio,
|
|
lassen keinen Zweifel darüber, daß er in Florenz seine Lehrzeit
|
|
durchmachte und an die Florentiner Kunst sich anschloß. Ohne
|
|
hervorstechende Eigenart und ohne die lebensvolle Frische und den feinen
|
|
Natursinn der Florentiner, verdient Matteo doch durch sein
|
|
Schönheitsgefühl, durch die Innigkeit der Empfindung und seinen
|
|
Geschmack einen Platz neben den Florentiner Marmorbildnern seiner Zeit.
|
|
Besonders glücklich in seinen Dekorationsarbeiten, wie heute namentlich
|
|
noch das Tempietto (1481) und die Kanzel (1492) im Dom zu Lucca
|
|
bezeugen, befriedigt er in seinen figürlichen Darstellungen am meisten,
|
|
je einfacher sie sind und je mehr seine fromme, innige Empfindung darin
|
|
zum Ausdruck kommen kann. Sein Christus als Schmerzensmann, den er mit
|
|
Vorliebe zum Vorwurf wählt und am glücklichsten in der Büste des Museums
|
|
zu Lucca und in dem Hochrelief des Bargello wiedergegeben hat, wird im
|
|
Adel der Formen und des Ausdrucks durch keine ähnliche Florentiner
|
|
Arbeit übertroffen; seine betenden Engel vom (zerstörten)
|
|
Sakramentsaltar im Dom zu Lucca (1473) und sein Relief mit der
|
|
allegorischen Figur des Glaubens im Bargello gehören durch die
|
|
Vereinigung von begeistertem Ausdruck gläubiger Andacht mit Schönheit
|
|
der Form und Bewegung zu dem besten, was die toskanische Kunst dieser
|
|
Zeit hervorgebracht hat. Unter den großen Monumenten genügen die
|
|
einfacheren am meisten; so das Grabmal von Matteo's langjährigem Gönner
|
|
Dom. Bertini im Dom (1479), teilweise auch das Grabmal des hl. Romanus
|
|
in S. Romano (1490). Das Monument des Pietro a Noceto ({~DAGGER~} 1472) im Dom
|
|
giebt sich dagegen zu sehr als Nachbildung des Marzuppini-Monuments von
|
|
Desiderio; und der Regulusaltar (1484) ist eine nur teilweise geglückte
|
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Verbindung von Wandaltar und Grabmal. Gegen Ende des Jahrhunderts
|
|
erhielt Matteo eine größere Aufgabe außerhalb seiner Heimat: er wurde
|
|
nach Genua berufen, um das Innere der Johanneskapelle im Dom
|
|
auszuschmücken. Die Reliefs aus dem Leben des Täufers und sechs der
|
|
lebensgroßen Statuen sind von seiner Hand; in Florenz würden diese
|
|
Figuren zu weichlich und nicht frei genug in ihrer naturalistischen
|
|
Durchbildung erscheinen; in Genua sind sie die beste Leistung der
|
|
Renaissance, selbst neben den Statuen des A. Sansovino, welcher nach
|
|
Matteo's Tode den Schmuck der Kapelle zu vollenden hatte.
|
|
|
|
Die Berliner Sammlung besitzt keine Arbeit des Luccheser Künstlers, der
|
|
außerhalb seiner Heimat überhaupt nur sehr spärlich vertreten ist. Doch
|
|
befindet sich im Berliner Privatbesitz, in der Sammlung des Herrn A. von
|
|
Beckerath, das Profilporträt eines jungen Mädchens in reicher Tracht,
|
|
ein tüchtiges Werk aus Matteo's früherer Zeit.
|
|
|
|
* * * * *
|
|
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|
Die Marmorplastik in ihrer einseitigen Richtung mußte zu einer
|
|
dekorativen und dadurch zugleich oberflächlichen und selbst
|
|
handwerksmäßigen Ausübung führen, welche die Künstler von den großen
|
|
Zielen der Kunst abdrängte. In naturgemäßem Gegensatz gegen diese Art
|
|
der plastischen Kunst und zugleich zum Heil für die gedeihliche
|
|
Fortentwickelung der italienischen Plastik bildete sich neben ihr eine
|
|
auf Donatello's letzter Thätigkeit fußende Richtung der Skulptur in
|
|
Florenz aus, welche den Schwerpunkt ihres Strebens auf möglichst treue
|
|
naturalistische Durchbildung legte und damit zugleich eine Vertiefung
|
|
der Auffassung und Erweiterung und Vervollkommnung der Technik verband.
|
|
Die Künstler dieser Richtung gehen aber keineswegs, wie ihr großer
|
|
Lehrmeister Donatello, einseitig auf die Wiedergabe des
|
|
Charakteristischen und Momentanen aus, sondern verbinden damit ein
|
|
ausgesprochenes Streben nach Anmut und selbst nach Schönheit. An der
|
|
Spitze dieser Bewegung stehen Ant. Pollajuolo und Andrea del Verrocchio.
|
|
Ihrer Richtung entspricht es, daß sie sich in den verschiedensten
|
|
Künsten versuchen und diese sämtlich nicht nur mit großer
|
|
Geschicklichkeit ausüben, sondern auch technisch wesentlich vorwärts
|
|
bringen, und daß sie als Bildner sich mit Vorliebe der Bronze bedienen.
|
|
|
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_Antonio Pollajuolo_ (1429-1498), der geschätzteste Goldschmied seiner
|
|
Zeit, als Maler durch seine Versuche in der Firnis- und Ölmalerei von
|
|
hervorragender Bedeutung, hatte auch als Bronzegießer mit Recht einen
|
|
Ruf in ganz Italien. In großem Stil konnte er sich als solcher erst in
|
|
seinem Alter an den Bronzemonumenten in der Peterskirche bekunden, die
|
|
ihm Papst Innocenz VIII. in Auftrag gab. Die Denkmäler von Papst Sixtus
|
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IV, (vollendet 1493) und von Innocenz VIII. selbst beweisen aber, daß
|
|
Pollajuolo's Begabung nicht nach der monumentalen Seite lag: die Art,
|
|
wie das Sixtus-Denkmal gewissermaßen als Grabplatte etwas erhöht über
|
|
dem Fußboden angebracht ist und wie die Gestalten der Tugenden in eine
|
|
tiefe Hohlkehle hineingezwängt sind, ist entschieden verfehlt. Daneben
|
|
erscheint der Aufbau des Innocenzgrabes als Wandgrab glücklicher; die
|
|
Wirkung desselben wird noch durch die außerordentlich individuelle
|
|
Kolossalfigur des sitzenden Papstes gehoben; aber nach einer inneren
|
|
Beziehung der allegorischen Gestalten zu dem Verstorbenen, nach der
|
|
künstlerischen Berechtigung der Darstellung desselben in zwei fast
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gleich großen Porträtgestalten wird man vergeblich suchen. Die Freude
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des Künstlers und seine Kraft liegt in der Durchbildung im Einzelnen: in
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der individuellen Gestaltung der Bildnisse, in der naturwahren Bildung
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der schlanken, jugendlichen Frauengestalten, in der Charakteristik der
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Stoffe und in der Durchbildung ihrer Falten, welche bis ins Kleinste
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hinein das treueste Naturstudium beweisen. In der Sauberkeit von Guß,
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Ciselierung und Politur, in der Zierlichkeit der Faltenbildung verrät
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sich der als Goldschmied großgewordene Künstler. Die gleichen
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Eigenschaften charakterisieren auch die wenigen erhaltenen kleineren
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Bildwerke: sein Relief und mehr noch seine gravierten Darstellungen an
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dem Silberaltar der Domopera zu Florenz (seit 1456), sein Thonmodell
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eines keck dreinschauenden Jünglings im Panzer, die kleine Bronzegruppe
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von Herkules und Kakus, die in ihrem Aufbau als Gruppe besonders
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gelungen ist, sowie ein Paar Bronzestatuetten nach der Antike, sämtlich
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im Bargello.
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In dem gleichen Streben, bei ähnlicher künstlerischer Ausbildung und
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ganz verwandter Veranlagung wie Pollajuolo, hat der wenige Jahre jüngere
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_Andrea del Verrocchio_ (1435 bis 1488) sein Talent in glücklicherer
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Weise entfaltet und einen viel bedeutenderen Einfluß auf seine
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Zeitgenossen und die spätere Entwickelung der italienischen Kunst
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gehabt. Schüler eines Goldschmieds, wie Pollajuolo, und wie dieser als
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Goldschmied von Luca della Robbia zu der Ciselierung von dessen
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Bronzethür im Dom herangezogen (1467), ist er auch als Maler ebensosehr
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thätig gewesen und hat in allen Zweigen der Kunst eine Vertiefung im
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Inhalt wie eine Vervollkommnung der Technik angestrebt und durchgeführt.
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Verrocchio war es gegeben, den geistigen Gehalt voll zu erfassen und ihn
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ganz in der Form zum Ausdruck zu bringen, die Form selbst aber mit
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möglichster Naturtreue wiederzugeben und künstlerisch, dem jedesmaligen
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Stoffe entsprechend, aufs Höchste durchzubilden. Dabei verstand er es,
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im Einzelnen zu verallgemeinern und im Individuellen zugleich Typen
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hinzustellen. In diesem Streben hat er in den verschiedensten
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Kunstgattungen Großes geschaffen; ein ganz besonderer Reiz dieser seiner
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Kunstwerke liegt aber in der Einfalt seiner Kunst, in dem Ernst seines
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Strebens, in dem mühseligen Ringen nach einem vollen und doch stets
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neuen Ausdruck seines künstlerischen Ideals.
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[Abbildung: Bronzegruppe von Verrocchio an Or San Michele in Florenz.]
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Verrocchio hatte das Glück, schon jung die Aufmerksamkeit der Mediceer
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auf sich zu lenken, die ihm bis zu seinem Tode die mannigfachsten
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Aufgaben stellten und ihn in den Stand setzten, sein Talent in der
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vielseitigsten Weise zu entfalten. Zwei der frühesten uns bekannten
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Arbeiten sind ein Paar große dekorative Bildwerke in der Sakristei von
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S. Lorenzo, ein Marmorbrunnen und das Bronzegrabmal des Piero und
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Giovanni de' Medici (vollendet 1472), beide in ihrer Art ganz
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eigenartig, vollendet im Aufbau und meisterhaft in der Dekoration. Von
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verschiedenen Büsten, die er damals und einige Jahre später von
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Mitgliedern der Mediceerfamilie ausführte, sind noch die beiden, wohl
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als Modelle für Bronzeguß entstandenen, Thonbüsten des Lorenzo und
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Giuliano als Jünglinge erhalten (bei Mr. Shaw in Boston und M. Dreyfuß
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in Paris); auch die aus dem Pal. Medici stammende Marmorbüste einer
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jungen Frau im Bargello stellt wahrscheinlich gleichfalls ein Mitglied
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der Familie dar. Diese Büsten sind neben ihrer meisterhaften Wiedergabe
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der Individualität sämtlich ausgezeichnet durch die große, stilvolle
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Auffassung, die den Charakter trefflich wiedergiebt und die
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Dargestellten zugleich als wahre Typen vornehmer Florentiner jener Zeit
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erscheinen läßt. Es ist nur eine Konsequenz dieser Richtung, daß
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Verrocchio auch schon Charakterköpfe bildet, wie das schöne
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Scipio-Relief der Rattier'schen Sammlung (jetzt im Louvre; ein ähnliches
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Kriegerrelief in Robbia-Nachbildung findet sich in der Berliner Sammlung
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No. 137A). Köstliche Bilder der Jugend sind die beiden Bronzen, die
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Verrocchio für Lorenzo ausführte, der berühmte David im Bargello (1476)
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und der als Fontaine gedachte Knabe mit dem Fisch, jetzt im Pal.
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Vecchio: dort ein Jüngling mit noch nicht voll entwickelten Formen, von
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graziösester Haltung und in dem holdseligen Lockenkopf mit einer kecken
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Mischung von stolzer Siegesfreude und mädchenhafter Schüchterheit; hier
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ein prächtiger nackter Bube im ausgelassenen Spiel. Für eine ähnliche
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Figur, einen posaunenblasenden Putto, war das Modell in der Sammlung
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Dreyfuß bestimmt. Verschiedene für die Medici gearbeitete
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Madonnenreliefs in Marmor (eines jetzt im Bargello, ein zweites,
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größeres bei Mr. Shaw in Boston) stehen mit diesen Arbeiten nicht ganz
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auf derselben Höhe, weil bei der Marmorausführung durch Schülerhände die
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Frische der Empfindung und die Feinheit der naturalistischen
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Durchbildung verloren ging, welche das große Thonmodell einer Madonna im
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Museum von Sa. Maria Nuova dagegen im vollsten Maße besitzt.
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In etwas späterer Zeit, gegen Ausgang der siebziger Jahre, traten fast
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gleichzeitig zwei neue Aufgaben gleichen Charakters an den Künstler
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heran: die Denkmäler für die 1477 im Wochenbett verstorbene Francesca
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Tornabuoni und für den Kardinal Niccolo Forteguerri ({~DAGGER~} 1473) in Pistoja,
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zu dem Verrocchio auf Lorenzo's Entscheidung 1477 den Auftrag erhielt.
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Beide Monumente sind unvollständig auf uns gekommen und gehen in ihrer
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Ausführung in Marmor auf Schüler zurück. Für das Tornabuoni-Monument
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lassen die Überreste: das friesartige, höchst dramatisch empfundene
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Relief mit dem Tode der Francesca im Bargello und die vier Statuetten
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der Tugenden im Besitz von M. E. André in Paris, eine sehr eigenartige
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Erfindung wenigstens vermuten; für das Forteguerri-Monument ist uns
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dieselbe in dem kleinen Modell im South Kensington Museum bezeugt.
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Verrocchio hat seine Aufgabe völlig neu erfaßt, indem er das Grabmal
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als große Wandtafel gestaltet, auf welcher er die Darstellung als
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einheitliche Komposition in ganz dramatischer und malerischer Weise
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ausbildet. Dem auf dem Sarkophag knieenden Kardinal naht sich die
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Gestalt des Glaubens und weist ihn nach oben, wo Christus segnend in
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einer von vier Engeln getragenen Mandorla thront; zu ihm blickt flehend
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die auf der anderen Seite des Kardinals heranschwebende Figur der
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Hoffnung, während die Liebe hinter ihm zum Erlöser aufschwebt.
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[Abbildung: Reitermonument des Colleoni von Verrocchio in Venedig.]
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Ebenso eigenartig, ebenso groß komponiert und tief und dramatisch
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empfunden ist die 1483 vollendete Bronzegruppe von Christus und Thomas
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an Or San Michele zu Florenz; die großartigste Gruppe der
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Frührenaissance durch den äußerst geschickten Aufbau, die Klarheit und
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Feinheit in der Wiedergabe der Handlung (man beachte die sprechende
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Bewegung der Hände!), den überwältigenden Ernst in der Auffassung und
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die vollendete Durchbildung. Als Verrocchio diese Gruppe in der
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Marmornische aufstellte, die einst Donatello gearbeitet hatte, war er
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schon zu einer ebenso großen Aufgabe, zur Anfertigung eines bronzenen
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Reiterdenkmals für Bartolommeo Colleoni in Venedig, berufen (1479). Dem
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Künstler war es nicht vorbehalten, dieses gewaltige Werk zu vollenden:
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er starb 1488 in Folge einer Erkältung beim Guß. Der Colleoni gilt heute
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als das großartigste Reitermonument aller Zeiten: er verdient diesen
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Ruhm in vollem Maße, da in keinem zweiten Monument Roß und Reiter so
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einheitlich komponiert und empfunden sind und wohl kaum zum zweiten Mal
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in einem Denkmal ein so gewaltiges Zeitbild gegeben ist, wie er es in
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der für das Quattrocento besonders bezeichnenden, ja den Charakter der
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Zeit vielfach bestimmenden Gestalt des Condottiere mit überraschender
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Wucht und Lebensfülle geschaffen hat.
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[Abbildung: 97A. Thonrelief der Grablegung von Verrocchio.]
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Die Größe und Meisterschaft Verrocchio's in der Erfindung und
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Komposition zeigen namentlich ein Paar kleinere Reliefs: die von
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Federigo von Urbino gestiftete Bronzetafel der Kreuzabnahme in der
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Carmine zu Venedig, sowie das nur als Stucknachbild (im South Kensington
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Museum) erhaltene Relief der »Eifersucht«.
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Unsere Berliner Sammlung besitzt keines der großen Meisterwerke
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Verrocchio's, wohl aber eine ganze Reihe von kleineren Arbeiten der
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verschiedensten Art, namentlich Modelle, welche für ihn besonders
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charakteristisch sind und die künstlerische Absicht in größter Frische
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zum Ausdruck bringen. Einzelne sind große Modelle, die als Vorlagen für
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die Ausführung durch Schüler entstanden; so zwei nackte liegende Putten,
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als Wappenhalter für ein Grabmal gedacht (No. 96 u. 97). Dasselbe gilt
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wohl auch von einem flachen Relief der Grablegung (No. 97A), eine
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besonders edel aufgefaßte, trefflich abgewogene und fein durchgebildete
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Komposition aus der späteren Zeit, über deren Bestimmung bisher nichts
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bekannt ist. Die mittelgroße Figur eines schlafenden Jünglings (No. 93)
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scheint, wie der lesende Alte im South Kensington Museum, als Aktstudie
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für eine größere Komposition entstanden zu sein. Sie ist als solche von
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besonders feiner Durchbildung und läßt sich nach der Verwandtschaft des
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schönen lockigen Kopfes mit dem David in die mittlere Zeit des Künstlers
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setzen. Auch für den David besitzt die Berliner Sammlung ein kleines
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flüchtiges Modell (No. 95). Ein größeres, feiner durchgeführtes und sehr
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edel aufgefaßtes Modell der knieenden Maria von Egypten (No. 94) und ein
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Paar im Pariser Besitz befindliche kleine Thonreliefs mit der in einer
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Cherubimglorie gen Himmel fahrenden Heiligen scheinen auf Studien zu
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einem uns unbekannten größeren Werke dieser Heiligen hinzuweisen.
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Ähnliche Modelle zu bekannten Werken besitzt der Louvre in zwei
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schwebenden Engeln (für das Forteguerri-Monument) und Baron Ad.
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Rothschild in Paris in zwei Statuetten für die lebensvolle Komposition
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der Enthauptung des Johannes am Silberaltar des florentiner Doms (1480).
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Unter den Porträts der Berliner Sammlung trägt die Thonbüste eines
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kraushaarigen Jünglings (No. 100) deutlich den Typus Verrocchio's;
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ebenso scheinen mir die fein empfundenen Reliefporträts in Marmor von
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Matthias Corvinus und seiner Gemahlin (No. 98 und 99) dem Künstler
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selbst anzugehören, wie auch die lebensvollen Hochreliefs des alten
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Cosimo (No. 104) und seines Enkels Giuliano (No. 104A) mit
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Wahrscheinlichkeit auf ihn zurückzuführen sind.
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Von einem anfangs ganz von Desiderio beeinflußten, später fast sklavisch
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sich an Verrocchio anschließenden florentiner Künstler, von _Francesco
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di Simone_ (1440-1493), der in Florenz und Bologna verschiedene
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Grabmonumente und dekorative Skulpturen hinterlassen hat, besitzt die
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Berliner Sammlung einen tüchtigen Kamin in pietra serena (No. 106). Auf
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_Lorenzo di Credi_ (1459-1537), der auch als Bildhauer mit Verrocchio
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thätig war, namentlich bei der Ausführung des Forteguerri-Monuments,
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scheint das Thonrelief der sitzenden Madonna in ganzer Figur (No. 104D)
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hinzuweisen, wenn ein Schluß aus dessen Gemälden auf Skulpturen, die wir
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sonst nicht von ihm kennen, erlaubt ist.
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Indem Verrocchio volle Beseelung der Form mit vollendeter
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naturalistischer Wiedergabe derselben zu verbinden strebt, führt er das
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Quattrocento zu seinem Abschluß. Es war eine Notwendigkeit, daß der
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Schöpfer der Hochrenaissance, daß _Leonardo_ auf seinen Schultern stand
|
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und aus seiner Werkstatt hervorging, in der er bis zu seinem 28. Jahre
|
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Mitarbeiter seines Lehrers gewesen war.
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[Abbildung: 93. Thonfigur eines schlafenden Jünglings von Verrocchio.]
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Unter den Künstlern, welche die Entstehung und Entwickelung der
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Renaissance mit am meisten beeinflußt haben, hätte der Sienese _Jacopo
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della Quercia_ (1371-1438) mit voran genannt werden müssen. Ohne
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Vorgänger und ohne eigentlichen Nachfolger steht der Künstler völlig
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eigenartig zwischen der Kunst des Trecento und der des Quattrocento,
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erscheint aber zugleich wie ein Vorläufer Michelangelo's, dem er auch in
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seiner einsamen Stellung unter den Künstlern Sienas verwandt ist. In
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seiner Dekoration noch vollständig gotisch, in der ausgeschwungenen
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Haltung seiner Figuren, in den weichen Falten der dicken Gewänder, in
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der oberflächlichen, wenig naturwahren Durchbildung der Formen noch
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abhängig von der Kunst des Trecento, ist Quercia durch seine großartige
|
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Auffassung, wie durch die eigentümliche Belebung seiner Gestalten völlig
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neu und ein echter Künstler der Renaissance. Seine Kompositionen sind
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groß aufgebaut, seine Körper sind gewaltig gebildet und von einem
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dämonischen Geist beseelt, der sie zu stürmischer Bethätigung drängt,
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welche nur mühsam zurückgehalten erscheint. Wie bei Michelangelo ist in
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Quercia's Bildwerken das Leben, ist die Handlung mehr im Körper als im
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Gesicht ausgedrückt. Da dem Künstler zu einer naturalistischen
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Durchbildung noch die Kenntnis abgeht, so stehen seine Einzelfiguren
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hinter seinen Reliefdarstellungen zurück, die meist in einem
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eigentümlich flachen, malerischen Stil gehalten sind.
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[Abbildung: 94. Thonmodell der Maria von Egypten von Verrocchio.]
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Quercia's Thätigkeit ist nicht auf seine Vaterstadt beschränkt; er war
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auch für Lucca hervorragend thätig und verbrachte den Schluß seines
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Lebens in Bologna, wo er den Schmuck des Hauptportals von S. Petronio
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arbeitete. Quercia's Jugendarbeiten sind nicht mehr erhalten, und selbst
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die früheste Arbeit, die auf uns gekommen ist, die 1409 begonnene
|
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Marmoreinfassung des Wasserbeckens auf dem großen Platz in Siena, ist
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nur noch in dürftigen Überresten (in der Domopera) vorhanden: lebhaft
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bewegte Statuen und Relieffiguren der Tugenden sowie die großartigen
|
|
Kompositionen der Schöpfung Adams und der Austreibung aus dem Paradiese.
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Während der Künstler an diesem umfangreichen Werke arbeitete, war er
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auch für Lucca beschäftigt: 1413 entstand das Grabmal der Ilaria del
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Caretto im Dom (die schöne Gestalt der jungen Toten auf einem Untersatz
|
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ruhend, welchen nackte Putten mit Kränzen schmücken); 1416 fertigte
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Quercia die Grabsteine des Ehepaares Trenta in S. Frediano, und für
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dieselbe Familie führte er hier den 1422 vollendeten Marmoraltar aus.
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Der manieriert gotische Charakter der Einzelfiguren dieses Altares
|
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sticht auffallend ab gegen die groß empfundenen, lebensvollen
|
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Darstellungen der Predella.
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Im Jahre 1416 hatte Quercia den Auftrag zum Entwurf des Taufbrunnens in
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S. Giovanni zu Siena erhalten, dessen Ausführung seiner Leitung
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unterstellt wurde. Neben der Johannesstatuette auf der Spitze und
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mehreren kleinen Prophetenfiguren in Relief ist eines der Bronzereliefs,
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die Ausweisung des Zacharias aus dem Tempel (vollendet 1430), von seiner
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Hand; unter allen Arbeiten am Taufbrunnen ist es allein dem daneben
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angebrachten Relief Donatello's in Klarheit und Lebendigkeit der
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Komposition und in Großartigkeit der Gestalten gewachsen.
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Noch vor Vollendung dieser Arbeit wurde Quercia nach Bologna gerufen, wo
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er zwischen 1425 und 1438 den reichen bildnerischen Schmuck des
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Hauptportals von S. Petronio ausführte: in der Lünette die großen
|
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Freifiguren der Heiligen Petronius und Ambrosius zur Seite der sitzenden
|
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Madonna; am Architrav und an der Einrahmung der Thür flache Reliefs aus
|
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dem Leben Christi und der Schöpfungsgeschichte; an den Laibungen und am
|
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Thürbogen in etwas höherem Relief die kleinen Halbfiguren der Propheten.
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Von allen Bildwerken des Künstlers sind diese wohl die vorzüglichsten
|
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und, mit Einschluß der Freifiguren, auch die am besten durchgebildeten
|
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Arbeiten. Alle Vorzüge Quercia's: Reichtum und Großartigkeit der
|
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Erfindung, großer und malerischer Aufbau, mächtige Gestalten und
|
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stürmische Bewegung sind hier in glücklichster Weise vereinigt. Neben
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diesen Arbeiten entstanden ein Paar andere Monumente in Bologna, von
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denen das eine in Bruchstücken im Museo civico, das zweite, ein
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Grabdenkmal des Rechtsgelehrten Antonio Galeazzo Bentivoglio, sich noch
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am Bestimmungsort, im Chorumgang von S. Giacomo Maggiore befindet. Die
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Statuetten an diesem Monument sind den Holzfiguren von Heiligen im Chor
|
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von S. Martino zu Siena nahe verwandt; das Flachrelief, welches den
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Professor auf dem Katheder vor seinen Zuhörern darstellt, ist wieder von
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großer Lebendigkeit und feiner malerischer Behandlung.
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[Abbildung: 153A. Weibliche Marmorbüste von Ant. Federighi.]
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Quercia's Richtung ist eine vom sienesischen Kunstcharakter im
|
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Allgemeinen wesentlich verschiedene. Der allmähliche Verfall der Stadt,
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die schon für Quercia selbst nicht ausreichende Beschäftigung darbot,
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verhinderte auch die Ausbildung einer seinen Bahnen folgenden Schule.
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Nur ein Künstler Sienas, _Antonio Federighi_ (um 1420-1490), obgleich
|
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schwerlich ein Schüler Quercia's, zeigt sich doch noch wesentlich
|
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beeinflußt von ihm und hat ein Stück seines großen Sinnes geerbt. Die
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reckenhaften Gestalten Quercia's sind bei Federighi zu kräftiger Fülle
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gemäßigt, seine stürmisch unruhige Bewegung zu kühner Haltung, der
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stumme, halb befangene, halb mürrische Ausdruck zu frischem kecken Sinn,
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die tiefen unruhigen Falten der dicken Gewänder zu rundem vollen
|
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Faltenwurf; dazu bringt der Künstler einen offenen Sinn und fleißige
|
|
Beobachtung der Natur und andererseits ein dem Quercia unbekanntes
|
|
Studium der Antike hinzu. Federighi genügt daher gerade in seinen
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|
Statuen und in seiner Dekoration am meisten: unter den drei tüchtigen
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Figuren von seiner Hand am Casino de' Nobili ist der hl. Ansanus (seit
|
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1456) die wirkungsvollste Statue der sienesischen Kunst; ebenso sind die
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nackten Statuetten an den beiden Weihwasserbecken im Dom durch ihre
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kräftige naturalistische Bildung als Arbeiten des Künstlers
|
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gekennzeichnet. Der dekorative Teil dieser und ähnlicher Arbeiten ist in
|
|
gleicher Weise durch die glückliche Verbindung antiker Motive mit feinem
|
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Naturstudium und energischer Behandlungsweise ausgezeichnet. Sein
|
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Anschluß an die Antike geht gelegentlich so weit, daß man bei der Wahl
|
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antiker Motive an antike Herkunft glauben konnte; so gelten der
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reichverzierte Sockel der Taufkapelle im Dom und eine Bacchusstatuette
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im Privatbesitz als römische Arbeiten. Die Reliefs am Taufbecken jener
|
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Kapelle, die dem Quercia zugeschrieben werden, stehen zwar unter dem
|
|
Einfluß der gleichen Kompositionen dieses Künstlers, zeigen aber
|
|
Federighi's geringeres Talent in der Erfindung und im Aufbau. Diese
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|
Eigenschaften kennzeichnen auch das Monument Bartoli im Dom.
|
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[Abbildung: 151. 152. Holzstatuen der Verkündigung von einem
|
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Quercia-Schüler.]
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Von Quercia's Hand hat die Berliner Sammlung noch kein eigenhändiges
|
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Werk aufzuweisen; doch kennzeichnen sich zwei (ursprünglich bemalte)
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Holzstatuen der Verkündigung von schöner Haltung und edlem Ausdruck
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(No. 151 und 152) als Arbeiten eines von Quercia beeinflußten, aber
|
|
schlichter empfindenden Künstlers. Eine ganz ähnliche, jedoch geringere
|
|
Verkündigungsgruppe in der Collegiata zu S. Gimignano ist nach der
|
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Inschrift darauf 1426 vom sienesischen Maler Martino di Bartolommeo
|
|
ausgeführt. Als ein Werk Federighi's läßt sich wohl mit Sicherheit die
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Marmorbüste einer jungen Frau bestimmen, welche sich früher im
|
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Privatbesitz in Siena befand (No. 153A). Die kecke Wendung des Kopfes,
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der energische, fast mürrische Ausdruck der individuellen Züge, und
|
|
andererseits der Anschluß an die Antike im Kostüm, in der Behandlung der
|
|
Haare, der Augensterne u. s. f. sind ebensoviele charakteristische
|
|
Merkmale für die Urheberschaft des Federighi. Auch das Reliefporträt
|
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eines schielenden Mannes (No. 153), derber noch behandelt wie jene als
|
|
sienesische Porträtbüste fast alleinstehende Arbeit, ist nach dem
|
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ähnlichen Charakter mit Wahrscheinlichkeit dem Federighi zuzuschreiben.
|
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Unter den Bildhauern Sienas ist nur _Giovanni di Stefano_ dem Federighi
|
|
noch teilweise verwandt und wohl unter seinem Einfluß groß geworden. Das
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|
altarartige Tabernakel in S. Domenico (1466) zeigt die kräftige Art der
|
|
Dekoration und die frischen Engelsgestalten wie in Federighi's Werken;
|
|
seine Marmorstatue des hl. Ansanus mit dem Krüppel zur Seite, in der
|
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Johanneskapelle des Doms (vor 1487), hat noch die kräftigen Formen und
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die vollen Falten wie die Figuren jenes Künstlers, wenn ihr auch die
|
|
energische Auffassung und kecke Haltung derselben fehlen. In seinen
|
|
spätesten Arbeiten, den leuchterhaltenden Bronzeengeln neben
|
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Vecchietta's Tabernakel im Dom (seit 1489), schließt sich der Künstler
|
|
dagegen in den schlanken Verhältnissen, den schönen Köpfen und
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zierlichen Falten mehr dem Vorbild Vecchietta's an. -- Ein Zeitgenosse
|
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Federighi's, der neben ihm in Siena arbeitet, _Urbano da Cortona_, ist
|
|
ein geringer, nüchterner Geselle, obgleich er unter Donatello in Padua
|
|
gearbeitet hatte. (Reliefs im Dom und in der Loggia de' Nobili.)
|
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[Abbildung: 154. Marmorrelief der Madonna von einem unbekannten
|
|
Sienesen.]
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_Lorenzo Vecchietta_ (um 1412-1480) ist auch in seiner bildnerischen
|
|
Thätigkeit recht eigentlich der Vertreter der sienesischen Kunst des
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|
vorgeschrittenen Quattrocento im Großen und Ganzen. Zu großen Aufgaben
|
|
nicht berufen und gezwungen, in den verschiedensten Kunstfächern sich zu
|
|
versuchen, sind die Künstler Sienas im kleinen Kreise und im Kleinen
|
|
thätig, und erscheinen daher auch klein im Charakter ihrer Kunst. Sind
|
|
schon die Arbeiten des Goldschmieds _Turino di Sano_ und seiner Söhne,
|
|
namentlich des talentvollen _Giovanni di Turino_ ({~DAGGER~} um 1454), welche
|
|
einen wesentlichen Anteil an der Ausführung von Quercia's Taufbrunnen
|
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nahmen, neben Quercia's und Donatello's Reliefs nüchtern und kleinlich,
|
|
so hat auch Vecchietta nichts von der großen Auffassung, von der reich
|
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gestaltenden Phantasie dieser Künstler; sein Streben geht vielmehr, wie
|
|
in seinen Bildern so in seinen Skulpturen, auf treue und oft ängstliche
|
|
Wiedergabe der Natur in allen Details, auf sauberste Durchbildung, auf
|
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Lieblichkeit der Erscheinung und Innigkeit des Ausdrucks. Galt es eine
|
|
Einzelgestalt von großem Charakter, eine Komposition von dramatischem
|
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Inhalt, so erscheint der Künstler regelmäßig ungenügend und schwächlich;
|
|
wo aber die Aufgabe seiner Begabung entgegenkam, wo es galt, einen
|
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Engelskopf oder eine jugendliche Frauengestalt zu schaffen, oder Scenen
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frommer Andacht zu schildern, wo Fleiß und Ausdauer zum Erfolge
|
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notwendig waren, wie bei der Bronzearbeit, da hat der Künstler Tüchtiges
|
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und Reizvolles geleistet. Vecchietta's Statuen des Paulus (1458) und
|
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Petrus (1460) an der Loggia de' Nobili erscheinen daher neben
|
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Federighi's energischen Gestalten schwächlich und charakterlos; die
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|
Bronzestatue Christi auf dem Altar der Spitalkirche und das Marmorrelief
|
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mit dem Hieronymus am Eingang der Libreria wirken kleinlich durch die
|
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übertriebene Betonung der Details. In der bronzenen Grabfigur des
|
|
Marino Soccino (jetzt im Bargello zu Florenz) und namentlich in dem
|
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1465-1472 ausgeführten Bronzetabernakel auf dem Hochaltar des Doms zu
|
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Siena kommen dagegen seine guten Eigenschaften voll zur Geltung: die
|
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Schönheit und der Liebreiz seiner jugendlichen Gestalten, der Geschmack
|
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im Aufbau und in der Dekoration, das tüchtige Naturstudium und die
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Meisterschaft der Durchführung und der Technik in Guß, Ciselierung und
|
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Patinierung.
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Dem Vecchietta sind eine Reihe jüngerer Künstler, die gleichfalls meist
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auch als Maler thätig waren, nahe verwandt. So _Francesco di Giorgio_
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(1439-1502), dessen tüchtigste Arbeiten verschiedene der Bronzeengel
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neben Vecchietta's Tabernakel sind (1497), holdselige Gestalten von
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schöner Bewegung und ganz malerisch behandelter Gewandung. Auch
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_Neroccio di Bartolommeo_ (1447-1500), in seiner Katharinenstatue der
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Taufkapelle des Domes (1487) dem Federighi und Gio. di Stefano noch
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nahe, erscheint regelmäßig nüchtern und selbst schwächlich in seinen
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Gestalten, und in dem Piccolomini-Grabmal im Dom ist er abhängig von
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Federighi's Monument Bartoli. Ähnliches gilt von _Giacomo Cozzarelli_
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(1453-1515), dessen nicht seltene kleinere Thonfiguren von Heiligen in
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Sto. Spirito, Sa. Caterina u. s. f. von weichen gefälligen Formen und
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lieblichem Ausdruck sind. Die bildnerische Kunst Sienas, das inzwischen
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seine politische Selbständigkeit schon an Florenz verloren hatte,
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erschöpfte sich in solchen vereinzelten kleinen Bildwerken, denen Kraft
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und Eigenartigkeit der Auffassung, wie Frische der Naturanschauung
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abgehen. Zu neuem Leben hat sich seitdem die Plastik in Siena nicht
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wieder erhoben.
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* * * * *
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Der außerordentliche Aufschwung der Kunst in Toskana weckte schon früh
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in allen Teilen Italiens das Bedürfnis nach toskanischen Kunstwerken.
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Wir sahen, wie eine Reihe von Florentiner Bildhauern, darunter auch die
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tüchtigsten, auf kürzere oder längere Zeit zu den verschiedensten
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Aufgaben nach dem Norden wie nach dem Süden Italiens berufen wurden;
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neben den Monumenten, die sie dort schufen, haben sie fast überall den
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Keim zu einer eigenen lokalen Kunstentwickelung in den Bahnen der
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Renaissance gelegt, in der sich der Einfluß der florentiner Kunst in
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verschiedener Weise und mehr oder weniger nachhaltig geltend macht.
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Donatello's Thätigkeit für Neapel und sein Aufenthalt in Rom waren zu
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kurz und fanden den Boden noch zu wenig vorbereitet; Künstler wie
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Filarete, der die Petersthüren goß, wie Rosso oder Piero di Niccolo, die
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schon in den zwanziger Jahren in Verona und Venedig beschäftigt wurden,
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waren zu unbedeutend, um hier eine nachhaltige Wirkung ausüben zu
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können. Dies geschah erst durch den zehnjährigen Aufenthalt Donatello's
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in Padua, der für die Entwickelung der Plastik in ganz Oberitalien
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bestimmend wurde und dadurch (bei dem Wandertrieb der lombardischen
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Bildhauer) auch auf die mittel- und süditalienische Kunst nicht ohne
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Einfluß blieb. Seine damalige Richtung, seine Art der Thätigkeit hier
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wurden grundlegend für seine Nachfolger. Die Aufgaben, die ihm in Padua
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gestellt wurden, waren umfangreiche und schwierige Bronzearbeiten; sie
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erforderten Künstler, die nach den Skizzen des Meisters die Modelle in
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Thon herstellten, erforderten andere Künstler zum Guß und zur
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Ciselierung. Donatello hatte dafür verschiedene junge Bildhauer, die uns
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namhaft gemacht werden, aus Toskana mit sich gebracht, zog aber bei dem
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Umfang und der langen Dauer seiner Arbeiten auch Künstler aus Padua und
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der Nachbarschaft zu seiner Beihülfe heran. So bildete er hier in den
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zehn Jahren seiner Anwesenheit eine so große Werkstatt aus, wie sie bis
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dahin in Italien, selbst in Florenz kein Künstler gehabt hatte; eine
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Werkstatt, welche nach Donatello's Rückkehr nach Florenz umfangreich und
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selbständig genug war, um Padua selbst als Mittelpunkt bildnerischer
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Thätigkeit für Oberitalien zu erhalten, und um von hier aus nach den
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verschiedensten Seiten, namentlich über Oberitalien, durch die in dieser
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Werkstatt gebildeten Künstler die Kunstrichtung Donatello's zu
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verbreiten und der Renaissance dadurch dauernden Eingang zu verschaffen.
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Daß dieses so rasch und gründlich geschah, dafür gebührt freilich das
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Hauptverdienst nicht einem Bildhauer, sondern dem Maler Andrea Mantegna,
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dessen Lehrzeit bei dem untergeordneten Squarcione und dessen erste
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Thätigkeit in Padua gerade zusammenfällt mit der Zeit von Donatello's
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Aufenthalt daselbst.
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Der Paduaner Bildnerschule ist der Charakter der späteren Werke
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Donatello's auf's schärfste aufgeprägt. Die einseitige Richtung auf das
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Charakteristische und Natürliche, die struktive Bildung der Gestalten
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ohne Rücksicht auf gefällige Erscheinung, ja selbst mit Vernachlässigung
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derselben, die eng anliegende Gewandung, in welcher der Körper möglichst
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stark zur Geltung kommt, und die malerische Behandlungsweise der kleinen
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knitterigen Falten, die Vorliebe für die Ausführung in Bronze und die
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dadurch bedingte Modellierung in Thon sind die hervorstechenden
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Eigenschaften, welche den Paduaner Skulpturen des späteren Quattrocento
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und teilweise der gesamten oberitalienischen Plastik eigentümlich sind.
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Freilich, die Unmittelbarkeit der Naturanschauung und die dramatische
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Gestaltung konnten diese Künstler dem großen Meister nicht absehen; die
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Gefahr, die künstlerische Formensprache desselben zu übertreiben und zu
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veräußerlichen, sie zur Karikatur zu machen, lag daher bei diesen
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Nachfolgern Donatello's besonders nahe, und dieser Gefahr haben
|
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keineswegs alle die Kraft eigener künstlerischer Empfindungsart mit
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Erfolg entgegensetzen können.
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Unter Donatello's Gehülfen am Hochaltar für den Santo war der tüchtigste
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_Giovanni da Pisa_. Von ihm ist der Altar in der von Mantegna und
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anderen Schülern Squarcione's ausgemalten Kapelle der Eremitani
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erhalten: die Madonna thronend zwischen sechs Heiligen, in der Predella
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die Anbetung der Könige, im Fries und Aufsatz spielende Putten; in Thon
|
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im Relief gebildet, trotz des dicken modernen Anstrichs noch jetzt von
|
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großem Reiz durch die Lebendigkeit der Komposition, die Frische und
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Natürlichkeit der Gestalten.
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[Abbildung: 163. Portallünette von Bellano (?).]
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Ein jüngerer Schüler, der von Donatello auch in Florenz (und Perugia)
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beschäftigte Paduaner _Bartolommeo Bellano_ (um 1430-1498), von Haus aus
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weniger begabt, zeigt sich gelegentlich schon sehr manieriert. In dem
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großen Marmorgrab des A. Rouzelli ({~DAGGER~} 1466) im Santo folgt er mit
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geringem architektonischen Sinn dem Vorbild des Marzuppini-Monuments.
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Die gleichen Schwächen im Aufbau hat der Wandaltar in der Sakristei,
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während hier das große Flachrelief in der Lünette mit der Darstellung
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des Wunders vom gläubigen Esel eine lebendige freie Nachbildung der
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gleichen Darstellung Donatello's am Hochaltar ist. Wie wenig das Talent
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des Künstlers sonst für große dramatisch bewegte Kompositionen
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ausreicht, beweisen die Bronzereliefs an den Chorschranken des Santo
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(1484-1488) mit zahllosen ungeschickt gehäuften puppenartigen Figuren
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von schlechten Verhältnissen und in verfehltem Hochrelief. In die letzte
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Zeit seiner Thätigkeit fallen ein Paar große Grabmonumente, beide aus
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umfangreichen Bronzetafeln zusammengesetzt: das des Paolo und Angelo de
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Castro in den Servi (1492), und das des Pietro Roccabonella in
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S. Francesco, über dessen Vollendung der Künstler hinstarb. Ersteres ist
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lebendig in den beiden Reliefporträts, aber unglücklich im Aufbau und in
|
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den Verhältnissen; letzteres lehnt sich in den beiden ganz bildartigen
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Tafeln an venezianische Gemälde eines Bellini an; in den tüchtigen
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Einzelfiguren ist es noch unter dem Einfluß von Donatello's Statuen am
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Hochaltar.
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[Abbildung: Bronzestücke von Riccio, Bellano u. A.]
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Von der Madonna am Grabmal de Castro, die sich als genreartige
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Umgestaltung von Donatello'schen Madonnenkompositionen seiner Paduaner
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Zeit charakterisiert, besitzt die Berliner Sammlung das Thonmodell (No.
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156A). Ein zweites Thonrelief der Madonna steht dem Donatello noch
|
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besonders nahe (No. 156B). Von einer anderen größeren Madonnenkomposition
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mit anmutigem genrehaften Charakter befindet sich in der Sammlung ein
|
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alter Thonabdruck nach dem Marmororiginal in italienischem Privatbesitz
|
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(bezeichnet und datiert 1461, No. 155A). Ein Paar ähnliche Madonnen des
|
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Künstlers findet man in den Eremitani zu Padua, wo auch im Privatbesitz
|
|
verschiedene größere Darstellungen der Beweinung Christi in bemaltem
|
|
Thon erhalten sind, herbe, aber ausdrucksvolle Kompositionen. In Venedig
|
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gehört dem Künstler augenscheinlich das dort besonders energisch
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erscheinende Evangelistenrelief rechts vom Hauptportal von S. Zaccaria;
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auch die Reliefs an den Chorschranken in den Frari verraten deutlich
|
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seinen Charakter.
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Dem Bellano ist _Giovanni Minello_ nahe verwandt, dem urkundlich ein
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Paar Thonstatuen im Museo civico zu Padua angehören, nach deren
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Verwandtschaft wohl auch die reichen, in ihrer alten Bemalung noch sehr
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wirkungsvollen Wandaltäre an der inneren Eingangswand der Eremitani dem
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Minello zuzuschreiben sind; Arbeiten aus dem letzten Viertel des
|
|
Quattrocento, deren Einzelfiguren voller und schöner erscheinen als die
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Bellano's und deren reiche Ornamente schon den feinen Naturalismus und
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die zierliche Bildung der gleichzeitigen venezianischen Monumente
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zeigen. In besonders reicher, phantastischer Ausbildung kehrt dieselbe
|
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Ornamentik an der berühmten von Minello begonnenen Marmorkapelle des
|
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Santo wieder.
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[Abbildung: Bronzestatuetten von Bellano, Sansovino (?) u. A.]
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Diese Abschwächung Donatello'scher Traditionen durch den schlichten, auf
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das Malerische gerichteten Naturalismus, wie er sich in Venedig in den
|
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letzten Jahrzehnten des Quattrocento ausbildete, und durch einen engeren
|
|
Anschluß an die Antike, namentlich in der Gewandung und in den Motiven,
|
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tritt noch stärker bei dem jüngsten Künstler dieser Richtung hervor, bei
|
|
_Andrea Briosco_ gen. _Riccio_ (der »Krauskopf«, 1470-1532). In ihm
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erreicht die Paduaner Gießhütte ihre höchste und mannigfaltigste
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Entwickelung. Riccio ist auch im Großen thätig gewesen. In S. Canziano
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zu Padua befindet sich eine Pieta aus bemaltem Thon nebst verschiedenen
|
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Statuetten, zu denen ursprünglich auch die edel empfundenen Halbfiguren
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von Maria und Magdalena im Museo civico gehörten (1530). Der Dom von
|
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Treviso besitzt von ihm die anmutige Marmorstatue eines hl. Sebastian
|
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(1516). Das Wandgrab des Ant. Trombetta an der Eingangswand im Santo zu
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Padua zeigt in einer Einrahmung von zierlichem Steinmosaik die
|
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individuelle und meisterhaft durchgearbeitete Bronzebüste des
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Verstorbenen (1522). Als freistehender Sarkophag mit zierlichen
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Ornamenten ist das Grabmal Torriani in S. Fermo zu Verona gestaltet,
|
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dessen Bronzen jetzt im Louvre sich befinden. In beiden Monumenten
|
|
verrät sich im Aufbau wie in der Dekoration der Kleinkünstler, der für
|
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die Prachtmöbel der Kirchen wie der Paläste zu modellieren gewohnt war.
|
|
In der That liegt die Begabung und Bedeutung des Künstlers recht
|
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eigentlich nach dieser Seite, und bei dem rasch wachsenden Wohlstand in
|
|
Venedig konnte sein Talent die reichste Bethätigung nach dieser Richtung
|
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finden. Kleinere Kirchenmöbel wie Einrichtungsgegenstände des Hauses,
|
|
soweit sie für Bronzeausführung geeignet waren, sind in größter
|
|
Mannigfaltigkeit und reicher Zahl aus seiner Werkstatt hervorgegangen
|
|
und finden sich heute noch vereinzelt in den Kirchen und Sammlungen von
|
|
Padua (vor Allen der berühmte große Kandelaber im Santo, ausgeführt
|
|
zwischen 1507 und 1516) und Venedig, namentlich aber in den Sammlungen
|
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des Auslandes. Kleine Altäre und Tabernakel, Kandelaber, Leuchter,
|
|
Lampen und Vasen, Mörser und Glocken, Kästchen und Tintefässer,
|
|
Kußtafeln für die Hausandacht, Hutagraffen, Schwertgriffe und ähnliche
|
|
Gegenstände sind noch jetzt in großer Zahl erhalten, teils vollständig,
|
|
teils in ihren einzelnen Täfelchen (Plaketten, vergl. S. 123). Frisch
|
|
und phantasievoll in der Erfindung, zeigen sie den feinsten Geschmack in
|
|
der Ausführung: zweckentsprechend und zierlich in der Form, elegant in
|
|
der Dekoration sind sie in ihrem figürlichen Schmuck, namentlich den
|
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kleinen Reliefs, die mit großer Vorliebe daran angebracht sind, auf der
|
|
Höhe der großen Plastik, ja derselben in mancher Beziehung überlegen. In
|
|
der Unterordnung unter die Zwecke des Möbels, in der Wahl des
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Reliefstils, in der Einordnung in den Raum sind diese Darstellungen
|
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ihrer Mehrzahl nach ebenso ausgezeichnet, wie in der klaren Komposition,
|
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in der lebendigen Erzählung, in der Meisterschaft der Durchführung und
|
|
in einer im Kleinen wahrhaft großen Auffassung. Ähnliche Vorzüge haben
|
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auch die Statuetten und kleinen Gruppen des Künstlers, die gleichfalls
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in größerer Zahl erhalten sind.
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[Abbildung: Plaketten von Riccio, Ulocrino, Moderno, Caradosso (?) u. A.]
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Der Anklang, den Riccio's Arbeiten fanden, führte eine Reihe anderer
|
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Künstler, namentlich Goldschmiede und Medailleure, zur Nachfolge.
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Zumeist waren auch sie in Padua thätig oder doch hier ausgebildet; ihre
|
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zahlreichen Arbeiten sind leider der Mehrzahl nach namenlos oder mit
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Beinamen und Monogrammen versehen, deren Entzifferung noch unsicher ist.
|
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Hier seien nur einige der tüchtigsten namhaft gemacht. Stolz auf seine
|
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Nachbildungen der Antike zeichnet der Eine sich _Antico_ (Pier Jacopo
|
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Alari-Bonacolsi, 1460-1528); ein Anderer, Riccio nahe verwandt, giebt
|
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sich im Bewußtsein seiner künstlerischen Selbständigkeit den Beinamen
|
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_Moderno_; ein Dritter prunkt mit seiner Kenntnis der alten Sprachen in
|
|
dem Pseudonym _Ulocrino_ (»Krauskopf«, also gleichbedeutend mit »Riccio«,
|
|
der sich vielleicht hinter jenem Beinamen versteckt). Ein Künstler, den
|
|
man (wohl irrtümlich) für den am päpstlichen Hofe viel beschäftigten
|
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Mailänder _Caradosso_ hält, ist durch kräftige Bildung seiner Gestalten
|
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und dramatische Auffassung ausgezeichnet; der Jo. F. F. zeichnende
|
|
Künstler, in dem man bisher (wohl mit Unrecht) den Florentiner
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Steinschneider _Giovanni delle Corneole_ vermutet hat, ist schlanker und
|
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gefälliger in seinen Figuren, aber ein ebenso geschickter, echt Paduaner
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Komponist und Erzähler. In dem Vicentiner Steinschneider _Valerio
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Belli_, dessen überschlanke antikisierende Figuren und dessen nüchterne
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Kompositionen schon den vollen Charakter der Hochrenaissance haben,
|
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erreicht diese reizvolle Gattung der italienischen Kleinkunst ihren
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|
Abschluß. In ähnlicher Richtung bewegt sich die Kunst des
|
|
Medaillengusses, die gleichzeitig und zum Teil von denselben Künstlern
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|
ausgeübt wird und als eine der stilvollsten Bethätigungen der
|
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Porträtdarstellung in der italienischen Kunst sich darstellt.
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[Abbildung: Plaketten von Riccio, Ulocrino, Moderno, u. A.]
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Wie das Berliner Museum im Münz- und Medaillenkabinet eine besonders
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reiche und vollständige Sammlung der italienischen Medaillen von Vittor
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Pisano bis auf die beiden Leoni besitzt, so hat die italienische
|
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Abteilung der christlichen Plastik auch die reichhaltigste Sammlung von
|
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Plaketten aufzuweisen, von denen einige besonders charakteristische
|
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Stücke der tüchtigsten Meister nebenstehend in Abbildung wiedergegeben
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sind. Einige vollständige Tintefässer, Lampen, Kußtafeln u. s. f.
|
|
erläutern die Art der Verwendung dieser kleinen Bronzetafeln. Auch von
|
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kleinen Bronzestatuetten und Gruppen besitzt das Museum eine
|
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reichhaltige wertvolle Sammlung, zu welcher der Grund erst kürzlich
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durch den Ankauf der Falcke'schen Sammlung aus London gelegt wurde. Es
|
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sind darin _Riccio_ (besonders zahlreich), _Bellano_, _Bertoldo_ und
|
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unter den jüngeren _Cellini_ und _Gio. di Bologna_ gut vertreten sind
|
|
(vergl. die Abbildungen auf S. 123 und 125).
|
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* * * * *
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Die Künstler der Padua benachbarten Städte erscheinen in unmittelbarster
|
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Weise von Padua aus beeinflußt. In Mantua ist das geschmackvolle
|
|
Grabdenkmal des Andrea Mantegna in S. Andrea, mit der edlen Bronzebüste
|
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vor einer Porphyrplatte, wahrscheinlich ein Werk des _Gianmarco Cavalli_
|
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(geb. um 1450). Von dem als Gegenstück entstandenen Denkmal, dem
|
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Monument des Karmelitergenerals und Dichters G. Spagnoli, besitzt die
|
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Berliner Sammlung die ausdrucksvolle Bronzebüste (No. 160D), eine
|
|
treffliche Arbeit von herber Individualität. Als Modell für ein anderes
|
|
Denkmal desselben Mannes entstand gleichzeitig, vielleicht von der Hand
|
|
desselben Künstlers, die große Halbfigur in Holz in der Bibliothek zu
|
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Mantua. Die Berliner Sammlung besitzt noch eine zweite große Bronzebüste
|
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eines berühmten Mantuaners (No. 140), den Markgrafen Lodovico III.
|
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Gonzaga als bejahrten Greis; nach der außerordentlich fleißigen und
|
|
vollendeten Durchführung, der künstlichen grünen Patina und den in
|
|
Silber eingesetzten Augen wohl die Arbeit eines Goldschmieds vom Ende
|
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des Quattrocento.
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[Abbildung: Plaketten von Riccio, Meister IO. F., V. Belli u. A.]
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In Ferrara sind die wenigen erhaltenen plastischen Arbeiten dieser Zeit
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von ausgesprochen Paduanischem Charakter. Als Altarschmuck des Domes
|
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entstand das Krucifix zwischen den Figuren der Maria und des Johannes,
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|
mit den Heiligen Mauritius und Georg zur Seite (1453-1466),
|
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überlebensgroße Bronzefiguren, welche die beiden Florentiner
|
|
_Baroncelli_, Vater und Sohn, angefangen hatten und die der Paduaner
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Donatello-Schüler _Domenico di Paris_ vollendete: ernste und tüchtige
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Gestalten, nach dem Vorbilde der Donatello'schen Figuren auf dem
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Hochaltar des Santo, aber etwas starr und im Charakter getriebener
|
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Arbeiten. Breiter und freier behandelt sind (neben kleineren Arbeiten
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des Künstlers, die in Ferrara zerstreut sind) Domenico's
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|
Stuckdekorationen eines Saales im Palazzo Schiffanoja, die Gestalten der
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Tugenden und Putten, die in ihren mageren, schlanken Körpern, ihren
|
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kleinen Köpfen, den herben Zügen, den unruhigen Falten der am Körper
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anklatschenden Gewänder die Abkunft von Donatello deutlich verraten und
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die engste Verwandtschaft mit den ferraresischen Gemälden zeigen. Eine
|
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sehr bezeichnende Arbeit dieser Art in der Berliner Sammlung ist die
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|
fein empfundene Maria in Anbetung des schlafenden Kindes (No. 155),
|
|
welche sich in dem großen Altarbilde von Cosma Tura in unserer Galerie
|
|
fast treu wiederholt findet.
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[Abbildung: 160D. Bronzebüste des G. Spagnoli von Gianmarco Cavalli (?).]
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|
Auch nach Bologna erstreckt sich noch der Einfluß der Paduaner Kunst.
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|
Quercia's langjährige Thätigkeit hatte hier keine unmittelbare Nachfolge
|
|
gefunden; das Grabmal Fava ({~DAGGER~} 1439) im Chorumgang von S. Giacomo
|
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Maggiore ist nur eine geistlose Nachahmung von Quercia's Grabmal
|
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Bentivoglio, wohl von der Hand eines seiner Gesellen. Erst zwanzig Jahre
|
|
nach Quercia's Tode tritt wieder ein Künstler von ausgesprochener
|
|
Eigenart in Bologna auf, einer der tüchtigsten und originellsten
|
|
Bildhauer des Quattrocento, der Süditaliener _Niccolo dell' Arca_
|
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({~DAGGER~} 1494). Das erste datierte Werk, das Monument mit dem bemalten
|
|
Reiterrelief des Annibale Bentivoglio in S. Giacomo Maggiore (vom Jahre
|
|
1458), ist noch ziemlich nüchtern und unbedeutend. Erst der Aufsatz auf
|
|
der Arca des hl. Dominicus in S. Domenico, an dem der Künstler seit 1469
|
|
arbeitete, gab Niccolo Gelegenheit, seine Eigenart voll auszubilden und
|
|
aufs Vorteilhafteste zur Geltung zu bringen. Phantastisch in Marmor
|
|
aufgebaut, mit reichem Pflanzenschmuck von vollendet naturalistischer,
|
|
zierlichster Durchbildung, ist dieses Denkmal auch in seinen Statuetten
|
|
von Heiligen und Propheten, die ringsum angebracht sind, von so frischem
|
|
Naturalismus, die Figuren sind so keck und frei in Haltung und Ausdruck,
|
|
so malerisch in dem reichen Zeitkostüm mit den vollen Falten, daß hier
|
|
das Vorbild Quercia's unverkennbar ist. Der köstliche lockige Engel
|
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links zur Seite des Marmorschreins ist lange als ein Meisterwerk
|
|
Michelangelo's bewundert worden, dessen eigene Arbeit unbeachtet diesem
|
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Engel gegenüber stand.
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Ein zwischen der Arbeit an diesem umfangreichen Werk ausgeführtes großes
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Madonnenrelief aus Thon an der Fassade des Palazzo Apostolico (1478) ist
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|
in der überreichen, ganz an Quercia gemahnenden Gewandung nicht von
|
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gleichem Reiz wie der in ganz eigener Weise in Bronze und Marmor
|
|
gearbeitete Grabstein Garganelli ({~DAGGER~} 1478) im Museo Civico zu Bologna.
|
|
Ein aus Bologna stammendes Thonrelief der Madonna, die von Cherubim
|
|
hochgetragen wird, Kolossalfiguren in Thon mit alter Bemalung im Besitze
|
|
der Berliner Sammlung (No. 191A), ist zwar nicht auf Niccolo selbst
|
|
zurückzuführen, zeigt aber in ihrer schlichten Naturbeobachtung,
|
|
namentlich im Kind, Verwandtschaft mit den frühesten Werken dieses
|
|
Künstlers.
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Mit Niccolo tritt in Bologna ein Mantuaner Meister um die siebziger
|
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Jahre in die Schranken, _Sperandio_ (um 1425-1500), über dessen groß
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|
empfundenen und breit und derb behandelten Medaillen seine selteneren,
|
|
meist in Thon ausgeführten großen Bildwerke bisher vergessen waren. Von
|
|
seiner Hand ist der Unterbau des Grabmals Papst Alexanders V. in San
|
|
Francesco, die Flachreliefs mit den Gestalten der Tugenden und die
|
|
Statuetten der Madonna zwischen zwei Heiligen über der Grabfigur
|
|
(vollendet 1482); flüchtige Arbeiten, die in den mageren Figuren und den
|
|
knitterigen Falten ihre Herkunft aus der Paduaner Werkstatt Donatello's
|
|
nicht verleugnen. Ebenso stark, aber in vorteilhafterer Weise verrät
|
|
sich dieser Einfluß auch in dem reich dekorierten Portal der Chiesa la
|
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Santa, mit kräftigen Puttengestalten zwischen ganz Donatello'schen
|
|
Ornamenten. Am günstigsten erscheint Sperandio in der Porträtdarstellung;
|
|
wie in den kleinen Reliefporträts seiner Medaillen, so auch in den
|
|
großen Thonbüsten vornehmer und gelehrter Bolognesen, die sich noch
|
|
vereinzelt im Privatbesitz erhalten haben; Arbeiten von einfacher, aber
|
|
überraschend lebensvoller Auffassung und breiter, derber Wiedergabe der
|
|
Persönlichkeit.
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[Abbildung: 191A. Madonna in bemaltem Thon von einem Bologneser
|
|
Meister um 1460.]
|
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In der jüngeren Generation der Bologneser Bildhauer, unter denen
|
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_Vincenzo Onofri_ der namhafteste ist, schwächt sich die Frische und
|
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Kraft des Naturalismus eines Niccolo dell' Arca und Sperandio mehr und
|
|
mehr zu einer mehr schüchternen, zuweilen selbst schwächlichen
|
|
Auffassung und sauberer und zierlicher Behandlungsweise ab. Ihre
|
|
Arbeiten sind den Werken der gleichzeitigen Maler: der Costa, Aspertini,
|
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Francia u. s. f. aufs engste verwandt. Das Grabmal Nacci in S. Petronio,
|
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ein Jugendwerk des Onofri, die Büste des Beroaldus in S. Martino
|
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Maggiore (1504) und der farbige Altar mit dem Relief der Madonna
|
|
zwischen Heiligen und Engeln in den Servi (1503), beide gleichfalls von
|
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Onofri, ein Professorengrab im Kreuzgang von S. Martino Maggiore (1503)
|
|
und ein dem _Francesco Francia_ zugeschriebenes Marmorporträt des Giov.
|
|
Bentivoglio II. in S. Giacomo Maggiore, in flachem Relief ausgeführt
|
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(1497), sind charakteristische und gute Arbeiten dieser Richtung, aus
|
|
der auch das Berliner Museum ein Hauptwerk besitzt (No. 191): die in
|
|
ihrer feinen Bemalung erhaltene Büste eines vornehmen Bolognesen. Sie
|
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gilt von Alters her als Arbeit des Fr. Francia, dessen gemalten
|
|
Bildnissen sie in der That nahe verwandt ist.
|
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In dem Kirchlein Sa. Maria della Vita zu Bologna ist eine große Gruppe
|
|
der Beweinung Christi versteckt, als deren Urheber erst neuerdings
|
|
_Niccolo dell' Arca_ erkannt worden ist. Obgleich am falschen Platze und
|
|
in schlechter Beleuchtung, entstellt durch dicken braunen Anstrich und
|
|
schlechte Restaurationen, namentlich der Hände, ist diese Gruppe doch
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noch von überraschender, freilich teilweise entschieden abschreckender
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Wirkung. In verzweifeltem Schmerz umstehen die Verwandten den Leichnam
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des Herrn, die Frauen laut schreiend und in Verzweiflung sich über den
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Leichnam werfend oder ohnmächtig daneben zusammensinkend. Die zufällige
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Zusammenstellung dieser großen Freifiguren zu einer Gruppe, die volle
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naturalistische Durchbildung derselben, welche soweit geht, daß die
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meisten Figuren sogar im Zeitkostüm auftreten, steigert den
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übertriebenen Ausdruck des Schmerzes bis zu einem widerwärtigen Eindruck
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der Natürlichkeit und des Augenblicklichen (vgl. S. 132f.). Aber gerade
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durch diese Eigenschaften, in Verbindung mit der Bemalung und
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Aufstellung in Nischen, scheinen diese und ähnliche regelmäßig in Thon
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ausgeführte Gruppen einen außerordentlichen Anklang gefunden zu haben.
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Wenigstens fand Niccolo in dem Modenesen _Guido Mazzoni_ (um 1450-1518)
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einen Nachfolger, der seine Thätigkeit fast ausschließlich auf solche
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Gruppen der Beweinung des Leichnams Christi, Krippen u. s. f.
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beschränkte und damit in den verschiedensten Teilen Italiens den größten
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Erfolg hatte und selbst in das Ausland berufen wurde. Einfacher und
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weniger dramatisch in der Auffassung als Niccolo dell' Arca, wählt er
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seine Modelle mitten aus dem Volk und geht in der naturalistischen
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Wiedergabe derselben bis auf ihre Tracht und alles Beiwerk in der völlig
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genreartigen Behandlung seiner biblischen Motive noch über sein Vorbild
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hinaus, so daß nur seine biedere, ernste Auffassung eine lächerliche
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oder abschreckende Wirkung dieser Gruppen verhindert. Die früheste
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derselben, die große Gruppe der Beweinung in S. Giovanni decollato zu
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Modena (1477-1480), ist wohl seine tüchtigste und sorgfältigste Arbeit;
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sie wirkt weit weniger banal als die Anbetung des Kindes in der Krypta
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des Domes oder wie die sehr ungünstig aufgestellte Gruppe der Beweinung
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Christi in der Chiesa di Montoliveto zu Neapel. Nach Neapel wurde der
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Künstler 1491 berufen und führte hier wahrscheinlich auch die einfache,
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lebensvolle Bronzebüste des Königs Ferrante im Museo Nazionale aus. Die
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Beweinungsgruppe in S. M. della Rosa zu Ferrara ist der Gruppe in
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S. Giovanni zu Modena nahe verwandt, wenn auch nicht gewachsen. -- Das
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Berliner Museum besitzt, als einziges Stück seiner Hand außerhalb
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Italiens, das Bruchstück einer solchen Gruppe: den Kopf eines Stifters,
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ernst und schlicht in der Auffassung, treffend lebensvoll auch in der
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unberührten alten Bemalung.
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Guido's Gruppen haben in Modena im Cinquecento eine klassische
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Weiterbildung durch Begarelli erhalten (S. 167); sie haben aber noch zu
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seiner Zeit Nachahmer gefunden, namentlich in der Lombardei, deren
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Arbeiten in erster Linie auf unmittelbare Wirkung auf die Andacht
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berechnet und daher regelmäßig an Wallfahrtsorten oder an wunderthätigen
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Altären aufgestellt waren.
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* * * * *
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Auch die bildnerische Kunst der Lombardei zeigt den Einfluß des
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Quattrocento, in die Bahnen der Renaissance einlenkte. Freilich waren
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schon vorher an verschiedenen Orten florentiner Künstler thätig gewesen.
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Der Mitarbeiter Donatello's bei der Statue am Campanile in Florenz,
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_Giovanni Bartolo_ gen. _Rosso_, errichtete in S. Fermo zu Verona schon
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bald nach dem Jahre 1420 jenes imposante Wandgrab der Familie Brenzoni
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mit dem Hochrelief der Auferstehung, dessen kräftige Gestalten einen
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frischen Realismus zeigen, der aber von gotischen Traditionen noch nicht
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frei ist. Den gleichen Charakter hat das Monument des Cortesia Sarego in
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Sa. Anastasia (1432), mit der energischen Reiterfigur des Feldherrn
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zwischen seinen Knappen; und in derselben Kirche besteht der Wandschmuck
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der Capella Pellegrini aus einer Folge von Thonreliefs aus dem Leben
|
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Christi, welche etwa gleichzeitig von einem florentiner Künstler im
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ähnlichen Übergangsstile ausgeführt wurden (vgl. S. 51). Aber diese
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Arbeiten fremder Künstler fanden keine Nachfolger unter den heimischen
|
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Bildhauern. Ähnlich war es in Mailand. Donatello's Schüler und
|
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Mitarbeiter _Michelozzo_ war hier seit 1456 thätig. Seine Bauten, die er
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für die Vertreter des Bankhauses Medici, für die Portinari errichtete,
|
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sind mit dekorativen Skulpturen verziert, welche in ihren Putten und
|
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Fruchtkränzen den Charakter seiner von Donatello abhängigen, aber etwas
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schwerfälligen und wenig belebten Plastik zeigen, dabei aber auch schon
|
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dem lokalen Geschmack in Anordnung, Kostümen u. s. f. Rechnung tragen.
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Dies gilt sowohl für das Portal der Mediceerbank (jetzt in der Brera)
|
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wie für die Pilaster und die Kuppelverzierungen der Cappella Portinari
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in S. Eustorgio (Engel mit Kränzen). Aber auch in Mailand setzt an diese
|
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Arbeiten nicht unmittelbar und nicht direkt eine lokale Kunstthätigkeit
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an; wie in Verona haben solche florentiner Bildwerke zweifellos später
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anregend gewirkt, aber sie waren nur ein Moment bei der Belebung der
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einheimischen Renaissanceplastik in der Lombardei und nicht das
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entscheidende.
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Der Charakter der lombardischen Skulptur, die bald nach der Mitte des
|
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Jahrhunderts an verschiedenen Orten in sehr verwandter, scharf
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ausgeprägter Weise gleich mit zahlreichen und umfassenden Werken
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auftritt, weist vor Allem auf den Einfluß der Paduaner Schule
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Donatello's, den die fahrenden comaskischen Steinmetzen und Bildhauer
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aus Padua und Venedig in die Heimat zurückbrachten. Die den
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lombardischen Bildwerken eigentümlichen hageren, sehnigen Gestalten, der
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unruhige, knitterige Faltenwurf der am Körper anklatschenden Gewänder,
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das Streben nach dramatischer Schilderung figurenreicher Darstellungen
|
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und nach starkem Gefühlsausdruck entspricht ganz der Paduaner Kunst,
|
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Aber eine ungenügende Kenntnis der Natur und eine meist oberflächliche
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|
Durchführung lassen diese Arbeiten nur ausnahmsweise zu voller
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künstlerischer Reife gelangen; im Ausdruck sind sie in der Regel
|
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schwächlich oder verzerrt, in der Formenbildung übertrieben und
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karikiert, in der Anordnung überhäuft. Die Freude an bilderischem
|
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Schmuck, einmal belebt, ist alsbald wieder eine so große und allgemeine,
|
|
daß die Künstler das Innere und Äußere der Gebäude damit bedecken und,
|
|
da sie Architekten und Bildhauer zugleich sind, ihren höchsten Triumph
|
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darin suchen, die architektonischen Formen in Bildwerke geradezu
|
|
aufzulösen. Dabei ist die Vorliebe für kleine Figuren, für die Häufung
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zahlreicher Scenen und Figürchen, für die Ausführung in Holz, wo es der
|
|
Platz erlaubte, und für reiche Bemalung und Vergoldung offenbar durch
|
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die Berührung mit der deutschen Kunst, wenn nicht angeregt, so doch
|
|
wesentlich gefördert; denn diese Eigenschaften sind in den der deutschen
|
|
Grenze benachbarten Orten am stärksten ausgeprägt. Keine andere Provinz
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von Italien ist so reich an Skulpturen dieser Zeit; aber kaum an einem
|
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anderen Platze sind dieselben so wenig unterschieden, drücken so wenig
|
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die Individualität ihrer Meister aus, wie gerade in der Lombardei. Die
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|
Künstler lassen sich an der dekorativen Wirkung ihrer Bildwerke genügen;
|
|
daher fehlt es denselben an absolutem künstlerischen Wert und an dem
|
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Reiz der künstlerischen Eigenart. Andererseits hat aber gerade die neu
|
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belebte Lust am Bauen und Meißeln, welche schon im XII. und XIII. Jahrh.
|
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die Steinmetzen der Lombardei, namentlich aus Como und Umgebung, ihren
|
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Weg durch ganz Italien finden ließ, auch jetzt wieder zahlreiche
|
|
Lombarden als fahrende Künstler über die Grenzen ihrer Heimat
|
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hinausgetrieben, und sich in den meisten Provinzen Italiens, außerhalb
|
|
Toskanas, wie als Architekten so auch als Bildhauer bethätigen lassen.
|
|
Unter ihnen sind einzelne Künstler, dank der Berührung mit der fremden
|
|
Kunst, von einer Bedeutung, wie sie keiner der lombardischen Bildhauer
|
|
in der Heimat besitzt. Gerade hierin liegt auch in dieser Periode die
|
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hervorragende Bedeutung der lombardischen Skulptur.
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Der Baueifer einzelner Tyrannen, namentlich der Visconti und Sforza,
|
|
sowie des Condottiere Colleoni, der ihnen darin nacheiferte, bot den
|
|
Bildhauern der Lombardei Gelegenheit, sich in ihrer Kunst nach
|
|
Herzenslust in unerhörter Pracht zu zeigen. Die Certosa bei Pavia, deren
|
|
Bau und Ausstattung fast ganz in diese Zeit fallen, hat in zierlicher
|
|
Eleganz der Arbeit, in Pracht des wertvollen prunkenden Gesteins nicht
|
|
ihres Gleichen in Europa; der Mailänder Dom erhielt jetzt seine graziöse
|
|
Kuppel, die mit einem Wald von zierlichen Marmorpfeilern umkleidet
|
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wurde, den Tausende von kleinen und großen Statuen schmücken; und
|
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Bartolommeo Colleoni ließ für sein und seiner Tochter prunkendes Grabmal
|
|
neben S. M. Maggiore in Bergamo, deren Fassade er hatte erbauen lassen,
|
|
eine Kapelle aus farbigem Marmor herstellen, die ein wahrer
|
|
Schmuckkasten reichster und sauberster Renaissancearbeit ist. Die
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hervorragendsten Künstler dieser Bildwerke, Baumeister zugleich, sind
|
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anfangs _Cristoforo Mantegazza_ ({~DAGGER~} 1482) und sein Bruder _Antonio
|
|
Mantegazza_ ({~DAGGER~} 1493). _Gianantonio Amadeo_ (1447-1522), der für Bart.
|
|
Colleoni jene Grabkapelle arbeitete und die Monumente darin errichtete,
|
|
ist (seit 1477) ihr Nachfolger am Bau der Certosa und übernimmt 1499 die
|
|
Leitung des Dombaues in Mailand. An beiden Orten entstehen gleichzeitig
|
|
zahlreiche Statuen und Monumente in seiner Werkstatt, denen sämtlich
|
|
mehr oder weniger der herbe, oft karikierte Charakter der Figuren, der
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|
unruhige Faltenwurf, die Überfüllung mit Motiven und kleinen Figuren
|
|
innewohnt, der auch die Arbeiten der beiden Mantegazza kennzeichnet.
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Das früheste bisher nachweisbare Werk lombardischer Renaissance ist die
|
|
Fassade der Taufkapelle im Dom von Genua, von _Dom_. und _Elia Gagini_
|
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und _Giovanni da Bissone_ seit 1448 ausgeführt. Später und weicher sind
|
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die Arbeiten des _Ant. Tamagnini_ und _Pace Gagini_ im Pal. San Giorgio
|
|
ebenda; herber und eckiger die Bildwerke, mit denen namentlich _Tommaso
|
|
Rotari_ während seiner Leitung des Dombaues in Como (1487-1526) die
|
|
Kirche innen und außen geschmückt hat. Ein Altersgenosse, _Vincenzo
|
|
Foppa_ gen. _Caradosso_ (um 1445-1527), der als Goldschmied und
|
|
Stempelschneider später am Hofe der Päpste Jahrzehnte lang beschäftigt
|
|
war, hat in Mailand als Gehülfe Bramante's bei der Ausschmückung der
|
|
Sakristei von S. Satiro in den Thonreliefs mit spielenden Putten, welche
|
|
Medaillons mit Charakterköpfen umgeben, Werke von reinerem plastischen
|
|
Gefühl und lebensvollerer Durchbildung geschaffen, welche das Studium
|
|
Donatello'scher Arbeiten verraten (um 1488). In der wohl früher
|
|
entstandenen großen Freigruppe der Beweinung Christi in derselben Kirche
|
|
(wenn mit Recht ihm beigemessen?) verfolgt er die Richtung des G.
|
|
Mazzoni in stilvoller, größerer Weise. Von den jüngeren Künstlern haben
|
|
_Tommaso Cozzanigo_ und _Andrea Fusina_ in den Mailändischen Kirchen
|
|
eine Anzahl kleinerer Grabmonumente hinterlassen, die durch ihre
|
|
Beschränkung, durch feines Gefühl für Verhältnisse und zierliche
|
|
Dekoration vor jenen älteren Monumenten wie vor den weit berühmteren
|
|
Denkmälern ihrer Zeitgenossen _Cristoforo Solari_ und _Agostino Busti_
|
|
gen. _Bambaja_ (1480-1548) weitaus den Vorzug verdienen. Namentlich in
|
|
Bambaja artet die Zierlichkeit der Arbeit, selbst in seinem Hauptwerke,
|
|
dem Grabmal des Gaston de Foix (jetzt in einzelnen Teilen in den Museen
|
|
von Mailand, Turin, London u. s. f.) gar zu leicht in Zuckerbäckerwerk,
|
|
die Eleganz der schlanken Figürchen mit ihren Gewändern mit zahllosen
|
|
kleinen Parallelfalten in leere Manier, die Lieblichkeit der Köpfe in
|
|
süßliche Ziererei aus. Der Künstler, der jünger ist als die meisten
|
|
Bildhauer der Hochrenaissance und sie zum großen Teil überlebt, hat
|
|
daher auch nicht die Kraft gehabt, aus der manierierten Weiterbildung
|
|
der lombardischen Frührenaissance in die Bahnen der Hochrenaissance voll
|
|
einzulenken.
|
|
|
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Das Berliner Museum besitzt verschiedene lombardische Bildwerke dieser
|
|
Zeit. Ein Marmorrelief der Caritas (No. 208A) ist ein bezeichnendes Werk
|
|
eines der Künstler der Fassade der Johanniskapelle im Dom zu Genua; ein
|
|
Profilporträt in Marmor ist eine charakteristische Arbeit des C. Solari
|
|
(No. 201); und unter mehreren Bruchstücken bemalter Holzaltäre ist
|
|
namentlich eine Scene aus dem Leben des hl. Bernhard (No. 199) eine
|
|
besonders gute Arbeit dieser Art.
|
|
|
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* * * * *
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|
Die Plastik Venedigs erhält die entscheidende Anregung zu einer neuen
|
|
Entwickelung gleichfalls von Padua; namentlich durch den von der
|
|
Republik bevorzugten Bellano, von dessen Thätigkeit in Venedig wir
|
|
leider noch keine genügende Vorstellung haben (vgl. S. 122 f. Ein
|
|
Denkmal dieser seiner Thätigkeit besitzt die Berliner Sammlung
|
|
wahrscheinlich in der Portallünette der Scuola di S. Giovanni; Abbild.
|
|
S. 122). Sein Einfluß verrät sich noch in den frühesten Arbeiten jener
|
|
lombardischen Bildhauer, die in Venedig nicht nur eine hervorragende
|
|
Thätigkeit ausübten, sondern recht eigentlich die Plastik Venedigs für
|
|
ein halbes Jahrhundert bestimmten. Dieser neue Zuzug lombardischer
|
|
Bildhauer beginnt aber erst nach der Mitte des XV. Jahrh., nachdem sich
|
|
in Venedig schon längere Zeit eine bedeutende bildnerische Thätigkeit in
|
|
ausgesprochenem Charakter der Renaissance entfaltet hatte. Ein Paar
|
|
florentiner Bildhauer, _Piero di Niccolo_ und _Giovanni di Martino_,
|
|
hatten das Dogengrab des Tom. Mocenigo ({~DAGGER~} 1423) errichtet, in dem sich
|
|
handwerksmäßige Künstler unter dem Einfluß der früheren Werke
|
|
Donatello's und Michelozzo's bekunden; ein anderer anonymer Florentiner,
|
|
der »_Meister der Pellegrinikapelle_«, ist der Künstler des Monuments
|
|
des Beato Pacifico Buon (1435, vgl. S. 51 f.); zwei dem Namen nach
|
|
unbekannte Florentiner (wohl identisch mit dem eben genannten Künstler
|
|
des Grabmals Tom. Mocenigo) sind etwa gleichzeitig Mitarbeiter an den
|
|
Kapitellen des Dogenpalastes, und _Donatello_ selbst hat um die Mitte
|
|
des Jahrhunderts von Padua aus für den Chor der Frari die Figur des
|
|
Täufers geschnitzt. Alle diese Künstler, die freilich einen
|
|
unmittelbaren Einfluß auf ihre venezianischen Mitarbeiter nicht
|
|
ausübten, schärften doch ihren Sinn für die Natur, förderten das
|
|
Verständnis derselben und führten dadurch in Venedig die Plastik
|
|
allmählich und fast unmerklich aus der Gotik in die Renaissance über.
|
|
Schon die Gruppen am Dogenpalast haben bis in die Durchführung im
|
|
Einzelnen einen ausgesprochenen Naturalismus, wenn ihnen auch die innere
|
|
Belebung mangelt. Die reichen Bildwerke am Portal des Dogenpalastes, der
|
|
sog. Porta della Carta, welche unter der Leitung des _Bartolommeo Buon_
|
|
seit dem Jahre 1439 ausgeführt wurden, zeigen bei ähnlichem Charakter in
|
|
Bewegung und Ausdruck bereits eine viel feinere Belebung, namentlich in
|
|
dem großartigen Kopf des Dogen Foscari (das Original im Museum des
|
|
Dogenpalastes) und in den nackten Putten. Der Künstler verleugnet sich
|
|
darin freilich nicht als Nachfolger der Massegne; die schönen vollen
|
|
Formen und der gehaltene Ernst sind ein Erbteil der älteren
|
|
venezianischen Schule.
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Zum Schmuck der Rückseite dieses großen und tiefen Eingangsbaues
|
|
fertigte ein lombardischer Künstler, _Antonio di Gio. Rizo_ aus Verona,
|
|
im Jahre 1462, die Statuen von Adam und Eva. Hier kommt die neue Zeit
|
|
zum ersten Mal voll und in ganz eigenartiger Form zur Geltung. Diesen
|
|
beiden großen nackten Figuren wohnt ein so energischer, unverhohlener
|
|
Realismus inne, wie irgend einem Werke der bahnbrechenden Florentiner
|
|
Meister; aber er äußert sich in naiverer, derberer Weise, ähnlich wie
|
|
gleichzeitig in der nordischen Kunst, namentlich bei den Gebrüdern van
|
|
Eyck (man vergl. die Eva mit unserer Ältermutter vom Genter Altarbild).
|
|
Vor den nordischen Künstlern hat der Veronese jedoch voraus, daß er das
|
|
Motiv, den geistigen Gehalt auch in Ausdruck und Bewegung, wenigstens
|
|
beim Adam, voll und groß wiedergiebt. Die bekleideten Figuren des bis zu
|
|
seiner Flucht aus Venedig 1498 namentlich als Architekt hervorragend
|
|
thätigen Künstlers, wie der Schildhalter in antiker Rüstung im Hofe des
|
|
Dogenpalastes (zur Seite des Adam), die beiden Tugenden und die
|
|
Dogenstatue am Grabmal Tron ({~DAGGER~} 1472), zeigen Rizo in der eng
|
|
anliegenden, knitterigen Gewandung, in den knochigen schlanken Gestalten
|
|
mit kleinen Köpfen als ausgesprochenen und hervorragenden Schüler der
|
|
Paduaner Schule, dem Maler Andrea Mantegna verwandt.
|
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|
Obgleich Rizo ohne besondere Eigenart in dem Aufbau seiner Denkmäler
|
|
ist, obgleich er größeren Kompositionen, deren uns wenigstens keine von
|
|
seiner Hand bekannt ist, aus dem Wege geht, hat doch die freie Erfindung
|
|
und die breite naturalistische Durchbildung seiner Einzelfiguren auf die
|
|
weitere Entwickelung der venezianischen Plastik einen bestimmenden
|
|
Einfluß gehabt. Schon _Pietro Solari_ gen. _Lombardo_ ({~DAGGER~} 1515), ein
|
|
jüngerer Landsmann und als solcher auch wieder Bildhauer und Architekt
|
|
zugleich, erscheint ebenso sehr von Rizo wie von Bellano beeinflußt.
|
|
Seine eigene umfangreiche Thätigkeit und die Werke seiner tüchtigen
|
|
Schüler, die er namentlich in seinen Söhnen Tullio und Antonio groß zog,
|
|
geben der Erscheinung Venedigs noch heute einen wesentlichen Teil ihres
|
|
Charakters. Die lombardische Lust an vielgegliedertem und dadurch oft zu
|
|
leicht motivlosem und kleinlichem Aufbau der Monumente ist bei Pietro
|
|
und seinen Söhnen durch das venezianische Formengefühl gemäßigt; die
|
|
dekorative Verwendung der Bildwerke wird durch die venezianische Freude
|
|
an der Durchbildung vor Ausartung in Flüchtigkeit bewahrt, und die herbe
|
|
Formenbildung, wie das unruhige, knitterige Faltenwerk der Lombarden
|
|
erscheinen hier durch den venezianischen Schönheitssinn und die Studien
|
|
nach der Antike, namentlich nach griechischen Bildwerken, auf ein
|
|
glückliches Maß eingeschränkt. Ist bei Pietro seine Herkunft von der
|
|
lombardischen Kunst immer noch deutlich erkennbar, so ist bei seinen
|
|
Söhnen die Umbildung in den venezianischen Charakter schon so stark
|
|
ausgeprägt, daß sie in manchen ihrer Bildwerke schon nüchtern und
|
|
weichlich erscheinen.
|
|
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|
Pietro Lombardo hat seine größeren Arbeiten meist mit seinen Söhnen und
|
|
anderen Gehülfen zusammen ausgeführt; auch diesen Werkstattarbeiten ist
|
|
regelmäßig der Charakter des Meisters mehr oder weniger stark
|
|
aufgeprägt. Als eigenhändige und frühere Werke erscheinen die
|
|
bezeichneten Statuetten von Hieronymus und Paulus in Sto. Stefano, die
|
|
beiden Altäre mit einzelnen Heiligen in der Markuskirche und der Schmuck
|
|
des Chors von San Giobbe. Das früheste seiner größeren Monumente, das
|
|
des Dogen Nic. Marcello ({~DAGGER~} 1474) in S. Giovanni e Paolo, schließt sich
|
|
dem A. Rizo noch so eng an, daß es eine Zeit lang für eine Arbeit
|
|
desselben galt. Im Aufbau wie in der Durchführung der Figuren ist dies
|
|
wohl das feinste unter Pietro's Monumenten, während das Dogengrab P.
|
|
Mocenigo ({~DAGGER~} 1476) in derselben Kirche in dem reicheren Aufbau, in der
|
|
Fülle von Figuren in antikem Kostüm und den Reliefs mit antiken Motiven,
|
|
in den herberen Formen die Eigenart des Künstlers noch schärfer
|
|
ausspricht. Eine Reihe kleinerer Grabmäler in und außerhalb Venedigs,
|
|
namentlich in Ravenna und Treviso, der Schmuck einzelner Prachtfassaden
|
|
an öffentlichen Bauten und Palästen, verschiedene Madonnen in Altären
|
|
und Tabernakeln lassen sich nach dem gleichen Charakter gleichfalls dem
|
|
Pietro Lombardo zuschreiben.
|
|
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|
[Abbildung: 164. Hl. Hieronymus von B. Buon (?).]
|
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|
Pietro's Sohn, _Tullio Lombardo_, hat schon früh auch außerhalb der
|
|
Werkstatt seines Vaters selbständig gearbeitet: der Wandaltar in
|
|
S. Martino datiert schon von 1484, und das große Relief der Krönung
|
|
Mariä in S. Giovanni Crisostomo, die Gruppen der Beweinung Christi in
|
|
S. Lio (vielleicht noch von Pietro?) und in S. M. della Salute, sowie
|
|
die Reliefs an der Scuola di S. Marco gehören gleichfalls wohl seiner
|
|
früheren Zeit, während seine Beteiligung am Schmuck von Sta. M. de'
|
|
Miracoli und an den Reliefs der Antoniuskapelle in Padua (1501 und 1525)
|
|
erst in die ersten Jahrzehnte des Cinquecento fallen, ohne jedoch eine
|
|
wesentliche Änderung im Charakter aufzuweisen. In den meisten dieser
|
|
Arbeiten, namentlich in den späteren, steht Tullio im Figürlichen
|
|
entschieden hinter seinem Vater zurück; die Falten seiner Gewänder sind
|
|
in ihrer zierlichen parallelen Bildung fast ebenso behandelt, wie die
|
|
sauber gekämmten Haare; die Anordnung ist durch ihre Gleichmäßigkeit
|
|
nüchtern; und die ruhige Haltung der Gestalten des Pietro wird bei
|
|
Tullio zu starrer Leblosigkeit, welche die mit Vorliebe von ihm
|
|
gewählten bewegten Scenen karikiert und verzerrt erscheinen läßt.
|
|
Tullio's jüngerer Bruder _Antonio Lombardo_ ({~DAGGER~} 1516) zeigt in den von
|
|
ihm allein ausgeführten Arbeiten, wie in einem der Reliefs in der
|
|
Antoniuskapelle zu Padua (1505), in den kleinen Reliefs am Grabmal
|
|
Mocenigo in S. Giovanni e Paolo, in einer Reihe ähnlicher Kompositionen
|
|
im Museum des Dogenpalastes, im Louvre und namentlich in der Sammlung
|
|
Spitzer zu Paris zwar gleichfalls eine gewisse Kälte und Nüchternheit
|
|
der Handlung: er ist Tullio aber überlegen durch sein an der Antike
|
|
gebildetes Schönheitsgefühl, das sich in der Bildung seiner Gestalten,
|
|
seiner Gewandung und Komposition aufs deutlichste bekundet.
|
|
|
|
[Abbildung: 166. Marmorstatue von A. Leopardi (?).]
|
|
|
|
Ähnliche Vorzüge zeichnen die Werke des _Alessandro Leopardi_ ({~DAGGER~} 1522)
|
|
aus, der wohl mit den jüngeren Lombardi bei Pietro Lombardo ausgebildet
|
|
wurde. Er war vorwiegend als Architekt und Dekorator beschäftigt. Nach
|
|
Verrocchio's Tode zur Vollendung des Colleoni-Monuments berufen, hat er
|
|
den trefflichen Sockel mit dem Waffenfries entworfen und ausgeführt, der
|
|
so wesentlich zur großartigen Wirkung des Denkmals beiträgt. Von seiner
|
|
Hand ist die Dekoration und teilweise auch der bildnerische Schmuck des
|
|
umfangreichsten und schönsten aller Grabmäler Venedigs, des
|
|
Dogenmonuments A. Vendramin ({~DAGGER~} 1478, vollendet 1494) in S. Giovanni e
|
|
Paolo; seine Arbeit sind die bronzenen Flaggenhalter auf dem Markusplatz
|
|
(1500-1505), sowie einzelne Teile am Monumente des Kardinals Zeno mit
|
|
dem reichen Bronzeschmuck des Altars seiner Grabkapelle in S. Marco
|
|
(1501-1515). Seine Monumente sind gleichmäßig ausgezeichnet durch den
|
|
feinen architektonischen Sinn, die graziöse Ornamentik, die schöne
|
|
Gliederung und Verteilung des bildnerischen Schmuckes, den
|
|
geschmackvollen Aufbau der Kompositionen, den feinen, der
|
|
architektonischen Wirkung entsprechenden Reliefstil, die vollen, schönen
|
|
Gestalten mit dem sinnigen, schwärmerischen Ausdruck, der vornehmen
|
|
Haltung, dem zierlichen Faltenwurf und der sauberen Durchführung. Auch
|
|
hier freilich erhebt sich die venezianische Plastik nicht zu der
|
|
künstlerischen Freiheit, Größe und Gestaltungskraft der florentiner
|
|
Skulptur oder der gleichzeitigen Malerei in Venedig; aber in ihrer
|
|
dekorativen Wirkung und im Zusammenklang mit der Architektur kommt sie
|
|
der florentiner Plastik nahe.
|
|
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|
[Abbildung: 183. Profilporträt einer jungen Venezianerin, um 1500.]
|
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|
Die Zahl der Monumente dieser Zeit in Venedig ist eine außerordentlich
|
|
große; auch in den Venedig unterworfenen Landstädten, bis Verona und
|
|
Brescia, bis in die Marken und nach Istrien und Dalmatien, haben die
|
|
Bildwerke dieser Zeit durchaus venezianischen Charakter. Die Zahl der
|
|
Künstler, welche neben und außerhalb der Werkstätten der genannten
|
|
großen Meister beschäftigt wurden, war zweifellos noch eine
|
|
beträchtliche; nur von Wenigen, wie _Antonio Dentone_, _Camelio_,
|
|
_Andrea Vicentino_, _Pyrgoteles_ u. a. sind uns beglaubigte Arbeiten
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erhalten. Dieselben schließen sich fast alle mehr oder weniger der
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Richtung des Pietro Lombardo und seiner Schüler an. Das Berliner Museum
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ist reich an venezianischen Bildwerken dieser Zeit, von denen sich
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jedoch nur wenige mit Sicherheit auf bestimmte Künstler zurückführen
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lassen. Eine ernste, vornehme Figur, der hl. Hieronymus in Hochrelief,
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gilt als ein Werk des Bart. Buon (No. 164), dem er wenigstens verwandt
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und ebenbürtig ist. Von Leopardi's Grabmal Vendramin stammen die beiden
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großen, bis auf einen Schurz nackten Wappenhalter (No. 165 und 166),
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schöne Jünglingsgestalten mit klagendem Ausdruck. Für den eigentümlich
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flachen Reliefstil, der sich an zahlreichen Monumenten Venedigs gegen
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Ende des XV. Jahrh. findet und dessen Vorbilder wohl Donatello's Reliefs
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am Hochaltar im Santo waren, ist ein marmornes Antependium mit Engeln,
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welche spielen oder die Marterinstrumente Christi halten (No. 172),
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besonders charakteristisch. Auch von den seltenen venezianischen
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Bildnissen dieser Zeit besitzt die Sammlung verschiedene tüchtige
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Beispiele: die einfache, sehr individuell gehaltene Thonbüste eines
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älteren Mannes mit langem Haar (No. 167) und unter mehreren Flachreliefs
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namentlich das feine Marmorrelief einer jungen Dame im Profil (No. 183),
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in dem hohen Kopfputz, wie wir ihn in Carpaccio's Bildern finden.
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* * * * *
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Die Plastik des Quattrocento in Rom hat mit der venezianischen manche
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Züge gemeinsam. Angeregt von außen, wird sie im Wesentlichen durch
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fremde Künstler geübt und geht mehr auf reiche dekorative Wirkung als
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auf künstlerische Durchbildung aus. Doch wird in Rom mit der Tradition
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viel gründlicher gebrochen als in Venedig; der Charakter der römischen
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Kunst im Quattrocento ist auch weniger geschlossen und beruht in viel
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geringerem Maße auf lokalen Bedingungen. Die Kunstübung ist daher
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vielfach von den Launen der Besteller abhängig und hat, trotz aller
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Pracht des Materials und dem Umfange der Monumente, einen stark
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handwerksmäßigen Beigeschmack. Dieser zeigt sich auch in dem nur für Rom
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charakteristischen häufigen, ja beinahe regelmäßigen Zusammenarbeiten
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verschiedener Bildhauer an demselben Monumente, das an sich schon die
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einheitliche künstlerische Wirkung beeinträchtigt; eine
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Eigentümlichkeit, welche ihren Grund in der Ruhmsucht der Kirchenfürsten
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hatte, die noch bei Lebzeiten ihre Denkmäler vollendet sehen wollten.
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Die Monumente, welche in Rom Ende des XIV. und im Anfange des XV. Jahrh.
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von Nachfolgern der Cosmaten ausgeführt wurden, hätten die Entwickelung
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einer eigenartigen tüchtigen römischen Bildnerschule im Quattrocento
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vermuten lassen: das Grabmal des Ph. d'Alençon ({~DAGGER~} 1397) in S. M. in
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Trastevere und die beiden Monumente von der Hand des _Meister Paulus_,
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das Grabmal Caraffa im Priorato di Malta und namentlich das des
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Kardinals Stefaneschi ({~DAGGER~} 1417) in S. M. in Trastevere, sind so einfach
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und doch so wirkungsvoll im Aufbau, so groß und lebendig in der Gestalt
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des Toten, trotz der Befangenheit in der Durchbildung, daß man glauben
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sollte, in der Werkstatt solcher Künstler hätten jüngere Kräfte
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selbständig die römische Plastik zur Renaissance führen müssen. Gerade
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das Gegenteil ist der Fall: in diesen Künstlern erlischt die ältere
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eigenartige Bildnerschule Roms, und erst nach einem Zwischenraum von
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mehreren Jahrzehnten, der fast gar keine Monumente aufzuweisen hat,
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machen fremde Bildhauer die Renaissancekunst in Rom allmählich heimisch.
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_Donatello's_ vorübergehende Thätigkeit im Jahre 1432 blieb ohne
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Nachwirkung; die neue Richtung macht sich nur zögernd geltend, nachdem
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gegen Ende der dreißiger Jahre ein Paar weit untergeordnetere Künstler,
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die Florentiner _Antonio Filarete_ und _Simone Ghini_, zu längerer
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Thätigkeit nach Rom berufen wurden und sich ihnen _Isaïa_ aus _Pisa_
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kurz vor der Mitte des Jahrhunderts zugesellte. Filarete's Bronzethür
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der Peterskirche (1439-1445) steht zwar weit hinter den gleichzeitigen
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Florentiner Thüren zurück: die Verteilung und die Verhältnisse der
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Reliefs unter einander, der flache Reliefstil, die schwerfällige
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Einrahmung, in der sich antike Vorbilder mit gotischen Traditionen
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mischen, sind unglücklich; die großen Hauptfiguren wie die Reliefs mit
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den Darstellungen aus dem Leben der Päpste in zahlreichen kleinen
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Figuren sind nüchtern und leblos; nur in den kleinen Kompositionen,
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welche das Rankenwerk der Einrahmung einschließt, zeigt sich in
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frischerer, naiverer Weise der Charakter der Renaissance schon in der
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Wahl der antiken Motive. Nach der Verwandtschaft mit den Figuren an den
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Thüren ist wohl auch das steife Relief mit der Figur des hl. Markus über
|
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dem Eingange in S. Marco von Filarete's Hand. Simone's Bronzegrabplatte
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Papst Martins V. ist diesen Arbeiten durch lebensvollere und größere
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Naturauffassung entschieden überlegen.
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Mit _Isaïa di Pisa_ beginnt die Reihe der eigentlich römischen Künstler;
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römisch freilich nur nach dem Charakter ihrer Bildwerke, da auch sie
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fast alle keine Römer von Geburt sind. Von Isaïa sind uns in Rom das
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Grabmal des Papstes Eugen IV. ({~DAGGER~} 1447) in S. Salvatore in Lauro, die
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Reste des Grabmals der hl. Monica in einem Nebenraume von S. Agostino
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und sein Anteil an dem Andreastabernakel in den Grotten des Vatikans
|
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erhalten. Der nüchterne Aufbau seiner Monumente, die leblosen plumpen
|
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Figuren mit ihren kleinlichen Parallelfalten, die phantasielose
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Dekoration lassen uns heute unverständlich erscheinen, daß die Päpste
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sich mit König Alphons diesen Bildhauer streitig machen konnten.
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Künstlerisch ebenso unbedeutend sind ein Paar gleichzeitige Monumente,
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wie das Grabmal Astorgio Agnense ({~DAGGER~} 1451) im Hofe der Minerva, von
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ähnlichem Aufbau wie das Eugensmonument, und das Tabernakel in
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S. Francesca Romana. Regeres Leben und freiere Behandlung kam in die
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Plastik Roms erst nach dem Jahre 1460, namentlich durch die Päpste Paul
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II. und Sixtus IV., deren Kunstsinn zugleich den Wetteifer aller höheren
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Geistlichen in der Ausschmückung ihrer Kirchen und der eigenen
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Verherrlichung hervorrief. Diese bildnerische Thätigkeit, die in
|
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gleicher Regsamkeit und Pracht bis zur Zeit von Papst Julius II.
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anhielt, bewahrt in einem Zeitraum von mehr als einem halben
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Jahrhundert fast den gleichen Charakter. Der Florentiner Mino, der Römer
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Paolo Taccone, der Istrianer Giovanni Dalmata und die Lombarden Andrea
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Bregno und Luigi Capponi, die etwa gleichzeitig und vielfach zusammen
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arbeiteten, haben gemeinsam den Charakter dieser Kunst und die Typen der
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Monumente bestimmt, die in den letzten Jahrzehnten des XV. und zum Teil
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auch noch im Anfang des folgenden Jahrhunderts mit mehr oder weniger
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Selbständigkeit, oft aber sehr geistlos wiederholt wurden. Große Altäre,
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Tabernakel, Ciborien, Kanzeln, Sängertribünen, meist von bedeutendem
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Umfange und regelmäßig in Marmor ausgeführt, vor Allem aber Grabmäler
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sind die Aufgaben, welche den Künstlern gestellt werden. Letztere sind
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Nischengräber in verschiedener Form: in der Nische die Gestalt des Toten
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auf dem Sarkophag ruhend, bald flach abschließend, bald im Halbrund mit
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Relief oder Gemälde darüber, zu den Seiten bald Pfeiler mit Statuetten
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in Nischen, bald schlichte Pilaster, oder auch eine Büste in Nische mit
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einfacher Inschrifttafel darunter. Vorliebe für allgemeine Allegorien,
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Mangel an Individualität, Einförmigkeit und Mangel an Phantasie,
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zierliche aber nüchterne Ausführung, in der Gewandung ein Anschluß an
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klassische Vorbilder, namentlich aus archaistischer Zeit, sind fast
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allen diesen Monumenten in größerem oder geringerem Maße eigen.
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_Paolo Taccone_ gen. _Romano_ ({~DAGGER~} wahrscheinlich 1470) arbeitet zuerst
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mit Isaïa zusammen am Andreastabernakel (jetzt in den Grotten des
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Vatikans); später finden wir ihn mit Mino u. A. gemeinsam beschäftigt.
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Verschiedene Kolossalstatuen: der Paulus auf Ponte S. Angelo, der
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Andreas in S. Andrea, Petrus und Paulus im Peter (alle zwischen 1461 und
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1464), haben den gleichen nüchternen, mehr von der Antike als von der
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Natur bestimmten Charakter. -- Der wenig jüngere _Giovanni Dalmata_
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(thätig in Rom um 1460-1480) ist derber und lebendiger; durch sein
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unruhiges knitteriges Faltenwerk, sein starkes Hochrelief ist er unter
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den übrigen Römern leicht herauszuerkennen. Am Paulsgrabe und am Grabmal
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Eroli ({~DAGGER~} 1479) in den Grotten, am Tabernakel in S. Marco arbeitet er
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neben Mino, am Grabmal Roverella ({~DAGGER~} 1476) in S. Clemente und am Grabmal
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Tebaldi in der Minerva neben Andrea Bregno. -- Am häufigsten begegnet
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uns in den Denkmälern Roms, neben Mino, der Lombarde _Andrea Bregno_
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(1421-1506), namentlich in Arbeiten seiner Werkstatt. Seine lombardische
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Herkunft verrät sich in den schlanken Figuren und den zierlichen
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Parallelfalten: die edlen Köpfe und die vornehme Haltung seiner Figuren
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verdankt er aber dem Studium der Antike in Rom, mit der er freilich auch
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den Mangel an feinerer Belebung und Individualität gemein hat. Zwei
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Altäre in S. M. del Popolo, die Grabmäler Roverella und Tebaldi (vergl.
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oben) in Rom und der kolossale Altar Piccolomini im Dom zu Siena (1485)
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sind seine Hauptarbeiten. -- Dem Andrea ist ein um 1480-1500 in Rom
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thätiger Lombarde, _Luigi Capponi_ aus Mailand, nahe verwandt. Von ihm
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ist u. A. das Monument Brusati in S. Clemente (1485) ein
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Kreuzigungsrelief und ein zierlicher Altar im Ospedale della
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Consolazione, der Gregorsaltar in San Gregorio, das Monument der Brüder
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Bonsi ebenda, das Grabmal des Lor. Colonna in der Vorhalle zu Sti.
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Apostoli. Letztere originell durch die Anordnung der Büsten der
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Verstorbenen, und sämtlich durch die zierliche goldschmiedartige
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Dekoration ausgezeichnet.
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Neben diesen Künstlern, sind uns einige wenige andere Bildhauer in
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vereinzelten Monumenten bezeugt. So ein zweiter Meister _Andrea_ in
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einem kleinen Madonnenrelief im Hospital S. Giacomo, eine treffliche
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Arbeit in feinem Flachrelief; ein _Pasquino da Montepulciano_ soll der
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Meister des großen Grabmals Pius' II. in S. Andrea della Valle sein; ein
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zierlicher Altar in S. M. della Pace soll den Namen eines _Pasquale da
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Caravaggio_ tragen; _Michele Maini_ aus Fiesole (geb. 1459) fertigte die
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Sebastiansstatue in der Minerva, wohl die tüchtigste Freifigur dieser
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Zeit in Rom. Für die Mehrzahl der Monumente fehlt aber bisher der Anhalt
|
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zur Bestimmung ihrer Meister; darunter sind einige der besten Werke
|
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Roms, meist aus früherer Zeit, wie das Grabmal Coca mit dem Fresko
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Melozzo's, das Petrusrelief mit dem Kardinal Cusa in S. Pietro in
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Vincoli (1465), und das Grabmal Lebretto in Araceli aus demselben Jahre.
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[Abbildung: 204. Engel neben dem Rovere-Wappen, in der Art des A.
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Bregno.]
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Die Berliner Sammlung besitzt einige charakteristische, gute Arbeiten
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dieser römischen Schule. Ein leider verstümmelter Engel in Hochrelief
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(No. 202) giebt sich in seinen knitterigen Falten unverkennbar als ein
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Werk des Dalmata zu erkennen; ein Marmortabernakel mit vier anbetenden
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Engeln (No. 203) ist eine gute Arbeit der Werkstatt des Andrea Bregno,
|
|
und ein diesem verwandter, aber feinerer Künstler hat die beiden
|
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Engelsgestalten gemeißelt, die zur Seite eines Baumes (das Wappen der
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Rovere) gelagert sind (No. 204). Das merkwürdigste Stück der Sammlung,
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einzig in seiner Art unter den römischen Bildwerken, ist die
|
|
Kolossalbüste des Papstes Alexander VI. (No. 205), schlicht und selbst
|
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etwas nüchtern aufgefaßt, jedoch von bedeutender, lebensvoller Wirkung.
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* * * * *
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[Abbildung: 61. Marmorbüste einer neapolitanischen Prinzessin von
|
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Franc. Laurana.]
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Süditalien hat im Quattrocento nur in _Neapel_ eine reichere
|
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bildnerische Thätigkeit aufzuweisen, die aber, angeregt und ausgeübt
|
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durch fremde Künstler, keine nennenswerte lokale Schule groß zieht.
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|
_Donatello_ und _Michelozzo_ hatten sich in dem Grabmal Brancacci an den
|
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alten neapolitanischen Gräbertypus angeschlossen; die Erbauer des
|
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Triumphbogens König Alphons' I., meist von Rom bezogene Künstler: _Isaïa
|
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di Pisa_, _Paolo Romano_, _Guglielmo Monaco_ aus Perugia, _Silvestro
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d'Aquila_ u. a., aber auch _Desiderio da Settignano_ müssen ihre
|
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Bildwerke einem mittelalterlichen Festungsbau anpassen. Erst die jüngere
|
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Generation: _Ant. Rossellino_, _Ben. da Majano_, _G. Mazzoni_ durften
|
|
freier nach künstlerischem Ermessen schaffen; doch haben sie wohl, mit
|
|
Ausnahme des letzteren, ihre Altäre und Grabmonumente in ihrer Heimat
|
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ausgeführt. Die Reliefs und Statuen am Triumphbogen haben mehr oder
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weniger den Charakter der gleichzeitigen römischen Arbeiten, mit
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Ausnahme von zwei ganz Donatelloartigen Putten, die auf Desiderio
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zurückzugehen scheinen. Am Portal des Kirchleins Sta. Barbara tritt,
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neben _Giuliano da Majano_ (von dem die kleinen Architravreliefs im
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Charakter seines Bruders Benedetto herrühren), in der Madonnenstatue
|
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(1474) ein Künstler auf, der ein Wanderleben an den Höfen Italiens
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führte, der Dalmatiner _Francesco Laurana_ (oder Lavrana). Der Künstler
|
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war damals von Palermo gekommen, und hier in Sicilien hat er auch, in
|
|
Verbindung mit einer Künstlerfamilie lombardischer Herkunft, den Gagini,
|
|
eine nicht unbedeutende plastische Thätigkeit angeregt, die sich,
|
|
namentlich in Palermo, nahezu ein halbes Jahrhundert lang stetig
|
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entfaltet.
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Laurana hat in Palermo verschiedene Madonnenstatuen, ähnlich der in
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Neapel, und den Reliefschmuck einer Kapelle in S. Francesco gefertigt.
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Außerdem enthält das Museum zu Palermo mehrere dekorative Arbeiten mit
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feinen Renaissanceornamenten, sowie ein Paar Reliefporträts und Büsten,
|
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die mit großer Wahrscheinlichkeit auf Laurana zurückgehen. Diese Büsten
|
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gehören nach ihrer ganz eigenartigen Auffassung und Formgebung zu einer
|
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Gruppe von Marmorbüsten junger Frauen, von denen das köstliche
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Hauptwerk, die früher sogenannte Marietta aus Pal. Strozzi in Florenz,
|
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sich jetzt im Berliner Museum befindet (No. 61). Die schüchterne, echt
|
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mädchenhafte Haltung, gelegentlich so stark betont, daß sie etwas
|
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linkisch wirkt, die halb geschlossenen, etwas schräg gestellten Augen,
|
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der fest geschlossene Mund, die delikate Durchführung, die starke
|
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Politur des Fleisches sind allen diesen Büsten gemeinsam, die sich im
|
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Bargello, im Louvre, im Museum zu Wien, bei M. G. Dreifuß und M. E. André
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in Paris befinden. Durchaus den gleichen Charakter hat auch eine Anzahl
|
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von Marmormasken junger Mädchen, die sämtlich aus Südfrankreich stammen,
|
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wo Laurana in seinen letzten Jahren thätig war; eine derselben besitzt
|
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jetzt das Berliner Museum (No. 208). Der Umstand, daß alle diese Büsten
|
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und Masken nachweislich oder wahrscheinlich aus den Orten stammen, an
|
|
denen Francesco Laurana nach einander thätig war, und die Verwandtschaft
|
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derselben mit den Frauenköpfen seiner Statuen und Reliefs lassen
|
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dieselben mit großer Wahrscheinlichkeit gleichfalls auf ihn
|
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zurückführen.
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Dem Laurana nahe verwandt und wohl von ihm beeinflußt ist der Lombarde
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_Domenico Gagini_, der 1463 aus Genua nach Palermo kam. Er und
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namentlich sein Sohn _Antonio Gagini_ (1478-1536) haben mit ihrer großen
|
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Werkstatt hier und in anderen Städten Siciliens eine Reihe von
|
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Bildwerken verschiedenster Art hinterlassen. Das Museum zu Palermo ist
|
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reich an solchen Arbeiten; der Dom besitzt in Antonio's Madonnenstatue
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vom Jahre 1503 das lieblichste Werk des Künstlers und in dem
|
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Weihwasserbecken mit dem reichen Baldachinaufsatz und den nett erzählten
|
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Reliefs ein noch stark lombardisches späteres Werk seines Vaters.
|
|
Schönheit der Gestalten, Lieblichkeit des Ausdrucks und saubere
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|
Bearbeitung des Marmors zeichnen diese Arbeiten gleichmäßig aus, während
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ihnen feinere seelische Belebung meist abgeht.
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Die Hochrenaissance
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(Das Cinquecento, um 1500 bis 1630).
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Im letzten Jahrzehnt des XV. Jahrh. bereitet sich in Florenz, das auch
|
|
jetzt wieder die Schicksale der italienischen Kunst entscheidet, eine
|
|
Wendung vor, welche hier mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts als
|
|
vollzogen bezeichnet werden darf; eine Wendung, die eine neue, von der
|
|
vorausgehenden Entwickelung grundverschiedene Epoche der italienischen
|
|
Kunst heraufführt. Kaum in einem anderen Zweige der Kunst kommt dieselbe
|
|
so scharf zum Ausdruck wie in der Plastik, in keinem anderen Zweige aber
|
|
auch im Allgemeinen so wenig günstig wie gerade in der Plastik.
|
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Die Skulptur des XV. Jahrh. strebte nach Natürlichkeit und Wirklichkeit;
|
|
die neue Zeit setzte dagegen an die Stelle der Individualität die
|
|
Verallgemeinerung. Sie will nicht das Modell mit allen seinen
|
|
Eigenheiten und Zufälligkeiten geben, sondern einen daraus abstrahierten
|
|
Typus. Diese Verallgemeinerung und Idealisierung der Formen erstreckt
|
|
sich nicht nur auf die Köpfe und den Körper, auch die Stoffe und das
|
|
Nebenwerk werden vereinfacht und nach einem Schema behandelt, das sich
|
|
die Künstler nach selbstgeschaffenen Schönheitsgesetzen gebildet haben.
|
|
Dicke Stoffe, die volle Falten bilden, werden das Vorbild, und jede
|
|
Verzierung derselben wird verschmäht.
|
|
|
|
Diese Schönheitsgesetze wurden aber nicht aus der Natur, sondern aus der
|
|
antiken Kunst abstrahiert. Die Antike wird daher jetzt mit erneutem
|
|
Eifer studiert; nicht mehr um Anregung für Motive und Begeisterung für
|
|
eigene Erfindungen daraus zu schöpfen, sondern um daraus allgemeine
|
|
Grundgesetze der statuarischen Kunst abzuleiten und auf Grund derselben
|
|
Neues zu schaffen. Dadurch, daß die Künstler die Gesetze aus den Antiken
|
|
abstrahierten, wie sie ihnen vorlagen, also aus mehr oder weniger
|
|
geringwertigen römischen Kopien, meist außer Zusammenhang mit den
|
|
zugehörigen Skulpturen und der Architektur, für die sie erfunden waren,
|
|
mußten sie vielfach zu Trugschlüssen kommen, die für ihre eigene Kunst
|
|
verhängnisvoll wurden.
|
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|
Die Skulptur wurde allerdings jetzt selbständiger gestellt, sie wurde
|
|
noch freier als sie es selbst im Quattrocento gewesen war. Denn die
|
|
Dekoration, mit der sie bis dahin im Zusammenhang gedacht war, wurde
|
|
beseitigt oder doch sehr eingeschränkt; die Malerei, welche man bisher
|
|
zu ihrer Vollendung für erforderlich gehalten hatte, wurde völlig
|
|
getrennt von der Skulptur, und selbst mit der Architektur ist dieselbe
|
|
meist nur lose verbunden oder drückt diese sogar in ein untergeordnetes,
|
|
dienendes Verhältnis herab.
|
|
|
|
Auch auf den Inhalt sucht die Hochrenaissance ihre Nachahmung der Antike
|
|
auszudehnen. Die religiösen Vorwürfe und Gestalten hatten schon lange
|
|
ihre feste Form bekommen; jetzt wurde im Anschluß an die Antike aufs
|
|
eifrigste die Mythologie und Allegorie gepflegt. Die antiken Götter
|
|
entstanden, trotz der Reaktion in der Kirche, zu neuem Leben; freilich
|
|
nicht als Andachtsbilder, sondern als allegorisches Beiwerk. Daher wurde
|
|
ihnen unbeanstandet selbst in die Kirchen und in kirchlichen
|
|
Darstellungen der Eintritt gestattet.
|
|
|
|
Die Überzeugung von der Größe und Selbständigkeit der Plastik verleitete
|
|
Künstler wie Auftraggeber zu dem Streben, die Skulpturen, wenn möglich,
|
|
kolossal zu gestalten. Während die Frührenaissance ihre Figuren
|
|
regelmäßig etwas unter Lebensgröße bildete, ist in der Hochrenaissance
|
|
der kolossale Maßstab beinahe Regel; was die Skulptur an Interesse durch
|
|
den Mangel an individuellen Gestalten eingebüßt hatte, sollte durch die
|
|
überwältigende Wirkung des Kolossalen wieder eingebracht werden. Ein
|
|
anderes Mittel zum gleichen Zweck, das Aufsuchen und Herausheben von
|
|
Gegensätzen, wird geradezu zu einem der leitenden Grundsätze für die
|
|
Plastik der Hochrenaissance; nicht nur die Gegensätze in Geschlecht und
|
|
Alter, deren typische Gestaltung die Künstler anstreben, sondern bei der
|
|
einzelnen Figur der Gegensatz zwischen Körper und Kopf, sowie namentlich
|
|
zwischen den beiden Seiten des Körpers. Der »contra-posto«: das
|
|
Hervortreten der einen Körperseite gegen die andere, die scharfe
|
|
Betonung zwischen Spielbein und Standbein und ein entsprechender
|
|
Gegensatz in der Bewegung der beiden Arme, ist den meisten Bildhauern
|
|
der Hochrenaissance ein viel wichtigeres Gesetz als das Studium der
|
|
Natur.
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Die Richtung auf das Große und Schöne in der Kunst des Cinquecento
|
|
entstand als natürliche Gegenwirkung gegen die einseitige Betonung des
|
|
Wirklichen und Gefälligen in der Kunst des Quattrocento; sie wurde
|
|
außerdem, ganz besonders in der Skulptur, gefördert durch das erneute,
|
|
völlig veränderte Studium der Antike; der innerste Antrieb, aus dem sie
|
|
hervorging, liegt jedoch in der geistigen Strömung der Zeit, die schon
|
|
Ende des XV. Jahrh. in Florenz die reformatorische Bestrebung
|
|
Savonarola's hervorrief und später, in andere Kanäle geleitet, durch
|
|
die Päpste selbst zur Gegenreformation gestaltet wurde. Das Wirkliche,
|
|
das rein Menschliche verdammte sie im Leben wie in der Kunst, die sie
|
|
nur als Mittel zur Förderung religiöser und kirchlicher Zwecke, im
|
|
weitesten Sinne, gelten lassen wollte; daher die bewußte Abkehr von der
|
|
Natur.
|
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|
|
Im Gebiete der Malerei und teilweise auch der Architektur sehen wir ein
|
|
verwandtes Streben die köstlichsten Früchte zeitigen, wenn auch nur
|
|
während eines kurzen Zeitraums und bei einer kleinen Zahl besonders
|
|
begnadigter Künstler: in der gleichzeitigen Plastik ist dies, den Einen
|
|
Michelangelo ausgenommen, keineswegs der Fall; die Bildwerke der
|
|
Hochrenaissance befriedigen nur ganz ausnahmsweise in dem Maße wie die
|
|
der vorausgegangenen Epoche oder halten doch bei näherer und
|
|
wiederholter Betrachtung keineswegs, was sie auf den ersten Blick
|
|
versprechen. Die Plastik war aber auch von vornherein in einer weit
|
|
weniger günstigen Lage als ihre Schwesterkünste. Abgesehen davon, daß
|
|
die Aufgaben der Kirche an sich für die plastische Darstellung weit
|
|
weniger geeignet sind wie die griechische Mythologie, konnten auch die
|
|
allegorischen Gestalten und die der Antike entlehnten Motive, da sie
|
|
nicht aus dem Volksbewußtsein hervorgegangen waren, sich nicht typisch
|
|
ausbilden und erscheinen daher als etwas Künstliches und Fremdartiges.
|
|
Auch mußte in der Plastik die Absichtlichkeit, die bewußte Abwendung von
|
|
dem Individuellen und das Zurschautragen stilistischer Gesetze, welche
|
|
zum Teil ohne wirkliche Grundlage waren, von besonders ungünstiger
|
|
Wirkung sein, sobald nicht ein Genie, wie das Michelangelo's, die
|
|
Aufgabe erfaßte. Daher leiden die Bildwerke der Hochrenaissance vielfach
|
|
an nüchterner Einförmigkeit, gesuchter Ziererei und leerer
|
|
Empfindungslosigkeit, die sich doppelt fühlbar machen durch den
|
|
kolossalen Maßstab. Dies ganz besonders bei der Darstellung des Nackten,
|
|
das ja am wenigsten eine Behandlung nach der Schablone verträgt.
|
|
|
|
Bei dieser Richtung ist es begreiflich, daß in der Plastik der
|
|
Hochrenaissance das Porträt in den Hintergrund tritt und, wo es
|
|
ausnahmsweise gefordert wird, der Mangel an naiver Naturanschauung der
|
|
vollen Wiedergabe der Persönlichkeit meist hinderlich ist. Ebenso
|
|
schlimm, obgleich aus anderen Gründen, ergeht es dem Relief, auf das die
|
|
Künstler zwar keineswegs Verzicht leisten, das aber mit Übertreibung
|
|
römischer Vorbilder regelmäßig als Hochrelief derart behandelt wird, daß
|
|
es mehr einer Gruppe von Freifiguren gleicht, worin die Leere und
|
|
Unwahrheit der Formen und die Einförmigkeit in der Bildung derselben
|
|
durch die Zahl der Figuren besonders ungünstig zur Geltung kommen.
|
|
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Der Mangel an Individualität in dieser Kunst führt zu einer immer
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stärkeren Verwischung der lokalen Verschiedenheiten, auch an den
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besonders kunstthätigen Orten; und dieser Prozeß der Uniformierung der
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ganzen italienischen Skulptur wird noch beschleunigt durch den
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überwältigenden Einfluß, welchen Michelangelo allmählich auf fast alle
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italienische Bildhauer ausübt. Es kann daher in dieser Zeit auch nicht
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mehr von örtlichen Schulen in der italienischen Plastik die Rede sein,
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sondern nur von einzelnen Künstlern und den Schulen, welche sich an ihre
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Werkstätten anschließen. Nur an kleineren Orten, fern vom großen
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Verkehr, erhalten sich gelegentlich einzelne Künstler mehr in ihrer
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Eigenart; und hier bleibt zugleich der Einfluß der älteren Kunst noch
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mehr oder weniger lebendig. Daher sind die Leistungen verschiedener
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solcher Künstler (wie besonders Begarelli) lebenswahrer und erfreulicher
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als die der meisten gefeierten Bildhauer, die von einem Hof zum andern
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gezogen wurden. Dieses Wandern der Künstler, welches den für eine
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gesunde Kunstentwickelung unentbehrlichen Zusammenhang mit der Heimat
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noch mehr lockert, ist ein besonders charakteristisches Merkmal für die
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Skulptur der Hochrenaissance. Ein förmliches Reislaufen beginnt unter
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den italienischen Bildhauern; in Scharen ziehen sie selbst über die
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Grenzen Italiens hinaus: nach Frankreich, Spanien, Portugal, England,
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Deutschland, Ungarn und bis nach Polen und Rußland. Andererseits kommen
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jetzt, durch wechselseitige politische oder Handelsbeziehungen, mehr und
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mehr auch fremde Künstler nach Italien, insbesondere Bildhauer, von
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denen einzelne dauernd hier Beschäftigung fanden und einen nicht
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unwesentlichen Anteil an der Entwickelung der italienischen Skulptur
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genommen haben. Beide Umstände trugen dazu bei, den nationalen Charakter
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derselben zu beeinträchtigen oder abzuschwächen.
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* * * * *
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An die Spitze der neuen Zeit wird herkömmlich eine Gruppe toskanischer
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Bildhauer gestellt, deren Jugendentwickelung noch ganz im Quattrocento
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liegt, bei denen sich aber die charakteristischen Merkmale der
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Hochrenaissance schon von ihren ersten Arbeiten an geltend machen. In
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Florenz ausgebildet, ist auch ihre erste beglaubigte Thätigkeit an
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Florenz geknüpft. Aber alle diese Künstler, selbst der älteste und
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gefeiertste unter ihnen, Andrea Sansovino, treten erst im letzten
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Jahrzehnt des XV. Jahrh. mit größeren Arbeiten an die Öffentlichkeit, zu
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einer Zeit, als ihr jüngerer Landsmann _Michelangelo Buonarroti_ (1475
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bis 1564) bereits durch seine ersten Jugendwerke ein künstlerisches
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Genie verraten hatte, das schon seine Zeitgenossen in seiner
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Eigenartigkeit und Überlegenheit allen mitlebenden Künstlern gegenüber
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richtig erkannten. Michelangelo prägt, von seinen ersten Arbeiten an, so
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stark und rein den Charakter der Hochrenaissance in sich aus, er hat so
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wesentlich zur Entfaltung und Entwickelung derselben beigetragen, er
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erscheint von frühester Jugend so eigenartig und selbständig und von
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einer so magischen Einwirkung auf seine Zeitgenossen, die er, trotz
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seiner persönlichen Vereinsamung, allein durch seine Werke in seinen
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Kreis bannte, daß jede Besprechung dieser Zeit mit ihm beginnen soll.
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Michelangelo ist in allen bildenden Künsten gleich heimisch: der
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Petersdom und die Deckenbilder der Sixtina sind zwei der großartigsten
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Kunstschöpfungen aller Zeiten; als Bildhauer hat er zwar nichts
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vollendet, was sich dem ebenbürtig an die Seite setzen ließe, aber doch
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war die Plastik sein eigenstes Feld. Er selbst betrachtete sich in
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erster Linie als Bildhauer und fühlte sich am wohlsten, wenn er den
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Meißel in der Hand führte. Neben allen anderen großen Aufgaben ist er
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daher auch fast ununterbrochen als Bildhauer thätig gewesen.
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Als Bildhauer tritt er uns zuerst entgegen und ist sogar in den ersten
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zehn Jahren selbständiger künstlerischer Beschäftigung fast
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ausschließlich als solcher thätig. Zwei bezeugte Jugendarbeiten, die er
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mit etwa 17 Jahren ausführte: das Flachrelief der Madonna an der Treppe
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und das unfertige Hochrelief mit dem Kentaurenkampf im Museum Buonarroti
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in Florenz, zeigen schon in auffallender Weise die wesentlichsten Züge
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seiner Eigenart; das Madonnenrelief in den individualitätslosen Typen
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von Mutter und Kind; in der mächtigen Bildung und den malerischen
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Wendungen der Körper, den kleinen Köpfen, der meisterhaften Behandlung
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der Extremitäten, der eigentümlich tastenden Bewegung der Finger, die
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wie ein unwillkürlicher Ausdruck des verschlossenen Lebens erscheint.
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Die Kampfesscene, obgleich überfüllt, ist ausgezeichnet durch die große
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vielseitige Gestaltung der Motive und die Art, wie die schönen nackten
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Körper in der mannigfaltigsten Weise zur Geltung gebracht sind. Während
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Michelangelo's Aufenthalt in Bologna, wohin er im Juli 1494 geflohen
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war, entstanden drei Statuetten für die Arca in S. Domenico, von denen
|
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noch der knieende Engel mit dem Leuchter und der hl. Petronius erhalten
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sind. Der unruhige, motivlose Faltenwurf der dicken Gewänder, beim
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Petronius sogar die Haltung und der Typus erscheinen hier deutlich
|
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beeinflußt durch den geistesverwandten Quercia, dessen großartige
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Bildwerke am Portal von S. Petronio auf den jungen Künstler einen tiefen
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Eindruck machten.
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[Abbildung: 209. Marmorstatue des Giovannino von Michelangelo.]
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Im Sommer 1495 war Michelangelo wieder in Florenz; die Arbeiten, die er
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hier in Jahresfrist bis zu seiner Abreise nach Rom ausführte: ein
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schlafender Amor, der so sehr im Anschluß an die Antike gebildet war,
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daß er als antik in den Handel kam, und eine Statue des jugendlichen
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Johannes des Täufers schienen verloren, bis die letztere vor zwei
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Jahrzehnten in Pisa wieder auftauchte; sie befindet sich heute im
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Berliner Museum (No. 209). Die schlanken Verhältnisse, die leichte, fast
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tänzelnde Bewegung, teilweise auch das ungewöhnliche Motiv werden auf
|
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den ersten Blick die Benennung dieser Marmorstatue befremdlich
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erscheinen lassen; eine nähere Betrachtung ergiebt aber die
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charakteristischen Merkmale von Michelangelo's Kunst im Großen wie im
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Einzelnen, und speziell die Eigenart der frühen Zeit, in der die Figur
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entstanden sein muß. Das Motiv: der junge Prophet ist im Begriff, ein
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mit Honig gefülltes Horn (dessen Spitze abgebrochen ist) zum Munde zu
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führen, den er aus den Waben in der Linken auslaufen ließ, ist gerade,
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weil es so unbedeutend und selbst banal ist, für die realistische
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Auffassungsweise Michelangelo's bezeichnend. Dasselbe gilt für den
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Übergang aus einer Thätigkeit in die andere, durch welche die Figur eine
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zwar unruhige, aber von verschiedenen Standpunkten sehr mannigfache und
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wirkungsvolle Erscheinung bekommt. Auch gewisse Eigentümlichkeiten im
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Einzelnen sind für Michelangelo, und zwar gerade für diese frühe Zeit
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charakteristisch: die Behandlung der Haare (wie beim Bacchus), die
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Stellung der Finger und Zehen und ihre Bildung, das Band über Brust und
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Schulter, die Falten im Fell und die Behandlung desselben, der felsige
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Fußboden und der Baumstamm bis zu den technischen Eigentümlichkeiten in
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der Anwendung des Bohrers, in der Handhabung von Meißel und Zahneisen,
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wie sie namentlich an den mehr skizzenhaft behandelten Teilen (im
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Baumstamm, am Fell und am Boden) zu Tage treten. Wenn einzelne andere
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kleine Eigenarten des jungen Künstlers hier nicht zu finden sind, wenn
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z. B. die Augensterne und die Ränder der Lippen nicht so unbestimmt sind,
|
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wie in den Bologneser Statuetten, und andererseits weit weniger scharf
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als in den ersten römischen Arbeiten, so kann der Grund dafür darin
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liegen, daß diese Figur gerade zwischen jenen beiden Gruppen von Werken
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liegt; in einer Zeit, aus der uns kein zweites Werk erhalten ist: vor
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Allem sind solche kleine Abweichungen aber in der eigentümlichen
|
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Aufgabe, einen halbwachsenen Jüngling darzustellen, und in individuellen
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Besonderheiten begründet, wie sie in jedem Werke eines großen Meisters
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sich ergeben. Sie kommen aber auch in ihrer Gesamtheit gar nicht in
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Betracht neben der Erscheinung der Statue, die durch die Schönheit der
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Konturen, die meisterhafte Wiedergabe der Formen und die vollendet feine
|
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und ungewöhnlich originelle Wiedergabe der Oberfläche überzeugend auf
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Michelangelo hinweist, und zwar auf seine früheste, in der Wiedergabe
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der Natur noch beinahe schlichte, vielfach von dem Studium der Antike
|
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bedingte Zeit.
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Die beiden erhaltenen Arbeiten Michelangelo's, welche während seines
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ersten Aufenthalts in Rom (1496-1500) entstanden: der Bacchus im
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Bargello und die Pieta im Peter zu Rom, haben unter sich große
|
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Verwandtschaft und gehören zu den glücklichsten plastischen Schöpfungen
|
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des Künstlers. Beim Bacchus hat der Künstler zwar wieder, wie beim
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Giovannino, ein unangenehm naturalistisches Motiv gewählt: im Rausch
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unsicher stehend, lächelt er mit stierem Blick den Weinbecher an. Auch
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über die vollen, feisten Formen muß sich der Beschauer hinwegsetzen, um
|
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zum reinen Genuß des in der meisterhaften Wiedergabe der Natur
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unübertrefflichen Körpers zu gelangen. Eine Vorstudie zu dieser Figur,
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der kleinere Bacchus mit dem Satyr im Gange der Uffizien, als
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Restauration eines antiken Torso entstanden (freilich durch keinerlei
|
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Überlieferung bezeugt), ist im Motiv weit glücklicher, wohl in Folge des
|
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notwendigen Anschlusses an die Antike. Die Pieta (1498/99) im St. Peter
|
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zu Rom ist, wenn auch nicht die freieste, so doch die edelste plastische
|
|
Schöpfung Michelangelo's. Die Anordnung kann nicht schöner gedacht
|
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werden, der Gegensatz zwischen dem vollendet schönen nackten Körper
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Christi und der in dichte faltenreiche Gewänder gehüllten Maria,
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zwischen dem Leichnam und der lebendigen Gestalt ist ebenso
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wirkungsreich wie maßvoll; und die Art, wie der stumme Schmerz der
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Mutter in der Bewegung der linken Hand zum Ausdruck gebracht ist, zeugt
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von feinster psychologischer Beobachtung. Mit dem weichen Fluß in der
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Behandlung der Glieder und der Gewandung steht hier, wie in den
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gleichzeitigen und wenig späteren Arbeiten, die bronzeartige Schärfe in
|
|
der Behandlung des Mundes, der Augen, der Nasenflügel in eigentümlichem
|
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Gegensatze. Darin wie in der gehaltenen Stimmung, der ruhigen Haltung
|
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und dem stummen, ernsten Ausdruck von Mutter und Kind steht der Pieta
|
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die kleine Madonnenstatue in Notredame zu Brügge noch sehr nahe,
|
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obgleich sie erst mehrere Jahre später, nach der Rückkehr nach Florenz
|
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(Sommer 1501) entstand und daher in der Gewandung und Fleischbehandlung
|
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noch vollendeter ist. In die gleiche Zeit fallen vier Marmorstatuetten
|
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für den Altar Piccolomini im Dom zu Siena; der Maßstab und das
|
|
Zusammenarbeiten mit einem Künstler wie Andrea Bregno wirkten ungünstig
|
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auf Michelangelo. Er läßt den Beschauer in keinem anderen Werke so
|
|
gleichgültig, wie in diesen Figuren.
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Die Arbeit, welche damals sein ganzes Interesse in Anspruch nahm, war
|
|
die Kolossalfigur des David (jetzt in der Akademie zu Florenz): sie
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wurde ihm im August 1501 in Auftrag gegeben und konnte im Frühjahr 1504
|
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schon zur Aufstellung vor dem Palazzo Vecchio kommen. Der David ist der
|
|
reinste und glücklichste Ausdruck von dem, was Michelangelo in dieser
|
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früheren Zeit in einer Einzelfigur zu geben bestrebt war. Daß diese
|
|
Gestalt eines jugendlichen Herkules seit ihrer Aufstellung eine ganz
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außerordentliche Bewunderung gefunden hat, verdankt sie nicht nur ihrer
|
|
imposanten Wirkung durch den kolossalen Maßstab, auch nicht allein der
|
|
wohl niemals übertroffenen Naturwahrheit, durch welche sie selbst für
|
|
den Anatomen eine Quelle zum Studium der Natur ist: ihre Wirkung, die
|
|
ungewöhnlich plastische Erscheinung dieser Schöpfung Michelangelo's
|
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liegt namentlich auch in der Wahl eines glücklichen Motivs und in dem
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vollen Aufgehen von Körper und Geist in diesem Motiv: der jugendliche
|
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Kämpe (keineswegs ein kolossaler Knabe, wie man ihn irrtümlich genannt
|
|
hat) faßt seinen Feind scharf ins Auge, um den Moment zum Schleudern des
|
|
Steines zu erspähen; sein ganzer Körper ist in gehaltener Anspannung zur
|
|
Vorbereitung dieses Momentes, der sein Sinnen ausfüllt. Ähnliche Vorzüge
|
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zeigen auch die zwei von der Statue noch wesentlich verschiedenen
|
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Modelle im Museo Buonarroti.
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Neben dem David arbeitete Michelangelo gleichzeitig in Florenz ein Paar
|
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Madonnenreliefs in Marmor, die beide leider unvollendet blieben; das
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eine jetzt im Bargello, das andere in der Akademie zu London. Beide Male
|
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die Madonna sitzend, das Kind an der einen, den kleinen Johannes an der
|
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anderen Seite; in ein Rund komponiert und in mäßigem Relief in fast
|
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lebensgroßen Figuren ausgeführt. Das erstere ernst und traulich, das
|
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zweite eine so anmutig naive Scene mit so neckischem Motiv, wie
|
|
Michelangelo kein zweites erfunden hat; dabei beide so hehr und schön in
|
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der Bildung der Maria, so groß und weich in der Anlage der Falten, so
|
|
meisterhaft in der Komposition im Rund (namentlich das Londoner Relief),
|
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daß diese Arbeiten als Relief der Gruppe, der Pieta und der Davidstatue
|
|
an die Seite gestellt werden dürfen.
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In die gleiche Zeit gehört wohl auch die nicht ganz vollendete
|
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Marmorfigur des knieenden »Kupido« (vielleicht Apollo?) im South
|
|
Kensington Museum, während der tote Adonis im Bargello, wenn überhaupt
|
|
von Michelangelo, doch wohl erst zur Zeit seiner Arbeit am Juliusdenkmal
|
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entstand.
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Ehe der Künstler, im März 1505, von Papst Julius II. zur Ausführung
|
|
seines Grabmonumentes nach Rom gezogen wurde, entstand die Anlage zu
|
|
einer der Kolossalgestalten der zwölf Apostel, mit denen der Künstler
|
|
den Dom seiner Vaterstadt schmücken sollte. Der Marmorblock, aus dem
|
|
diese Hünengestalt wie ein versteinertes Gebilde dem Blicke sich mühsam
|
|
enträtselt, ist heute in der Akademie zu Florenz untergebracht. Diese
|
|
Figur ist das erste Zeugnis, daß sich in Michelangelo die Wandlung zu
|
|
der Richtung bereits vollzogen hatte, in der er uns fortan entgegentritt
|
|
und in der er, namentlich durch seine Riesenschöpfungen: die
|
|
Deckenbilder der Sixtina, das Juliusmonument und die Mediceergräber, uns
|
|
vor Augen steht, wenn sein Name genannt wird. Hatte der Künstler bis
|
|
dahin, angeregt durch das Studium nach der Antike, die menschliche
|
|
Gestalt als Einzelfigur oder als Gruppe um ihrer Schönheit willen treu
|
|
nach der Natur zu bilden gestrebt und dadurch plastisch abgeschlossene
|
|
und vollendete Werke geschaffen, welche in ihrer Art noch den Vergleich
|
|
mit den antiken Bildwerken gestatten, so ist Michelangelo in diesem
|
|
Matthäus und in allen späteren Werken ganz er selbst, schafft er ein
|
|
eigenes Geschlecht, das unter ganz eigentümlichen Bedingungen ein Leben
|
|
für sich zu führen scheint; ein Geschlecht von gewaltiger Körperbildung,
|
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gewaltsam bewegt wie zum Ausdruck der schmerzvollen mürrischen Stimmung,
|
|
welche den Geist dieser Titanen befangen hält. Unbekümmert um einander
|
|
und in sich versunken, erscheinen sie doch von einander abhängig. In der
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Einzelfigur genügt sich der Künstler nicht mehr: eine ganze Schar dieser
|
|
Giganten bevölkert die Monumente von kolossalem Umfang, wie er sie
|
|
fortan nur noch plante. Was er mit dem Pinsel zu leisten im Stande war,
|
|
das traute er jetzt auch dem Meißel zu: leider sind deshalb alle seine
|
|
späteren plastischen Monumente sehr unvollständig und unfertig auf uns
|
|
gekommen. Ohne Rücksicht auf den Gegenstand, den er darzustellen hat,
|
|
bringt er seine biblischen oder allegorischen Gestalten in die
|
|
schwierigsten, gewagtesten Stellungen, um immer neue Schönheiten in der
|
|
menschlichen Figur veranschaulichen zu können. So gesucht und oft
|
|
gewaltsam wie diese Bewegungen sind, so wenig naiv ist jetzt auch seine
|
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Wiedergabe des menschlichen Körpers. Freilich beruht sie nach wie vor
|
|
auf einer so gründlichen Kenntnis der Natur, wie sie wohl kein anderer
|
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Künstler irgend einer Zeit besessen hat. Aber gerade diese
|
|
wissenschaftliche Gründlichkeit, namentlich seine anatomischen Studien
|
|
verleiteten den Künstler, nicht die einfache Erscheinung, sondern
|
|
gewissermaßen die Ursächlichkeit derselben zu geben: den Knochenbau, die
|
|
Muskeln und Sehnen dem Beschauer unter der Haut nur wie durch »einen
|
|
Schleier« sehen zu lassen.
|
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Michelangelo wurde im März 1505 nach Rom berufen, um ein Grabmal für
|
|
Papst Julius zu entwerfen. Ehe er an die Ausführung des ersten Planes,
|
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der ein Freigrab in Aussicht nahm, gehen konnte, erkaltete das Interesse
|
|
des Papstes über seinen Plänen für den Neubau der Peterskirche. Auch
|
|
fiel dazwischen ein Aufenthalt Michelangelo's in Florenz und in Bologna
|
|
(zur Ausführung der Bronzestatue des Papstes, die bald darauf vernichtet
|
|
wurde), und später die Ausmalung der Decke der Sixtina: erst 1513 kam es
|
|
zu einem neuen Plane (Original-Zeichnung in der Sammlung A. von
|
|
Beckerath in Berlin). Der hohe, an drei Seiten freie Aufbau sollte
|
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danach unten Victorien und gefesselte Sklaven (als Allegorien der
|
|
eroberten Provinzen), oben auf dem Sarkophag die knieende Figur des
|
|
Papstes zwischen zwei Engeln mit der Madonna darüber und sitzende
|
|
Kolossalfiguren an den Seiten (worunter der Moses) enthalten. Der
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Künstler ging mit dem Feuereifer, der ihn besonders für dieses Monument
|
|
erfüllte, an die Arbeit; aber schon 1516 wurde die Ausdehnung desselben
|
|
durch einen neuen Vertrag mit Papst Leo X. eingeschränkt und bald darauf
|
|
auch die Arbeit durch Aufträge für Florenz unterbrochen. Das Monument,
|
|
welches 1545 in S. Pietro in Vincoli zur Aufstellung kam, ist zum
|
|
größten Teil von Schülern ausgeführt, und erscheint fast wie eine
|
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Karikatur des ersten großartigen Planes. Abgesehen von den beiden erst
|
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spät in Aussicht genommenen, wenig bedeutenden Figuren von Lea und Rahel
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ist hier nur der kolossale Moses von des Meisters Hand. Ohne die für ihn
|
|
geplanten Nachbarfiguren und in ungünstiger Aufstellung übt diese Figur
|
|
doch eine ganz außerordentliche Wirkung durch die mächtige Bildung der
|
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Glieder, die energische Wendung und die nur mühsam verhaltene innere
|
|
Erregung. Die herrlichen beiden »Sklaven« im Louvre, die vier, erst aus
|
|
dem Rohen gehauenen Kolosse in einer Grotte des Giardino Boboli zu
|
|
Florenz und die Gruppe mit dem Sieg im Bargello sind weitere Zeugnisse
|
|
dessen, was Michelangelo in diesem Monument der Welt hatte bieten
|
|
wollen.
|
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|
|
Auch das zweite große Monument, die Mediceergräber in S. Lorenzo zu
|
|
Florenz, seit 1519 geplant, aber erst 1524 nach der Wahl des zweiten
|
|
Mediceerpapstes Clemens VII. in Angriff genommen, ist nur in einem Teile
|
|
seines Planes zur Ausführung gekommen, und auch dieser Teil wurde nicht
|
|
ganz vollendet, da Michelangelo, seitdem er Florenz 1534 für immer
|
|
verließ, auch die Arbeit an diesen Monumenten liegen ließ. Die
|
|
Grabkapelle der Mediceer enthält nur die beiden Denkmäler des jüngeren
|
|
Lorenzo und seines Onkels, des jüngeren Giuliano de' Medici; beide in
|
|
Nischen sitzend, unter ihnen, auf den Sarkophagen die nackten Gestalten
|
|
des Tages und der Nacht, des Abends und des Morgens; an einer dritten
|
|
Wand die Statue der Madonna zwischen den, von Montorsoli und Montelupo
|
|
ausgeführten, Statuen der Schutzheiligen der Mediceerfamilie, Cosmus und
|
|
Damianus. Auch hier sind die Stellungen und Bewegungen meist gesucht und
|
|
teilweise geradezu gewaltsam, und in den Porträtstatuen ist auf das
|
|
Porträtartige so gut wie ganz verzichtet. Aber so wenig ihrer Idee
|
|
Entsprechendes, so wenig Persönliches diese Gestalten haben, so stark
|
|
spricht die Persönlichkeit des Künstlers aus ihnen: der eigene
|
|
leidenschaftliche Geist, der rastlos und unbefriedigt nach dem Großen
|
|
und Gewaltigen strebt, wohnt auch diesen seinen Schöpfungen inne und
|
|
zieht uns, trotzdem sie auf den ersten Blick abstoßen, mit magischer
|
|
Gewalt immer wieder zu ihm hin. Dieser leidenschaftliche Sinn, der
|
|
mühsam und widerwillig zurückgehalten scheint, äußert sich in den wie in
|
|
schwerer Ruhe versunkenen Riesenleibern nur in vereinzelten, aber
|
|
heftigen Bewegungen einzelner Teile, wie das Wetterleuchten eines fernen
|
|
Ungewitters.
|
|
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|
[Abbildung: Michelangelo's Grabmal des Lor. de' Medici in S. Lorenzo
|
|
zu Florenz.]
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Was Michelangelo zwischen und nach diesen Monumenten an Bildwerken noch
|
|
geschaffen hat, ist meist nicht über die Anlage hinaus gekommen. Die
|
|
einzige Ausnahme, die Christusstatue in der Minerva zu Rom (vollendet
|
|
1521), in der ruhigen Haltung, in der ungesuchten Schönheit der nackten
|
|
Männergestalt den früheren Werken noch verwandt, ist in einzelnen
|
|
Extremitäten durch die Hand eines Gehülfen beeinträchtigt. Nur im Rohen
|
|
zugehauen sind der »Apollo« im Bargello und eine kauernde Gestalt in der
|
|
Leuchtenberg-Sammlung zu St. Petersburg; die unter dem Namen des Brutus
|
|
bekannte Büste im Bargello, groß in der Bewegung und edel in der
|
|
Gewandung, macht schon einen fertigeren Eindruck. Von zwei Gruppen der
|
|
Kreuzabnahme, die seiner späteren römischen Zeit angehören, ist
|
|
diejenige im Pal. Rondanini zu Rom nur ein kleines Bruchstück;
|
|
wundervoll in einzelnen ausgeführten Teilen des Leichnams und merkwürdig
|
|
als Beweis, wie der Künstler sich bei seiner Art nach kleinen Modellen
|
|
die Figuren direkt und ohne Punktierung aus dem Marmor herauszuhauen,
|
|
gelegentlich verhauen konnte. Die zweite, größere Gruppe, die unfertig
|
|
jetzt im Dom zu Florenz steht, ist edel und auffallend maßvoll für diese
|
|
späte Zeit.
|
|
|
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* * * * *
|
|
|
|
Neben Michelangelo treten die gleichzeitigen Bildhauer auch in Florenz
|
|
vollständig in den Hintergrund. Ohne ausgeprägte Eigenart, und ohne
|
|
tiefere Kenntnis der Natur unterscheiden sie sich hauptsächlich durch
|
|
das größere oder geringere Maß ihrer Abhängigkeit von der antiken Kunst,
|
|
von Michelangelo oder von der Kunst des Quattrocento. In ihrem Streben
|
|
nach Schönheit gelingt ihnen gelegentlich eine einzelne Figur oder eine
|
|
Gruppe; auch ist die Dekoration einzelner Monumente dieser Künstler,
|
|
namentlich aus ihrer früheren, noch mit der Kunst ihrer Vorgänger
|
|
zusammenhängenden Zeit durch Geschmack, Fluß der Linien und malerischen
|
|
Reiz ausgezeichnet: in der großen Mehrzahl erscheinen aber ihre
|
|
Bildwerke nur gar zu häufig leer und oberflächlich, vielfach auch schon
|
|
schwülstig und manieriert, namentlich die Reliefs. Dies gilt für
|
|
_Giovanni della Robbia_ (geb. 1469, vergl. oben S. 79) trotz seiner
|
|
starken Abhängigkeit von der Kunst seiner Vorfahren; dies gilt auch von
|
|
_Andrea Sansovino_ (eigentlich Andrea Contucci dal Monte Sansavino,
|
|
1460-1529), dem gefeiertesten Bildhauer der Hochrenaissance nächst
|
|
Michelangelo. In einem großen Thonaltar seiner Heimatstadt Monte
|
|
Sansavino sieht der Künstler etwa einem guten Giovanni della Robbia
|
|
ähnlich. Die Dekoration der Durchgangshalle zur Sakristei und die
|
|
Sakramentsnische in Sto. Spirito, die ersten Arbeiten Sansovino's in
|
|
Florenz, seine Arbeiten in Portugal, wohin der Künstler 1491 auf acht
|
|
Jahre berufen wurde, sowie das nach seiner Rückkehr ausgeführte
|
|
Taufbecken im Battistero von Volterra (1502) sind meist verfehlt im
|
|
Aufbau, unglücklich in der Dekoration und im Reliefstil, und flüchtig
|
|
und vielfach selbst kleinlich in den figürlichen Darstellungen, denen
|
|
feinere Belebung völlig abgeht. Von diesen Arbeiten sticht ein Werk, das
|
|
der Künstler unmittelbar darauf begann, die Gruppe der Taufe Christi in
|
|
kolossalen Marmorfiguren über dem Hauptportal des Battistero zu Florenz
|
|
(begonnen 1502, erst weit später durch Vincenzo Danti vollendet), durch
|
|
Größe der Empfindung und Schönheit der Gestalten vorteilhaft ab. Doch
|
|
auch hier stört eine gewisse Absichtlichkeit und fehlt die volle
|
|
Feinheit der naturalistischen Durchbildung; Schwächen, die noch im
|
|
höheren Maße an seinen fast gleichzeitig ausgeführten (1503) Statuen der
|
|
Madonna und des Täufers in der Taufkapelle des Domes zu Genua auffallen.
|
|
Im folgenden Jahre wechselt Sansovino schon wieder seinen Aufenthalt: er
|
|
siedelt nach Rom über, wo, nach einem kleineren Grabmal im Durchgang zu
|
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Araceli (Monument des Pietro da Vincenza von 1504), seine beiden
|
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berühmten Monumente im Chor von Sa. Maria del Popolo im Auftrage Papst
|
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Julius' II. entstanden, die Denkmäler der Kardinäle Ascanio Maria Sforza
|
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(1505) und Girolamo Basso (1507). Im Aufbau den besten der älteren
|
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römischen Vorbilder, an die sich diese Monumente anlehnen, durch die
|
|
anspruchsvolle Betonung der Architektur nicht gewachsen, steht auch der
|
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figürliche Schmuck durch die zu allgemeine Schönheit der Figuren und ihr
|
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wenig glückliches Verhältnis zur Architektur, wie durch die
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unvorteilhafte Anordnung der Grabfiguren hinter den besseren
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Grabmonumenten des Quattrocento entschieden zurück. Selbst die mit
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höchster Delikatesse durchgeführte, im Einzelnen sehr reizvolle
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malerische Dekoration hat mit der Architektur eine gewisse Unruhe der
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Gesamtwirkung gemein und läßt in ihrer örtlichen Verwendung die feine
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Berechnung, in ihrer Erfindung und Durchbildung die Naturwahrheit der
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großen Meister des XV. Jahrh. vermissen. In dem Marmorgehäuse der Santa
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Casa zu Loreto, an dem Sansovino (nach Bramante's Entwurf) den
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plastischen Schmuck, unter Teilnahme zahlreicher anderer Bildhauer, von
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1513 bis zu seinem Tode 1529 ausführte, ist die Dekoration ganz
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zurückgedrängt, die Freifiguren sind den Deckenbildern Michelangelo's
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entlehnt, und in den Reliefs stört das übertriebene Herausarbeiten der
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einzelnen Figuren. Doch ist Sansovino hier in Abwägung der Kompositionen
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wie in der Durchführung immerhin noch glücklicher als in der unmittelbar
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vor seiner Übersiedelung nach Loreto ausgeführten Gruppe der Maria
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Selbdritt in S. Agostino zu Rom (1512), die in der Anordnung, obgleich
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von Leonardo entlehnt, verfehlt, in der Ausführung oberflächlich und
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karikiert erscheint. Das Berliner Museum besitzt in dem großen
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Marmorrelief mit dem Sturz des Phaeton (No. 227) eine charakteristische
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Arbeit Andrea's in der Art der Hochreliefs in Loreto; das Reliefporträt
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des Kardinals Ant. del Monte (No. 226) ist dagegen ein tüchtiges,
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einfach aufgefaßtes Bildnis, das durch den warmen Ton des Marmors noch
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besonders anziehend wirkt.
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Wie Sansovino's Arbeiten der späteren Zeit durch die Berührung mit
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Michelangelo und namentlich mit dem ihm nahe verwandten Raphael in Rom
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von diesen Künstlern wesentlich beeinflußt erscheinen, so hat ein
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florentiner Bildhauer, _Lorenzetto_ (Lorenzo di Lodovico gen.
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Lorenzetto, 1489-1541), wenig später in Rom direkt nach Entwürfen
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Raphaels den plastischen Schmuck der Cap. Chigi in Sa. Maria del Popolo
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ausgeführt. Die Statue des Propheten Jonas und die ganz im antiken Sinne
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erfundene Komposition des Bronzereliefs mit Christus und der Samariterin
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(jetzt am Altar) gehören zu den edelsten Arbeiten der Hochrenaissance,
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denen A. Sansovino nur die Gruppe der Taufe in Florenz an die Seite zu
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setzen hat. Wie wenig Verdienst dabei dem Lorenzetto selbst gebührt,
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beweisen dessen spätere Arbeiten, wie die Madonnenstatue am Grabe
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Raphaels im Pantheon, die Figur der Caritas am Monument Forteguerri in
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Pistoja (1514) und die nüchterne Petrusstatue auf der Engelsbrücke.
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Ein Paar florentiner Künstler, deren Thätigkeit im Wesentlichen auf ihre
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Heimat beschränkt bleibt, behalten von ihren Vorgängern und Lehrern die
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Freude an reicher Dekoration. _Andrea Ferrucci_ (1465-1526) erscheint
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in seinem großen Tabernakel im Dom zu Fiesole und im Taufbrunnen des
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Doms zu Pistoja herzlich unbedeutend in den kleinen Figuren, aber
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tüchtig im Aufbau und in der malerischen Behandlung der Dekoration. Im
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höheren Maße gilt dies noch von _Benedetto da Rovezzano_ (1476-1556),
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dessen Altar in Sa. Trinita, dessen Kamin und Marmornischen im Bargello
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mit ihrem zierlichen malerisch behandelten Ornament wohl als die
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feinsten dekorativen Arbeiten der florentiner Hochrenaissance gelten
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dürfen, während die kleinen Figuren an diesen Arbeiten, die Reliefs aus
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dem Leben des hl. Giovanni Gualberto (Bargello) und seine Statuen (wie
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der Evangelist Johannes im Dom) unbelebt und befangen erscheinen.
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Ferrucci's Andreasstatue im Dom (1512) leidet an denselben Mängeln;
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dagegen zeichnen sich seine Büste des Marsilio Ficino im Dom (1521) und
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eine ähnliche Büste in S. Francesco al Monte durch einfache
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Naturbeobachtung und geschmackvolle Anordnung vor den meisten
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gleichzeitigen Büsten vorteilhaft aus.
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Benedetto wurde in seiner späteren Zeit durch Kardinal Wolsey nach
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England gezogen, um dort das Grabmal dieses Kirchenfürsten auszuführen.
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Schon vor ihm war ein ähnlich veranlagter Landsmann, _Piero Torrigiano_
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(geb. 1472), durch den König selbst an den englischen Hof gezogen und
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arbeitete hier das edle Grabmonument Heinrichs VII. in Westminster
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Abbey, wo auch das einfache Grab der Mutter des Königs von seiner Hand
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ist. Später ging der Künstler nach Spanien; unter den dort ausgeführten
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Bildwerken ist die bemalte Thonfigur des hl. Hieronymus im Museum zu
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Sevilla die tüchtigste. Weit manierierter ist als Bildhauer der bekannte
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Architekt _Francesco di Sangallo_ (1493 bis 1570), wie seine
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Marmorgruppe der Madonna mit Anna in Or San Michele (1526) und das
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Monument des Bischofs Angelo Medici in der Annunziata zu Florenz
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beweisen. Schlichter und naturwahrer ist seine Grabplatte des Bischofs
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Bonafede in der Certosa bei Florenz.
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Zwei andere Florentiner dieser Zeit sind uns namentlich durch ein Paar
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stattliche Bronzearbeiten bekannt. Die Gruppe der Predigt des Täufers am
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Battistero (1511), von der Hand des _Gio. Francesco Rustici_
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(1474-1554), schon stark beeinflußt durch Michelangelo, ist durch die
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Einfachheit und den Ernst der Auffassung und Anordnung, durch die Kraft
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der Gestalten eine der besten Arbeiten der Hochrenaissance überhaupt.
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Die Bronzestatue des Evangelisten Johannes an Or San Michele von _Baccio
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da Montelupo_ (1469-1533?) erscheint daneben nüchtern und gesucht.
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[Abbildung: 225. Marmorbüste der Teodorina Cibò von G. Cr. Romano (?).]
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Die Arbeiten der genannten florentiner Künstler charakterisieren sich
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regelmäßig durch eine gewisse Schwerfälligkeit und Nüchternheit, sowohl
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in der Dekoration wie in den Figuren, welche neben der eleganten
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Leichtigkeit und frischen Natürlichkeit ihrer Vorgänger besonders stark
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auffallen. Ein gleichzeitiger römischer Bildhauer und Goldschmied, der
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Sohn des Isaïa, _Gian Cristoforo Romano_ (um 1465-1512), bewahrt weit
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mehr von der einfachen Natürlichkeit und Grazie des Quattrocento.
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Freilich haben seine Arbeiten, auch die umfangreichsten, mehr den
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Charakter der Kleinkunst, welche während der Hochrenaissance durch ihren
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engeren Anschluß an die vorausgegangene Epoche und an die Bedingungen
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des Materials vielfach den Vorzug vor der monumentalen Plastik besitzt.
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Cristoforo's Mausoleum des Gian Galeazzo Visconto in der Certosa zu
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Pavia (um 1491-1497) erscheint wie ein Schmuckkästchen im Kolossalen;
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die Reliefs von seiner Hand haben noch viel Verwandtschaft mit besseren
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Arbeiten des späteren Quattrocento in Rom. Ein jüngeres Grabmonument
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seiner Hand, das des Pier Francesco Trecchi in S. Vincenzo zu Cremona
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(um 1502-1505), ist ohne feineren Sinn für den Aufbau, aber sehr
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reizvoll in der zierlichen Dekoration. Als ein Jugendwerk des Künstlers
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ist die treffliche Marmorbüste der jungen Beatrice d'Este im Louvre (um
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1491) wohl mit Recht für Cristoforo in Anspruch genommen. Nach dem
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Vergleich mit dieser Büste und verschiedenen beglaubigten Medaillen
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berühmter italienischer Frauen seiner Zeit darf auch die große
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Marmorbüste der Teodorina Cibò in der Berliner Sammlung (No. 225) mit
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Wahrscheinlichkeit auf Gian Cristoforo zurückgeführt werden. In Rom im
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Anfang des XVI. Jahrh. entstanden, zeigt dieses Werk in der
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anspruchslosen Haltung, in der klassischen Gewandung die Richtung der
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Hochrenaissance in einer schlichten Größe wie wenige Büsten der Zeit.
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In Gian Cristoforo Romano ist der Einfluß der Frührenaissance, in
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welcher der Künstler groß geworden war, ein maßgebender geblieben,
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obgleich er in Rom in Beziehung zu den großen Meistern der
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Hochrenaissance, namentlich auch zu Michelangelo stand. In höherem Maße
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ist dies noch der Fall bei mehreren gleichzeitigen oder selbst jüngeren
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Bildhauern, welche fern von den großen Kunststätten aufgewachsen waren
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und in ihrer Thätigkeit auf ihre Heimat beschränkt blieben. In einer
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Reihe von Bildwerken in den Marken, wie im Monument des Ritters
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Guidarelli im Museum zu Ravenna, oder in den beiden Marmoraltären im Dom
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von Cesena, teilweise auch noch in den Grabmonumenten des _Pietro
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Bariloto_ in Faenza (thätig um 1520-1545), sind die Vorbilder der
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venezianischen Künstlerfamilie Lombardi nur in verallgemeinerten, etwas
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verflauten Formen wiedergegeben. Ähnlich ist es nördlich von Bologna, wo
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in Parma _Gian Francesco da Grado_ in mehreren seiner Feldherrnmonumente
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in der Steccata (am Ende der zwanziger Jahre) Einfachheit im Aufbau mit
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geschmackvoller Dekoration und feiner Farbenwirkung zu verbinden weiß.
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Wie in der Plastik der Lombardei noch bis tief in das XVI. Jahrh. hinein
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die Traditionen des Quattrocento nachwirkten und selbst ein Künstler wie
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_Ag. Busti_, dessen Thätigkeit die erste Hälfte des Cinquecento
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ausfüllt ({~DAGGER~} 1548), noch auf der Grenze beider Epochen steht, ist früher
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schon ausgeführt worden (S. 138).
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In Busti und anderen Bildhauern der Lombardei bringt der Einfluß der
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neuen Zeit auf die herbe alte Kunstweise oft eine eigentümlich
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unerfreuliche Mischung hervor, die als Karikatur oder Manier wirkt. In
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dem benachbarten Modena tritt uns dagegen ein etwas jüngerer Bildhauer,
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_Antonio Begarelli_ (um 1498-1565), wenn er auch seinem Vorgänger im
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Quattrocento Guido Mazzoni die Anregung zu seiner eigentümlichen
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Kunstthätigkeit verdankt, doch als völlig freier Künstler der
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Hochrenaissance entgegen. Seine Ausbildung und Beschäftigung abseits von
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den großen Kunstcentren hatte bei ihm nur die günstige Wirkung, daß er
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seine Richtung besonders eigenartig entwickelte und von fremden,
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barocken Einflüssen freihielt. Die hervorstechende Eigentümlichkeit
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seiner Kunstwerke: die Anordnung seiner Kompositionen als Gruppen von
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großen Freifiguren in Thon, ist freilich stilistisch ein Unding, da sie
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als plastische Nachbildung lebender Bilder erscheint und nur durch die
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Aufstellung in Kapellen und Nischen einen Abschluß bekommt. Aber in der
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Auffassung, in der Bildung der einzelnen Gestalten, in der Gewandung und
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Haltung derselben kommen ein Ernst und Schönheitssinn zum Ausdruck, wie
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ihn selbst Andrea Sansovino nicht aufzuweisen hat, der auch an
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Lebenswahrheit die Gestalten Begarelli's selten erreicht. Freilich sind
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dieselben so sehr auf die Zusammenstellung in Gruppen berechnet, daß
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seine Einzelfiguren regelmäßig unruhig und unsicher in der Haltung
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erscheinen. Die Kirchen Modenas sind reich an Werken seiner Hand: die
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Beweinung Christi in S. Pietro, und derselbe Gegenstand in Sa. Maria
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Pomposa, die Kreuzabnahme in S. Francesco, Christus bei Martha in
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S. Domenico sind seine bekanntesten Gruppen; Einzelstatuen an mehreren
|
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Stellen; auch außerhalb Modenas (in S. Benedetto bei Mantea und
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S. Giovanni zu Parma). Die Berliner Sammlung besitzt eine kleinere
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Gruppe Begarelli's: Christus am Kreuz mit schwebenden und knieenden
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Engeln zur Seite (No. 259); eine Arbeit, die wohl geeignet ist, die
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eigentümlichen Schönheiten der Kunst des Meisters zu kennzeichnen,
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daneben aber auch, als allgemeines Erbteil der Hochrenaissance, eine
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gewisse Allgemeinheit in Ausdruck und Formengebung, Absichtlichkeit in
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der Anordnung und Kälte der Wirkung durch die Farblosigkeit nicht
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verleugnet.
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In Bologna vertritt _Alfonso Lombardi_ (1497-1537) eine dem Begarelli
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verwandte Richtung. Auch von ihm sind ähnliche Thongruppen erhalten: die
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farbige Gruppe der Beweinung Christi im Dom und die farblose des Todes
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Mariä im Sta. Maria della Vita (1519); letztere in der Häufung der
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|
Figuren, in der anspruchsvollen Haltung derselben und der barocken
|
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Auffassung eine eigentümliche Verirrung dieser Kunstgattung. Seine
|
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kleineren Gruppen und Reliefs außen und innen an der Fassade von
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|
S. Petronio sind durch Geschmack und malerische Wirkung ausgezeichnet;
|
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dasselbe gilt auch von den kleinen Marmorreliefs am Untersatz der Arca
|
|
in S. Domenico.
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Mit Alfonso war der Florentiner _Tribolo_ (Niccolo Pericoli gen,
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Tribolo, 1485-1550) am Schmuck der Fassade von S. Petronio thätig. Im
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Anschluss und unter der Einwirkung von Quercia's Arbeiten an der Fassade
|
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sind namentlich die kleinen Reliefs an den Thüren weit stilvoller in der
|
|
Reliefbehandlung, einfacher in der Anordnung und lebendiger in der
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Schilderung als die gleichzeitigen Arbeiten an der Santa Casa des Andrea
|
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Sansovino, an der auch Tribolo später thätig war, oder als die Reliefs
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der Capella del Santo in S. Antonio zu Padua.
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Tribolo war in Florenz Schüler des _Jacopo Sansovino_ (eigentlich Jacopo
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Tatti, 1486-1570). Groß geworden in Florenz in der Werkstatt des Andrea
|
|
Sansovino, dem er seinen Namen verdankt, dann in Florenz und später in
|
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Rom thätig, hat Jacopo seine Eigenart doch erst nach seiner
|
|
Übersiedelung nach Venedig (1527) voll ausgebildet. Für diese Stadt ist
|
|
der Künstler zugleich von hervorragender Bedeutung geworden durch die
|
|
dort von ihm ausgebildete Schule, die, im Anschluß an die gleichzeitige
|
|
Architektur, in Verbindung mit der Malerei und unter dem entschiedenen
|
|
Einflusse derselben nahezu ein Jahrhundert lang eine reiche Thätigkeit
|
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entfaltete. Sansovino's Arbeiten in Florenz: der hl. Jacobus im Dom
|
|
(1511-1513) und der jugendliche Bacchus im Bargello, und die römischen
|
|
Bildwerke: die Madonnenstatue in S. Agostino, die kleine Wachsgruppe
|
|
einer Kreuzabnahme (jetzt im South Kensington Museum) u. a. m., stehen
|
|
noch ganz unter dem Einflusse seines Lehrers Andrea, sind aber frischer,
|
|
lebendiger und individueller als dessen Werke; dies gilt namentlich von
|
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der köstlichen Jünglingsgestalt des Bacchus. Als eine Arbeit seines
|
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römischen Aufenthalts (um 1511-1515) bezeichnet Vasari, freilich nur
|
|
als wahrscheinlich, ein Brustbild des Kardinals Ant. del Monte in
|
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Hochrelief, welches jetzt das Berliner Museum besitzt (No. 226). Die
|
|
Formenbehandlung dieses energisch aufgefaßten Kopfes scheint jedoch eher
|
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auf Andrea Sansovino selbst wie auf seinen Schüler zu deuten (vergl.
|
|
S. 163). Für den Einfluß Michelangelo's auf Jacopo in der späteren Zeit
|
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seines Aufenthalts in Rom ist das große Thonrelief der Madonna in
|
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unserer Sammlung (No. 232) besonders bezeichnend, ein Werk von großer
|
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Wirkung.
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[Abbildung: 230. Bemaltes Stuckrelief der Madonna von Jac. Sansovino.]
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In Venedig wurde Sansovino's bildnerischer Stil wesentlich bestimmt
|
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durch seine umfangreiche Thätigkeit als Architekt und durch das
|
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Zusammenleben mit den ihm überlegenen Malern, namentlich mit Tizian und
|
|
Tintoretto. Nicht, daß er im Stande gewesen wäre, die plastische Kunst
|
|
Venedigs ebenbürtig auf einen Platz neben die venezianische Malerei zu
|
|
heben: seine Bildwerke und die der zahlreichen Schüler, welche er in
|
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Venedig um sich versammelte, sind kaum weniger allgemein und
|
|
oberflächlich und sind gelegentlich ebenso manieriert, als die seiner
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Zeitgenossen außerhalb Venedigs. Aber sie haben den großen Vorzug einer
|
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glücklichen Verbindung mit der Architektur und einer malerischen Wirkung
|
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durch Auffassung, Behandlung und Material (vielfach Bronze). Sie fügen
|
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sich geschickt in ihre Umgebung, sind in ihrer Art meist lebensvoll und
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ohne besondere Ansprüche, und haben nicht selten gerade dadurch zugleich
|
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eine vornehme und selbst große Erscheinung; ähnlich etwa wie die Werke
|
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des Tintoretto, dessen Porträts auch die Büsten dieser Künstler nahe
|
|
kommen.
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Sansovino's Werke in Venedig sind sehr zahlreich und mannigfaltig. Sehr
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nüchtern erscheint er in den beiden späten Kolossen an der Treppe des
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Dogenpalastes. Besonders malerisch und elegant sind dagegen die
|
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Bronzestatuen und Reliefs an der Loggietta (um 1540); ähnlichen Reiz
|
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besitzen die verschiedenen kleineren Bronzearbeiten im Chor von
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|
S. Marco, namentlich die sitzenden Apostel. Unter mehreren Grabmälern
|
|
sind das Monument Venier ({~DAGGER~} 1556) in S. Salvatore und das des Thomas von
|
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Ravenna mit der sitzenden Bronzestatue über der Thür von S. Giuliano die
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ansprechendsten. Für seine Behandlung der Madonnenreliefs bieten
|
|
verschiedene Arbeiten der Berliner Sammlung besonders charakteristische
|
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Beispiele. Das bemalte Hochrelief der Madonna zwischen Heiligen (No.
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231), das noch in Anlehnung an Altarbilder des Quattrocento aufgebaut
|
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ist, zeigt im Reliefstil wie in den Figuren die Einflüsse seines Lehrers
|
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Andrea mit denen Michelangelo's gemischt. Ein Paar große Stuckreliefs in
|
|
flachem Relief (No. 230 und 230A), mit alter Bemalung, sind durch ihre
|
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malerische Wirkung und eine gewisse Größe der Auffassung ausgezeichnet.
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Von besonderem Interesse sind sie durch den Anschluß des Künstlers an
|
|
Vorbilder des Quattrocento, namentlich an Donatello.
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|
[Abbildung: 247. Marmorbüste des Ott. Grimani von Al. Vittoria.]
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Sansovino's Schüler, die er aus allen Gegenden um sich versammelte,
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haben unter der starken Einwirkung ihres Meisters einen diesem nahe
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verwandten gemeinsamen Charakter, soweit nicht Einflüsse anderer Meister
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in ihnen schon übermächtig geworden waren, wie bei dem Florentiner Bart.
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|
Ammanati und Danese Cattaneo aus Carrara (1509-1573). Von _Alessandro
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Vittoria_ aus Trient (1525-1608) sind Einzelfiguren in beträchtlicher
|
|
Zahl in den Kirchen Venedigs zerstreut; so ein Sebastian in
|
|
S. Salvatore, ein Hieronymus in S. Giovanni e Paolo u. s. w. In ihrer
|
|
gestreckten Form und oberflächlichen Charakteristik sind sie doch von
|
|
wirkungsvoller, malerischer Erscheinung, den Gestalten Tintoretto's
|
|
vergleichbar. Charakteristische Beispiele dafür bieten vier kleine
|
|
Bronzestatuetten der Evangelisten (No. 639H bis L.) und eine größere
|
|
Bronzefigur in der Berliner Sammlung. In dem gut aufgebauten Grabmal,
|
|
das Vittoria sich selbst in Sa. Zaccaria errichtete, zeigt die Büste die
|
|
eigentliche Kraft des Künstlers, die Porträtdarstellung. Auch die
|
|
Berliner Sammlung hat verschiedene Beispiele derselben aufzuweisen:
|
|
außer dem Selbstbildnis (No. 246), das durch seine Aufstellung im Freien
|
|
beschädigt ist, das Thonmodell zu einer Büste des Admirals Contarini
|
|
(No. 249), sowie die großen Marmorbüsten des Pietro Zeno (No. 248) und
|
|
des Ottavio Grimani (No. 247); letztere in ihrer vornehmen individuellen
|
|
Erscheinung, die durch die warme naturalistische Färbung des Marmors
|
|
noch erhöht wird, wohl die bedeutendste unter den zahlreichen derartigen
|
|
Arbeiten des Vittoria.
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|
|
|
Ein anderer Schüler Sansovino's, _Girolamo Campagna_ aus Verona, ist
|
|
Vittoria in der Schönheit wie im Ausdruck seiner Gestalten und in der
|
|
Durchbildung derselben überlegen. So in der Verkündigung am Pal. del
|
|
Consiglio in seiner Vaterstadt Verona, dann zu Venedig in den Gruppen
|
|
der Hochaltäre von S. Giorgio Maggiore, Redentore, Sto. Stefane und
|
|
S. Tommaso, in verschiedenen Einzelfiguren in Sto. Stefano, in der
|
|
Scuola di S. Rocco u. s. f. Auch der Doge Loredan am Grabmal desselben
|
|
in S. Giovanni e Paolo ist eine edle Porträtfigur. In der malerischen
|
|
Reliefbehandlung besonders ausgezeichnet sind die Darstellungen des
|
|
Bronzedeckels vom Taufbrunnen in S. Marco, die gemeinsame Arbeit des
|
|
_Tiziano Minio_ von Padua (1517-1552) und des _Desiderio_ von Florenz.
|
|
Andere Schüler, wie _Pietro de' Sali_ ({~DAGGER~} 1563), _Jacopo Colonna_,
|
|
_Tommaso da Lugano_ waren, neben den Genannten, Sansovino's Gehülfen bei
|
|
den Dekorationen der Bibliothek, des Dogenpalastes und der Capella del
|
|
Santo in S. Antonio zu Padua. Diese großen gemeinsamen Arbeiten sind um
|
|
so glücklicher, je mehr sie auf architektonische Wirkung berechnet sind;
|
|
wo sie, wie im Santo, rein plastisch sein wollen und hochdramatische
|
|
Motive darzustellen haben, sind Meister und Schüler ebenso schwach wie
|
|
die Nachfolger Michelangelo's und Andrea Sansovino's in Rom und Florenz.
|
|
Die letzten Ausläufer dieser Schule Sansovino's am Ende des XVI. und im
|
|
Anfange des XVII. Jahrh. sind _Tiziano Aspetti_ ({~DAGGER~} 1607) und _Giulio dal
|
|
Moro_, deren Richtung in der Berliner Sammlung durch zwei malerisch
|
|
wirkungsvolle, lebendig bewegte Marmorstatuetten, »Die Ehre« und »Der
|
|
Reichtum« (No. 266 und 267), vorteilhaft vertreten ist. Mit diesen
|
|
Künstlern erlischt in Venedig nahezu für ein Jahrhundert fast jede
|
|
größere plastische Thätigkeit; aber auch nach ihrer Wiederbelebung durch
|
|
die Berninische Kunstrichtung hat sie nicht mehr die Kraft zu einer
|
|
freieren, reicheren Entfaltung.
|
|
|
|
Die ganze hier betrachtete Gruppe von Künstlern seit Andrea Sansovino
|
|
erscheint mehr oder weniger beeinflußt von Michelangelo. Auch die
|
|
unabhängigsten unter ihnen, wie Andrea Sansovino selbst und sein Schüler
|
|
Jacopo, gehen gelegentlich bis zur direkten Nachahmung des weit
|
|
überlegenen Meisters (wie in Andrea's Propheten an der Santa Casa und in
|
|
den Evangelisten Jacopo's im Chor der Markuskirche); aber sie verlieren
|
|
darüber doch nicht ihre Eigenart und besitzen, bald in höherem bald in
|
|
geringerem Grade, eine gewisse Lebensfülle und malerische Erscheinung.
|
|
Den eigentlichen Schülern und Nachfolgern Michelangelo's fehlen in der
|
|
Regel auch diese Vorzüge. Wo dieselben nicht gerade Modelle ihres
|
|
Meisters ausführen, erscheinen sie meist manieriert oder selbst plump
|
|
und unkünstlerisch. _Raffaello da Montelupo_ (1505-1567), der den hl.
|
|
Damian in der Mediceerkapelle und verschiedene Figuren am Juliusgrabmal
|
|
ausführte und vorher an der Ausschmückung der Santa Casa in Loreto Teil
|
|
nahm, ist in seinem Grabmal Rossi in Sa. Felicità in Florenz noch
|
|
verhältnismäßig einfach und würdig. _Fra Gio. Angiolo Montorsoli_ (1507
|
|
bis 1563), ein anderer Mitarbeiter an Michelangelo's Grabmälern (Statue
|
|
des hl. Cosmas), fand später in Genua ein ausgiebiges Feld der
|
|
Thätigkeit, als Bildhauer wie als Architekt. Hier ist die prachtvolle
|
|
Ausschmückung von S. Matteo von besonderem Interesse, weil der Künstler
|
|
sie ganz einheitlich und mit den reichsten Mitteln ausführen konnte. Der
|
|
Hochaltar in den Servi zu Bologna ist eine spätere Arbeit des Künstlers,
|
|
der in Messina verschiedene große Brunnen von geringem dekorativen Werte
|
|
ausführte. Beiden überlegen ist der Lombarde _Guglielmo della Porta_ ({~DAGGER~}
|
|
1577), Sohn und Schüler des _Gio. Giac. della Porta_. Vater und Sohn
|
|
haben eine beträchtliche Zahl von Marmorarbeiten in Genua (im Dom,
|
|
S. Tommaso u. s. f.) hinterlassen, die meist leere, anspruchsvolle
|
|
Schaustücke sind. Nach seiner Übersiedelung nach Rom trat Guglielmo in
|
|
enge Beziehung zu Michelangelo. Sein bekanntestes Werk hier, das große
|
|
Grabmal Papst Pauls III. im Chor des Peter ist wohl das hervorragendste
|
|
plastische Werk, das unter dem unmittelbaren Einflüsse Michelangelo's
|
|
entstanden ist. Groß durch den einfachen Aufbau und die kolossalen
|
|
Gestalten, ist dasselbe namentlich ausgezeichnet durch die Lebensfülle
|
|
und Kraft der Papstfigur, der nur wenige Bildnisfiguren dieser Zeit
|
|
gewachsen sind.
|
|
|
|
Besonders befangen in der Nachahmung Michelangelo's erscheinen die
|
|
florentiner Künstler dieser Zeit; auch die, welche, wie _Baccio
|
|
Bandinelli_ (1493-1560), sich persönlich feindlich dem alten Meister
|
|
gegenüberstellten. Was ihnen an Michelangelo am meisten Eindruck machte,
|
|
war das Kolossale; aber bei dem Mangel an feiner Naturkenntnis, an
|
|
Geschmack und Phantasie erscheinen sie leer und roh in ihren Kolossen,
|
|
die langweilig und nicht einmal dekorativ wirken. Dies gilt sowohl von
|
|
Baccio's kolossalem Herkules und Kakus vor dem Pal. Vecchio, wie von den
|
|
Statuen von Adam und Eva im Bargello und von verschiedenen Gruppen der
|
|
Beweinung Christi und Einzelfiguren in florentiner Kirchen. In seiner
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Marmorstatue des Giovanni de' Medici vor S. Lorenzo steht die
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kriegerische Derbheit im Einklänge mit der Erscheinung und dem Charakter
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des Mannes. Am glücklichsten ist Baccio in den Propheten und Aposteln an
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den Chorschranken des Domes, die in ihrem malerischen Flachrelief von
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feiner Wirkung und meist geschickt im Raum erfunden und gut in der
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Bewegung sind. Ein Relief von ähnlichem Charakter ist das in Thon
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modellierte Selbstporträt in halber Figur im Berliner Museum (No. 218),
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welches dem danach ausgeführten Marmorrelief in der Domopera zu Florenz
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entschieden überlegen ist.
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Enger noch und mit mehr Glück schließt sich _Pierino da Vinci_ an
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Michelangelo (jung verstorben, thätig um 1540-1553). Von ihm sind nur
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wenige kleinere Flachreliefs im Bargello, im Privatbesitz in Florenz und
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im Auslande erhalten. Ein charakteristisches Beispiel seiner Richtung
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giebt das kleine Stuckrelief der hl. Familie in der Berliner Sammlung
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(No. 217).
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Der Architekt _Bartolommeo Ammanati_ (1511-1592) ist im figürlichen
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Teil seiner Grabmonumente (in S. Pietro und S. Mercurio in Rom, im Campo
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Santo zu Pisa und in den Eremitani zu Padua) wie in seinem Brunnen auf
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dem Piazza del Granduca zu Florenz äußerst nüchtern und unbelebt.
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_Giovanni dall' Opera_, der Schüler Bandinelli's, ist wesentlich von
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diesem abhängig. Der jüngere _Vincenzo Danti_ (1530-1576) hat in dem
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Bronzerelief mit der Anbetung der Schlange im Bargello ein im Geiste
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Michelangelo's gehaltenes Werk geschaffen, während seine große
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Bronzegruppe der Enthauptung des Täufers am Battistero in Florenz und
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seine sitzende Papstfigur Julius' III. in Perugia manieriert erscheinen.
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[Abbildung: 216. Bronzebüste des Papstes Gregor XIII.]
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In anderer Weise abhängig von Michelangelo zeigt sich der berühmteste
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Goldschmied seiner Zeit, _Benvenuto Cellini_ (1500-1572). Als Goldschmied
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weit über Gebühr gefeiert, da die wenigen beglaubigten Arbeiten sowohl
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echt dekorativen Sinn wie feinere Empfindung für die Bedingungen des
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Materials vermissen lassen, hat Benvenuto in seinen eigentlichen
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Bildwerken einen Ernst im Naturstudium und in der Durchbildung und
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gelegentlich eine leichte Grazie, die allen anderen florentiner
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Zeitgenossen abgeht. Freilich verraten Büsten, wie der Bindo Altoviti im
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Privatbesitz zu Florenz und die Kolossalbüste Cosimo's I. im Bargello,
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in ihrer übertrieben sauberen Ciselierung, namentlich in der scharfen
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Umränderung der Augen und des Mundes, die Gewöhnung des Goldarbeiters;
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aber die treue Wiedergabe der Persönlichkeit in diesen Büsten wie die
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Behandlung des Nackten in den Figuren, sowohl an dem schön aufgebauten
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Perseusmonument in der Loggia de' Lanzi zu Florenz wie im Bronzekrucifix
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im Escurial, erscheinen für diese Zeit sehr beachtenswert. Die Modelle
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des Perseus im Bargello (eines in Wachs, das andere in Bronze) sind der
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großen Statue noch durch Schönheit der Formen und glücklichere Bewegung
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überlegen. Die Berliner Sammlung besitzt verschiedene kleine Bronzen,
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die mit Wahrscheinlichkeit auf Cellini zurückzuführen sind: so eine
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Gruppe mit dem Sieg der Tugend, mehrere Figürchen von badenden Frauen
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und eine besonders reizende schlafende Nymphe (No. 639B, Abb. S. 178).
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Die Berliner Sammlung besitzt auch eine große Bronzebüste des Papstes
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Gregor XIII. (No. 216), welche deutlich den Einfluß Michelangelo's
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verrät. Der Meister hat bisher (so wenig wie für ein Paar ganz ähnliche
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Bronzebüsten der Päpste Sixtus V. in Sanssouci und Gregor XIV. im Besitz
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der Kaiserin Friedrich) noch nicht bestimmt werden können. Schlicht und
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doch groß in der Auffassung, malerisch in der Anordnung und in der
|
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Behandlung, ist sie von einer für diese Zeit ganz ungewöhnlich
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meisterhaften Individualisierung und von bewunderungswerter Breite und
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Sicherheit in der Ausführung.
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Als Bronzegießer, im Großen wie im Kleinen, haben neben Cellini ein Paar
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oberitalienische Bildhauer, der Paduaner _Leone Leoni_ (1509-1590) und
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sein Sohn _Pompeo Leoni_ ({~DAGGER~} 1610), eine ausgedehnte Thätigkeit
|
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entwickelt, freilich vorwiegend außerhalb Italiens, für Karl V. und
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Philipp II. Ihre Bronzestatuen und Büsten dieser Fürsten und ihrer
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Anverwandten (jetzt im Museo del Prado in Madrid, in Toledo und in
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Windsor Castle), sind ernst und lebenswahr in Haltung und Auffassung und
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zeigen eine ähnliche Freude der Künstler an reichem Beiwerk und an der
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Durchführung, wie Cellini's Bronzen; doch haben sie weniger dessen
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goldschmiedeartige Schärfe und Härte. In Italien lernt man am
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Marmormonument des Gio. Giac. de Medici im Dom zu Mailand und an der
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imposanten sitzenden Bronzefigur des Vincenzo Gonzaga über seinem
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Grabmal im Palast zu Sabionetta Leoni's Thätigkeit im Großen kennen.
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Wie Cellini, so sind auch beide Leoni, namentlich der ältere, als
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_Medailleure_ thätig gewesen. Überhaupt erfuhr diese eigenartige
|
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Kunstthätigkeit insbesondere in Oberitalien eine ununterbrochene reiche
|
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Pflege; durch den Anschluss an die Vorbilder des Quattrocento und die
|
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Beobachtung der plastischen Gesetze für die Komposition im engen Raum
|
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sind diese kleinen Bildwerke den gleichzeitigen großen Schöpfungen der
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Plastik in der Regel in stilvoller Komposition, wie in malerischer
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Behandlung und individueller Charakteristik entschieden überlegen. Aus
|
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der großen Zahl tüchtiger Medailleure sind außer den letztgenannten
|
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Bildhauern durch Zahl und Meisterschaft ihrer Arbeiten besonders
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hervorzuheben: der Goldschmied _Franc. Francia_ aus Bologna, der
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Veronese _G. M. Pomedello_, der Paduaner _Gio. Cavino_ ({~DAGGER~} 1570), die dem
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L. Leoni sehr verwandten Mailänder _Jac. da Trezzo_ ({~DAGGER~} 1589), _Gianant.
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Rossi_ und _Ant. Abondio_ (1538-1591), die namentlich am päpstlichen
|
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Hofe beschäftigten _Gian Fed. Bonzagna_ und _Lor. Fragni_, beide aus
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Padua, _Dom. Poggini_ aus Florenz, der Römer _P. P. Galeotti_ ({~DAGGER~} 1584),
|
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der Sienese _Pastorino_ ({~DAGGER~} 1592); letzterer von ganz besonderem
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malerischen Geschick und außerordentlich fruchtbar (es sind mehr als 150
|
|
Medaillen von ihm bekannt).
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Die Pflege des Bronzegusses, der seit der Mitte des XVI. Jahrh. sehr in
|
|
Aufnahme kam namentlich in Florenz und Venedig, eine Zeitlang auch in
|
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Mailand, Bologna u. s. f. zu glänzender Entfaltung gelangte, hat darin im
|
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Großen wie im Kleinen, in der großen Plastik wie im Kunsthandwerk, zu
|
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einer außerordentlichen technischen Vollendung geführt und auf die
|
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Entwickelung der gesamten Plastik in Italien noch im Laufe des XVI.
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Jahrh. einen bestimmenden Einfluß ausgeübt. Die Schwierigkeit der Arbeit
|
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und die Sorgfalt, die auf die Ausführung verwendet werden mußte, führte
|
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die Künstler auch auf ein gründlicheres Studium der Natur zurück. In
|
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ähnlicher Weise mußten auch die Bedingungen für eine günstige Wirkung
|
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der Bronzebildwerke: geschlossene Komposition, Mäßigung in der Bewegung
|
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und in den Ausladungen u. a. m., auf eine maßvollere, weniger manierierte
|
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Behandlung der Marmor- und Thonbildwerke zurückwirken, während
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andererseits die malerische Wirkung der Bronze auch auf die Behandlung
|
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des Marmors allmählich Einfluß ausübte.
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Ein anderes wesentliches Element für den Umschwung, der sich Ende des
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|
XVI. Jahrh. in der italienischen Plastik vorbereitet und allmählich den
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Barockstil heraufführt, ist das Eindringen fremder Kunst, insbesondere
|
|
durch niederländische und später durch französische Bildhauer, die sich
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vorübergehend oder dauernd in Italien niederließen und hier teilweise
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eine sehr umfangreiche Thätigkeit ausübten. Der erste und
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einflußreichste unter ihnen ist der Vlame _Giovanni da Bologna_
|
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(eigentlich Jean Boulogne aus Douay, 1524-1608), welcher in den letzten
|
|
Jahrzehnten des XVI. Jahrh. als Dekorator der öffentlichen Plätze, der
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|
Gärten und Paläste der Mediceer eine ganz außerordentliche Thätigkeit
|
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entwickelte. Der Einfluß derselben wurde noch verstärkt durch die
|
|
zahlreichen kleineren Wiederholungen, die er nach seinen Kompositionen
|
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in Bronze selbst anfertigte oder in seiner Werkstatt von Susini u. A.
|
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fertigen ließ; Arbeiten, welche von der Zeit des Künstlers an bis auf
|
|
unsere Zeit zu den gesuchtesten Kunstgegenständen gehörten.
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In Antwerpen zum Bildhauer ausgebildet, kam Giovanni mit etwa 25 Jahren
|
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nach Italien und ließ sich 1553 dauernd in Florenz nieder. Seine
|
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Reiterstatue Cosimo's I. neben dem Palazzo Vecchio (aufgestellt 1594)
|
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ist edel und einfach in der Haltung; spätere Standbilder von ihm in
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Florenz und Pisa sind aber nicht besser als ähnliche Werke seiner
|
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Zeitgenossen. Dasselbe gilt von seinen Reliefs, namentlich denen im Chor
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der Annunziata zu Florenz und an den drei Bronzethüren des Doms zu Pisa,
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die meist manieriert in den Formen und wenig glücklich im Reliefstil
|
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erscheinen. In seiner bekannten Gruppe: der »Fiorenza« im Bargello
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(seit 1565 ausgeführt), im Raub der Sabinerinnen (1581-1583) und im
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Herkules und Nessus in der Loggia de' Lanzi ist zwar die Durchführung
|
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der Formen meist gleichgültig oder willkürlich, aber der Aufbau ist
|
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regelmäßig kühn und schön bewegt. Ähnliches gilt von den Einzelfiguren
|
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(die Bronzestatuen des Lucas an Or San Michele vom Jahre 1602, die
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Figuren in der Cap. Salviati in S. Marco, im Chor des Domes zu Lucca u.
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s. f.), vor Allen von dem berühmten Merkur im Bargello. Am glücklichsten
|
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ist er in seinen Brunnen: in dem Neptunsbrunnen in Bologna (1563-1567),
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in den beiden Fontänen des Giardino Boboli (der mit dem Okeanos und drei
|
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Stromgöttern, vollendet 1576, und der kleinere mit der Badenden, die von
|
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Faunen belauscht wird, 1585), in der Bronzefigur der badenden Venus in
|
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der Villa Petraja u. s. f. Jeder dieser Brunnen ist ein Meisterwerk für
|
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sich: völlig plastisch und doch zugleich von großer dekorativer Wirkung,
|
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glücklich und groß im Aufbau, elegant in den Einzelfiguren, die sich in
|
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schönen, fein bewegten Linien von der Luft abheben, meisterhaft in der
|
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Dekoration, namentlich in den Fratzen, Masken und Ungetümen, die der
|
|
Künstler in phantastischer Weise bildet und als Wasserspeier in
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geschicktester Weise verwendet. Die Berliner Sammlung besitzt
|
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verschiedene seiner kleinen Bronzen, darunter eine schöne größere Gruppe
|
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eines Frauenraubes.
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Eine kleine Bronzefigur des Merkur in derselben Sammlung, ist
|
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wahrscheinlich auf die Hand eines anderen Niederländers zurückzuführen,
|
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der gleichzeitig in Florenz thätig war, _Elia Candido_; wie Bologna
|
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hauptsächlich Bronzebildner. Durch Inschriften als seine Arbeiten
|
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bezeugt sind verschiedene etwa halblebensgroße Götterstatuetten im
|
|
Bargello, die bisher gleichfalls seinem berühmteren Landsmann
|
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zugeschrieben wurden. In diesen Arbeiten ist Elia noch bewegter als
|
|
Giovanni, die Formen sind voller und stärker ausladend, zuweilen bis zur
|
|
Manier. Sein Sohn _Peter Candid_, der Holländer _A. de Vries_ u. A.
|
|
sind vorübergehend in Italien thätig gewesen. Ein anderer Niederländer,
|
|
_Pietro Francavilla_ (aus Cambray 1548-1618), ist Schüler Giovanni's,
|
|
dessen Entwürfe er in der späteren Zeit mehrfach ausführte, jedoch mit
|
|
wenig Glück (zuerst in Florenz, später in Genua beschäftigt). Unter den
|
|
Italienern, die mit diesen Niederländern gleichzeitig in Florenz thätig
|
|
sind, ist nur ein anderer Schüler des Gio. di Bologna, _Pietro Tacca_
|
|
({~DAGGER~} um 1650) in seinen dekorativen Bronzen (Brunnen auf der Piazza dell'
|
|
Anunziata, Bronzedekorationen im Giardino Boboli u. s. f.), von wirklicher
|
|
Originalität, glücklicher Phantasie und Lebenswahrheit.
|
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Die reiche Sammlung kleiner Bronzefiguren im Berliner Museum enthält
|
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eine beträchtliche Anzahl Arbeiten von Künstlern dieser Richtung.
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[Abbildung: 639B. Schlafende Nymphe, Bronzefigürchen von Benv.
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Cellini (?).]
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Der Barock
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(um 1630 bis 1780).
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Die Bildwerke des Gio. da Bologna sowie verschiedener seiner
|
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Zeitgenossen und Nachfolger entsprechen in höherem Grade den Gesetzen
|
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der Plastik, als die der meisten übrigen Bildhauer der vorgeschrittenen
|
|
Hochrenaissance. Die Schönheit der einzelnen Figur oder Gruppe an sich,
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durch den Reiz ihrer Konturen, glückliche Bewegung, schöne Körperbildung
|
|
und vollendete Durchbildung war das vornehmste Streben dieser Künstler;
|
|
freilich eine Schönheit, die weniger auf treue Wiedergabe der Natur als
|
|
auf das Wohlgefällige, sinnlich Reizende der Erscheinung ausging. Alle
|
|
diese Bildwerke, selbst die Reliefs (die schwächste Seite dieser
|
|
Künstler), wirken daher für sich allein, auch ohne Rücksicht auf die
|
|
Architektur, mit der sie zum Teil verbunden waren. In dieser Richtung
|
|
entwickelte sich aber die italienische Plastik nicht weiter. Vielmehr
|
|
wurde derselbe Geist, der die Architektur Italiens schon seit dem
|
|
Anfange des XVII. Jahrh. beherrschte, nun auch in der Plastik lebendig
|
|
und kam durch einen auf diesem Gebiete hochbegabten Künstler, durch
|
|
Bernini, rasch zu unumschränkter Herrschaft. Das malerische Prinzip ist
|
|
das bestimmende Gesetz des Barocks, auch für die Plastik. Nicht mehr die
|
|
abgeschlossene Wirkung des Bildwerks an sich, sondern die malerische
|
|
Zusammenwirkung desselben mit der Architektur und gelegentlich auch mit
|
|
der Landschaft wird von den Künstlern in so rücksichtsloser Weise
|
|
angestrebt, daß das einzelne Bildwerk, aus seinem Zusammenhange
|
|
herausgelöst, meist als Karikatur erscheint. Diese unplastische
|
|
Auffassung der Skulptur ist aber nicht etwa die Folge und bewirkt auch
|
|
keineswegs ein Zurücktreten der plastischen Thätigkeit in Italien:
|
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vielmehr ist die Zahl der Bildhauer, unter denen hochbegabte, eine sehr
|
|
große, und der Umfang ihrer Werke wie die Pracht des Materials sind so
|
|
außerordentlich, daß keine andere Zeit darin mit dem Barock wetteifern
|
|
kann.
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In bewußtem Gegensatze zur Hochrenaissance und seiner manieristischen
|
|
Ausartung erstrebt die Barockplastik wieder eine treue Wiedergabe der
|
|
Natur; aber dieser Naturalismus ist ganz eigener Art, völlig
|
|
verschieden von dem, was das Quattrocento darunter verstand. Der Barock
|
|
will die Wirklichkeit in der Form wie in der Empfindung, und diese hat
|
|
für ihn eine künstlerische Berechtigung nur in der Bewegung, im Affekt.
|
|
Das Wirkliche hat für die Künstler des Seicento seine volle Bedeutung,
|
|
ohne Rücksicht auf Schönheit, ohne die Regeln des klassischen Altertums.
|
|
In der Plastik, der die Mittel der Farbe, des Helldunkels, der
|
|
Darstellung in der Fläche abgehen, erscheint dieses Wirkliche aber gar
|
|
zu leicht als platte Gemeinheit, sowohl in den Formen wie in der
|
|
Auffassung.
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Das dramatische Prinzip der Zeit, das unplastische Bestreben, selbst die
|
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Einzelfigur im Moment der Handlung in ihrer Bethätigung der inneren
|
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Erregung darzustellen, mußte von vornherein zu einer starken
|
|
Übertreibung der Formen führen, welche bei der Gewöhnlichkeit derselben
|
|
doppelt unangenehm auffällt. Die Männlichkeit wird zu karikierter
|
|
Schaustellung der Muskeln, die weibliche Schönheit wird in üppiger
|
|
Fleischesfülle gesucht und die Kenntnis der Formen in anatomischen
|
|
Bravourstücken zur Schau getragen. Die Gewandung wird nach rein
|
|
malerischen Prinzipien belebt und in ihren tiefen, oft wie vom Winde
|
|
aufgebauschten Falten wird auf den Körper darunter keine Rücksicht mehr
|
|
genommen. Dafür thut sich der Realismus etwas darauf zu Gute, die
|
|
Stofflichkeit der Gewänder mit größter Bravour wiederzugeben, sowohl in
|
|
Stärke und Fältelung wie in Glanz und Musterung, gelegentlich auch in
|
|
der Färbung, für die dann verschiedene Materiale gewählt werden.
|
|
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Der geistige Inhalt der Bildwerke, dem zu Liebe alle Rücksichten auf
|
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plastische Wiedergabe der Form geopfert werden, ist genau so nichtig und
|
|
äußerlich, wie die Erscheinung der Bildwerke. Die innere Erregung dieser
|
|
Gestalten ist in der Regel nur eine gemachte, und bei Einzelfiguren ist
|
|
das Motiv dafür oft so bei den Haaren herbeigezogen, daß sie geradezu
|
|
lächerlich wirken. Die Heiligen müssen mit ihren Gewändern, ihren
|
|
Attributen und Marterinstrumenten spielen und kokettieren, nur um bewegt
|
|
zu erscheinen; statt fest aufzustehen, verrenken sie sich in halb
|
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tänzelnder, halb schwebender Bewegung.
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|
|
Geeigneter für eine solche Auffassung mußte die Gruppe sein. In der That
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|
füllt der Barock die Altäre und Wände der Kirchen, gelegentlich auch
|
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ihre Fassaden, die Plätze und Gärten mit großen pomphaften Gruppen von
|
|
Martyrien, von schwülstigen Allegorien und üppigen mythologischen
|
|
Scenen. Aber auch hier wird der Affekt meist zur Affektation oder zu
|
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widerwärtigem Pathos. Die Grabmonumente werden zu prunkvollen
|
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Aufführungen, bei denen unverständliche allegorische Gestalten den
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Jammer über den Tod, den Triumpf über die irdische Vergänglichkeit oder
|
|
die Verherrlichung des Verstorbenen zum Ausdruck bringen sollen. Diese
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|
großen Grabmäler, die Wandaltäre u. s. f. erscheinen in der Gesamtwirkung
|
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ihrer Gruppen und Einzelfiguren wie riesige, malerische Hochreliefs, das
|
|
Relief selbst aber ist in dieser Epoche eigentlich nicht viel mehr als
|
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eine auf einem Hintergründe aufgeklebte Gruppe. Nur als malerische
|
|
Wirkung hat dasselbe hier und da noch einige Bedeutung.
|
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Neben so großen Schwächen und Fehlern, die sich in der Masse der Werke
|
|
und in ihrem außerordentlichen Umfange um so stärker aufdrängen,
|
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übersieht man leicht die eigentümlichen Vorzüge, die auch dieser Stil
|
|
für gewisse Zwecke und in gewissen Zweigen der plastischen Kunst
|
|
aufzuweisen hat. Am augenfälligsten ist der dekorative Wert der
|
|
Barockskulptur; sie bildet gewissermaßen einen integrierenden Teil der
|
|
Architektur dieser Zeit, die ohne sie gar nicht zu denken ist und ihre
|
|
Wirkung hauptsächlich mit durch den plastischen Schmuck erhält. Den
|
|
großen Altargruppen, den riesigen Wanddekorationen, den Einzelfiguren in
|
|
den Nischen und auf den Gesimsen können wir erst dann einigermaßen
|
|
gerecht werden, wenn wir sie in ihrer Gesamtwirkung mit der Architektur
|
|
betrachten, mit der und für die sie erdacht und ausgeführt wurden. Ganz
|
|
besonders glücklich sind die Barockbildhauer, wenn ihre Figuren und
|
|
Gruppen mit den reichen Formen der Natur zusammenwirken können oder von
|
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der freien Luft sich abheben: in den Figuren zwischen den Hecken der
|
|
Gärten, in den Gruppen auf den Fontänen und Brunnen mit ihren barocken
|
|
Felsen und den stürzenden Wassermassen. Mit großem Erfolge pflegen die
|
|
Künstler dieser Zeit auch die Porträtdarstellung: die Porträtbüsten,
|
|
gelegentlich auch die Statuen verbinden treffende Lebenswahrheit mit
|
|
malerischer Breite der Anordnung und vornehmer Grandezza der Auffassung.
|
|
Endlich kommt der Gefühlsausdruck in dieser Zeit wenigstens in Einer
|
|
Gestalt vorteilhaft zur Geltung, in der Darstellung des Kindes. Freilich
|
|
ist die Auffassung nicht mehr die naive, schlichte wie im Putto des
|
|
Quattrocento; vielmehr sucht die Zeit auch in ihren Kindergestalten den
|
|
Eindruck des Gefühlvollen, des reich bewegten Lebens hervorzurufen. Aber
|
|
die Einfältigkeit der Kindernatur verhindert hier doch in der Regel
|
|
Übertreibungen, und die naturalistische Behandlung der Zeit war zudem
|
|
einer glücklichen Behandlung der Motive aus dem Kinderleben entschieden
|
|
günstig.
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Der große, seine Zeit völlig beherrschende Künstler der Barockskulptur
|
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ist der Neapolitaner _Lorenzo Bernini_ (1598 bis 1680). Der Hauptort
|
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seiner Thätigkeit und seitdem der eigentliche Mittelpunkt des Barocks
|
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ist Rom. Aber die Barockkunst ist keineswegs der einen oder anderen
|
|
Stadt oder Provinz Italiens mehr oder weniger eigentümlich; sie ist über
|
|
ganz Italien verbreitet und erzeugt überall zahlreiche Monumente, deren
|
|
Charakter im Wesentlichen derselbe ist. Ja dieser ist auch nicht einmal
|
|
mehr ein spezifisch italienischer; denn er wird wesentlich mit bestimmt
|
|
durch die zahlreichen niederländischen und französischen Bildhauer, die
|
|
namentlich in Rom vorübergehend oder dauernd thätig waren: die
|
|
_Duquesnoy_ (in Italien unter den Namen Fiammingo bekannt), _Puget,
|
|
Houdon, Legros_ u. s. f. Die meisten dieser Künstler erscheinen neben den
|
|
gleichzeitigen Italienern maßvoller, in ihrem Naturalismus naiver und
|
|
gesunder, und sind daher in ihren Einzelstatuen, ihren Büsten und
|
|
Kinderdarstellungen den Italienern mehr oder weniger überlegen.
|
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[Abbildung: 273. Marmorbüste des Malers Carlo Maratti von Franc.
|
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Maratti (?).]
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Die Berliner Sammlung hat nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von
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|
Bildwerken dieser Epochen aufzuweisen. Die besten darunter sind ein Paar
|
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Marmorbüsten: die große malerisch angeordnete Büste des Malers Carlo
|
|
Maratti (No. 273), angeblich von _Francesco Maratti_ gefertigt, und die
|
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kleine sehr individuell gehaltene einfache Büste des Papstes Benedict
|
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XIV. (No, 272. um 1750). Die Marmorfigur eines bogenschnitzenden Amors
|
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von _Franz Duquesnoy_ (No. 420) ist eine charakteristische Arbeit dieses
|
|
für seine Kinderdarstellungen vor Allem berühmten vlämischen Meisters,
|
|
der etwas von dem Geiste seines älteren Freundes Rubens in sich hatte.
|
|
Auf _Lorenzo Bernini_ selbst geht das geistreiche Thonmodell einer
|
|
Fontäne zurück (No. 271A), ein Paar Seemenschen, die einen gewaltigen
|
|
Fisch in die Höhe halten; als Modell wie durch das Motiv ganz besonders
|
|
geeignet, den Künstler von der vorteilhaftesten Seite kennen zu lernen.
|
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* * * * *
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Nach der Mitte des XVIII. Jahrh. nimmt sich die italienische Kunst noch
|
|
einmal zu einer letzten großen Leistung zusammen, freilich nur an einem
|
|
Ort und in sehr beschränktem Kreise. Aber die letzte kurze Blüte der
|
|
venezianischen Malerei, die in einem Tiepolo, Canale, Bellotto, Guardi
|
|
Künstler aufzuweisen hat, deren malerischer Sinn und technische
|
|
Meisterschaft die höchste Bewunderung verdienen, hat die Entwickelung
|
|
der Plastik völlig unberührt gelassen. Gerade in Venedig wurde, noch
|
|
unter den Augen jener trefflichen Maler, der Künstler groß, dessen Namen
|
|
vor Allen mit der Wiedergeburt der Kunst verbunden zu werden pflegt, der
|
|
insbesondere den Grundstein zur modernen Plastik gelegt hat: _Antonio
|
|
Canova_ (geb. 1757). In der schroffen Reaktion gegen die völlig
|
|
unplastische Empfindung des Barocks fällt Canova zwar in eine nüchterne
|
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und phrasenhafte Nachahmung der Antike, die noch inhaltloser und
|
|
unwahrer ist als die phrasenhaftesten Skulpturen des Barocks; aber er
|
|
hat doch das Verdienst gehabt, die plastische Kunst wieder in ihre
|
|
eigentliche Bahn einzulenken.
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Verzeichnis der Künstlernamen.
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(Die Zahlen hinter den Namen bedeuten die Seiten.)
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Abondio, Antonio, 176.
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Agnolo s. Guglielmo d'Agnolo.
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Agnolo di Ventura, 27.
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Agostino di Duccio, 73.
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|
Agostino di Giovanni, 27.
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Alari-Bonacolsi s. Antico.
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Alberto di Arnoldo, 26.
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|
Amadeo, Gianantonio, 137.
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|
Ammanati, Bartolommeo, 173.
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Andrea, 146.
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Andriolo, 31.
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Anselmus, 9.
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Antelami, Benedetto, 10.
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Antico, 126.
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Antonio, 31.
|
|
|
|
Antonio di Banco, 49.
|
|
|
|
Aquila s. Silvestro d'Aquila.
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|
|
Arca s. Niccolo dell' Arca.
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|
|
|
Arezzo s. Niccolo d'Arezzo.
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|
|
|
Arnoldo s. Alberto di Arnoldo.
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|
Arnolfo di Cambio, 20.
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|
|
Aspetti, Tiziano, 172.
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|
Baccio da Montelupo, 165.
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|
Balduccio s. Giovanni di Balduccio.
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|
Bambaja s. Busti, Agostino, gen. Bambaja.
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|
|
|
Banco s. Antonio und Nanni d'Antonio di Banco.
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|
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|
Bandinelli, Baccio, 173.
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|
|
Bariloto, Pietro, 166.
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|
|
Baroncelli, Niccolo und Giovanni, 131.
|
|
|
|
Bartolommeo s. Martino und Neroccio di Bartolommeo.
|
|
|
|
Begarelli, Antonio, 167.
|
|
|
|
Bellano, Bartolommeo, 122--124, 129.
|
|
|
|
Belli, Valerio, 129.
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|
|
|
Benedetto da Majano, 94--99, 148.
|
|
|
|
Benedetto da Rovezzano, 164.
|
|
|
|
Bernini, Lorenzo, 181, 183.
|
|
|
|
Bertoldo di Giovanni, 129.
|
|
|
|
Bicci di Lorenzo, 54.
|
|
|
|
Biduinus, 11.
|
|
|
|
Bigarelli, Guido, 14.
|
|
|
|
Bologna s. Giovanni da Bologna.
|
|
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|
Bonannus, 13.
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|
|
Bonino da Campiglione, 30.
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|
|
|
Bonusamicus, 11.
|
|
|
|
Bonzagna, Gian Federigo, 176.
|
|
|
|
Bregno, Andrea, 146.
|
|
|
|
Briosco Andrea s. Riccio.
|
|
|
|
Brunellesco, Filippo, 54.
|
|
|
|
Buggiano, 73.
|
|
|
|
Buon, Bartolommeo, 139.
|
|
|
|
Buonarroti, Michelangelo, 153--162.
|
|
|
|
Busti, Agostino, gen. Bambaja, 138, 166--167.
|
|
|
|
|
|
Camaino s. Tino di Camaino.
|
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|
|
Cambio s. Arnolfo di Cambio.
|
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|
Camelio, 143.
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|
|
Campagna, Girolamo, 171.
|
|
|
|
Campiglione s. Bonino da Campiglione.
|
|
|
|
Candid, Peter, 177.
|
|
|
|
Candido, Elia, 177.
|
|
|
|
Canova, Antonio, 183.
|
|
|
|
Capponi, Luigi, 146.
|
|
|
|
Caradosso, Vincenzo Foppa, 127, 138.
|
|
|
|
Caravaggio s. Pasquale da Caravaggio.
|
|
|
|
Cattaneo, Danese, 171.
|
|
|
|
Cavalli, Gian Marco, 129--130.
|
|
|
|
Cavino, Giovanni, 176.
|
|
|
|
Cecco s. Piero di Cecco.
|
|
|
|
Cellini, Benvenuto, 129, 174--175.
|
|
|
|
Cellino di Nese, 27.
|
|
|
|
Cione, Andrea di, s. Orcagna.
|
|
|
|
Ciuffagni Bernardo 54.
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|
|
|
Civitale, Matteo, 104--106.
|
|
|
|
Colonna, Jacopo, 171.
|
|
|
|
Corneole, Giovanni delle, 129.
|
|
|
|
Cosmas, 8.
|
|
|
|
Cosmatus, Johannes, 28.
|
|
|
|
Cozzanigo, Tommaso, 138.
|
|
|
|
Cozzarelli, Giacomo, 120.
|
|
|
|
Credi s. Lorenzo di Credi.
|
|
|
|
|
|
Dalmata, Giovanni, 146.
|
|
|
|
Danti, Vincenzo, 173--174.
|
|
|
|
Dello Delli, 53.
|
|
|
|
Dentone, Antonio, 143.
|
|
|
|
Desiderio da Firenze, 171.
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|
|
Desiderio da Settignano, 83--87, 148.
|
|
|
|
Domenico di Paris, 131.
|
|
|
|
Donatello, 55--69.
|
|
|
|
Donato, 18.
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|
|
|
Duccio s. Agostino di Duccio.
|
|
|
|
Duquesnoy, Frans, 182, 183.
|
|
|
|
|
|
Enrigus, 11.
|
|
|
|
|
|
Federighi, Antonio, 115--117.
|
|
|
|
Ferrucci, Andrea, 164.
|
|
|
|
Fiesole s. Mino da Fiesole.
|
|
|
|
Filarete, Antonio, 144--145.
|
|
|
|
Fragni, Lorenzo, 176.
|
|
|
|
Francavilla, Pietro, 178.
|
|
|
|
Francesco di Giorgio, 120.
|
|
|
|
Francesco di Sangallo, 164.
|
|
|
|
Francesco di Simone, 112.
|
|
|
|
Francia, Francesco, 134, 176.
|
|
|
|
Fusina, Andrea, 138.
|
|
|
|
|
|
Gagini, Antonio, 137, 149.
|
|
|
|
Gagini, Domenico, 137, 149.
|
|
|
|
Gagini, Pace, 137.
|
|
|
|
Galeotti, Pietro Paolo, 176.
|
|
|
|
Gano, 27.
|
|
|
|
Ghiberti, Lorenzo, 49--51.
|
|
|
|
Ghiberti, Vittorio, 50.
|
|
|
|
Ghini, Simone, 144--145.
|
|
|
|
Gian Francesco da Grado, 166.
|
|
|
|
Giorgio s. Francesco di Giorgio.
|
|
|
|
Giotto, 24.
|
|
|
|
Giovanni s. Agostino und Bertoldo di Giovanni.
|
|
|
|
Giovanni da Bissone, 137.
|
|
|
|
Giovanni da Bologna, 129, 176--177.
|
|
|
|
Giovanni dall' Opera, 173.
|
|
|
|
Giovanni da Pisa, 122.
|
|
|
|
Giovanni di Balduccio, 29--30.
|
|
|
|
Giovanni di Banco, 49.
|
|
|
|
Giovanni di Bartolo gen. Rosso, 53, 71, 135.
|
|
|
|
Giovanni di Martino, 139.
|
|
|
|
Giovanni di Stefano, 118.
|
|
|
|
Giovanni di Turino, 118.
|
|
|
|
Giovanni Giacomo della Porta, 172--173.
|
|
|
|
Giuliano da Majano, 148.
|
|
|
|
Giulio dal Moro, 172.
|
|
|
|
Goro di Gregorio, 27.
|
|
|
|
Grado s. Gian Francesco da Grado.
|
|
|
|
Gregorio s. Goro di Gregorio.
|
|
|
|
Gruamons, 11.
|
|
|
|
Guglielmo d'Agnolo, Fra, 20.
|
|
|
|
Guglielmo della Porta, 172--173.
|
|
|
|
Guidetto, 14.
|
|
|
|
Guido s. Bigarelli.
|
|
|
|
|
|
Houdon, 182.
|
|
|
|
|
|
Isaïa di Pisa, 144--145, 148.
|
|
|
|
|
|
Jacopo da Trezzo, 176.
|
|
|
|
Johannes s. Cosmatus, Johannes.
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|
|
|
|
|
Lanfrani, Jacopo, 31.
|
|
|
|
Lapo, 18.
|
|
|
|
Laurana, Francesco, 149.
|
|
|
|
Legros, 182.
|
|
|
|
Leonardo da Vinci, 113.
|
|
|
|
Leoni, Leone, 175.
|
|
|
|
Leoni, Pompeo, 175.
|
|
|
|
Leopardi, Alessandro, 142.
|
|
|
|
Lombardi, Alfonso, 167--168.
|
|
|
|
Lombardo, Antonio, 141--142.
|
|
|
|
Lombardo, Pietro, 140--141.
|
|
|
|
Lombardo, Tullio, 141.
|
|
|
|
Lorenzetto, 163--164.
|
|
|
|
Lorenzo di Credi, 112.
|
|
|
|
Lugano s. Tommaso da Lugano.
|
|
|
|
Maini, Michele, 147.
|
|
|
|
|
|
Maitani, Lorenzo, 27--28.
|
|
|
|
Majano, s. Benedetto und Giuliano da Majano.
|
|
|
|
Mantegazza, Antonio, 137.
|
|
|
|
Mantegazza, Cristoforo, 137.
|
|
|
|
Mantegna, Andrea, 121.
|
|
|
|
Maratti, Francesco, 183.
|
|
|
|
Marchionne, 12.
|
|
|
|
Martino di Bartolommeo, 118.
|
|
|
|
Martino s. Giovanni di Martino.
|
|
|
|
Martinus, Presbyter, 13.
|
|
|
|
Massegne, Jacobello delle, 31--32.
|
|
|
|
Massegne, Pier Paolo delle, 31--32.
|
|
|
|
Mazzoni, Guido, 134--135, 148.
|
|
|
|
Meister Andrea, Meister Anselmus etc. s. Andrea, Anselmus etc.
|
|
|
|
Meister der Marmormadonnen, 104.
|
|
|
|
Meister der Pellegrinikapelle, 52--53, 139.
|
|
|
|
Michelangelo s. Buonarroti, Michelangelo.
|
|
|
|
Michelozzo Michelozzi, 71--72, 135--136.
|
|
|
|
Minello, Giovanni, 124.
|
|
|
|
Minio, Tiziano, 171.
|
|
|
|
Mino da Fiesole, 99--104.
|
|
|
|
Moderno, 126.
|
|
|
|
Monaco, Guglielmo, 148.
|
|
|
|
Monogrammist »Jo. F. F.«, 127.
|
|
|
|
Montelupo s. Baccio und Raffaello da Montelupo.
|
|
|
|
Montepulciano s. Pasquino da Montepulciano.
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|
|
|
Montorsoli, Giovanni Angiolo, 172.
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|
|
|
Moro s. Giulio dal Moro.
|
|
|
|
|
|
Nanni d'Antonio di Banco, 54--55.
|
|
|
|
Neroccio di Bartolommeo, 120.
|
|
|
|
Nese s. Cellino di Nese.
|
|
|
|
Niccolo s. Piero di Niccolo.
|
|
|
|
Niccolo d'Arezzo, 49.
|
|
|
|
Niccolo dell' Arca, 132, 134.
|
|
|
|
Nicolaus, 10.
|
|
|
|
|
|
Onofri, Vincenzo, 133.
|
|
|
|
Opera s. Giovanni dall' Opera.
|
|
|
|
Orcagna, Andrea, 25--26.
|
|
|
|
|
|
Pagno di Lapo Portigiani, 73.
|
|
|
|
Paris s. Domenico di Paris.
|
|
|
|
Pasquale da Caravaggio, 147.
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|
|
|
Pasquino da Montepulciano, 146.
|
|
|
|
Pastorino, 176.
|
|
|
|
Paulus (XIII. Jahrh.), 20.
|
|
|
|
Paulus (XV. Jahrh.), 144.
|
|
|
|
Pericoli, Niccolo s. Tribolo.
|
|
|
|
Pierino da Vinci, 173.
|
|
|
|
Piero di Giovanni Tedesco, 48.
|
|
|
|
Piero di Niccolo, 139.
|
|
|
|
Pietro de' Sali, 171.
|
|
|
|
Pisa s. Giovanni und Isaïa di Pisa.
|
|
|
|
Pisano, Andrea, 24--25.
|
|
|
|
Pisano, Giovanni, 21--24.
|
|
|
|
Pisano, Niccolo, 15--19.
|
|
|
|
Pisano, Nino, 25.
|
|
|
|
Pisano, Tommaso, 25.
|
|
|
|
Pisano, Vittore, 129.
|
|
|
|
Poggini, Domenico, 176.
|
|
|
|
Pollajuolo, Antonio, 106--107.
|
|
|
|
Pomedello, Giovanni Maria, 176.
|
|
|
|
Porta s. Giovanni Giacomo und Guglielmo della Porta.
|
|
|
|
Portigiani s. Pagno di Lapo Portigiani.
|
|
|
|
Puget, Pierre, 182.
|
|
|
|
Pyrgoteles, 143.
|
|
|
|
|
|
Quercia, Jacopo della, 113--115, 117--118.
|
|
|
|
|
|
Raffaello da Montelupo, 172.
|
|
|
|
Riccio, Andrea, 124--126, 129.
|
|
|
|
Rizo, Antonio di Giovanni, 139--140.
|
|
|
|
Robertus, 11.
|
|
|
|
Robbia, Andrea della, 79--82.
|
|
|
|
Robbia, Giovanni della, 82, 162.
|
|
|
|
Robbia, Luca della, 74--79.
|
|
|
|
Romano s. Taccone, Paolo.
|
|
|
|
Romano, Gian Cristoforo, 165.
|
|
|
|
Rossellino, Antonio, 91--94.
|
|
|
|
Rossellino, Bernardo, 87--90, 148.
|
|
|
|
Rossi, Gianantonio, 176.
|
|
|
|
Rosso s. Giovanni di Bartolo gen. Rosso.
|
|
|
|
Rotari, Tommaso, 137--138.
|
|
|
|
Rovezzano s. Benedetto da Rovezzano.
|
|
|
|
Rustici, Giovanni Francesco, 164--165.
|
|
|
|
|
|
Sali s. Pietro de' Sali.
|
|
|
|
Sangallo s. Francesco di Sangallo.
|
|
|
|
Sano s. Turino di Sano.
|
|
|
|
Sansovino, Andrea, 162--163.
|
|
|
|
Sansovino, Jacopo, 168--171.
|
|
|
|
Settignano s. Desiderio da Settignano.
|
|
|
|
Silvestro d'Aquila, 148.
|
|
|
|
Simone s. Francesco di Simone.
|
|
|
|
Solari, Cristoforo, 138.
|
|
|
|
Solari, Pietro s. Lombardo.
|
|
|
|
Sperandio, 132--133.
|
|
|
|
Stefano s. Giovanni di Stefano.
|
|
|
|
|
|
Tacca, Pietro, 178.
|
|
|
|
Taccone, Paolo, gen. Romano, 146, 148.
|
|
|
|
Tamagnini, Antonio 137.
|
|
|
|
Tedesco, s. Piero di Giovanni.
|
|
|
|
Tino di Camaino, 27, 29.
|
|
|
|
Tommaso da Lugano, 171.
|
|
|
|
Torrigiano, Piero, 164.
|
|
|
|
Tribolo, 168.
|
|
|
|
Trezzo s. Jacopo da Trezzo.
|
|
|
|
Turino s. Giovanni di Turino.
|
|
|
|
Turino di Sano, 118.
|
|
|
|
|
|
Ulocrino, 127.
|
|
|
|
Urbano da Cortona, 118.
|
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|
Vecchietta, Lorenzo, 118--120.
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|
Ventura s. Agnolo di Ventura.
|
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|
Verrocchio, Andrea del, 107--112.
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|
Vicentino, Andrea, 143.
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|
Vinci s. Leonardo und Pierino da Vinci.
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|
Vittoria, Alessandro, 171.
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|
Vries, Adriaan de, 177.
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Wilhelm, 10.
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|
Berlin. Gedruckt in der Reichsdruckerei.
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[Fußnote A: Die häufigen Bleigüsse nach den kleinen Reliefs von Moderno,
|
|
Valerio Belli u. a. sind zumeist spätere Nachgüsse, welche von deutschen
|
|
Goldschmieden über die Bronze-Originale als Vorlagen für ihre
|
|
Werkstätten angefertigt wurden.]
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|
[Fußnote B: Eine ähnliche, aber unvollendete Büste einer jungen Frau
|
|
befindet sich im französischen Privatbesitz.]
|